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Inhaltsübersicht "Mehr sehen als andere"

Allgemeine Hinweise

In diesem Blog finden Sie wichtige und kompliziertere Begriffe aus der Konservierung-Restaurierung. Sie sind mit dem englisch-deutschen Fachlexikon "KONSERVATIV" in Rot verlinkt. Die Glossarbegriffe sind reich illustriert, von jedermann lesbar und können von Konservatoren-Restauratoren gerne ergänzt werden. Dies geschieht unter Nennung des Copyrightholders. Ein Glossarbegriff kann auch mehrere Einträge (von mehreren AutorInnen) haben. Bitte senden Sie uns gerne Ihre Vorschläge mit Bildern zu unter verlagcms@t-online.de.

Zu KONSERVATIV: https://www.museumaktuell.de/index.php?site=kwb&TM=8

 

Inhalt

 

A

B

C

Craquelé

Doublierung

E

F

Farbverunreinigungen

Firnis auf Gemälden

G

Gemälde-Anstückungen

Gemälde-Beschneidungen

Gemäldeumschlagkanten

 

H

I

J

K

L

Marouflierungen/Marouflage

N

O

P

Parkettierungen

Pentimenti

Q

R

Rentoilierungen

Ritzungen in der Malschicht

Rückseiteninformationen

S

Signaturen

Hinweise auf Staffeleien

Stehengelassene Grundierung

T

U

V

Vor- und Unterzeichnungen

 

W

X

Y

Z

Zierrahmen

Zirkelpunkte

 

Doublierung

Durchstoßungen von Gemäldeträgergeweben wurden früher, da die Technik der auf die Schadstelle begrenzten Rissverschweißung erst 1945 durch Kudrjawzew erfunden wurde, durch eine Doublierung behoben. Es wurden dazu verschiedene Klebemittelsysteme verwendet, auch Beimischungen des giftigen Bleiweiß kamen durchaus vor. Für eine Doublierung schnitt man das Gemälde vom Spannrahmen, klebte eine neue Leinwand mit (Mehl-) Kleister und variablen Knochenleimanteilen oder mit Wachs (-Harz-Mischungen) auf die bestehende Originalleinwand und fixierte das Ganze auf neue, nun aber kleinere Spann- oder Keilrahmen.
 

<Folgt Bebilderung>

Da der Umspann noch am vorhergehenden Spannrahmen war, musste bemaltes Material der Ränder zum Neuaufspannen verwendet werden, das Bildformat wurde kleiner, auch passten die Zierrahmen nun nicht mehr, weshalb zeitlich aktuellere die älteren, originalen Rahmen ersetzten. Die Schnittkanten der alten Gemäldeleinwand wurden abschließend zumeist mit Papierstreifen an den Kantenbereichen überklebt.

Die Doublierung erfolgte zumeist mit der Wärme eines untemperierbaren Bügeleisens, weshalb es öfter zu Verbrennungen und Blasenbildung der Malschicht kam. Leider verschwanden bei der Doublierung sämtliche Rückseitenaufschriften, welche oftmals nur noch bei Redoublierungen oder Röntgenuntersuchungen zutage treten, bzw. sichtbar gemacht werden können.

Heute wird die Doublierung nur noch selten ausgeführt, hauptsächlich dann, wenn die Substanz des Gewebes geschwächt ist. Die Technik der Rissverschweißung und die jetzt sehr häufig praktizierte Anränderung machen diese schonenderen, auf die Fehlstellen begrenzten Behandlungen möglich.

In der Regel wird heute für Doublierungen bei 70 °C der eher reversible Schmelzsiegelkleber Beva 361 als Folie mit Infrarot, Bügeleisen oder (Heiz)-Vakuumtisch eingesetzt.

Die Doublierung ist nicht zu verwechseln mit der Marouflage, bei der das Hinterkleben eines textilen oder auch papierenen Bildträgers mit einem starren Träger (z.B.:  Holz, Harzfaser, Sperrholz, Presspan) gemeint ist.

Literatur:

Eipper, P.-B.: Die Restaurierung eines Gemäldes des Rembrandt-Schülers Govaert Flinck „Venus und Amor“. In: MUSEUM AKTUELL 110/2004, S. 28-32, bzw. Celler Chronik 10/ 2002, S. 161-170.

 

 

Rentoilierung

Bei einer Rentoilierung wird ein Ölgemälde von einer alten schadhaften Leinwand auf neue übertragen. Man klebt zu diesem Zweck ein Stück feine Leinwand oder starkes, graues Papier mit gewöhnlichem Mehlkleister auf das Gemälde, lässt diesen trocknen, wendet dann das Gemälde und feuchtet die alte Leinwand mit einem Schwamm an, infolgedessen der alte Leim nach und nach aufgelöst wird und die alte Leinwand behutsam abgenommen werden kann. Ist dies geschehen, klebt man mittels eines Kleisters von Mehl und starkem Leimwasser neue Leinwand auf, lässt wieder trocknen, nimmt nun die auf die rechte Seite geklebte Leinwand nach Anfeuchten derselben ab und reinigt das Gemälde vorsichtig. Diese risikoreiche, maximal-invasive Maßnahme wird heute quasi nicht mehr praktiziert. [1]

Dipl.-Rest. Dr. Paul-Bernhard Eipper
paulbernhardeipper@gmail.com
http://www.museum-joanneum.at/das-joanneum/unser-betrieb/ueber-das-joanneum/servicefunktionen/museumsservice/restaurierung/dipl-rest-dr-paul-bernhard-eipper.html


[1] http://www.retrobibliothek.de/retrobib/seite.html?id=113575

Marouflierung/Marouflage

Die Doublierung ist nicht zu verwechseln mit der Marouflage, bei der das Hinterkleben eines textilen Bildträgers mit einem starren Träger gemeint ist. Dabei wird eine Malerei auf eine Wand, Decke oder Platte geklebt, oder auf eine Nachbildung des Gewölbes, die anschließend unter der Decke befestigt wird (wie. z. B. das Deckengemälde von Chagall im Zuschauerraum der Pariser Opéra Garnier, welches auf eine künstliche Kuppelschale maroufliert wurde, hinter der das Originalgemälde erhalten ist). In der Restaurierung wurde die Marouflage eingesetzt, um den textilen Bildträger zu stabilisieren, oder um Löcher, Risse, Unebenheiten etc. zu unterkleben um eine glatte Oberfläche zu erhalten. Auch bei Ölskizzen auf Papier und Kartons findet man diesen Vorgang angewendet. Da Marouflagen nur selten rückgängig gemacht werden können, ohne die originale Substanz anzugtreifen, die Reversibilität heute aber eine der Hauptanforderungen an die Restaurierung ist, sollte diese Technik nicht mehr eingesetzt werden. [1]

Dipl.-Rest. Dr. Paul-Bernhard Eipper
paulbernhardeipper@gmail.com
http://www.museum-joanneum.at/das-joanneum/unser-betrieb/ueber-das-joanneum/servicefunktionen/museumsservice/restaurierung/dipl-rest-dr-paul-bernhard-eipper.html

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Marouflage

Gemäldeumschlagkanten

Im Zierrahmenfalz finden sich oft Hinweise verborgen, die uns Anhaltspunkte zur Entstehung und zum Werkprozess eines Bildes geben. Früher haben mehr Maler als heute ihre Gemäldeleinwände selbst vorbereitet, aufgespannt und grundiert. Im vom Zierrahmen verdeckten Randbereich finden sich Informationen, die Kopisten und Fälscher nicht haben.
Die Grundierung soll den Untergrund glätten, die Textur des Untergrundes dämpfen und eine Verankerung der Malschichten auf dem Träger gewährleisten. Meist haben Künstler die Gewebe erst im aufgespannten Zustand grundiert. Aber es gibt auch vor dem Aufspannen grundierte Leinwände. Oder auch fertig gemalte Gemälde, welche vor dem Aufspannen zunächst auf einen passenden Ausschnitt hin passend geschnitten wurden. Das trifft besonders auf viele Pleinair-Skizzen zu.
Norbertine von Bresslern-Roth, Österreichs bedeutendste Tiermalerin, grundierte Ihre Bilder stets im aufgespannten Zustand selbst, da sich die zuvor ungewaschenen Trägergewebe beim Trocknen der flüssig aufgebrachten Grundierung straff spannen. In der zeitgenössischen Kunst dominieren Acrylgründe, die auf Rollen aber auch in genormten Größen angeboten werden. Meist handelt es sich hier um beschichtete Gewebe, was man daran erkennt, daß die Grundierung auf dem Gewebe aufliegt und das Gewebe nicht durchdringt. Heutige Künstler erwerben zumeist genormte Formate, wo die fertig grundierten Leinwände bereits auf dem Keilrahmen aufgespannt ist.
Eine in ihrem ursprünglichen Zustand erhaltene Umschlagskante ist ein Indiz dafür, daß das Gemälde nicht beschnitten wurde, d.h. in seinen Ausmaßen nicht verändert wurde. Dies war bei früheren Restaurierungsmaßnahmen durchaus üblich; man schnitt Gemälde häufig einfachheitshalber vom Spannrahmen und verkleinerte sie dadurch beim Neuaufspannen, da man ja wieder Material für den Umspann benötigte. Dabei veränderte sich auch das Innenmaß der Zierrahmen, weshalb die originalen Rahmen bei dieser Prozedur zumeist verschwanden und durch modischere Rahmen ersetzt wurden.
Zu den herstellungsgeschichtlich relevanten Prozesse gibt uns der Umschlag eines Gemäldes also genauso wertvolle Hinweise, wie auch zur Geschichte des Gemäldes selbst. Zumeist aber sind diese maltechnischen Details jedoch durch den Zierrahmen für unsere Augen verborgen, weshalb diese beim Anfertigen von Kopien oder Fälschungen zumeist außeracht gelassen werden. Für den Maltechniker sind die Umschläge hingegen extrem wichtig, da diese unsichtbaren Details Geschichten erzählen können, die geradewegs in die Werkstatt des Künstlers führen und darüber hinaus Indizien über die Biografie eines Gemäldes bereithalten.
 
Abb. 1: Original erhaltener Leinengewebe-Umspann mit ursprünglicher Aufnagelung. Foto: Autor
 
Abb. 2: Original erhaltener Leinengewebe-Umspann mit ursprünglicher Aufnagelung. Foto: Autor
 
Abb. 2a: Der Umschlag zeigt die Malkante eines selbstaufgespannten und grundierten Jutegewebes von Norbertine von Bresslern-Roth.  Foto: Autor
 
Abb. 3: Der Umschlag zeigt die Malkante eines verworfenen, andersfarbigen, leicht verkleinerten Gemäldes auf Leinen, das unter einem Gemälde von Norbertine von Bresslern-Roth liegt. Dieses liegt in seiner zweiten Aufnagelung vor.  Foto: Autor
 
Abb. 4: Der Umschlag zeigt die Malkante eines verworfenen, andersfarbigen, leicht verkleinerten Gemäldes auf Leinen, das unter einem Gemälde von Norbertine von Bresslern-Roth liegt. Dieses liegt in seiner zweiten Aufnagelung vor. Foto: Autor
 
Abb. 5: Der Umschlag zeigt die Malkante eines verworfenen, andersfarbigen, leicht verkleinerten Gemäldes auf Leinen, welches unter einem Gemälde von Norbertine von Bresslern-Roth liegt. Dieses liegt in seiner zweiten Aufnagelung vor. Foto: Autor
 
Abb. 6: Original erhaltener Umspann mit ursprünglicher Aufnagelung. Das Gemälde wurde nach seiner Fertigstellung beschnitten und vom Künstler aufgespannt . Foto: Autor
 
Abb. 7: Zeitgenössisches Leinengewebe, das vom Künstler selbst grundiert wurde, nachdem es aufgespannt wurde. Foto: Autor
 
Abb. 8: Zeitgenössisches Leinengewebe, das vom Künstler selbst grundiert wurde, nachdem es aufgespannt wurde. Foto: Autor
 
Dipl.-Rest. Dr. Paul-Bernhard Eipper
paulbernhardeipper@gmail.com