Herzlich willkommen im Fake-Blog von C. Müller-StratenFreitag, 25. September 2020Handtasche der Fa. Braccialini, die das Fälschen von Markenartikeln thematisiert. Ziel dieses Blogs ist es, zeitnah Informationen zu Themen des Buches "Fälschungserkennung" anzufügen, die erst nach Drucklegung bekannt wurden und die nicht in den 2. Band eingefügt werden. Beide Bände sind zusammen mit einer ausführlichen Bibliographie (interaktive CD) erschienen und über den Buchhandel erhältlich. Impressum No safe market for fakes: 21 countries target illegal goods in Europe-wide stingFreitag, 25. September 2020Nearly 28 million counterfeit and illegal goods were seizedEurope-wide operation Aphrodite has brought together 21 countries* to target counterfeit goods trafficking. The eight-month operation was co-led by the Italian Finance Corps (Guardia di Finanza) and the Irish National Police (An Garda Síochána) with support from Europol. From December 2019 to July 2020, law enforcement authorities tracked online sales of a large variety of counterfeit items, culminating in checks in warehouses, shops and marketplaces in Belgium, Cyprus, Greece, Ireland, Italy, Portugal, Romania and Spain. Law enforcement find fake COVID-19 medical equipment among the seizuresThe operation led to 123 social media accounts and 36 websites selling counterfeit products to be taken down. During the operation, law enforcement authorities seized nearly 28 million illegal and counterfeit goods among which were 800 000 counterfeit items of clothing, sportswear, footwear, personal accessories, IPTV set-top boxes and toys. Ten people were arrested in Greece and 37 others were reported to the judicial authorities in Greece, Italy and Portugal. More than €700 000 was also seized. The COVID-19 outbreak led the involved authorities to adapt the initial scope of the operation to focus on issues triggered by the pandemic. As a result, counterfeit and not compliant medical equipment was also seized, including 27 million medical facemasks, by the Italian Finance Corps (Guarda di Finanza). Fake goods hidden behind online dealsDigital platforms, such as websites, social media and instant messaging services are abused by criminal groups to sell often harmful counterfeit products. Illegal vendors advertise counterfeit goods with pictures and prices of fake products on social media. They also use hidden links in posts on social media to redirect users to marketplaces located outside of the EU. Offers for counterfeit goods also grew on e-commerce platforms and subsequently, their share of the market increased. Criminals invite unsuspecting buyers to pay with prepaid cards, by wire transfer or other forms of electronic payment and web-based services as the goods are delivered through legal couriers. The COVID-19 pandemic intensified the sale of counterfeit goods on the physical market too. Europol’s Intellectual Property Crime Coordinated Coalition (IPC3) coordinated the operation and collected the results and detected existing links between the individuals involved. Europol’s IPC3 facilitated the information exchange and provided technical and analytical support to the participating countries. Europol’s IPC3 is co-funded by EUIPO (European Union Intellectual Property Office) to combat intellectual property crime. Participating countries:*Austria, Belgium, Bulgaria, Cyprus, Czechia, Denmark, France, Greece, Hungary, Iceland, Ireland, Italy, Lithuania, Malta, Moldova, the Netherlands, Portugal, Romania, Spain, Ukraine, United Kingdom Source: Europol Russian Avant-Garde at the Museum Ludwig: Original and Fake. Questions, Research, ExplanationsFreitag, 25. September 2020An exhibition of Museum Ludwig, Cologne, September 26, 2020–January 3, 2021 Der größte Präsident der Vereinigten Staaten requirierte Fälschungen und Kopien für die USAFreitag, 18. September 2020Zu einem Zeitpunkt, an dem der größte US-Präsident aller Zeiten die Menschheit mit seltsamen Erkenntnissen über das Waldland Österreich mit seinen explodierenden Bäumen verwirrt und Menschen, die bei Waldbränden ihr Hab und Gut verloren haben, damit trösten will, dass es bald wieder kühler wird, müssen wir doch noch einmal auf dessen wenige kulturelle Leistungen zurückblicken. Wir wissen nämlich jetzt, was der größte Präsident der Vereinigten Staaten 2018 getan hat, als er der erstaunten Menschheit mitteilte, nicht zum amerikanischen Friedhof Belleau Wood im Dept. Aisne-Marne bei Paris kommen zu können, um der gefallenen US-Soldaten zu gedenken, über die er sich im Privaten wie in der Öffentlichkeit mehrfach verächtlich geäußert haben soll ("suckers" und "loosers"). Etwas verkürzt ausgedrückt: "because of the rain", etwas ausführlicher: weil von seinem adäquat genialen Stab als präsidentialer Helikopter nur ein Schonwetter-Heli eingeplant worden war. Eine Autofahrt quer durch Frankreich über 90 km war den Sicherheitsberatern zu riskant. Also blieb der größte Präsident aller Zeiten für sechs Stunden dort, wo er sich standesgemäß einquartiert hatte, in der Residenz des US-Amerikanischen Botschafters Jamie McCourt in Paris, dem Hôtel de Pontalba im 8. Arrondissement. Das Palais ist derart mit Dekoware und Antiquitäten vollgestopft, dass es normalerweise besichtigt werden kann. Das Hôtel de Pontalba. Quelle: Wikimedia Commons/Mouloud47 Nun aber kam der größte Präsident, der die Zeit nicht nutzen wollte, um auf Tuchfühlung mit der Pariser Bevölkerung gehen, und sah sich ein bißchen im gut gesicherten Palais um. Und da fiel sein geschultes Auge auf das eine oder andere Objekt, requirierte es und ließ es, im Gegensatz zum eigentlich Zweck dieser Beeindruckungsstrategie für ausländische Botschaften ("Art in Embassies"), "für die USA-Bevölkerung" einpacken und am nächsten Tag in die Airforce One befördern, während der größte Präsident auf einem anderen Gefallenenfriedhof weilte. Eingepackt wurden:
Von Botschafter McCourt soll nicht viel Widerstand gekommen sein. Später witzelte der größte Präsident, dass der Botschafter die Kunstwerke in sechs Jahren zurückbekommen würde, wenn seine zweite Amtszeit ablaufen sei. Die requirierten Objekte haben im Oval Office ihren Platz gefunden, die griechischen Götter beispielsweise auf der schönen Kamineinfassung. Die Londoner Kunsthändlerin Patricia Wengraf, der die Gruppe gut bekannt ist, wies jedoch darauf hin, dass die Figurengruppe keineswegs so alt ist, wie sie zu sein scheint, sondern vom Neapolitaner Luigi Avolio stammt, der sie als 16. oder 17. Jh. ausgegeben hatte. In einer Ausgabe der "Antiques Roadshow" (das Vorbild unseres "Kunst & Krempels") hatte sie die Figuren bereits als wertlose "20th century fakes of wannabe 17th century sculptures” bezeichnet.[i] Es ist ja nicht das erste Mal, dass der untrügliche Blick des größten Präsidenten auf Fälschungen hereinfällt. [ii] Auch die Franklin-Büste und das Franklin-Gemälde erwies sich mittlerweile als Nachahmung. Das Original hängt übrigens nur in einer Entfernung von einer Meile von Oval Office in der National Portrait Gallery. Joseph Siffred Duplessis (1725-1802): Benjamin Franklin, Anmerkungen Der erwartbare Showdown um die Nebrascheibe hat begonnenMontag, 7. September 2020Um 2008 erschien die Diskussion um Alter und Funktion der Nebrascheibe abgeschlossen. Nun aber begannen die nicht unbedingt besten Freunde von Harald Meller den Showdown um das dubiose Objekt. Die Nebrascheibe: jünger und unbedeutender als bisher angenommen Das ist eine der ersten Erkenntnisse, zu dem Harald Mellers Kontrahenten Prof. Dr. Rupert Gebhard und Prof. Dr. Rüdiger Krause in einer kommenden Veröffentlichung gelangen.[i] Solch ein Fazit war eigentlich nach der Beweisführung von Meller, dass die Hauptfunde vom Kranzberg [ii]eine billige Fälschung (mit Kugelschreiber auf amerikanischen Goldblech) seien, nicht anders zu erwarten. Unerwartet ist aber die umständliche Vorgehensweise der beiden Wissenschaftler. Gebhard & Krause haben in einer Metaanalyse die Dokumente zur Entdeckung der Himmelsscheibe durch zwei Raubgräber gründlich untersucht, die Aussagen aus den beiden Gerichtsverhandlungen gegen die Raubgräber hinzugezogen und alle bisher veröffentlichten Forschungsergebnisse wissenschaftlich geprüft. Sie gehen in einem ersten Schritt davon aus, daß die Nebrascheibe auf keinen Fall durch die sog. Beifunde datiert werden könne. Sie kommen zum Schluss, dass die Fundstelle und die Fundumstände der Himmelsscheibe, die 2002 in einer wissenschaftlichen Nachgrabung untersucht worden war, in der Fachliteratur nicht korrekt beschrieben und dargestellt wurden. "Die zugrundeliegenden Quellen wurden in den folgenden Jahren ungenügend oder auch gar nicht veröffentlicht." (Anm. 1) Gebhard & Krause konnten sich in Halle bereits vor mehreren Jahren die verschiedenen Fundstücke mikroskopisch ansehen. Kamen andere Untersuchungen der Gegenstände (s.u.) zu dem Ergebnis, sie seien aus derselben Kupfersorte, hegen die beiden Autoren besonders aufgrund der Bleiisotope Zweifel daran. Vor allem die Himmelsscheibe passe neben drei weiteren Stücken nicht zu den anderen. Hinsichtlich der Erdanhaftungen an der Scheibe, den Schwertern, Beilen und Armreifen, die angeblich alle aus dem gleichen Hortfund stammen, gab es, dem damals hinzugezogen Experten zufolge, sehr wohl deutliche Unterschiede zwischen den Fundstücken. So war die Erde an den Beilen anders als an der Scheibe. Zudem sollte die Himmelsscheibe den Raubgräbern zufolge nur wenige Zentimeter unter heitigen Niveau gefunden worden ein, die Waffen aber deutlich tiefer. Damals vertrat Harald Meller vom Landesamt für Archäologie von Sachsen-Anhalt die Auffassung: „Relevant ist, dass wir naturwissenschaftlich nachweisen können, aufgrund der Erdanhaftungen, dass die Schwerter, die Himmelsscheibe und die Beifunde zusammengehören. Und dass das alles auch dort perfekt auf den Mittelberg passt.“ Zusätzlich kommen beide Autoren durch motivgeschichtliche Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß die Nebrascheibe aufgrund ihrer Bildmotive und der Art ihrer Darstellungen vermutlich nicht aus der frühen Bronzezeit (ca. 2200 – 1600 v. Chr.), sondern aus der Eisenzeit (ca. 800 – 50 v. Chr.) stammt. Ganz ähnliche Motive finden sich beispielsweise auf vielen keltischen Münzen aus dieser Zeit, aber auch auf dem sog. Kurzschwert von Allach. Wäre die Himmelsscheibe tatsächlich 1000 Jahre jünger, würden vielen Spekulationen der Mellerschen Archäomystik in sich zusammenfallen wie ein Kartenhaus. Zur Erinnerung: "Die Himmelsscheibe von Nebra gelangte erst etwa vier Jahre nach ihrer Entdeckung in die Hände von Archäologen. Ihre Auffindungsgeschichte wurde nach den Aussagen des ersten Ankäufers, der Finder und der Beobachtung von Beschädigungsspuren am Objekt rekonstruiert. Zugleich erfolgte noch vor dem ersten Kontakt mit den Findern eine Nachgrabung an einem vom ersten Ankäufer als solchen bezeichneten Fundort, dem Mittelberg, auf dem zwar die Reste einer eisenzeitlichen Befestigung, aber keinerlei Hinweise auf eine Nutzung oder Begehung des Berges im 2. Jahrtausend v. Chr. festgestellt wurden." Und sie fügen genüsslich hinzu: "Eine abschließende Publikation der Ausgrabung wurde bis heute nicht vorgelegt." Zusammenfassend stellen sie fest: 1. Die oberflächennahe Auffindung der Scheibe (3-5 cm unter dem heutigen Niveau!) spricht gegen eine Auffindungslage in situ, was zugleich auch die Zusammengehörigkeit mit den Beifunden in Frage stellt. 2. Weder die Analysen der anhaftenden Erdreste noch die geochemischen Analysen der Metalle (Kupfer, Gold) unterstützen die etwaige Zusammengehörigkeit der Funde. 3. Aufgrund der Analyse der Erdreste ist nach Aussage des Gerichtsgutachters eines der Beile als nicht zugehörig zu betrachten. Dieser Umstand wird durch die Metallanalyse weiter erhärtet.4. Ebenso muss der Meißel in diesem Zusammenhang als nicht zugehörig ausgesondert werden. Für die Auffindung der Scheibe ergeben sich zwei denkbare Szenarien der Fundsituation: a) Die Scheibe lag entweder als Einzelfund innerhalb einer eisenzeitlichen Befestigungsanlage auf dem Mittelberg b) Oder die Scheibe wurde woanders gefunden. Für eine Einordung in die mitteleuropäische Frühbronzezeit kann jedoch kein vergleichbares Symbolgut benannt werden; bereits 2010 hatte W. David auf die Bezüge zur Latènezeit verwiesen. Gebhard & Krause heben jedoch hervor: "Der Dokumentationsstand ist dabei aber oft nicht vollständig. Viele Details ließen sich noch präziser darstellen, wenn die notwendigen Quellen – von den Restaurierungsberichten bis hin zur Veröffentlichung aller naturwissenschaftlichen Analysen – besser erschlossen wären. Es ist zu hoffen, dass dies noch erfolgt und eine sachliche Publikation des Fundes für die weitere wissenschaftliche Analyse genauso genutzt werden kann." Wir müssen davon ausgehen, daß eine zweite Publikationswelle zur Nebrascheibe, welche auch die ungewöhnliche Restaurierungspraxis würdigt, in Vorbereitung ist. Wissenschaftspolitik Die Autoren haben aber noch ein Ass im Ärmel: "Das hier publizierte Manuskript wurde am 8. November 2018 beim Archäologischen Korrespondenzblatt in Mainz eingereicht und (zunächst) auch angenommen…Unser Manuskript durchlief den üblichen Gutachterprozess und wurde von mehreren Fachgutachtern der Schwerpunkte „Bronzezeit“, „Eisenzeit“ und „Archäometrie“ begutachtet. Die Ergebnisse und Kommentare dieses Gutachterprozesses wurden den Verf. zur Überarbeitung mitgeteilt und zum größten Teil berücksichtigt und umgesetzt. Die naturwissenschaftlichen Teile betreffend gingen die Anmerkungen jedoch soweit, dass es bereits einer wissenschaftlichen Diskussion entsprach, die die Verf. aber erst nach der Publikation innerhalb der Forschungsgemeinschaft beginnen wollten. Hierbei wurde kein vollständiger Konsens gefunden. Nach dem Einreichen einer finalen Fassung am 9. August 2019 blieb das Manuskript liegen, einhergehend mit dem Wechsel in der Leitung des RGZM. Zur Entscheidung der Drucklegung veranlasste die neue Herausgeberin gegen Ende des Jahres 2019 ein weiteres zusammenfassendes Gutachten aus den eigenen Reihen des RGZM. Obwohl dieses den Druck befürwortete, blieb das Manuskript erneut liegen. Nach weiteren Monaten des Wartens, beschlossen die Verf. am 3. Juni 2020, das Manuskript beim Archäologischen Korrespondenzblatt zurückzuziehen und bei den Archäologischen Informationen einzureichen." Mellers Entgegnung Auf der Website des Landesmuseums für Vorgeschichte wird gekontert: "Die Kollegen ignorieren nicht nur die Fülle an publizierten Forschungsergebnissen der letzten Jahre, sie führen dafür verschiedene Argumente ins Feld, die indes leicht zu widerlegen sind… Unter anderem mit metallurgischen Untersuchungen von Prof. Dr. Pernicka und Kollegen, die ergeben, dass das Kupfer aller Teile des Hortes aus derselben Lagerstätte, dem Mitterberg im Salzburger Land, stammt. "Analysen von keltischen [eisenzeitlichen] Kupferlegierungen zeigen ganz andere Zusammensetzungen sowohl der Hauptbestandteile als auch der Spurenelemente und Bleiisotopenverhältnisse." (Pernicka) Gegenüber der Wochenzeitung „Die Zeit“ sagte Meller, dass die Kollegen nur intrigierten, weil er die Echtheit eines von Gebhard & Krause als hochbedeutend angesehenen Goldfundes im bayerischen Bernstorf/Kranzberg angezweifelt habe. Da Meller die Latte mit dem Weltkulturerbe sehr hoch gehängt hat, kann man nur hoffen, "dass der Absturz der sog. Himmelsscheibe nicht allzu krachend ausfallend wird." [iii], Für viele, die an der Nebrascheibe und ihrer archäomystischen Interpretation zweifelten, ist neben diesem eingeleiteten Showdown besonders wichtig, dass in dieser Veröffentlichung auch eine Veröffentlichung der Scheibe vor ihrer restauratorischen Verfälschung abgebildet wird:
"Es handelt sich um eine der wenigen Aufnahmen, die den Zustand der Himmelsscheibe (ca. Januar 2002) vor der Übernahme durch das Landesmuseum Halle und den dort durchgeführten Konservierungsarbeiten zeigen. Wichtig sind die hier noch gut erkennbaren Erd-Anhaftungen und die Korrosionsspuren. Ein Teil der angeblich frischen, erst bei der Bergung 1999 entstandenen Beschädigungen … weist erkennbar alte Korrosionsspuren auf, die wohl kaum im Zeitraum 1999-2002 entstanden sein können.
Halten wir also fest, daß Gebhard & Krause in diesem Abschnitt des Showdowns der Nebrascheibe ihre Echtheit noch nicht öffentlich anzweifeln. Da es noch eine Fülle weiterer Argumente gegen die Echtheit der Scheibe gibt [iv], wird vermutlich schon rasch die Phase zwei des Showdowns gezündet werden. Ob die Veröffentlichungen dann wieder liegenbleiben? Anmerkungen: Police recover stolen treasures after busting archaeological crime gang in BulgariaDonnerstag, 25. Juni 2020An international crime gang that ransacked ancient sites in Bulgaria and trafficked stolen archaeological goods whose total worth exceeds several millions of euros has been broken up as a result of an international police operation coordinated by Europol.€7.9 million of illegal products seized in hits against medicine traffickers (MISMED)Sonntag, 8. März 2020Europol supported a pan-European operation targeting the illicit online and offline trafficking of misused and counterfeit medicines. The operation, led by the French National Gendarmerie (Central Office against Environmental and Public Health Crime - OCLAESP) and the Finnish Customs (Tulli), involved law enforcement authorities from 11* EU Member States, Bosnia and Herzegovina, Ukraine, the United Kingdom and the United States. The operation was also supported by the European Union Intellectual Property Office (EUIPO), Eurojust and the European Anti-Fraud Office (OLAF). The operation was carried out between July and October 2019. The operation in numbers
Worrying trends of medicine trafficking continue
Over three years, Mismed allowed for:
* Belgium, Cyprus, Finland, France, Greece, Hungary, Italy, Portugal, Romania, Slovakia, Spain. Hubertus Butin über FälschungenSonntag, 23. Februar 2020Der Kunsthistoriker Hubertus Butin beschäftigt sich seit längerem mit Fälschungsfragen. In zwei Wochen wird im Suhrkamp Verlag sein kunstsoziologisches Buch „Kunstfälschung. Das betrügliche Objekt der Begierde“ erscheinen . Ab dem 7. März wird es an die Buchhandlungen ausgeliefert. Am 9. Mai wird Butin im Auktionshaus Karl & Faber in München einen Vortrag halten mit dem Titel „Künstler und ihre Fälschungen – ein spezielles Verhältnis“. Man kann’s ja mal probieren UPDATESonntag, 19. Januar 2020Verschiedene Medien berichten, dass am 28. Januar 2020 ein Prozess am LG Düsseldorf gegen einen 52-jährigen Neusser Zahnarzt beginnt , der am 30.1.2017 (!) wissentlich mehr als 20 (!) Picasso-Fälschungen in einem Düsseldorfer Nobelhotel verschiedenen Vertretern von Kunstauktionshäusern vorgelegt hatte. Die handschriftlichen Notizen auf den Rückseiten der Gemälde sollen von ihm als solche des Nachlassverwalters Picassos ausgegeben worden und von gefälschten Echtheitszertifikaten begleitet gewesen sein. Weil es sich bei dem Termin noch nicht um ein Verkaufsgespräch handelte, sieht die Staatsanwaltschaft allerdings keinen versuchten Betrug. Die Anklage wirft dem Mediziner deswegen vor allem den Gebrauch unechter Urkunden vor. UPDATE: Im Prozess um sage und schreibe 26 gefälschte Gemälde von Picasso hat der Zahnarzt Dr. P. aus Neuss am 10.2.2020 ein Teilgeständnis abgelegt. Im Gegenzug war ihm dafür vom LG Düsseldorf eine Bewährungsstrafe von höchstens eineinhalb Jahren Haft zugesichert worden. Der 52jährige Mediziner gab am Montag zu, Auktionshaus-Mitarbeitern in dem Düsseldorfer Hotel "Breidenbacher Hof" die gefälschten Picassos gezeigt zu haben. Dabei war der Schwindel aufgeflogen. Daß es ziemlich primitive Fälschungen waren, habe er zwar nicht gewusst, er habe lediglich Echtheitszweifel gehabt. Die Bilder habe er von einem Kunstvermittler bekommen, der behauptet hat, sie in Belgrad einem ehemaligen Botschafter Serbiens abgekauft zu haben. Er habe dem Vermittler für dessen Auslagen rund 200 000 € gezahlt. Es sei geplant gewesen, die Bilder gemeinsam zu verkaufen. Dieser Vermittler war jedoch bereits 2019 vom Amtsgericht Ludwigsburg wegen Betrugs zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Er hatte einem Unternehmer aus Süddeutschland für 300 000 € Bilder verkauft, die angeblich aus der Sammlung eines ehemaligen jugoslawischen Generals stammten. Tatsächlich waren sie in derselben Fälscher-Werkstatt in Belgrad entstanden wie die Bilder von Düsseldorf. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Zahnarzt unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke und den Gebrauch unechter Urkunden vor, weil er gefälschte Echtheitszertifikate vorgelegt hatte. Weil er die Werke noch nicht zum Verkauf, nur zur Beurteilung anbot, sieht die Staatsanwaltschaft in der Tat keinen versuchten Betrug. Fake employment documentation of more than 13,000 non-EU citizensMontag, 25. November 2019On 18 November 2019, the Polish Border Guard (Straż Graniczna) under the supervision of the regional prosecutor’ s office and supported by Europol, dismantled an organised crime group involved in migrant smuggling and facilitation of irregular migration. Operation "Achei": Auch Fälschungen beschlagnahmt?Montag, 25. November 2019Es kommt immer wieder vor, dass dem BKA Diebstähle gemeldet werden, die sich bei näherer Betrachtung als Fälschungen herausstellen. Menschen mit geübtem Blick können in polizeilichen Datenbanken immer wieder solche Objekte ausmachen. Vermutet werden muss, dass nicht etwa Diebe auf dieselben Objekte hereinfielen wie die Besitzer, sondern dass bei tatsächlichen Diebstählen vom Besitzer erkannte Fälschungen dem Diebesgut untergemischt wurden, etwa, um den befürchteten Wertverlust durch Versicherungsbetrug wieder wettzumachen. Der Betrogene wird hierdurch nicht durch Weiterverkauf, sondern durch angeblichen Diebstahl selbst zum Betrüger. Diese Methode ist auch bei Schwarzen Schafen im Handel bei "unverkäuflicher Ware" nicht unüblich. In Bayern waren rund 20 Polizisten des LKA zusammen mit italienischen Kollegen u.a. mit der Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume eines italienischen Geschwisterpaares in München sowie eines Münzauktionshauses beschäftigt. Die Drahtzieher sollen nach bisherigen Erkenntnissen vor allem beim Tempel des Apollon Aleo hinter einem verlassenen Industriegbäude bei Ciro Marina und im archäologischen Park von Capo Colonna Trichtergrabungen durchgeführt haben. Polizeiliche Drohnenaufnahmen belegen, dass hierbei sogar Bagger eingesetzt wurden. Unter den wenigen, auf einer Pressekonferenz in Italien präsentierten Objekten fällt besonders eine Gruppe von kleinfigürlichen Figuren aus hellerem Ton auf, die allerdings nicht alt zu sein scheinen und anscheinend alle von gleicher Hand geformt wurden (Fotos: EUROPOL). Keine Venus, kein Trinkgefäß - ist der vermisste seltsame Hohlkörper von Aufhausen nichts als ein plumper Fehlbrand?Sonntag, 17. November 2019Der Kreisarchäologe Dr. Ludwig Kreiner schrieb seinerzeit über die Auffindung des seltsamen Objekts: "Den Archäologen gelangen in ihren Ausgrabungen in Aufhausen sensationelle Entdeckungen: so fanden sie 1997 ein 6000 Jahre altes Gefäß in der Form eines Menschen, die sog. Venus von Aufhausen. Dieses Kult-Gefäß ist bisher in Europa ein einzigartiger Fund." [i] Die Aufindungssitution und eines der ersten Fotos des Fundes. Wir empfehlen ein Heranzoomen! Fotos: Kreiner
Schnell wurde "das Gefäß" von Kreiner auf 6.000 Jahre datiert und zur "Sensation" erklärt. Auf einer kürzlichen Pressekonferenz, in der das Verschwinden des Originals bekanntgegeben wurde, sprachen der Dingolfinger Landrat Heinrich Trapp (SPD) und Kreisarchäologe Florian Eibl davon, dass es sich bei der "Venus von Aufhausen" um einen "der wichtigsten archäologischen Funde Bayerns aus den vergangenen 25 Jahren" gehandelt habe. Wir haben also ein nicht mehr auffindbares, scheinbar abhanden gekommenes Objekt, das zur "Venus" erklärt wurde, von dem nur noch dessen zwei Repliken existieren, ein angebliches Alter, und eine Wertung als Sensation. Wo ist der Grabungsbericht, wer waren die Finder - ausgebildete Archäologen oder doch eher Hobbyarchäologen? Vergleichsobjekte sind mal wieder, wie schon bei der Nebrascheibe oder den plumpen Fälschungen von Bernsdorf, nicht bekannt. Ich fürchte, es handelte sich hierbei weder um eine Venus (also nicht um eine Figur), noch um ein Trink- oder Weihegefäß (das hätte ja dicht sein müssen), noch um eine echte Sensation, sondern (wenn nicht um ein doch sehr fragwürdiges Original) um eine Fehlproduktion. MSN oder SAT.1 Bayern schreiben sogar: "Die Venus von Aufhausen ist ein Trinkgefäß aus der Steinzeit." Wie kann eine Venus ein Trinkgefäß sein? Wer trank denn aus einer Venus? Das könnte nur jemand erklären und anschließend behaupten, der beim eigentlichen Vorgang dabei war. Vorsichtigere Wissenschaftler sprechen deswegen von einem "anthropomorphen Weihegefäß" der "Münchshöfener Kultur". Anthropomorphe Darstellungen der Münchshöfener Kultur Aufhausen, Markt Eichendorf, Lkr. Dingolfing-Landau (Abb. 6) Seit 1988 untersucht L. Kreiner im Osten von Aufhausen ein großes Gewerbegebiet. 1997 legte er hier eine noch 0,9 m tiefe birnenförmige Vorratsgrube frei, die im Planum einen Durchmesser von 1,3 m und an der flachen Sohle von 2,1 m besaß. 21 Dabei liest der Verfasser in das plumpe Objekt etwas hinein, was sich an Vergleichsobjekten aus der Lengyelkultur orientiert: eine Ähnlichkeit mit der Frauenstatuetten von Falkenstein-Schanzboden und von Eggendorf am Wald.
Ich halte es für Archäomystik oder Wunschdenken, diesen dreigeteilten Hohlkörper als eine Frauenfigur oder gar ein Frauenfigurgefäß zu interpretieren. Sicherlich sind die Beifunde (ein Gefäß, Geweih- und Knochenreste) interessant und die Fundzusammenhang möglicherweise semantisch bedeutend, doch ist das Objekt selbst grob, unverziert und ausdruckslos. In seiner Oberfläche erreicht es die Feinheit des keramischen Beifunds nicht. Die Datierung erfolgte anscheinend lediglich durch den keramischen Beifund und stilistisch durch die reichlich unpassenden Vergleiche mit Objekten der Lengyelkultur, sonst hätte man die nicht nur möglichen, sondern sogar angesagten naturwissenschaftlichen Datierungsergebnisse aus der Zeit zwischen 1988 und 2010 (!) wohl veröffentlicht und zitiert. Ohne eine Spur von Zweifel schreibt Heiner Schwarzberg im gleichen 28. Vortragsband, 22 Jahre nach dem Fund: "Chronologisch kann die Gefäßfigurine von Aufhausen einer späten Phase der Münchshöfener Kultur zugeordnet werden, die etwa Lengyel III in Mähren, Ludanice in der Südwestslowakei, Bodrogkeresztúr in der Ostslowakei und Ostungarn sowie Balaton-Lasinja in Westungarn, Kroatien und Bosnien entspricht. L. Kreiner und R. Pleyer weisen dabei besonders auf die zeitgleichen Funde von Wallerfang, Lkr. Deggendorf, hin, die Balaton-Lasinja-Anklänge erkennen lassen. 20 L. Kreiner u. a. 21 führen das lokal gefertigte Stück auf Einflüsse aus dem Theißgebiet zurück, da im Lengyel-Umfeld nur wenige anthropomorphe Gefäße bekannt sein sollen." [vi] Vergleichsobjekte der Lengyelkultur. Quelle: 28. Niederbayerischer Archäologentag Eine naturwissenschaftliche Datierung sollte vor allem dann, wenn man meint, es würde sich um ein sensationelles Objekt handeln, unbedingt dazugehören. Sonst könnte sich der Eindruck einstellen, man fürchte den Nachweis einer Falsifikatseinschleppung in die Grabung, wie etwa im Fall von Bernsdorf. Als das Objekt seinerzeit in die Archäologische Staatssammlung kam, um dort eine Replik herstellen zu lassen, hätte man das Sensationsobjekt unbedingt mit einem TL-Test untersuchen lassen müssen. Ansonsten kann man nur mit Torsten Gebhard hoffen, dass sich der merkwürdige Hohlkörper in irgendeiner Asservatenkammer wiederfindet, und sich durch die Arbeit kritischer Wissenschaftler die "birnenförmige Vorratsgrube" (so Engelhard) sich nicht eines Tages als birnenförmige Abfallgrube erweist. Anmerkungen [i] Archäologie in Aufhausen, http://www.aufhausen-ndb.de/?page_id=9 sowie http://alt.aufhausen-ndb.de/do_hamma_her/do_hamma_her.html [ii] Andreas Glas: Die verschlampte Venus. In SZ v. 16./17. 11.2019, S. R14: "Nahe Aufhausen finden Hobbyarchäologen ein Gefäß in Menschenform. Zwei Beine, breite Hüften." [iii] Monika Schwarz: Die Münchshöfener Kultur, seit 2006 online unter http://www.donau-archaeologie.de/doku.php/kulturen/munchshofen [iv] L. Kreiner/R. Pleyer, Die „Venus von Aufhausen“ – Ein besonderes Gefäß der Münchshöfener Kultur. In: K. Schmotz (Hg.): Vorträge des 17. Niederbayerischen Archäologentages. Rahden/Westf. 1999, S. 55–69 sowie L. Kreiner/R. Pleyer: Ein anthropomorphes Gefäß der Münchshöfener Kultur aus Niederbayern. In: Bayer. Vorgeschbl. 64, 1999, S. 363-398 [v] In: Vorträge des 28. Niederbayerischen Archäologentages. Rahden/Westf.2010, S. 74-84 [vi] Heiner Schwarzenberg: Zur Abbildung von Gesicht und menschlichen Körper auf der Gefäßkeramik des 6. und 5. Jahrtausends v. Chr. in Süddeutschland. In: ebd. Kunsthändler verliert Prozess um angebliches Uecker-BildDienstag, 5. November 2019Ein Essener Kunsthändler muß einer Käuferin eines vermeintlichen Bildes von Günther Uecker 7500 € Anzahlung plus Zinsen rückerstatten. Das Düsseldorfer Landgericht erließ ein Versäumnisurteil, weil weder der Händler noch sein Anwalt zum Termin erschienen waren. Die Käuferin hatte das "Sandbild auf Büttenpapier" 2018 erworben, gelangte danach aber zur Ansicht, es handele sich um eine dreiste Fälschung. Der älteste Sohn von Günther Uecker, der dessen Werk verwaltet, hatte erklärt, das Bild stamme nicht von seinem Vater.Keine Fälschung, sondern ein zweifach geschöntes Original des 16. Jh.Dienstag, 5. November 2019UPDATE v. 24.11.2019 (unten) Ein Verdacht und sein unerwartetetes Ergebnis Als der Leiter des Referats Restaurierung am Universalmuseum Joanneum in Graz, Paul-Bernhard Eipper, zum ersten Mal das Bild einer Dame mit Mühlsteinkrause und langer Kette sah, hatte er sofort einen Verdacht. Mit dem süßlichen Lächeln der Dargestellten wirkte es wie eine Kopie des Historismus, vielleicht sogar des 20. Jh. Die als Malgrund verwendete alte Tafel sprach zunächst sogar für eine Fälschung, zumal die Rückseite „Euphrosina Bimlin, ANNO DNI 1594“ beschriftet war. Als nach der Reinigung und vorsichtigen Freilegung ein Frauenporträt der deutschen Renaissance zum Vorschein kam, war das Staunen groß: Der ernste Gesichtsausdruck der Dame war anscheinend um die Mitte des vorigen Jahrhunderts geschönt worden, doch handelte es sich eben nicht um eine Fälschung.
Abb. 1+2: Vorder- und Rückseite des neuen Eipper-Buchs, das einiges an restauratorischem Wissen für Kunsthistoriker bereitstellt. In den Jahresberichten des Joanneums von 2008 und 2011, in den Blogseiten des Hauses wurde diese Entdeckung publiziert, später dann auch im „Handbuch der Oberflächenreinigung“, nachdem der Kunsthistoriker Ulrich Becker bemerkt hatte, daß der Name Bimlin auf Augsburg verweist. Karin Leitner-Ruhe überließ zu einem späteren Zeitpunkt Eipper die alte Inventarkarte (Abb. 3). Sie enthielt die Vermutung, dass es sich beim Künstler um Frans Francken handeln solle, ferner den Eintrag, dass es sich um eine Leihgabe von Ignaz Graf Attems handelte und sich früher einmal in Aflenz, einem Bergort, rund 78 km nördlich von Graz, befand. Abb. 3: Inventarkarte des Joanneum zum Porträt. Scan: UMJ Noch überraschender aber war der Fund einer alten sw-Aufnahme des Gemäldes, die es in einem dritten, bis dahin unbeachteten Zustand zeigt. (Abb. 4) Im Vergleich mit dem freigelegten Werk des 16. Jh.offenbarte sich nun, dass der viele Jahre sichtbaren Schönung noch eine weitere, darunter liegende schönende Übermalung zugrundelag. Abb. 4: Beilage der Inventarkarte: ein bis lang unbeachtetes Foto von 1943. Foto: Alexander Stern/UMJ Die Aufnahme stammt vom Fotografen Alexander Stern, der sie mit seinem Stempel versah. Hierdurch ist sie archivalisch datierbar, denn in einem anderen Zusammenhang erwähnte die Joanneums-Chefkuratorin Mag. Dr. Karin Leitner-Ruhe 2014: „Für die Aufnahmen im Bergungsort Aflenz wurde der Fotograf Alexander Stern der Lichtbildstelle der Reichsstatthalterei der Steiermark engagiert.“ 1 Abb. 5: Die Rückseiten-Beschriftung, entstanden vermutlich erst nach der Übermalung der Datierung auf der Vorderseite. Foto: P.-B. Eipper So bekam der Regel-Betrachter der Vorderseite zwar ein Frauenbildnis zu sehen, hingegen keinen Hinweis auf die Datierung, auf den Namen der Person oder ihr Alter. Eine solche Anstückung mit gleichzeitiger Übermalung wichtiger Originalsubstanz würde selbstverständlich heute kein Restaurator mehr vornehmen. Abb. 6: Auszug aus Siebmachers Wappenbuch von 1605 mit dem Wappen der Bimmel. Quelle: Wikimedia Commons. Im Wappenanhang bei Paul von Stetten 1762 ist das richtige Wappen aufgrund eines Druckfehlers auf Taf. X, Nr. 4 abgebildet, nicht auf Taf. VIII. Die Hände mit den Ärmelkrausen derartiger Porträts waren ein erheblicher Bedeutungsträger: Die Handhaltung signalisierte innere Gelassenheit und Würde. Gelegentlich hielt eine Hand eine symbolkräftige Blume, einen Handschuh, ein Hündchen - vor allem aber wies die Ringhand dann einen kleinen Wappenring auf, wenn es sich um eine entsprechende Familie von Rang handelte. Ein Vergleich mit anderen Gemälden desselben Künstlers zeigt: Die Tafel wurde somit im Laufe seiner Restaurierungsgeschichte wohl wegen Wurmfraß seitlich und unten gekürzt, nicht aber oben. Links und rechts nur einige Zentimeter, aber nach unten erheblich. Da oben links weder das Wappen, noch der Name der Dargestellten gefunden wurde, darf vermutet werden, dass der unten entfernte Teil des Gemäldes an der Ringhand der Bimmel einen Wappenring aufwies. Alle mir bekannten, dem ausführenden Künstler zugeschriebenen Patrizierporträts (s.u.) sind hierdurch näher bestimmbar; Gattinnen reicher Nichtpatrizier malte er mit neutralen Ringen, sie wurden aber auf der Bildvorderseite, weil hierdurch ein Identifikationsmerkmal fehlte, per Inschrift ("uxor...") textlich bezeichnet. Abb. 7: Das Palais Attems, Graz, während einer Führung zum Tag des Denkmals 2017 Im 19. Jh., als das Joanneum bei der Bevölkerung um Zuwächse warb, wurde auch dieses Bild zunächst als Leihgabe in das Joanneum verbracht. 3 Nach dem Tode Attems 1861 kamen mit dem sog. Legat Attems dann viele Werke an die Bildergalerie des heutigen Universalmuseums Joanneum. Im Spätsommer 2019 war das Portrait der Bimmel in der ziemlich ungenauen Legats-Auflistung jedoch „nicht zu finden. Es gibt darin aber einige „weibliche Kopfstücke“, die schwer zuzuordnen sind.“ 4 (Leitner-Ruhe) Vermutlich erwarben die Attems das Portrait im 18. oder 19. Jh. für ihre Bildergalerie als reines Kunstobjekt. Da es aber keine genealogische Verbindung zwischen den Attems und der Dargestellten gab, konnte das Gemälde zunächst als Leihgabe, und 1861 dann als Schenkung dem Joanneum vermacht werden. Abb. 8: Lucas Kilian: Posthumes Porträt von Quirin Rechlinger als Duumvir (also 1594-1605), Kupferstich, undat., vor 1624. Blatt 208 x 138 mm. Aus Kilians „Reipublicae Augstanae Vindelico-rum Praefecti...“, Augsburg 1624. Drugulin 17029; Singer 75425; Diepenbroick 20706
Abb. 9: Abraham de Hel zugeschr.: Bildnis der Korona Welser, verheirate Langenmantel, Detail. Foto: Sotheby's Das Inkarnat bei der Korona Welser ist ähnlich jenem der Bimmel und entspricht der Kennzeichnung von Gode Krämer. Der flussperlenverzierte Haarschmuck weist große Ähnlichkeiten auf, zudem die kurzwimprige Augenpartie, vor allem die Darstellung des Ohrs. (Abb. 10) Abb. 10: Links das Ohr der Korona Welser, rechts, seitenverkehrt, jenes der Euphrosina Bimmel. Die am oberen Rand befindliche Datierung ist annähernd gleich geschrieben. Das Gesicht der Korona Welser weist dieselbe Grautönung im Schläfenbereich auf, ihr Mund denselben Schwung. Die Zuschreibung an de Hel kam zuerst im Mai 1947 von Dr. Ludwig Ohlenroth. 17 Abb. 11 + 12: Abraham de Hel zugeschr.: Halbfigurporträts von Karl von Langenmantel und seiner Frau Korona Welser, Diese beiden hochqualitativen Porträts entstanden zwei Jahre vor der zweiten Eheschließung des Quirin Rechlinger mit Euphrosina Bimmel. Als Bürgermeister war Rechlinger dieses Bildnispaar sicherlich nicht unbekannt geblieben und dürfte den Ausschlag zur Beauftragung de Hels für sein eigenes Porträt mit Euphrosina Bimmel gespielt haben.
Porträts der Augsburger Oberschicht des 16./17. Jh. hängen in den berühmtesten Museen der Welt. Wenngleich das Gemälde der Bimmel durch die Veränderungen mitgenommen erscheint, ist es doch ein wichtiges Werk der Augsburger Spätrenaissance und seltenes historisches Zeugnis, denn weitere bildliche Dokumente der Euphrosina Bimmel sind anscheinend nicht überliefert. Abb. 13: Anonymus: Bildnis eines Herren Rehlinger, datiert auf der Halskachel 1527. Möglicherweise Bernhard III. Rehlinger. Aber nicht nur dieser Bernhard Rehlinger diente dem österreichischen Kaiser, sondern auch Euphrosinas Ehemann, der Augsburger Bürgermeister Quirin Rehlinger selbst, dem am 26.5.1598 vom Wiener Kaiserhaus der Titel „Kaiserlicher Rat“ 20 „unter ausdrücklicher Würdigung der Verdienste seines Geschlechts“ verliehen wurde. Damit ist natürlich das Geschlecht der Rehlinger gemeint. Sehr wahrscheinlich ist, daß dessen Hilfe rein finanzieller Art war. Möglich ist deswegen, dass das Bild der Bimmel schon um 1600 nach Österreich zu den auf Abstammung bedachten Verwandten kam, wo es später irgendwann die kunstsinnigen Attems erwarben. Dank Besonderer Dank für Hinweise an die genannten Mitarbeiter des Universalmuseums Joanneum, an Dr. Gode Krämer, an Dr. Christoph Trepesch, Dr. Christoph Nicht und Sarah Klein MA (Kunstsammlungen und Museen Augsburg) sowie an Dr. Barbara Rajkay vom Stadtarchiv Augsburg. Anmerkungen 1 Archiv Alte Galerie, Graz, Postausgang 1943, Zl. A 250/43, Karl Garzarolli-Thurnlackh an Alexander Stern, 15.9.1943. Der Vortrag von Karin Leitner-Ruhe „Luftschutzmaßnahmen”, wurde veröffentlicht unter „Ein Bilderstapel...“ in: Sabine Loitfellner, Pia Schölnberger: Bergung von Kulturgut im Nationalsozialismus: Mythen - Hintergründe - Auswirkungen. Wien 2016, hier S. 253 Hinweis: In: MUSEUM AKTUELL, September 2019, H. 260/2019, S. 9-12 findet sich eine Kurzfassung dieses Blogeintrags unter der Überschrift "Durchschaut: Einem zweifach geschönten Bild auf der Spur. " UPDATE: Was bei der Abfassung dieses Beitrags nur eine kunsthistorische Vermutung war, wurde jetzt von Paul-Bernhard Eipper bestätigt: Sägespuren beweisen, dass die Tafel rezent links und rechts gekappt wurde. In diesem Fall dürfte die Ursache zweifacher Natur sein: Anobienbefall und Anpassung an einen vorhandenen, allerdings kleineren Rahmen. Diese uns heute brutal erscheinende Vorgehensweise war in den vergangenen Jahrhunderten bei Leinwand- und Tafelgemälde üblich, man möchte fast meinen: die Regel. Gefälschte Qumran-FragmenteDonnerstag, 19. September 2019Die berühmten Schriftrollen von Qumran zählen zu den bedeutendsten archäologischen Funden des 20. Jahrhunderts. Sie wurden nach 1947 in elf Höhlen nahe dem namensgebenden Ort Khirbet Qumran im Westjordanland von Beduinen entdeckt und enthalten 2000 Jahre alte jüdische Texte, darunter auch Abschriften aus der Bibel. Derartige Schriften auf Papyrus oder Pergament wurden später dann auch an anderen Orten der israelischen Wüste gefunden. Sie enthielten u.a. Verträge und Texte der Essener-Sekte, der nach Ansicht einzelner Theologen auch Jesus angehörte. Man spricht heute von ca. 60.000 Fragmenten und Dokumenten. Sie sind sämtlich online (auch russisch, deutsch und englisch) und bieten ein unmittelbares Bild von den diversen religiösen Glaubensrichtungen des antiken Judentums und von dem Alltagsleben während der ereignisreichen Zeit des Zweiten Tempels.[1] Giuliano Ruffini and Pasquale FrongiaSamstag, 14. September 2019As Vincent Noce reports in The ART NEWSPAPER of Sept. 13, 2019, the high-profile Old Master forgery scandal took a dramatic turn. On 10 September, the virtually unknown painter, Pasquale "Lino" Frongia, 61, was arrested by Carabinieri in northern Italy. He was jailed in Reggio di Emilia and is awaiting transfer to Paris where he is due to be interviewed by investigating officers and the judge Aude Burési, who, for the past five years, has been leading the criminal investigation. Mustread: Neues zu de Caro oder: Die Bilder trügen - Der Fuchs verliert sein Fell, nicht aber seine EigenschaftenFreitag, 16. August 2019Im Buch "Fälschungserkennung" hatte ich mehrfach darauf hingewiesen, dass Fälschungen eine besondere Form des Umgangs mit der Wahrheit darstellen. Die normalerweise während der Zeit der im Geheimen durchgeführter Fälschungen öffentlichkeitsscheuen Fälscher (oft einhergehend, zur Tarnung, mit Hochstapelei, einer anderen Form der Unwahrheitsproduktion) werden zu gezielt Medien ausnutzenden Menschen, nachdem sie enttarnt worden sind. Dies ist ist im Fall de Caro ein bißchen anders: Schon während der Zeit seiner Diebstähle und Fälschungen nutzte de Caro die Medien reichlich aus, um in der Öffentlichkeit seine eigentlichen Ziele zu verschleiern. Anmerkungen und Videohinweise Fälschungsverdacht: Miró-Schau in München abgesagtDienstag, 23. Juli 2019"Die große Sommerausstellung mit Druckgrafiken des katalanischen Künstlers Miró entfällt, weil französische Experten unter den vorgesehenen Exponaten Fälschungen entdeckt haben. Stefan Mekiska, https://www.br.de/nachrichten/kultur/faelschungsverdacht-joan-miro-schau-in-muenchen-abgesagt,RWxZ0M9 New possibilities of fake detection with c14 /Neue Möglichkeiten der Fälschungserkennung mit C14Montag, 17. Juni 2019https://www.pnas.org/content/pnas/early/2019/05/28/1901540116.full.pdf
Hitlereien unter FälschungsverdachtMontag, 11. Februar 2019Einem SZ-Bericht zufolge [1] wollte für das vergangene Wochenende wollte das Nürnberger Auktionhaus Weidler eine Spezialauktion Adolf Hitler mit insgesamt 63 Hitlereien, darunter 31 Aquarelle, Ölgemälde und Bleistiftzeichnungen durchführen. Doch dazu kam es nicht: Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hatte nach einem Spezialisten-Tip zu den zweifelhaften beigegebenen Expertisen die 63 Werke mit den Signaturen AH oder A. Hitler unter Mitwirkung des Auktionshauses sichergestellt (nicht: beschlagnahmt); sie ermittelt nun wegen Urkundenfälschung und versuchtem Betrug, da ein Anfangsverdacht bestehe, daß die Signaturen falsch seien und die Einlieferer davon in Kenntnis gehandelt hätten. Zumindest bei einigen "Expertisen" hierzu stellte sich zudem der Verdacht ein, daß auch diese gefälscht seien bzw. in betrügerischer Absicht erstellt sein könnten. Denn, so Stephan Klingen vom ZI in München, für solche Hitlereien gäbe es keine Gutachter - aus das angebliche amerikanische Werkverzeichnis sei nicht valide. Der unbegabte Amateurmaler Hitler habe zwar Bilder geschafffen, diese seien jedoch "ohne jeden Wiedererkennungswert".
Zwei Gutachten eines Dr. August Priesack, eines noch nicht einmal auf eigenem Briefpapier geschrieben, Erst kürzlich waren bei einer anderen Auktion in Berlin ähnliche Bilder sichergestellt worden; 5 Werke der geplanten Nürnberger Auktion stammen vom selben Einlieferer. Der Online-Katalog des Auktionshauses Weidler, das bereits 2018 mehrfach angebliche Hitlereien versteigert hatte, wurde zunächst zunächst mehrfach mit dem Begriff "Entfällt" gekennzeichnet, am Tag der Berichterstattung (11.2.2019) war er auch so nicht mehr im Netz.
Ein Firmensprecher teilte der SZ jedoch zunächst mit, fünf angebliche Hitler-Aquarelle sollten jedoch weiterhin versteigert werden, das teuerste zu einem Ansatz von 45.000 €. [2]
Am Samstagnachmittag fanden sich jedoch dafür keine Käufer. "Zwei Aquarelle waren im Katalog mit der Notiz "Nachweis Bayerisches Hauptstaatsarchiv" versehen – doch das nahm das Haus Weidler direkt im Saal 'auf Bitten des Staatsarchivs', jedoch ohne nähere Angaben zurück." [3] Nordbayern.de konnte nur noch berichten: "Ein Bieter im Saal sicherte sich auf Anhieb eine Tischdecke, angeblich aus Hitlers Besitz, zum angesetzten Preis von 630 Euro. Ein anderer Interessent ließ sich eine Vase aus Meißener Porzellan, angeblich aus Hitlers Privaträumen in der Reichskanzlei, 5500 Euro kosten. Er beteiligte sich via Telefon – und bekam den Zuschlag ohne Konkurrenz. Auf einem Korbstuhl, den Hitlers Veterinär als Geschenk erhalten haben soll und der auf 6500 Euro veranschlagt war, blieben der bisherige Besitzer, der auch drei der Aquarelle eingeliefert hatte, sowie das Auktionshaus sitzen." Die gesamte Auktion war in 10 Minuten zuende. Laut Spiegel Online soll Kerstin Weidler, Auktionatorin des Auktionshauses ihre Berechtigung zur Versteigerung von Hitlereien so begründet haben : "Auch Museen machten Geld mit Nazi-Kunst.." [4] Fotos: Auktionshaus Weidler Anm. [1] Olaf Przybilla: Schtonk II. In: Süddeutsche Zeitung v. 8.2.2019, S. R17 Erfinder der Fake News?Montag, 28. Januar 2019In einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung (1) bewertet ein gewisser Josef Schnelle einen gewissen Gabriel Jogand-Pagès (1854-1907), der unter seinem Pseudonym Léo Taxil bekannt wurde, als Erfinder der Fake News. Nun war dieser Taxil zwar ein gewaltiger Fabulierer und Erfinder unendlichen Unsinns über "den Teufel" oder die Freimaurerei, aber Erfinder der Fake News war er nicht. Der Autor Peter Mayer schrieb denn auch in einer Würdigung Taxils ein halbes Jahr zuvor: "Niemand kam dabei allerdings ernsthaft zu Schaden, es sei denn, dass sich die Gutgläubigen schmerzlich ihre Einfalt eingestehen mussten." (2). Aber bereits Peter Mayer brachte ihn in im September 2018 in Zusammenhang mit Fake News, obwohl dies nicht zutrifft. Josef Schnelle übernahm dies - selbst Journalist - ohne zu merken, dass diese Bewertung des antiklerikalen Wadenbeißers nicht stimmt. Schnelle übernahm auch Peter Mayers Kontext, der auf das Zola-Wort aufmerksam machte: „Meine einzige Sorge angesichts des Journalismus von heute ist der Zustand nervöser Überreizung, in dem er die Nation hält“. Ein bißchen weniger Überreizung, ein bißchen mehr Nachdenken hätte auch den beiden zitierten Autoren gut getan. Warum? Weil Fake News etwas anderes sind, als das, was Taxil jahrzehntelang produzierte. Zum einen sind Fälschungen und Fake News nicht dasselbe (gefälschte Nachrichten sind ein Spezialfall von Fälschungen zum Zwecke des politischen Umsturzes oder zum Gewinnen eines Krieges, zum anderen sind Fake News als Mittel der virtuellen Kriegsführung viel älter, und zum dritten ging es Taxil zumeist nicht um Nachrichten, sondern um das Lächerlichmachen von Papsttum und Freimaurerei mithilfe "desavouierender" Lügen, ähnlich jenen, die man jahrhundertelang über Juden erfunden hatte. Es gibt von Taxil zwar auch eine gefälschte Bismarck-Nachricht, aber der Rest seiner Erfindungen hat anderen Charakter. Taxil, Schwindler und Autor pornografischer Schriften, der auch schon mal in seinem Exil in der Schweiz eine versunkene Römerstadt im Genferseee entdeckte und große Haischwärme im Hafen von Marseille erfand, war ein Gegener der Freimaurer und der Kirche. Ein Freigeist, der als ehemaligeer Jesuitenschüler gerne "Gläubige" leimte. Und zusätzlich zu diesem Spaß damit auch noch viel Geld verdiente. Schaut man sich die englischen und deutschen Einträge in der Wikipedia an, so sind diese besser als dieser Artikel. Sie kommen ohne Schnelles Bewertung aus und bieten mehr Informationsmaterial. Dass nun ausgerechnet die deutsche Wikipedia wiederum den dünnen Artikel von Schnelle als Weblink nennt, sollte nachdenklich stimmen. So beißt sich die Katze in den Schwanz. Anm. (1) Josef Schnelle: Erfinder der Fake News. In: SZ vom 19/20.1.2019, S. 57 (2) Peter Mayer: Schwindler aus Leidenschaft. Deutschlandfunk, 29.9..2018 https://www.deutschlandfunk.de/eine-lange-nacht-ueber-den-publizisten-leo-taxil-schwindler.704.de.html?dram:article_id=427938 20. Karlsruher Tagung für Archivpädagogik, 22. März 2019: Fake oder Fakt? Wahrheitsfindung im ArchivMontag, 28. Januar 2019
Ist der älteste Mensch aller Zeiten eine Fälschung?Samstag, 5. Januar 2019Nach einem Zeitungsbericht soll es sich bei Jeanne Calment, der angeblich ältesten Frau der Welt - sie soll erst nach 122 Jahren gestorben sein - in Wahrheit um ihrer Tochter Yvonne handeln. Yvonne habe nach Recherchen von Nikolai Sak ** schon früh die Identität ihrer Mutter angenommen, um die damals übliche Erbschaftssteuer vn 35 % zu umgehen. Die Familie besaß mehrere Häuser in der Provence. Nach Zak ist Jeanne vor etwa 35 Jahren gestorben. Yvonne wäre jetzt 99 Jahre geworden. Zak stützt sich vor allem auf Ungereimtheiten der öffentlichen Erinnerungen (und Methoden der Umfrage und Photoshop-Vergleiche von Bildern); "Sie erwähnte beispielsweise, einst Vincent van Gogh Im Laden ihres Vaters begegnet zu sein. Tatsächlich aber habe Jeannes Vater nie einen Laden besessen, wohl aber Yvonnes Vater." Nun soll zur Klärung von Fragen das Grab von Jeanne geöffnet werden, in dem sie 1997 offiziell beigesetzt wurde. Berit Uhlmann: Madame Calment und ihre Tochter. War die offiziell älteste Frau der Welt eine Betrügerin? in: Süddeutsche Zeitung v. 4.1.2019, S. 16 ** veröffentlicht in Researchgate, https://www.researchgate.net/publication/329773795_Jeanne_Calment_the_secret_of_longevity Massenhaft Fälschungen relativ unbekannter schwarzer Künstler auf dem MarktSamstag, 5. Januar 2019Lesen Sie hierzu einen Beitrag in THE ART NEWSPAPER: A machine to fight fake newsFreitag, 19. Oktober 2018The fight against fake news has taken a massive step forwards thanks to a new artificial intelligence tool. Built by researchers from the University of Michigan and the University of Amsterdam, the new algorithm has proven to be more effective than humans when it comes to detecting lies and untruths online. At the most basic level, fake news is articles, videos and social media posts that are fundamentally untrue. These stories are targeted at people online who share similar interests in the hope that they will be re-shared. And because people rarely check the sources or facts behind these articles, they can quickly go viral. Johann August TürpeFreitag, 27. Juli 2018"Der Hofkunsttischler Johann August Türpe wird 1848 für seine Restaurierungsarbeit an dieser Pendule sehr gelobt. In diesem Zusammenhang erfahren wir aber auch, daß er die Chance genutzt hatte, um die Uhr zu kopieren, die Beschläge abformte und daraus eine neue Uhr baute, die als vermeintliches Original verkauft wurde. [1] Offensichtlich beschränkte sich Türpe nicht nur auf einen Nachbau. Durch ein Foto, das einige seiner Arbeiten auf der Weltausstellung in London 1862 zeigt, wissen wir, daß er mindestens eine zweite gebaut hat, diese jedoch unter seinem Namen verkaufte. Diese Rechercheergebnisse sensibilisieren für die recht beachtliche Vielzahl der Ausformung dieses Modells, die derzeit nachweisbar sind, aber alle ins 18. Jh. datiert werden." Anmerkung: [1] vgl. Ernek-van der Goes, Christiane: Fälschung als Empfehlung. Wie Johann August Türpe das Prädikat des Hofkunsttischlers erhielt. In: Dresdner Kunstblätter, 60. 2016, Heft 3, 2016, S. 44-53
Statt eines Vorworts: Quellenkritik für alleSonntag, 13. Mai 2018"10 Gebote zum Umgang mit Geschichte(n) 1. Seien Sie neugierig! 2. Seien Sie kritisch! 3. Prüfen Sie die Quellen! 4. Prüfen Sie die "Erzähler"! 5. Informieren Sie sich über Alternativen! 6. Kennen Sie die Methoden! 7. Hinterfragen Sie die Konzepte! 8. Seien Sie nicht zu negativ! 9. Seien Sie selbstkritisch! 10. Ziehen Sie Schlussfolgerungen! Quelle: Belgien: Ganze Ausstellung mit vorgeblich russischer Avantgardekunst geschlossenMittwoch, 9. Mai 2018Wegen der vielen Fälschungen russischer Avantgarde-Kunst haben mittlerweile große Häuser, wie das Museum Ludwig in Köln, die Berlinische Galerie oder die Albertina derartige Bestände wegen massiven Echtheitszweifeln wieder ins Depot verbracht. Am Freitag, dem 16. März 2018, verurteilte das Landgericht Wiesbaden zwei Männer zu Haft- und Geldstrafen wegen des Verkaufs von gefälschten Kunstwerken, die Künstlern wie El Lissitzky, Malewitsch und Alexander Rodtschenko zugeschrieben wurden. Der neueste Fall [1] Am 20. Oktober 2017 wurde im Museum voor Schone Kunsten (MSK) in Gent (BE) eine Ausstellung mit dem Titel "Russische Moderne 1910-30" eröffnet. Sie bestand aus 24 Werken, die Larionov, Goncharova, Tatlin, Filonov, Kandinsky, Malewitsch, El Lissitzky, Exter, Popova, Rozanowa, Rodtschenko, Udalzowa und anderen zugeschrieben werden. Als Herkunft aller Werke wurde die "Dieleghem-Stiftung" angegeben, die von dem Russen Igor Toporowski und seiner Frau Olga erst 2017 in Belgien gegründet worden war. Sie wurde nach dem Château de Dieleghem benannt, das die Toporovskis besitzen und das bis 2020 etwa zu zwei Dritteln mit öffentlichen Geldern zu einem Museum für ihre Sammlung umgebaut werden soll. [2] Erklärtes Ziel der Stiftung ist die "uneigennützige Förderung von Werken und Künstlern von Europäischer Kunst aus der Zeit von 1850-1930 und der russischen Moderne von 1900-30 ". Sie behält sich aber das Recht vor, "jedes Element, das es besitzt, zu verkaufen, wenn es nicht in die vom Gründer definierte Sammlung passt ". Wie nachträglich bekannt wurde, beinhaltet der Vertrag zwischen Museum und Stiftung auch einen Passus, nach dem Werke der Stiftung auch während der Ausstellung verkauft werden dürfen. [3] Die gesamte Sammlung besteht aus rund 500 Werken, von denen zwei Drittel Gemälde sind.
Teilansicht der Ausstellung 'Russische Moderne' [sic] in Gent. Die Gemälde werden, von links nach rechts, folgenden Künstlern zugeschrieben: Kasimir Malewitsch, Liubov Popova und Olga Rozonova (zwei Arbeiten). In der Mitte an Malewitsch zugeschriebene Werke. Foto: The Telegraph und andere Medien, kein Fotograf benannt, ähnliche Bilder stammen nach anderen Quellen (artnet) vom MSK, Gent. Am 15. Januar erschien in der flämischen Tageszeitung De Standaard ein offener Brief, der von zehn Spezialisten mit Spezialkenntnissen in russischer Avantgarde unterzeichnet wurde, welche die in Gent gezeigten Arbeiten als "höchst fragwürdig" bezeichneten und, falls sie sich nach einer wissenschaftlichen Untersuchung als Fälschungen herausstellen sollten, fallengelassen werden sollten. Zu den Unterzeichnern gehören die Händler Julian Barran, James Butterwick, Richard Nagy, Ivor Braka und Jacques de la Béraudière sowie Kuratoren und Sammler, darunter Natalia Murray, Co-Kuratorin der Ausstellung Revolution "Russische Kunst von 1917 bis 1932" an der Londoner Royal Academy of Arts, aber auch der Kölner Händler Alex Lachmann, der regelmäßig auf Londoner Auktionen russischer Kunst zu sehen ist und zu den einflußreichsten Menschen in diesem Bereich zählt. Der Brief sagt weiter: " They have no exhibition history, have never been reproduced in serious scholarly publications and have no traceable sales records.” Das Museum “did not provide any information about their provenance or exhibition history…other than the name of the owner". Am nächsten Vormittag wurden die Museumsmitarbeiter verdonnert, die Angelegenheit nicht zu kommentieren. Am Nachmittag wurde eine Erklärung des flämischen Kulturministers Sven Gatz veröffentlicht, in der es hieß, dass das Institut die Leihgaben auf der Grundlage von "vertraulichen Informationen des Sammlers" bewertet habe und dass "die Dokumentationen und die Beschreibungen aus dem Besitz der Dieleghem-Stiftung Geschichte und Authentizität jedes einzelnen Werks belegen." Keines dieser Hintergrundmaterialien wurde jedoch veröffentlicht. Einen Ausstellungskataliog des Museums gab es ohnehin nicht. Ein Expertengremium würde eingesetzt werden, "um die russischen Kunstwerke, die derzeit in der MSK zu sehen sind, weiter zu erforschen". Die Erklärung schloss mit der unbelegten Behauptung von Gents Kulturbeauftragten Annelies Storms, das Museum sei "unbeabsichtigt in eine Debatte von Kunsthändlern geraten, von denen die meisten auch ein finanzielles Interesse an der Sache haben." Storms forsche Behauptung reizte vier der Unterzeichner des Briefes besonders: Konstantin Akinsha, Vivian Barnett, Natalia Murray und Alexandra Shatskikh, sämtlich keineswegs Kunsthändler, sondern weltweit bekannte Akademiker und / oder Kuratoren. Akinsha kündigte in ihrem gemeinsamen Namen an, dass sie alleine deswegen einen Rechtsbeistand aufsuchen werden. Alle 24 Werke, die von der Dieleghem-Stiftung an das Museum für Schöne Künste (MSK) in Gent als historische Werke der russischen Avantgarde ausgeliehen wurden, wurden abgehängt, die Ausstellung geschlossen und die Werke in ein Museumslager verbracht. Als am 18. Januar ein zusätzlicher Artikel in De Standaard erschien, in dem der Direktor des Luxemburger Nationalmusée fir Geschicht a Konscht, Michel Polfer, ausführte, er sei ebenfalls von den Eigentümern kontaktiert worden, habe aber "keine Zusicherungen über die Herkunft der Werke oder wie sie nach Belgien kamen" erhalten, ordnete Gatz daraufhin an, dass die Bilder der Genter Ausstellung einer Laboranalyse unterzogen werden sollten. Was danach geschah Nach der vorläufigen Suspendierung der Direktorin des Museums der Schönen Künste in Gent wegen ihres Vorgehens bei der Ausstellung russischer Avantgarde-Werke hat die belgische Polizei eine Reihe von Hausdurchsuchungen durchgeführt, die mit der Kontroverse in Zusammenhang stehen. Catherine de Zegher wurde vorübergehend als Leiterin der Einrichtung entlassen, eine externe Untersuchung (Ernst & Young) angeordnet. De Zegher ist seither einer intensiven Prüfung unterzogen worden, weil sie die ausgeliehenen Werke nicht überprüft und nicht mit Beamten der Stadt zusammengearbeitet habe. Sie hatte zudem angegeben, sich zuvor mit den Kunsthistorikerinnen Magdalena Dabrowski und Noemi Smolik beraten zu haben - diese erklärten jedoch, daß dies nicht der Fall gewesen war. Als Reaktion hierauf erklärte die Kulturstadträtin Annelies Storms, dass der Vorstand das Vertrauen in die Direktorin verloren habe. „Die Karte ist wertlos“: Dramatischer Wertverlust wegen blinden VertrauensSonntag, 18. Februar 2018Wie der Bayerische Staat 1990 eine Fälschung erwarb [Update] Der Fälschungsverdacht entstand erst dadurch, daß bei Christie's London ein weiteres Exemplar dieser Globussegmentkarte zur Versteigerung gelangen sollte. Ein kritischer Vergleich des Münchner Exemplars mit dem Exemplar in den USA seitens der Staatsbibliothek war nämlich seinerzeit vor dem Ankauf unterblieben. Vor der Versteigerung in London verglich 2017 erneut nicht etwa die Staatsbibliothek ihr Exemplar mit dem eingelieferten Exemplar, sondern das Auktionshaus. Erst nach der Fälschungsbefundung durch Christie's wurde die bislang unverdächtige Karte auch in München mit heutigen Fälschungserkennungsmethoden untersucht. Als man also an der Bayerischen Staatsbibliothek eigene Untersuchungen startete, stand schon fest, daß man eine Fälschung untersuchen würde. Der Öffentlichkeit bekanntgemacht wurde das Faktum der Fälschung allerdings erst, als man selbst zusätzliche naturwissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt hatte, die grundsätzlich zur Fälschungserkennung gar nicht nötig gewesen wären. ![]() Das 2017 bei Christie's eingelieferte, dort als Fälschung erkannte und deswegen nicht versteigerte Exemplar. Quelle; unbekannt, vermutlich Christie's London Wie wurden die Fälschungen erkannt? Bei den Prüfungen durch Christie's-Experten und externe Gutachter stellte sich heraus, daß das Münchner Exemplar ebenso wie das eingelieferte Exemplar rezente Fälschungen sind. Nick Wilding, Buchexperte der Georgia State University, dem wir schon die Aufdeckung des gefälschten „Siderius Nuntius“ verdanken, machte die ausschlaggebende fachliche Beobachtung: [2]Die bei Christie's eingelieferte Segmentkarte hat ebenso wie das von der Staatsbibliothek angekaufte Exemplar einen verdächtigen weißen Strich. Dieser Strich rührt von einem ehemals gefalteten Exemplar der Segmentkarte her, die sich in der James Ford Bell Bibliothek der Universität von Minnesota in Minneapolis befindet. Ihr wurde an dieser Stelle nachträglich ein Papierstreifen hinzugefügt, um eine defekte Stelle zu reparieren. Damit standen sowohl die Christie's-Karte als auch das Münchner Exemplar als Fälschung nach dem Exemplar der James Ford Bell Bibliothek fest. ![]() Bereits bei diesen Nahaufnahmen des Originals von Minneapolis, der Christie's-Fälschung und des Originals von Offenburg kam man die weiße Stelle und Retuschen bei der Knickung sehen: „A white line from a tear is visible on the Minneapolis map (left). The same line appears in the Christie’s map, (center) which experts said suggested it had been created through photo-reproduction of the Minneapolis map. The tear line is not visible in an original print in Offenburg.“ Fotos: James Ford Bell Library, University of Minnesota; Associated Press; Museo Galileo nach dem zitierten Artikel in der NYT. Darüber hinaus sprach für eine rezente Fälschung des Londoner Exemplars, daß hier ein Kleberfleck auf dem Papier vorlag, der mit Druckfarbe überdruckt war. Die Christie's-Karte hat zudem eine unklare Herkunft. Im Katalog heißt es lediglich: „the estate of a British paper restorer“. Die Auktion wurde schließlich wegen Zweifeln an der Echtheit des Werks abgesagt. ![]() Der überdruckte rezente Kleberfleck der bei Christie's eingereichten Fälschung in 60facher Vergrößerung. Foto: Michael Peichl, Houston Eisentitanat statt Ruß Zusätzlich wurde die Karte auch in den Labors der Bayerischen Staatsbibliothek aufwendig untersucht, und zwar mithilfe der Ramanspektrografie und der Röntgenfluoreszenzanalyse (beides heute mit Handhelds möglich). Das verwendete Papier zeigte dabei die charakteristische Siebstruktur eines historischen Büttenpapiers ohne Wasserzeichen. An "irgendwie alte" Büttenpapiere heranzukommen, dürfte nicht allzu schwer sein. Bei der Untersuchung der verwendeten Druckfarbe sei man darauf gestoßen, daß das Druckfarbenpigment Titan enthalte; wahrscheinlich liegt Eisentitanat [2a]vor. Ruß als historisch übliches schwarzes Pigment „konnte an der Globensegmentkarte jedoch nicht nachgewiesen werden.“ [3] Das deutete auf die Herstellung der Karte in der 1. Hälfte des 20. Jh. hin. Die Vorlagen zur Fälschung sind wohl fototechnisch entstanden. Weitere Gründe, die für eine Fälschung sprachen, waren: Es fehlten die unsauberen Stellen, die normalerweise bei Drucken des 16. Jh. mit Holzblöcken zu sehen sind. Fehleinschätzungen der Globensegmentkarte in der deutschen Presse Auf den echten Waldseemüllerschen Globensegmentkarte wird keineswegs, wie in mehreren Zeitungsberichten zu lesen ist, zum ersten Mal in der Kartografiegeschichte der amerikanische Kontinent als „America“ bezeichnet, denn das eigentlich Aufsehen erregende Werk Waldseemüllers ist dessen riesige, ca. 3 qm große Karte, die er zusammen mit Matthias Ringmann (1482-1511) in einem Elsässer Kloster schuf. Sie befindet sich heute in der Library of Congress in Washington D. C. (s.u.). Nach dieser Karte fertigte Waldseemüller kleinere Varianten, von der heute weltweit noch vier weitere bekannt sind. Sie bestehen aus 12 aneinandergereihten elipsoiden Segmenten und erinnern etwas an einen Bastelbogen. Denn die Karte war einst in der Tat dazu hergestellt worden, ausgeschnitten und auf eine kleine Kugel geklebt zu werden. Noch bei weiteren späteren Karten, u.a. auf erst 1541 in Lyon nach dem Tod Waldseemüllers herausgegebenen und von Laurentius Frisius kolorierten Weltkarte, taucht Amerika als großer kontinentaler Block auf, allerdings immer noch zu klein im Vergleich zu späterem Wissen. An der Universitätsbibliothek München, schräg gegenüber der Bayerischen Staatsbibliothek, entdeckten lange nach dem Ankauf der Fälschung von 1990 zwei unbekannt gebliebene Bibliotheksmitarbeiterinnen per Zufall 2012 ein weiteres Exemplar der Globensegmentkarte in einem 200 Jahre alten Bibliothekseinband. Insofern besitzen Münchner Bibliotheken nun ein Original und eine Fälschung. Und dieses Original der UB besitzt sogar ein Elsasser Wasserzeichen aus der Zeit 1500-1510. In der Presse wurde denn auch das Exemplar der UB mit jenem der Stabi verwechselt. ![]() Das originale Exemplar der Globensegmentkarte der Münchner Universitätsbibliothek befand sich seit langem schon "gegenüber" der Staatsbibliothek, allerdings unerkannt in einem nicht-kartographischem Einband. Foto: Bibliothek Zur Bewertung der Fälschung Die Einbindung der Waldseemüllerkarten in den Cosmographia-Band sollte sicherlich den Verkaufswert des Bandes aufwerten. Insofern handelt es sich um eine Anfettung. Daß es sich hierbei um das Werk eines „klugen Restaurators“ (Ceynowa) handelt, ist eine unbewiesene Annahme. Weder muß der Fälscher Restaurator gewesen sein (es spricht sogar einiges dagegen), noch war er besonders "klug". Er stellte mehrere fotomechanische Fälschungen auf altem Papier her (wie alt genau das Papier ist, läßt sich nicht sagen), übersah aber dabei aber die Welligkeit der Vorlage und die erkennbaren Restaurierungen des Originals. Er machte sich auch nicht die Mühe, ein rußhaltiges Pigment zu verwenden, sondern arbeitete mit einem modernen Schwarzpigment. Insofern schuf er Fälschungen fürs Auge, und nicht für kritische vergleichende Kartenexperten, die bereits um 1960 hätten Verdacht schöpfen müssen. Fazit: Worin besteht das eigentliche Skandalon? Man mag Klaus Ceynowa, Generaldirektior der Staatsbibliothek, nachsehen, daß er versuchte, sein Haus in einer ersten Stellungnahme gegenüber dpa dadurch zu exkulpieren, dass der Urheber des Machwerks ein "kluger Restaurator" gewesen sei. [4] Befremdlicher ist jedoch, daß er in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk die Behauptung aufstellte, es sei 1990 angeblich nicht möglich gewesen, die Fälschung vor dem Ankauf mit den restlichen Exemplaren zu vergleichen – „zu dem Zeitpunkt konnte man Karten noch nicht vergleichen [!!!] - man hätte also um die Welt fahren und die zwei oder drei Exemplare, die bekannt waren, nebeneinanderlegen müssen.“ In den 90ger Jahren hätte man sehr wohl hochaufgelöste Digitalisate oder auch nur analoge Detailaufnahmen vergleichen können — und natürlich wäre man verpflichtet gewesen, bei einem so hohen Ankaufspreis ein USA-Ticket zu kaufen. Zumindest der Christie`s-Experte Julian Wilson erkannte, wie wichtig es war, deswegen in die USA zu reisen und sein Einlieferungsobjekt direkt mit der Variante in Minneapolis zu vergleichen.[5] Natürlich hätte man auch 1990 schon mit dem bloßen Auge oder einer Lupe die weiße Stellen entdecken können. Hochauflösende Digitalisate sind dazu keineswegs, wie Dr. Ceynowa meinte, unabdingbar nötig: sie erleichtern heute nur die Arbeit. Ceynowa verkennt damit die faktischen Möglichkeiten der analogen Photographie. Und natürlich hätte man auch schon 1990 die Druckfarbe analysieren können, allerdings noch nicht mit einer Analysepistole. Berufsmäßigen Zweifel gab es bei den Spezialisten der Bayerischen Staatsbibliothek und den herangezogenen externen Gutachtern nicht: „Man hat sich verlassen“ (Ceynowa), es hat nie Zweifel an der Echtheit gegeben, noch nicht einmal dann, wenn es um Millionen [Dritter] geht. Anscheinend hat es auch in der Staatsbibliothek keinen "automatischen" Alarm gegeben, als in London erneut ein druck-identisches Exemplar versteigert werden sollte. Aber das eigentliche Unbegreifliche versteckt sich noch etwas mehr. Die wirklich älteste Karte mit dem Eintrag "America" (nach Amerigo Vespucci) ist jenes Großformat von 1507, das heute den Eingangsbereich der Library of Congress in Washington ziert. Und diese befand sich noch vor nicht allzu langer Zeit als Nationaler Kulturbesitz im Besitz des Fürsten zu Waldburg-Wolfegg und Waldsee und durfte mit einer Ausnahmegenehmigung des ehemaligen CDU-Kultusministers Naumann in die USA verkauft werden. [6] Heute gibt es im Waldburg-Museum für die Öffentlichkeit nur noch ein Faksimile.
Anmerkungen: [1] Woher die finanziellen Mittel stammten, steht mittlerweile fest: Der Ankauft wurde finanziert aus drei Quellen: Aus einer üblichen, von rund 30 Kuratoriumsmitgliedern abgesegneten Zuwendung der Kulturstiftung der Länder, aus Steuermitteln des Freistaats Bayern und einer durch Prof. Dr. Merkle vermittelten Spende der Robert-Bosch GmbH. Von dieser relational kleineren Spende abgesehen, stammten die Ankaufsmittel somit überwiegend aus Mitteln der Länder, und hier vor allem aus bayerischen Steuergeldern. Vgl. den Band Paterimonia 38 sowie Kulturstiftung der Länder: Tätigkeitsbericht 1 1988-192, S.52 Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß höchstwahrscheinlich eine Finanzierung einer zwar seltenen, aber nicht sehr seltenenen "Cosmographia" ohne die beigebundene "Waldseemüller-Fälschung durch die Kulturstiftung der Länder, nicht erfolgt wäre. Entscheidend war wohl allein die Beibindung der gefälschten Waldseemüller-Karte. Dies geht aus dem Umstand hervor, daß im Tätigkeitsbericht 1 und bis zum 14. März 2018 die Excel-Tabelle der Kulturstiftung die Bezuschussung den Vorgang nicht unter "Ptolemäus/Cosmographia", gelistet hatte, sondern unter "Waldseemüller-Karte". (Mitteilung Monika Michalak v. 14.3.2018). Im "Tätigkeitsbericht" wurde die "Cosmographia" lediglich als "wertvolle Ausgabe" bezeichnet, in die der eigentliche Hauptgegenstand der Förderung die "von Martin Walseemüller gezeichnete" (!) Karte zum Hauptgrund des Ankaufs gemacht wurde. Die gefälschte Karte wurde sogar zum"Unikat und Rarissimum" erhoben. Ein Unikat war das beigebundene Blatt jedoch auf keinen Fall - und zwar weder als Original noch als Fälschung. [1a] Pressemitteilung der Bayerischen Staatsbibliothek v. 15.2.2018 [2] Michael Blanding: Why Experts Don’t Believe This Is a Rare First Map of America. In: The New York Times v. 10.12.2017, https://www.nytimes.com/2017/12/10/arts/design/why-experts-dont-believe-this-is-a-rare-first-map-of-america.html: „An original map, one that came directly off the woodblock, would not have replicated that tear, which happened later, Mr. Wilding said. But this map did and so, he said, he believes the map Christie’s has represents a reproduction of the Bell map.“ [2a] Eisentitanat kommt vor allem im weltweit massenhaft abgebauten Ildemit FeTiO3, benannt nach dem Ilmengebirge im Ural, vor. Es bildet schwarze tafelige Kristalle und wird rezent in schwarzen Druckfarben als Pigment beigegeben. Ilmenit ist übrigens auch der Hauptausgangsstoff für das weltweit als Weißpigment eingesetzte Titandioxid. Näheres dazu bei MINDAT, Mineralienatlas und Wikipedia. [3] siehe Anm. 1 [4] Wer der Urheber ist, steht jedoch keineswegs fest. Deswegen muß zunächst davon ausgegangen werden, daß der Urheber der Fälschung und die Person, die der "Cosmographia" die Fälschung beigebunden hatte, zwei verschiedene Personen sind. Zwar ist anzunehmen, daß der Urheber der Münchner Fälschung und der bei Christie's eingelieferten Fälschung dieselbe Person sind, aber Christie's Experte Wilson kann über den Einlieferer nur soviel sagen, daß es sich um einen Nachfahren des einst am Ashmolean Museum in Oxford tätigen Grafikrestaurators Arthur Bruno Drescher gehandelt haben soll. Vermutlich handelt es sich hierbei jedoch um eine gezielt falsche Fährte des Einlieferers, der wußte, daß er eine Fälschung einliefert, denn es bietet sich sicherlich an, einen verstorbenen Fachmann und eingewanderten "Hunnen" als Vorbesitzer anzugeben, und nicht einen lebenden Briten. Ein Fachmann für Grafik hätte beim Anfertigen einer Fälschung nicht derart gravierende Fehler begangen. Ich halte es deswegen für wahrscheinlich, daß hinter der Fälschung kein Restaurator —und speziell nicht Drescher — steckt. [5] vgl. Anm. 2 [6] "Über Jahrzehnte versuchte die Library of Congress in Washington D. C.das gut erhaltene Stück zu erwerben, doch es blieb noch für ein Jahrhundert im Besitz des Hauses zu Waldburg-Wolfegg und Waldsee – und der Öffentlichkeit nicht zugänglich, da die Sicherheitsvorkehrungen zu aufwändig gewesen wären und auch staatliche Einrichtungen in Deutschland derartige Kosten nicht übernehmen wollten und konnten. Am 27. Juni 2001 veräußerte das Oberhaupt des Hauses, Johannes zu Waldburg-Wolfegg, die Karte. Seiner Aussage am 18. November 2007 im Rahmen der Gesprächsreihe Adel verpflichtet im Stuttgarter Haus der Geschichte Baden-Württemberg zufolge wurden 10 Millionen US-Dollar aufgewendet. Das ist der höchste Preis, der je für ein kartografisches Gut gezahlt wurde. Beim Verkauf wurde, begleitet von öffentlicher Kritik, durch eine Sondergenehmigung der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Baden-Württemberg der Ausfuhrschutz für national wertvolles Kulturgut gemäß dem Kulturgutschutzgesetz aufgehoben. Gerhard Schröder hatte sich persönlich für eine Ausnahmeregelung eingesetzt. Die symbolische Übergabe erfolgte am 30. April 2007 durch die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, Angela Merkel, im Rahmen einer feierlichen Zeremonie in der Library of Congress, Washington, D.C. Die Bundeskanzlerin betonte in ihrer Rede, dass die Verdienste der USA für die deutsche Entwicklung in der Nachkriegszeit seinerzeit den Ausschlag dafür gegeben hätten, die Waldseemüllerkarte als Zeichen der transatlantischen Verbundenheit und als Hinweis auf die zahlreichen deutschen Wurzeln der USA an die Library of Congress zu übergeben. Unter den Gästen der Übergabezeremonie befand sich neben dem Mehrheitsführer der Demokraten im Repräsentantenhaus, Steny Hoyer, auch Johannes zu Waldburg-Wolfegg, der Verkäufer der Karte. 2005 war die Karte von der UNESCO zum Weltdokumentenerbe erklärt worden." Wikipedia, s.v. "Martin Waldseemüller", besucht am 18.2.2018 Did the Modigliani exhibition in Genoa last summer contain lots of fakes?Freitag, 12. Januar 2018According to a recent article in The Art Newspaper, 20 of 21 Amedeo Modiglianis seized by police at the Palazzo Ducale in Genoa last summer are fake, expert Isabella Quattrocchi confirms. The show which drew more than 100,000 visitors was closed three days earlier last July after the state prosecutor ordered the seizure of 21 alleged fakes, the expert was appointed by the Italian prosecutors to assess the images. Quattrocchi stated in a written report that "in terms of both style and the pigments [used]”, the alleged paintings by the early 20th-century artist are “crudely forged”. She adds that the frames come “from countries in Eastern Europe and the United States, and cannot be linked to Modigliani’s context or historical period”. The Italian collector Carlo Pepi and the Paris-based art historian Marc Restellini both questioned works in the show. An Italian court will now consider Quattrocchi’s findings. The investigation into the pictures is still ongoing. The museum declared in a note to the press and public: Modigliani Palazzo Ducale has been acknowledged by the District Attorney’s Office of Genoa about the inquiry on some of Modigliani’s artworks, and has been making all reasonable efforts to cooperate. Due to the ongoing procedure and regardless of its outcome, Palazzo Ducale has been suffering serious economic and public image damages (and may suffer more in the future) and considers itself exclusively as the injured party. Palazzo Ducale wishes to highlight not to be the direct organizer of the exhibition, having commissioned its production and the selection of the artworks to Mondo Mostre Skira, a nationally and internationally esteemed partner, Palazzo Ducale has been working with for years on great exhibitions like “Frida Kahlo”, “Da Van Gogh a Picasso. Capolavori dal Museo di Detroit” (fourth exhibition in the range in Italy for number of visitors in 2016).
The Modigliani exhibition currently runs until 2 April at Tate Modern in London. The Italian curators maintain that the works in the show are authentic. “For this exhibition, we are only borrowing works that feature in the widely accepted 1972 catalogue raisonné by Ambrogio Ceroni, so we have no reason to be concerned,” says the Tate co-curator, Nancy Ireson. Ceroni’s 1958 catalogue raisonné is considered the benchmark. The Genoa exhibition curator Rudy Chiappini (who is one of the suspects) said: ” The new information about the frames is ridiculous." Source: Gareth Harris: Twenty Modiglianis seized by police in Genoa are fake, expert confirms. Works were exhibited at Palazzo Ducale in July when they were confiscated by the authorities. In: The Art Newspaper, 11.1.2018 Die Kugellagerkugel und authentische Kunstpostkarten (Update)Freitag, 5. Januar 2018Von Gerhard Richter existieren weltweit seit Beginn der 90ger Jahren gefälschte Gemälde, Zeichnungen und Aquarelle, Druckgrafiken und Multiples. Hierauf machte kürzlich die Kunsthistoriker und Kunstjournalistin Catrin Lorch in der Süddeutschen Zeitung in einem Interview mit dem Berliner Kunsthistoriker Hubertus Butin aufmerksam. [1] Hubertus Butin sagt in diesem Interview: "Es gibt kaum ein deutsches Auktionshaus, das nicht schon Richter-Fälschungen angeboten hat." Im folgenden Text werden allerdings nur folgende Beispiele erwähnt: Auktionshaus Zeller (1 x rückabgewickelt), Grisebach, van Ham (1 x zurückgezogen bzw. 1 x nicht angenommen), Nagel (1 x unverkauft), Neumeister (1 x), Bonhams (1 x) und Sotheby's New York (2 gefälschte Richter-Editionen der Slg. Ames; Kerzen-Grafik und Multiple "Kugel 1"- in Wahrheit eine industrielle Kugellagerkugel). Bei folgenden Auktionshäusern wurden hingegen nach eigenem Bekunden von sich aus die Fälschungen aufgedeckt: Christie's Düsseldorf (1 x nicht angenommen), W.G. Herr (1 x nicht angenommen) und Sotheby`s Köln (1 x nicht angenommen). Butin fügt einschränkend hinzu: "Man muss sich bewusst machen, dass die Fälschungen, die in Auktionskatalogen abgebildet sind, zwar fast immer vor der Auktion entlarvt und zurückgezogen werden, doch ... kaum jemand erfährt, dass es hier um Fälschungen ging." [2] Genannt werden Fälle, in denen Werke Richters, die als Lichtdruck (mit Runzelkorn) herauskamen, in Offsetdruck (mit Offset-Raster) angeboten wurden - teils als beschnittene Plakate, teils als Scan. Auch Fälle, wo unauthorisierte Scans und Drucke nach Originalgemälden von Richter hergestellt wurden, oder mit Richters Signatur versehene Kitschgemälde sind bekannt. Die Dreistigkeit der Fälscher geht sogar soweit anzunehmen, niemand würde den ziemlich unzugänglichen Meister fragen, ob er die angebotenen Werke überhaupt hergestellt hat, - oder auch den insinuierten Arnim Zweite (eine Fälschung trägt die Widmung "Für Armin (K20)" (heute bei einem Sammler in Vancouver). Ein Fälscher bot seit 2008 ca. 10 große abstrakte Bilder nach kleinformatigen Vorlagen an, gerakelt auf Karton. Sie wurden von der Polizei konfisziert und von Richter als Fälschungen klassifiziert. Richters Expertise wurde jedoch bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf gestohlen und ins Gegenteil umfrisiert. Als Echtheitsbestätigung wurden diese Urkundenfälschungen für den Verkauf weiterer Richterfälschungen im rheinischen Kunsthandel 2008-2014 eingesetzt. Möglichkeiten der Überprüfung böten, so das Interview: Bereits 2014 hatte Butin in der FAZ vor angeblich signierten Kunstpostkarten gewarnt: "Noch vor einigen Jahren wurden Karten mit der Signatur von Gerhard Richter von deutschen Auktionshäusern versteigert. Mittlerweile hat sich dieser Markt anscheinend vollständig bei Ebay angesiedelt: Täglich werden mehrere neue Angebote mit „original handsignierten“ Richter-Karten eingestellt, als handelte es sich dabei um eine Massenproduktion; sie bringen in den Online-Auktionen, je nach Motiv, zwischen dreißig und 420 Euro. Anmerkungen: Update: Hubertus Butin wies uns in eMails darauf hin, dass die zitierten Aussagen zu Auktionshäusern seiner eigenen Einschätzung und Erfahrung entsprächen, nicht jener von Frau Lorch. Hochgepriesenes Malewitsch-Bild der Kunstsammlung NRW ist eine Fälschung der 70er JahreSonntag, 12. November 2017Marion Ackermann, ehem. Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, 2015 vor der Fälschung „Schwarzes Rechteck, rotes Quadrat“. Foto: Wilfried Meyer, © Kunstsammlung NRW Die Kunstsammlung NRW hatte das unsignierte Gemälde und mehr als 40 Zeichnungen von der Dr.-Harald-Hack-Stiftung geschenkt bekommen. Sie sollen von dem Revolutionskünstler Kasimir Malewitsch (1878-1935)stammen. Viele Jahre hatte das Bild zuvor als Leihgabe im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen gehangen. Untersuchungen an Farbe und Leinwand hätten nun ergeben, daß das zunächst auf etwa 1915 datierte Bild wahrscheinlich erst zwischen 1972 und 1975 entstanden sei, teilte das Düsseldorfer Museum mit. Zudem hätten weitere maltechnische Untersuchungen durch die TH Köln sowie der Vergleich mit einem authentischen Malewitsch-Gemälde in den USA gegen eine Echtheit gesprochen. Der Direktor des Wilhelm-Hack-Museums, René Zechlin, sagte, Kunsthistoriker hätten die Echtheit des Gemäldes schon länger bezweifelt. Dennoch habe das Museum das Ölgemälde nie überprüfen lassen, weil es sich bis dahin um eine Leihgabe handelte. Eine nähere Untersuchung wäre nicht ohne Zustimmung der Besitzer möglich gewesen. Offen ist dabei jedoch, ob sich der Sammler dezidiert gegen eine naturwissenschaftluiche Untersuchung ausgesprochen hatte. 2015 war die Malewitsch-Sammlung in einer Ausstellung in der Düsseldorfer Kunstsammlung gezeigt worden. Schon damals sei die damalige Direktorin Marion Ackermann aber mit dem "äußerst komplexen Thema" der problematischen Provenienzen von Malewitsch-Bildern konfrontiert worden. Im Schenkungsvertrag sei daher ein Passus zur wissenschaftlichen Erforschung des gesamten Konvoluts eingefügt worden. Auch der erst kürzlich angetretenen neue Direktorin Susanne Gaensheimer sind die auf dem Markt befindlichen falschen Malewitsch-Werke natürlich bekannt. Dennoch hat sie das Ergebnis der beiden Gutachten schwer getroffen. Ursprünglich habe man bis Januar warten wollen, wenn „endgültige Klarheit“ über beide Gutachten herrsche, nun wurde das Museum allerdings durch eine Veröffentlichung des Handelsblattes mit dem Fall an die Öffentlichkeit gedrängt. Das gefälschte Gemälde hatte sogar Eingang in den Malewitsch-Kanon gefunden: es war bereits 1975 in einem Buch über Malewitsch dokumentiert worden. Das Zeichnungskonvolut wird noch untersucht. Welche Lücke schloß die Fälschung? In einer Presseaussendung der Kunststiftung NRW hatte Marion Ackermann seinerzeit das Gemälde allerdings vorschnell noch als „bedeutend“ und die gesamte Schenkung als „bisher wertvollste Schenkung in der über 50jährigen Geschichte des Museums“ bezeichnet. Weiter hieß es damals: „Das etwa 83 Zentimeter mal 58 Zentimeter große Ölbild kann zu den Meisterwerken der suprematistischen Phase im Schaffen des Russen gezählt werden und ist im zeitlichen Umfeld seines legendären Schwarzen Quadrats (1915) entstanden. Das Bild zeigt ein auf weißem Grund schwebendes Rechteck und Quadrat: Es steht damit exemplarisch für den von Malewitsch entwickelten Suprematismus, bei dem – so der russische Künstler - „Kunst nur sich selbst zum Inhalt haben kann….Die ureigenste Idee von der Kunst ist die Gegenstandlosigkeit. Über die dynamische Organisation von Körpern, Fläche und Farben suchte der Künstler in dieser Zeit die dritte und sogar die vierte Dimension mit den Möglichkeiten der Bildsprache sichtbar zu machen. Ein stilistisch sehr ähnliches Werk Malewitschs („Malerischer Realismus. Junge mit Tornister“/1915) befindet sich seit 1935 im Museum of Modern Art in New York.“ Allerdings war es Ackermann wiederum, welche die nun veröffentlichten Ergebnisse der Gutachten in Auftrag gegeben hatte.. An diesem Fall zeigt sich überdeutlich, wie falsch es ist, sich museumsseitig kunsthistorisch und marketingmäßig bewertend zu Objekten zu äußern, deren Echtheit durch Gutachten erst noch geprüft werden muß. Museumsseitige Festlegungen hätten immer noch geschehen können, wenn die beauftragten Gutachter zum Ergebnis gekommen wären, daß nichts gegen die Echtheit spräche. Zuschreibungen und "Einordnungen" ins Oeuvre bzw. in die Kunstgeschichte dürfen in Zukunft erst wieder stattfinden, wenn berechtigte Echtheitszweifel zerstreut sind. LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster präsentiert eine politische Fälschung des 18. Jhts als Beispiel von "Fake News"Mittwoch, 8. November 2017Rombout van den Hoeye, Allegorie auf Prinz Wilhelm II. von Nassau-Oranien (1626-1650) als Friedensstifter, um 1648. Foto: LWL/Sabine Ahlbrand-Dornseif "Als Kunstwerk des Monats November präsentiert das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster die "Allegorie auf Prinz Wilhelm II. von Nassau-Oranien (1626-1650) als Friedensstifter" von Rombout van den Hoey[e]. Das niederländische Flugblatt aus dem Jahre 1648 stammt aus dem Porträtarchiv Diepenbroick im Kunstmuseum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Vielleicht ist diese sog. Fake-News mit dem schwangeren Prinzen nur der Scherz eines Lehrlings, auf den überhaupt niemand hereingefallen ist? Entstanden möglicherweise durch den Zusammendruck zweier Platten, einer Allegorie und eines Porträts.
UPDATE: Neues zu Bernstorf oder: Kugelschreiber, 1 inch breite Neugoldbänder und grinsende Katzen in den Verästelungen der ArchäologieDienstag, 24. Oktober 2017Abb.: Jahresschrift, op. cit., S. 242 Götterdämmerung, Teil 1: Mittlerweile liegen drei wissenschaftliche Rezensionen zu: Rupert Gebhard; Rüdiger Krause: Bernsdorf... München 2016 vor, nämlich
Anthony Harding; & Helen Hughes-Brock: Mycenaeans in Bavaria? Amber and gold from the Bronze Age site of Bernstorf. In: Antiquity 91 359 (2017), S. 1382-1385 und
Alfred Reichenberger: Rezension von Rupert Gebhard; Rüdiger Krause: Bernsdorf. In: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt (Hg.: Harald Meller): Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte, Bd. 96, S. 543-550
Die Besprechungen finden ihre Untermauerung durch das deutliche Vorwort von Harald Meller und Kate Verkooijen: Report and Catalogue of the amber found at Bernstorf... sowie zwei werktechnisch-naturwissenschaftliche Untersuchungen zu den Goldblechen, deren Verzierung und den Ritzungen auf fossilem Bernstein von Christian-Heinrich Wunderlich und Karoline Peisger im gleichen Band. Im Verein mit den bereits bekannten Aussagen von Wolfgang David und Ernst Pernicka/Wunderlich [1]
Pernicka, Ernst & Wunderlich, Chr.-H.: Rezension von Rupert Gebhard und Rüdiger Krause: Bernstorf. In: Praehistorische Zeitschrift 92(2), 2017, S. 1-17
kommen sämtliche Beiträge zu dem Ergebnis, dass die "Hauptfunde" des bayerischen Bernstorf eindeutig rezente Fälschungen sind. Sie bestätigen damit unsere in MUSEUM AKTUELL und EXPOTIME! vorgebrachten Überlegungen, die von Rupert Gebhard fairerweise zitiert wurden.
Diese Erkenntnisse erfordern nunmehr auf vielerlei Ebenen endlich Konsequenzen, etwa die Umwidmung/Überarbeitung des Museums in Kranzberg.
Anmerkungen: [1] Eine weitere sehr lange, zusammenfassende Besprechung vereint in einer exzellenten Zusammenfassung nochmals eine Rezension am Vorgehen und Band von Gebhard & Krause mit einer Darstellung der vielen Argumente, die für eine Fälschung der Hauptfunde von Bernstorf sprechen. Dabei wird deutlich herausgearbeitet, dass bei der "Entdeckung" auf dem Gelände auch eine bislang nicht namentlich bekanntgemachte "Seherin" eingeschaltet war, die entscheidende Tips gab, wo zu graben sei. Das erinnert an die bei Gebhard und Krause nachzulesende Aussage von Gerhard Mittermeier zu dem Fund eines unbearbeiteten Stücks Bernstein, der mehrfach vor Zeugen erklärt hatte, dass Herr Dr. Moosauer ihn veranlasst hatte, an dieser Stelle zu graben (Mittermeier zu Moosauer: „Aber Du hast doch gesagt, ich soll hier kratzen.“; S. 286). Vanessa Bähr bezeichnete diesen Fund später sogar als "Grabungskontext". Vorsicht: Verseuchter Ludwig II-KanonSonntag, 22. Oktober 2017Wir hatten in der der "Fälschungserkennung" und bei anderen Gelegenheiten mehrfach darauf hingewiesen, daß das zu Bestrafende an Fälschungen nicht nur an der betrügerischen wirtschaftlichen Schädigung Dritter, nicht nur in der Rufschädigung an sich kompetenter Sammler, Händler, Museen oder Universitäten, sondern vor allem in der Verseuchung des wissenschaftlichen Kanons besteht - dem, was man in einer Fachwissenschaft und Öffentlichkeit für eine erwiesene Tatsache hält. Gehen Fälschung in diesen Kanon ein (was leider massenhaft für die überwiegend blauäugige Kunstgeschichte angenommen werden muß), müssen mit ihnen angestellte Vergleiche und Schlußfolgerungen falsch werden. Je mehr Fälschungen in eine Wissenschaft als echt eingehen, desto weniger bildet diese Wissenschaft ihren Erkenntnisgegenstand ab. Der kürzlich aufgedeckte Fall [1] eines erfundenen Interviews eines amerikanischen Journalisten mit König Ludwig II. von Bayern macht diesen Umstand auf schmerzliche Weise erneut deutlich. Er belegt auch abermals unsere in der "Fälschungserkennung" mehrfach dargestellte These, daß es gerade die "missing links" sind, die eine Fälschung passieren lassen. Und "missing links" greift diese Fälschung gleich zwei auf: Das behauptete Interview wäre das einzige gewesen, das Ludwig jemals gegeben hätte, noch dazu einem US-Amerikaner. Während dieser Audienz soll der König anscheinend auf Englisch sein Herz ausgeschüttet und am Ende den Raum mit Tränen in den Augen erlassen haben. Niemand hatte sich bislang daran gestört, dass Ludwigt II. gar kein Englisch sprechen konnte und der Journalist kein Deutsch. Ludwig II. wird sogar mit dem Satz zitiert, er würde seine Krone für eine einzige Stunden Gespräch mit dem US-amerikanischen Dichter Edgar Allan Poe aufgeben. Angeblich soll der König nur in diesem Interview auch seine behauptete Geisteskrankheit selbst angesprochen haben. Dafür gibt es sonst keine historischen Quellen. Das Interview soll angeblich im Februar 1882 stattgefunden haben, erschien aber erst im November 1886 nach des Königs Tod. Das allein macht schon stutzig, denn Tote können sich nicht mehr wehren. Das von Unwahrscheinlichkeiten nur so strotzende "Interview", das seinerzeit das angesehene "Lippincott's Monthly Magazine" nicht als Fälschung erkannt und veröffentlicht hatte, wurde bereits 1926 durch Ludwig Below zitiert [2], "in jüngster Zeit erwähnten, um nur einige zu nennen, die Buchautoren Thomas Ammon, Maria Seitz und Oliver Hilmes" [3] das nie stattgefundene Interview von Lew Vanderpoole. Kein deutscher Historiker oder Poe-Forscher hatte sich bislang kritisch mit dieser angeblichen Quelle auseinandergesetzt. Denn auch bei der Beschäftigung mit Lew Vanderpoole hätten man Verdacht schöpfen müssen: Wie Luc Roger herausfand, gab es diesen Journalisten wirklich, allerdings wurde bereits 1887 - ein Jahr nach der Veröffentlichung des fraglichen Interviews mit Ludwig II. - über Betrügereien Vanderpooles in den US-amerikanischen Medien berichtet. Das Cosmopolitan Magazine in New York hatte ihn wegen literarischen Betrugs angezeigt und Vanderpoole wurde verhaftet, weil er versucht hatte, als ein angeblicher Verwandter von George Sand Manuskripte von ihr an die Zeitschrift zu verkaufen. Auch in diesem Fall stellte er sich als Korrespondent des Figaro dar. In beiden Fällen behauptete er, irgendein Erbe zu beanspruchen. Der Fälscher war somit auch Hochstapler, wie so oft in der Fälschungsgeschichte. Und die angeblichen Manuskripte von George Sand (2 Romane) hatte er gar nicht selbst geschrieben, sondern einem anderen Autor gestohlen. [4]
Angeblich soll die Audienz völlig ohne jede Kenntnis der baierischen Journaille, der Hofschranzen und Spione stattgefunden haben. Wie sollten sie auch? Vermutlich war dieser Vanderpoole nie in Bayern, sondern versuchte lediglich wie ein umgedrehter Kal May, vom amerikanischen Schreibtisch aus, sich mit einer passenden Königsstory zu bereichern. So jedenfalls Luc Roger. Anmerkungen: [1] Kratzer, Hans: Königlich-bayerische Fake News. In: Süddeutsche Zeitung v. 21.22.10. 2017, S. R17. Die gut begründete Fälschungsvermutung gelang dem Romanisten und Internet-Blogger Luc Roger [munichandco.blogspot.de]. Gerade für einen Journalisten wie Kratzer ist ungewöhnlich, daß er "Fälschung" mit "Fake News" verwechselt. A. Straten: Rückblick auf die BVK-Tagung ECHT - GEFÄLSCHT, Weimar März 2017Montag, 29. Mai 2017Ein ausführlicher Rückblick von Adelheid Straten zur BVK-Tagung in Weimar (24.3.2017), erschien in MUSEUM AKTUELL, Ausg. 239. In ihm heisst es: "Seit Anfang des Jahres ist als akute Reaktion des BVK auf die Entwicklung der immer erfolgreicheren Fälschungsbekämpfung [1] der Arbeitskreis Fälschungen hinzugekommen. Zu den bereits tätigen Einzelpersonen und Gruppen (LKAs, Zoll, Staatsanwaltschaften, Richter, Wissenschaft und Museen, Restauratoren) zur Fälschungsbekämpfung tritt also nun dieser Verband, in dem Fachleute aus Handel und Museen zusammengeschlossen sind. De Tagung richtete sich insbesondere an Fachkollegen in Museen, selbständige Kollegen, Sammler und Kunstinteressierte, deren unabhängiges Wissen vor allem bei rechtlichen Auseinandersetzungen und Versicherungen gefragt ist. " [1] Richter greifen stärker durch, Auktionshäuser kooperieren immer intensiver mit den Strafverfolgungsbehörden. Hierauf wies auch René Allonge vom LKA Berlin hin: Nordwest-Zeitung v. 30.4.2015 (https://www.nwzonline.de/kultur/taeuschend-echt_a_27,0,951336230.html) Der komplette Text des Tagungsberichts ist nur Online- oder Printabonnenten von MUSEUM AKTUELL zugängig. Zur Heftübersicht:http://www.museum-aktuell.de/index.php?site=show_ausgabe&monat=04&jahr=2017&TM=1 Zum Online-Ausgabe: http://www.museum-aktuell.de/index.php?site=eBook&TM=1 Tatort Kambodscha? Einer Fälschung auf der SpurMontag, 29. Mai 2017Ausstellung im Rautenstrauch-Joest-Museum, Köln, Die Architektur und Kunst des alten Khmer-Reichs (9.-15. Jahrhundert) in Kambodscha fasziniert bis heute und der internationale Markt mit Khmer-Kunst boomt. Teilweise werden Preise in Millionenhöhe erzielt. Inzwischen befinden sich die meisten Khmer-Skulpturen in Privatsammlungen und Museen außerhalb Kambodschas. Doch handelt es sich bei all diesen Objekten um Originale? In der Ausstellung wird anhand einer vermeintlich originalen Khmer-Skulptur deren Geschichte zurückverfolgt. Wie konnte eine Fälschung auf dem Kunstmarkt landen? Welches sind die Handlungen und wer die Täter, die eine Kopie in eine Fälschung verwandeln? Mit welchen technischen Hilfsmitteln werden solche Skulpturen hergestellt? Warum gibt es überhaupt Fälschungen? EU-Bürger/innen lieben das Original – dennoch greifen viele zu Fälschungen!Sonntag, 26. März 2017"Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) hat fast 27 000 Personen befragt. Das Ergebnis: 96 Prozent halten es für wichtig, dass Erfinder/innen und kreative Menschen ihre Rechte schützen können und für ihre Arbeit honoriert werden. 70 Prozent der Befragten finden, dass der Kauf von gefälschten Waren durch nichts zu rechtfertigen ist. Allerdings kaufen viele Menschen weiterhin gefälschte Produkte... Besonders bei 15- bis 24-jährigen verstärkt sich diese Tendenz. 15 Prozent gaben an, in letzter Zeit sogar wissentlich ein gefälschtes Produkt erworben zu haben. Produktpiraterie verursacht riesige Schäden. Oft denkt man dabei an die großen Luxusmarken von Taschen über Kosmetika bis hin zu exklusiven Uhren. Aber auch kleine, aufstrebende Unternehmen werden beklaut. Und für sie ist das mitunter existenzbedrohend, weil ihr Firmenwert oft aus ihrer Marke und ihrem Know-how besteht. Wurde die Marke nicht registriert, muss man vielleicht tatenlos zusehen, wie sie von Trittbrettfahrern benutzt wird. Hat man sich mit Marken oder Patenten abgesichert, kann man sich wehren und sein Recht auch durchsetzen." Quelle: www.patentamt.at / rundy Facebook kündigt Kennzeichnung von Fake-News an - und ein falscher Ryan Gosling bei der GOLDENEN KAMERADienstag, 7. März 2017Ein Hoax, aber ein sehr peinlicher: Nachdem es 2017 beider Verleihung der GOLDENEN KAMERA der Funke-Mediengruppe zum Auftritt eines falschen Ryan Gosling (La la Land; hier noch relativ unbekannt) kam, will die Verlagsgruppe den "gestohlenen Preis" von Joachim „Joko“ Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf (die im Publikums-Wettstreit gegen die HEUTESHOW übrigens klar verloren) zurück und in Zukunft schärfere Sicherheitsmaßnahmen einführen. MEHR hier: Weiteres Ruffini-Bild als Fälschung entlarvtFreitag, 20. Januar 2017Wie Michael Kohler in der SZ v. 20.1.2017 berichtete, seien bei Sotheby's auf einem Parmigianino zugeschriebenen ohrenbohrenden "Hl. Hieronyxmus" an 21 Stellen moderne Farbpigmente gefunden worden, die nicht durch Restaurierungen erklärt werden könnten. Das Auktionshaus habe dem Käufer bereits 842 000 US$ rückerstattet und dessen Einlieferer, einen luxemburgischen Kunsthändler, verklagt. Die Fälschung soll ebenfalls aus der Quelle Giuliano Ruffini stammen. Allen Werken Ruffinis ist gemeinsam, dass sie der Fachwelt unbekannt waren und dass diese sich lediglich in die 1990er Jahre rückverfolgen ließen. Ergänzend ermittelte der Standard, Wien: "Der Hl. Hieronymus gastierte übrigens 2003 im Zuge der Parmigianino-Ausstellung im Kunsthistorischen Museum in Wien: als authentisches Werk des Manieristen, dessen Entdeckung Kunsthistoriker 1999 gefeiert hatten. Eine Meinung, der sich jedoch nicht alle Experten anschließen wollten, die andere Künstler des 16. Jahrhunderts ins Treffen führten. Sotheby's entschied sich 2012 für einen Kompromiss und schrieb es dem Umkreis Parmigianinos zu. Auch das ein Irrtum, wie man nun weiß. (Olga Kronsteiner, 19.1.2017) Foto: Sotheby`s Bemerkenswertes Urteil des LG Berlin zur Vernichtung / LKA-Asservierung eines gefälschten Pechstein-BildsDienstag, 3. Januar 2017Die Zivilkammer 28 des LG Berlin im November 2016 einen Privatmann dazu verurteilt, seine Einwilligung zur Vernichtung einer Pechstein-Fälschung zu geben, ersatzweise die Überstellung zu Schulungszwecken an das LKA Berlin (Aktenzeichen 28 O 498/14) . Bei dem fraglichen Objekt handelt es sich um die Tuschpinselzeichnung "Strandszene mit Boot", rechts unten monogrammiert HMP und datiert 1914. Es handelt sich um eine rezente Fälschung der geschützten Rohrfederzeichnung "Ausfahrendes Kanu I" von Pechstein aus dem Jahr 1914. Im Aquarell wurde das Pigment Titanweiß Rutil gefunden, das erst Ende der 30er Jahre auf den Markt kam. Das Bild war von dem Privatmann 1987 im Kunsthandel erworben worden), wobei die Vertragsparteien davon ausgingen, es handle sich in beiden Fällen um Originalwerke von Hermann Max Pechstein. Als er es 2014 über ein Auktionshaus anläßlich einer Pechstein-Spezialauktion versteigern lassen wollte, wurde die Fälschung dort entdeckt. Das Auktionshaus zeigte dem Sammler zwei Möglichkeiten auf: entweder sollte das Bild vernichtet werden oder es werde mit einem Fälschungsvermerk zurückgegeben. Daraufhin verklagte der Sammler das Auktionshaus auf Rückgabe, erhielt aber nur eine andere Einlieferung zurück. Die Aquarell landete beim Berliner LKA in der Asservatenkammer. Bei dem anschließenden Rechtsstreit beteiligten sich - wohl erstmalig in der Geschichte - die Inhaber der Urheberrechte von Pechstein als Nebenkläger (Drittwiderkläger). Sie verlangten mit Erfolg vom Sammler die Einwilligung zur Vernichtung der Fälschung. Der Eigentümer habe in das urheberrechtlich geschützte Werk der Erben auf Verbreitung eingeggriffen, wobei es nicht darauf ankäme, daß der Sammler von der Echtheit der Zeichnung ausgegangen sei, "da der Anspruch auf Vernichtung kein Verschulden erfordere". (Wild in Schricker / Loewenheim, Urheberrecht, 4. Auflage, § 98 Rnd. 4). Eine Vernichtung sei auch nicht unverhältnismäßig. denn selbst bei entferntem Monogram könne ein Wiedereintritt in die Handelssphäre nicht verhindert werden. Das Gericht folgte dabei dem Hanseatischen OLG Hamburg (ZuM 1998, 938, 942; dem folgend Bohne, aaO, Rnd. 23; Rachow, aaO, Rnd. 177) , das bereits entschieden hatte, daß eine Kennzeichnung eines gefälschten Kunstwerks ein untaugliches Mittel sei. "Dem steht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in dem so genannten Nolde-Urteil (Urteil vom 08.06.1989 – I ZR 135/87) nicht entgegen, in welchem die Entfernung einer unechten Signatur Emil Noldes als hinreichende Maßnahme angesehen wurde, um das (postmortale) Künstlerpersönlichkeitsrecht zu wahren. Denn in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ging es anders als hier und in der so genannten ImmendorffEntscheidung des Landgerichts Düsseldorf (Urteil vom 07.10.2012 – 12 O 473/08) nicht um eine Vervielfältigung eines vorhandenen Originalwerks im Sinne von § 16 UrhG (vorliegend „Ausfahrendes Kanu I", in der Immendorff-Entscheidung „Ready-Made de l´Histoire dans Café de Flore"), sondern um die Anfertigung zweier Aquarelle, die nur allgemein der Stilrichtung des Malers Emil Nolde entsprach." Die Drittwiderkläger hatten "schriftsätzlich ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen sie von einer Fälschung ausgehen und haben dies insbesondere anhand der Auswahl des Motivs, des Bildaufbaus nebst seiner Proportionen, der abgebildeten Personen, Gegenstände und Landschaft, der Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu dem Originalwerk „Ausfahrendes Kanu I", der Strichführung und dem verwendeten Zeichenstift (Tuschpinsel anstelle einer Rohr-oder Tuschfeder) dargelegt.Der Kläger hat sich mit diesem Parteivortrag nicht näher auseinandergesetzt und hat dem insoweit besonders qualifizierten Parteivortrag keine Anhaltspunkte entgegengesetzt, die für die Echtheit des streitgegenständlichen Werks sprechen. Jedenfalls im Zusammenhang mit dem Untersuchungsergebnis des Landeskriminalamts Berlin steht für das Gericht im Sinne des § 286 Abs. 1 ZPO zweifelsfrei fest, dass es sich bei der streitgegenständlichen Tuschfederzeichnung um eine Fälschung handelt, ohne dass es insoweit einer Beweisaufnahme bedarf. Es sind zudem keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, weswegen der Drittwiderkläger zu 2 ein unwahres Gutachten erstellt haben soll. " Das Gericht wies zusätzlich darauf hin, daß auch nachgemalte Originale eine Vervielfältigung darstellen (LG Düsseldorf, aaO; Loewenheim, aaO, § 16 Rnd. 9)... Auch die Übernahme der unverwechselbaren Eigenschaften eines Kunstwerks – wie Motiv, Strichführung, Darstellungsform – nimmt am Vervielfältigungsschutz teil (siehe auch BGH, Urteil vom 11.03.1993 – I ZR 264/91, „Asterix-Persiflagen"). Dies umso mehr, wenn hierdurch nicht nur eine Anlehnung an das Urheberrecht eines Künstlers erfolgt – in dem angesprochenen „Asterix-Persiflagen" Urteil war eindeutig erkennbar, dass die Zeichnungen nicht von den Schöpfern des Asterix-Comics stammen -, sondern der fälschliche Eindruck erweckt wird, es handle sich bei der Vervielfältigung um ein Originalwerk aus Künstlerhand." Es handele sich zudem um eine "unfreie Bearbeitung" im Sinne des § 23 Abs. 1 UrhG, welche aufgrund ihrer Einlieferung im Auktiionshaus ebenfalls eine Urheberrechtsverletzung darstelle. Das Gesetz selbst sieht in § 98 Abs. 1 UrhG als Rechtsfolge des Urheberrechtsverstoßes die Vernichtung der im Eigentum des Verletzers befindlichen rechtswidrig verbreiteten Vervielfältigungsstücke vor. Es handelt sich bei dem Anspruch auf Vernichtung also um den gesetzlichen Regelfall, durchaus mit generalpräventivem Charakter, so dass über das zur Folgenbeseitigung Nötige hinausgegangen werden kann (Bohne in Wandtke / Bullinger, Urheberrecht, 2002, § 98 Rnd. 23; Weidert / Molle, aaO, Rnd. 312; Rachow in Limper / Musiol, Handbuch des Fachanwalts Urheber- und Medienrecht, 2011, Rnd. 177). Das Gericht erkannte auch ganz deutlich darauf, daß das falsche Monogramm einer falschen Signatur entspräche und somit kein Werk "im Stil von..." Die ziemlich penible Vervielfältigung eines Originalwerks als Fälschung rechtfertige ein strengeres Vorgehen. Hilfsweise kann die Fälschung zu Schulungszwecken in die Fälschungssammlung des LKA Berlin gehen. Das vollständige Urteil kann hier heruntergeladenwerden: https://www.berlin.de/gerichte/presse/pressemitteilungen-der-ordentlichen-gerichtsbarkeit/2016/pressemitteilung.546152.php Hunderte ägyptischer Tiermumien waren FälschungMittwoch, 16. November 2016Wie der deutsche Blog selket.de berichtet und der deutschen Öffentlichkeit spätestens seit der Mannheimer Mumienausstellung bekannt, waren seit der Spätzeit Ägyptens Tieropfer gang und gäbe. "Mit ihren Opfer richteten sich die Menschen mit ihren Gebete an die Götter und erhofften sich Gehör für ihre Sorgen und Wünsche. Die Priester machten daraus ein einträgliches Geschäft und verkauften den Pilgern massenhaft mumifizierte Opfertiere. Dass dabei nicht immer alles mit rechten Dingen zu ging, war schon vorher bekannt. Bisher unbekannt war die Dimension, in der gefälschte Tiermumien unter das Volk gebracht wurde. Verschiedene Tiermumien, © Manchester Museum, The University of Manchester Cranach, Hals, Parmigiannino, Orazio Gentileschi, Velásques...Samstag, 8. Oktober 2016
Anmerkungen: (1) Olga Kronsteiner: Fälschungen von Meisterhand. http://derstandard.at/2000045560833/Faelschungen-von-Meisterhand?ref=nl&userid=12434&nlid=22 Foto: Sotheby's. Frdl. Hinweis von P.-B. Eipper, Universalmuseum Joanneum. Neue Literatur, neue Vorträge und TagungenDonnerstag, 29. September 2016In MUSEUM AKTUELL, Auzsg. 233, erschien folgende Buchbesprechung: Fälschung? S. 1-63. In: Dresdener Kunstblätter. Vierteljahresschrift. 60. Jg. 2016. H. 3. Hg.: Staatliche Kunstsammlungen Dresden. Dresden: Sandstein Verlag 978-3-95498-241-7 Einzelheft 5 €, im Abonnement 4,50 € Heft 3 der Dresdener Kunstblätter bringt sechs Beiträge verschiedener Autoren zum Thema Fälschung: zu Dürer und Raimondi, zum schwierigen Fall eines silbernen Akelei-Pokals, zu einem vermeintlichen Doppelbildnis von Ursone da Bologna, zu Münzfälschungen, zu Möbelfälschungen und zur Fälschung afrikanischer Kunst. Die Artikel erweitern das Fälschungs-Thema endlich einmal wieder in musealer Kompetenz; besonders interessant ist der Fall des schwer zu bestimmenden Pokals. Die Literaturangaben lassen allerdings eine nicht so ganz aktuelle Museumsbibliothek vermuten. Ein weiteres Beispiel der lange tabuisierten Fälschungsthematik: Die Vortragsreihe des Niedersächsischen Landesvereins für Vorgeschichte im Landesmuseum Hannover am 13. Oktober, 10. November und 8. Dezember 2016 und die Fälschungstagung des BVK im März 2017. Über letztere berichten wir separat. Das Niedersächsische Landesmuseum lädt im Frühwinter 2016 zu drei Vorträgen des Niedersächsischen Landesvereins für Urgeschichte:
Zwei neue Fälle von Möbelfälschungen erschüttern FrankreichMittwoch, 21. September 2016Über zwei neue Fälle von Möbelfälschungen berichtet Vincent Noce in The ART NEWSPAPER (http://theartnewspaper.com/news/news/biennale-des-antiquaires-overshadowed-by-new-twist-in-fake-antique-furniture-scandal/): DOIG oder DOIGE?Freitag, 26. August 2016Gründe für massenhafte de Chirico-FälschungenSonntag, 5. Juni 2016Die wichtigsten Tatsachen stellte Dorothea Baumer in einem Interview mit dem Kurator der Ausstellung "Giorgio de Chirico" in der Staatsgalerie Stuttgart, Gerd Roos, zusammen. Gerd Roos ist Vizepräsident des de-Chirico-Archivs "Archivio dell' Arte Metafisica", der Gegeninstitution zur Fondazione Giorgio e Isa de Chirico.
Genannt werden zusätzlich zu dem leicht zu identifizierenden Stil: 1) die Menge eigener Replikate Quelle: SZ v. 14./15.5. 2016
All'antica Medaillen der RenaissanceDonnerstag, 28. April 2016Noch bis 8. Mai 2016 ist im Basler Museum der Geschichte (Barfüsserkircher) die Ausstellung GEFÄLSCHTE ANTIKE? DIE PADUANER UND DIE FASZINATION DER ANTIKE zu sehen. Aus dem Pressetext: "Die «Wiedergeburt der Antike» führte nicht nur zu neuen Werken, sondern auch Imitationen. In der venezianischen Stadt Padua entstanden zahlreiche Werke nach antiken Vorbildern – so genannte «all’antica»-Medaillen. Im Untergewölbe des Museums für Geschichte erschliesst sich der Bestand des Basler Amerbach-Kabinetts und gibt Auskunft über diese einzigartigen Medaillen und Plastiken der Renaissance.
Gefälschte Lebensmittel in Deutschland kein ThemaMontag, 4. April 2016Sieht man einmal von gelegentlich falsch deklariertem Fleisch ab, sind gefälschte Lebensmittel bei uns kein Thema. Das gilt aber nicht für andere Länder. Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge [i] haben in Italien Ermittler 85 Tonnen gesundheitschädliche, d.h. alte oder verdorbene Oliven sichergestellt, die mit Kupfersulfatlösung auf frisch gefärbt wurden. In Bolivien wurden tausende Dosen falsch deklarierter Sardinen, in Ungarn mehr als 2 Tonnen als Gänseleber deklariertes Entenfleisch beschlagnahmt. Im Sudan fanden sich 9 Tonnen mit Kunstdünger gestreckter Zucker. [i] Vivien Timmler: Gefälschte Lebensmittel. In: Süddeutsche Zeitung v. 1.4.2016, S. HF2 23 Painters at Dafen VillageMontag, 4. April 2016Dieses Video des Victoria & Albert Museums sollten Sie sich sehr genau ansehen, vielleicht auch ab und zu anhalten. Ausstellungen zu einem alten Tuch aus dem OrientMontag, 4. April 2016Die Sindoneums-Ausstellungen in Deutschland und Österreich Zum Rang einer Reliquie bei der katholischen Kirche hat es das „Turiner Grabtuch“ oder auch „Sindoneum“ bislang noch nicht gebracht. Erstaunlicherweise sind von dem „Grabtuch Christi“, das als einziges das wahre Ganzkörperbild des Gekreuzigten darstellen soll, zweitausend Jahre auch keine großartigen Wunder oder Heilungen bekanntgeworden, wenngleich es sich hierbei – die Echtheit einmal vorausgesetzt – um die wichtigste Reliquie des Christentums handeln müsste. Die katholische Kirche (Ausnahme: Benedikt XVI.) spricht lediglich von einer Ikone, einem Bild, – aber wovon? Von einem Menschen oder einer Skulptur? Und wenn von einem Menschen: Von wem? In der "Fälschungserkennung" [i] hatten wir die klassische Auseinandersetzung um das hochverehrte Stück Textil kurz wiedergegeben und die Ergebnisse weltweit unabhängig voneinander erstellter naturwissenschaftlicher Radiokarbon-Untersuchungen (University of Arizona, Oxford University, Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich) vorgestellt: Das Tuch stammt aus dem Nahen Osten, datiert allerdings nicht in die Zeit um Christi Geburt, sondern in die Zeit zwischen 1260 und 1390. Somit aus der hohen Zeit der Reliquienfälschungen und aus den Kreuzzügen. Seit einigen Jahren wird mit großem Kostenaufwand durch Bücher, Videos und Ausstellungen in ganz Europa versucht, diese Ergebnisse zu bezweifeln und gutgläubige Besucher von der Echtheit zu überzeugen. Man geht von Fehlern in der damaligen Bestimmung aus und behauptet neuere wissenschaftliche Erkenntnisse. [ii] Und es gleich vorweg zu sagen: Unter musealen Gesichtspunkten ist dies keine Ausstellung, denn gezeigt wird (natürlich) weder das Sindoneum aus Turin, noch ein Original von der Kreuzigung oder Grablege Christi. Die Ausstellung beinhaltet Kopien, Rekonstruktionen und vor allem viel Textmaterial mit rhetorisch-spekulativen Argumenten. Selbst die zwei einzigen Originale (Münzen aus der Zeit Christi) sind nur Stellvertreter ihrer Gattung, denn es wird von kirchenzugeneigten Wissenschaftlern behauptet, man habe im Sindoneum Beweise dafür gefunden, daß auf den Augen des „Leichnams“ (von dem jedoch alle erwartbaren Leichenspuren fehlen!) Münzen gelegen seien, die aus der Zeit Christi stammten. Darunter ausgerechnet eine Fehlprägung aus der Pilatuszeit, von der weltweit nur extrem wenige Exemplare bekannt sind. Worum handelt es sich also bei dieser Ausstellung? Unbestritten ist der historische Jesus, unbestritten seine neue Lehre, seine Reform jüdischer Glaubensvorstellungen. Unbestritten ist auch seine Hinrichtung unter den Römern. Anscheinend braucht der einfache Glaube auch ein Bild des Religionsgründers, auf jeden Fall als Geldeinnahmequelle. Obwohl wir z.B. kein „wahres Bild“ der Gründer des Islam, des Buddhismus oder des Hinduismus haben. Es geht nämlich auch ohne. WEITER durch Klick auf Folgezeile! "Ausstellungen zu einem alten Tuch aus dem Orient" vollständig lesen Nachtrag zum sog. Kölner Kunstfälscherprozeß 1949/50Donnerstag, 31. März 2016Näheres zu den Fälschungen Jupp Jenniches und die Zusammenarbeit mit dem Händler Schuppner findet sich in C. Müller-Straten: Fälschungserkennung, Bd. 1, S. 342. Hierzu gehörte jedoch nicht das 1957 in der Privatsammlung Ludwig Hack auftauchende Werk Kirchners "Das Urteil des Paris" (heute Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen.
"Robert Schuppner, des betrügerischen Verkaufs gefälschter Bilder angeklagter Maler aus Köln ... stand jetzt vor Gericht. Mitangeklagt war Josef Jenniches (rechts), seit 25 Jahren Faktotum des Kölnischen Kunstvereins. Der hatte Bilder aus dem Besitz des jüdischen Emigranten Heß an Schuppner verkauft und Schuppner mit selbstgepinselten Aquarellen von "Nolde" und "Klee" übers Ohr gehauen... Zwanzig teils echte teils unechte Werke moderner Kunst illustrierten die kahlen Wände des Gerichtssaals. Schuppner konnte seine Gutgläubigkeit in beiden Fällen nachweisen und wurde freigesprochen Jenniches erhielt 1 Jahr Gefängnis, mit 3 Jahren Bewährungsfrist." (Foto: nach einem Spiegel-PDF der Druckseite, dort keine Angaben zum Fotografen) Gefälschte CITES-ZertifikateDonnerstag, 24. März 2016
Dem 48-jährigen Tatverdächtigen wird vorgeworfen, die präparierten Tiere über virtuelle Auktionshäuser vertrieben zu haben, unter anderem auch in die Vereinigten Staaten von Amerika. Allein in die USA exportierte der 48-Jährige 30 streng geschützte Greifvögel. Den Gesamtumfang des seit mindestens Januar 2013 laufenden Geschäfts ergründen nun Ermittler des Zollfahndungsamts München mit Sitz in Nürnberg. Von den dortigen Behörden kam der Hinweis auf den in Geltendorf ansässigen Händler, der selbst Jäger ist. Er wird beschuldigt, ungenehmigte Ausfuhren beziehungsweise Handel ohne gültige Dokumente mit geschützten Tieren betrieben zu haben. Eine ungewöhnliche BeschlagnahmeDonnerstag, 24. März 2016Links das Bild vor der Restaurierung 2012. Foto: cranach-net, Heidelberg. Rechts die Venus nach der Restaurierung in London, so erworben vom Fürsten von Liechtenstein (1531 datiert und mit Schlange signiert) . Foto: Liechtenstein Collections Aktueller kann eine Tagung nicht sein: Einer der Schwerpunkte des diesjährigen Restauratorentags von IIC Austria und Universalmuseum Joanneum in Graz war das Thema Kopien und Fälschungen mit den Referenten Paul-Bernhard Eipper, Ulrich Becker, Johann Thomas Ambrózy und Christian Müller-Straten. Nur wenige Tage nach dem Vortrag des Münchner Kunsthistorikers zum Thema „Fälscher als Restauratoren - Restauratoren als Fälscher“, bei dem er über den Begriff des restauratorischen Verfälschens sprach und die Fälle Bastiannini, Brigido Lara, van der Veken und Goller vorstellte, berichtete der STANDARD, daß die schreckliche Venus der Liechtenstein-Sammlung (angeblich ein Bild von Cranach), erworben von Prinz Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein 2013 für wohl 7 Mio. € gegen Mitte einer Ausstellung aufgrund einer Anzeige in Aix-en-Provence beschlagnahmt worden sei, um zu prüfen, ob es sich um eine rezente Fälschung handelt. Was wäre wenn? Moordorf, Bernstorf und Nebra. Ein Lehrstück in zwei AktenSonntag, 6. März 2016Ein gewaltiger Scherbenhaufen. Ein Kommentar Was wäre wenn die Hauptmotive der Nebrascheibe ("Sonne"-"Mond") nach einer Veröffentlichung von Dannheimer im Jahre 1975 [1] über ein latènezeitliches, in München-Allach gefundenes Schwert, das in der Archäologischen Staatssammlung in München (!) verwahrt wird - hier übrigens Gold in Eisen! - gefälscht worden wäre? [2] Anmerkungen [1] Dannheimer, H.: Zu zwei älteren keltischen Fundstücken aus der Münchner Schotterebene. In: Archäologisches Korrespondenzblatt 5/1975, S. 59-67 Marino Massimo de CaroSonntag, 6. März 2016Eine ausgezeichnete Reportage (Thomas Steinfeld: Am Tatort) über die geplünderte Biliotheca Girolamini in Neapel findet sich in: Süddeutsche Zeitung v. 13./14. Februar 2016, HF2, S. 15 Diskos von Phaistos erneut unter Fälschungsverdacht gestelltMontag, 22. Februar 2016In einem kürzlich ausgestrahlten Film von Michael Gregor (arte, 24.2.2016 17.30 und 20.15 h) wurde der weltberühmte Diskos von Phaistos (eine beidseitig mit einer Art Linear A gestempelte Tonplatte) erneut unter Fälschungsverdacht gestellt. Die Scheibe wird im Museum von Heraklion, Kreta, als „Nationalschatz“ ausgestellt. Das Museum verbietet sich allerdings jede Untersuchung durch Dritte. Hintergrund (Zusammenfassung nach Wikipedia) Der Diskos wurde angeblich am Abend des 3. Juli 1908 bei Ausgrabungen des Italieners Luigi Pernier im Zuge der von Federico Halbherr geleiteten italienischen Archäologischen Mission von 1908 gefunden. Man entdeckte ihn im westlichsten Gebäude des altpalastzeitlichen Nordosttrakts der minoischen Palastanlage von Phaistos auf Kreta. Pernier war jedoch bei der Auffindung nicht persönlich anwesend.Der Diskos lag etwa einen halben Meter über dem Felsboden nach Norden geneigt mit der später als „A“ bezeichneten Seite nach oben zwischen Schutt- und Keramikresten in einem rechteckigen 1,15 × 3,40 Meter großen Vorratsraum, heute als Kammer 8 des Gebäudes 101 bezeichnet. Luigi Pernier datierte die Entstehungszeit des Diskos zwischen 1700 und 1600 v. Chr. Schon Pernier wies darauf hin, dass zwar die Mehrheit der Keramikfunde im Auffinderaum des Diskos aus der mittelminoischen Zeit stammten, einige hellenistische Fundstücke dazu jedoch nicht passten. Die stratigrafischen Daten des Fundortes sind für die zeitliche Einordnung des Diskos somit nicht verwertbar, da uneindeutig, zumal der Zeitpunkt seiner Herstellung nicht mit dem der Einlagerung am Auffindeort übereinstimmen muss. Die Tonscheibe des Diskos ist von flacher und unregelmäßig runder Form. Ihr Durchmesser variiert zwischen 15,8 und 16,5 Zentimeter. Der Diskos besteht aus qualitativ hochwertigem feinkörnigen Ton, im Farbspektrum von hellem Goldgelb bis dunklem Braun, der nach der Stempelung sorgfältig gebrannt wurde. Die Art des Materials erinnert an das kretominoischer Eierschalenware. Insgesamt ist er mit 241 Stempeleindrücken beschriftet, die durch Trennlinien (sogenannte Feldtrenner) zu 61 Zeichengruppen zusammengefasst sind. Der Diskos enthält insgesamt 45 distinkte Stempelmotive, die als Abstrakta, Menschen und Tiere, sowie Objekte (Gerätschaften, Waffen, Pflanzenteile) identifiziert werden können. Daneben gibt es 17 sogenannte Dorne, Strichmarkierungen unter dem ersten Zeichen einer Abteilung, ab dem Zentrum der Scheibe gezählt. Die präzise Methode der Herstellung des Diskos ist umstritten, wobei man einheitlicher Meinung darüber ist, dass die Symbole nicht von Hand geritzt wurden. Das Hauptproblem bei der Entzifferung besteht in dem geringen Textumfang von lediglich 241 Zeichen. Infolge der Einmaligkeit des Fundes fehlen zudem Anhaltspunkte, die Auskunft über Sprache oder Textinhalt geben könnten. Behauptungen des Films Zum Zeitpunkt des „Fundes“ war Kreta in verschiedene Protektorate aufgeteilt. Die Ausgrabungen von Phaistos standen unter italienischem Protektorat. Pernier hatte zunächst den Schweitzer Maler und Restaurator Emile Gilliéron sen.(1851-1924) angestellt, dann auch dessen Sohn, der zuvor schon für Heinrich Schliemann und dann von Arthur Evans (Knossos) gearbeitet hatte. Gilliéron ist für seinen skrupellosen Umgang mit der Wahrheit und einen gewaltigen Geschäftssinn bekannt: so ist er und sein Sohn (1885-1939) der eigentliche Urheber von Knossos als archäologisches Disneyland, völlig der Phantasie entsprungene Rekonstruktionen (Lilien statt Palmen, Lilienprinz statt Affe) von unklaren Einzelfunden zu Gefäßen oder Wandgemälden. Er wird auch in Zusammenhang gebracht mit den gefälschten Elfenbeinfiguren von Toronto und Boston. Seit 1877 lebte er in Athen und war dort vor allem als archäologischer Zeichner tätig. Zeitweise war er auch Zeichenlehrer der Kinder des Königs von Griechenland Georg I.. Das Duo arbeitete über 30 Jahre in Knossos. In Athen wird derzeit das Privatarchiv Gilliérons ausgewertet, eine Art illustrierte Buchhaltung, aus der das wahre Ausmaß seiner Tätigkeit hervorgeht. Gilliéron ließ sogar selbst Kopien bei der WMF herstellen und betrieb damit einen schwungvollen Handel. In Heidelberg entsteht derzeit mit internationaler Beteiligung der Corpus der kretischen und Mykenischen Siegel. Auch Fälschungen hat man so entdeckt. Ganz besonders problematisch ist der „Ring des Minos“ (Heraklion), den Sir Arthur Evans bereits aus dem Kunsthandel erworben hatte. Der Film liefert selbst keine Begründungen für die Fälschungshypothese, sondern führt lediglich Aussagen des New Yorker Kunsthändlers Jerome M. Eisenberg vor und vermutet als Fälscher Vater und Sohn Gilliéron. Nach Eisenberg seien Anhaltspunkte für eine Fälschung - die scharfkantige Glätte der Scheibe. Eine derartige Scharfkantigkeit sei aus der Antike nicht bekannt - die Einzigartigkeit der Scheibe, ähnliche Objekte seien nicht bekannt - der nicht von Pernier dokumentierte Fund, er wurde erst später hinzugerufen - zum Teil seltsame Stempel, etwa ein Boxerhandschuh - die Unversehrtheit der Scheibe (sie muss jedoch aus oberen Stockwerken in einen Keller oder Viehstall gefallen sein), ihre unklare Funktion - die Beteiligung der Gilliérons bei den Grabungen - die Fülle an bereits erkannten Fälschungen nach den Grabungen von Evans - die Weigerung des Museums, die Scheibe durch Dritte untersuchen zu lassen. Beweise sind das noch nicht, lediglich wiederholte Behauptungen. Eisenberg hatte bereits in einem ausführlichen Beitrag in Minerva, Juli/August 2008, behauptet, die Scheibe sei eine Fälschung - urspränglich „hoax“, jetzt „fake“. In Deutschland wurde diese These bereits im April 2008 publik gemacht durch einen Beitrag von Mathias Schulz: Völker und Reiche der Frühzeit: Die komische Scheibe. In: Spiegel Online Wissenschaft, 29.4.2008, allerdings auch hier nur als Quintessenz aus der Unentzifferbarkeit und „seltsamen Fundumständen“. Der populärwissenschaftlich gemachte Film steht noch eine Zeitlang im arte-Archiv: http://www.arte.tv/guide/de/057844-000-A/das-geheimnis-von-phaistos Ist im Goldbarren wirklich Gold drin?Sonntag, 20. Dezember 2015
Wie N24 berichtete, wird derzeit Gold auf den Markt gebracht, das nur außen Gold enthält. Näheres zu gefälschtem Goldgranulat, gefälschten Goldmünzen und gefälschten Goldbarren hier: http://www.aurotest.de/counterfeit_gold.htm Französisches Berufungsgericht hebt Spies-Urteil aufSamstag, 12. Dezember 2015Wie die SZ berichtet, hat das Berufungsgericht in Versailles ein Urteil von 2013 für ungültig erklärt, nachdem Werner Spies zusammen mit einem französischen Galeristen für sein Falschgutachten zu einem „Beltracchi“-Bild („Tremblement de Terre“, angeblich von Max Ernst) eine Strafe von 652.833 € zahlen sollte. Der Autor des Werkkatalogs habe nicht dieselbe Verantwortung wie ein Verkaufsexperte. SZ v. 11.12.2015, HF2, S.12 Bewertung: Das Urteil entlastet zwar im Einzelfall Werner Spies und spart dem Bestverdiener eine kleinere Strafzahlung, doch bedeutet das Urteil für den französischen Rechtsraum zweierlei: eine noch stärkere Verantwortung für den Kunsthandel, die sogar so weit geht, den Gutachten und Werkverzeichnissen selbst anerkannter kunsthistorischer Spezialisten noch stärker als bisher zu misstrauen – und ein nahezu haftungsfreies Agieren von Kunsthistorikern im Rahmen von Expertisen und Werkverzeichnissen. Das wertet deren Beurteilungen in Zukunft bis zur Bedeutungslosigkeit herab und spiegelt dabei wider, daß Kunsthistoriker aufgrund fehlender Ausbildung und weit verbreiteter Realitätsferne sich mit Fälschungserkennung kaum auskennen. Christian Müller-Straten High-Tech-FälschungsbekämpfungFreitag, 11. Dezember 2015
Im Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaften der Fachhochschule Köln fand Professor Gunnar Heydenreich mit seinen Kollegen heraus, daß Beltracchi die Leinwand des von ihm gefälschten Nauen-Bildes erst patinierte und dann erst bemalte. Heydenreich zog das Fazit: „Es ist eindeutig sichtbar, dass er hier keine alte Leinwand genommen hat.“ Im vergangenen Jahr hat das Kölner Institut etwa zehn Fälschungen identifiziert. „Alles was teuer ist, ist fälschungsanfällig“, sagt Heydenreich. Dabei ist die RFA-Pistole nicht die einzige Wunderwaffe gegen Kunstfälscher, das Kölner Institut setzt etwa 14 Methoden bei der Fälschungserkennung ein. Die RFA-Pistole kann keine Teerfarben identifizieren, die aus Steinkohlenteer und Erdöl gewonnen wurden. Das kann wiederum ein 2012 mit Hilfe des Landes NRW erworbenes Raman-Mikroskopspektrometer, das mit Laserstrahlen Pigment-Proben von Gemälden analysiert und Rückschlüsse auf synthetische organische Farbstoffe ermöglicht, die seit dem 19. Jahrhundert hergestellt werden. „Wichtig ist, dass wir verschiedene strahlendiagnostische und materialanalytische Methoden anwenden und dass Restauratoren, Naturwissenschaftler und Kunsthistoriker zusammenarbeiten.“ Zusammenfassung aus: Dorothea Hülsmeier: Seit Wolfgang Beltracchi dem Kunstmarkt meisterhafte Fälschungen für Millionen Euro unterjubelte, mag kein Experte mehr dem Augenschein trauen.In: Mittelbayerische Zeitung v. 20.8.2013 Konzertierte Aktion gegen Falschgeldbesteller aus dem DarknetSonntag, 29. November 2015Seit Anfang 2014 werden zunehmend Falschgeldangebote im nicht sichtbaren Bereich des Internet, dem Darknet festgestellt. Gleichzeitig stiegen, wie im gesamten Europa, auch in Bayern die Anhaltezahlen von Falschgeld in starkem Maße an. Eine Beziehung zwischen diesem Falschgeldanstieg und den Angeboten im Darknet steht für die Experten fest. Falschgeldtäter werden regelmäßig bei der Verausgabung von Falsifikaten entdeckt und auch wegen Geldfälschung angezeigt. Bei ihren Bestellungen wähnen sich diese noch in großer Sicherheit. Sie vertrauen darauf, im Netz keinerlei Spuren zu hinterlassen und so die Ermittlungen zu ihrer Person ins Leere laufen zu lassen. Tatsächlich hatten sich aber aus laufenden Ermittlungen heraus Hinweise auf Tatverdächtige ergeben, die sich Falschgeld im Darknet bestellt hatten. Quelle: LKA München Bayerisch-tschechischer Fälscherring vor GerichtSonntag, 29. November 2015Wie mehrere Medien übereinstimmend Ende November 2015 berichten, steht vor der der 7. Strafkammer des LG Regensburg unter Vorsitz der Richterin Dr. Bettina Mielke ein Zahntechniker vor Gericht, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, eine Künstlerin beauftragt zu haben, zahlreiche Gemälde nach dem Stil von Künstlern wie Modersohn-Becker, Giacometti, Chagall, Nolde oder Picasso für ihn hergestellt zu haben, um diese anschließend einem tschechischen "Experten" anzuvertrauen, der diese auf alt trimmen sollte, um anschließend selbst diese Fälschungen im In- und Ausland als originale Kriegsbeutekunst anzubieten. Vorgeworfen wird ihm banden- und gewerbsmäßiger Betrug in 9 Fällen in den Jahren 2007-2010. Als Verkaufsort wählte er eine Regensburger Tiefgarage oder sein Haus. Dabei soll ein Schaden von 577 000 € entstanden sein. Zu seiner Verteidigung führte der Angeklagte an, er habe die Fälschungen nie als Originale angeboten, sondern als "wie gesehen, ohne Garantie" verkauft. Allerdings hatte er die Werke, die er selbst als Fälschungen in Auftrag gegeben hatte, mit "Expertisen" bislang Ungenannter angeboten, die den Werken ein orignales Alter bescheinigten. Aus dem entstandenen Schaden wird deutlich, daß der Zahntechniker die Werke zu Schnäppchenpreisen angeboten hatte. Dies steht im Widerspruch zu seiner Gerichtsbehauptung, die Originale seien Originale. Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft 16 Fälle mit einem Millionenschaden angeklagt. Das Landgericht hatte aber einige Fälle nicht zugelassen, bei denen die Originalkünstler nicht vermerkt waren. Ein verdeckter Ermittler ließ die Sache auffliegen. Auf den Angeklagten aufmerksam geworden waren die Fahnder bereits 2009 durch ein Rechtshilfeersuchen ihrer Kollegen aus Pilsen. Diese führten bereits ein Ermittlungsverfahren gegen eine tschechische Malerin und einen Dritten, der mit Fälschungen handelte. Bei diesem war der Zahntechniker interessanterweise als Kunde registriert. Daraufhin wurde dieser vom LKA überwacht und sein Telefon abgehört. Dabei stellte sich heraus, so die LKA-Zeugin, daß der Angeklagte am Telefon „konspirative Gespräche“ führte, indem er von Büchern statt von Bildern sprach, Gemälde in Tschechien bestellte und sie in seinem PKW dort abholte. Bei einem Grenzübertritt von Tschechien wurden bei einer Kontrolle elf Gemälde ("Flohmarktkäufe") festgestellt. Im September 2010 wurde seine Wohnung durchsucht . Der daraufhin ergangene Haftbefehl wurde rasch gegen Auflagen wieder außer Vollzug gesetzt. Nach seiner Haftentlassung hatte der Angeklagte die dubiosen Werke Auktionshäusern "zur Begutachtung" eingeliefert, um mit deren positive Aussagen die Echtheit der Werke zu reklamieren.. Vor Gericht führte der Angeklagte zunächst aus, seit 50 Jahren Sammler und Maler zu sein. Er habe um 2000 erstmals Kontakt zum tschechischen Händler gehabt und ihm mehrere Bilder für jeweils 6000 $ abgekauft. Die Herstellerin der Fälschungen habe er nie kennengelernt. Erstmals 2002 habe er einem anerkannten Labor den Auftrag für eine Expertise gegeben, um zu sehen ob das Bild „echt“ sei. Die Analyse sei positiv gewesen. Dies bedeute aber nicht, daß es sich um Originale handelt. Die "Expertisen" bescheinigten nur, daß die Fälschungen „alt und gut“ seien. In der Folgezeit habe er 48 "Expertisen" erstellen lassen und dafür um die 100.000 € ausgegeben. Auch habe er seinen Kunden gegenüber nie von Originalen gesprochen, sondern auch in den Kaufverträgen stets „Bilder wie gesehen und ohne Garantie“ festgehalten. Den in der Anklageschrift geschilderten Deal mit dem verdeckten Ermittler bezeichnete der Angeklagte schlicht als falsch. Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte dem „Kunden“ ein Bild von Pechstein für 70.000 Euro verkauft haben, wobei 10.000 € als Sicherungsleistung in bar angezahlt wurden. Die Sachbearbeiterin des Landeskriminalamtes berichtete hingegen, daß der Angeklagte in seiner Vernehmung eingeräumt hatte, die Bilder als Originale angeboten und verkauft zu haben. Dabei habe er das Märchen erzählt, daß es sich hierbei um echte Kriegsbeutekunst eines Nazis handle, die aus dem Nachlaß des Vaters eines Freundes stamme. Dessen Familie habe sich entschlossen, die Bilder zu verkaufen. Die frei erfundene Story räumte der Zahntechniker ein. Er habe diese nur erfunden, da ihn sein tschechischer Händler um Verschwiegenheit gebeten habe. Ihm selbst habe der Verkäufer gesagt, die Bilder stammten „aus einem Depot russischer Generäle.“ Neben dem in der Anklageschrift aufgeführten Gemälde habe der Angeklagte dem verdeckten Ermittler weitere 22 Bilder zu einem Gesamtpreis von 1,4 Mio. € angeboten. Der Angeklagte machte vor Gericht interessanterweise die Einlassung, die Bilder seien tatsächlich alt. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft seien absurd und unlogisch. Er habe bei dem tschechischen Händler doch Hunderte von Bildern erworben. Er bezweifelte zudem, daß eine einzelne Malerin diese Menge an Künstlern abdecken könne. Die von ihm selbst aufgeworfene Frage, wo denn das ganze alte Material, die alten Farben, herkommen sollen, wurde zu seinem Nachteil allerdings bereits geklärt: Nach Angaben des LKA soll der Angeklagte alte Farben, wie sie von Restauratoren verwendet werden, im einschlägigen Handel für 10 000 € im Jahr bestellt und dem tschechischen Händler zur Verfügung gestellt haben. Giacometti-Fälscher zu mehr als fünf Jahren Haft verurteiltMittwoch, 12. August 2015Im Prozeß um den angeklagten Kunstfälscher Robert Driessen hat das LG Stuttgart fünf Jahre und drei Monate Haft verhängt. Der Fälscher hatte einen volkswirtschaftlichen Schaden von mindestens 4,75 Mio. € hervorgerufen, die Kunstgeschichte und den Markt mit echten Giacomettis geschädigt. Der Bildhauer war nach seinem Untertauchen in Thailand mit internationalem Haftbefehl gesucht worden und war auf einer Stippvisite in den Niederlanden am Amsterdamer Flughafen festgenommen und an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert worden. Er erklärte nach der Urteilsverkündung, keine Rechtsmittel einlegen zu wollen. Der 56jährige Bildhauer hatte während des Prozesses ein umfangreiches Geständnis abgelegt. Der Bildhauer soll weit mehr als 1000 Skulpturen von Giacometti gefälscht haben. Ihm war banden- und gewerbsmäßige Urkundenfälschung und Betrug vorgeworfen worden. Das Gericht ging davon aus, dass der Bildhauer selbst rund 390.000 € Gewinn gemacht hat. Die Figuren hatten lediglich einen Materialwert von jeweils rund 100 €. Passend zu den falschen Figuren erfanden die Komplizen des Bildhauers für den Verkauf eine Legende über die Herkunft der Skulpturen. Ein Mitglied der Bande gab sich als "Reichsgraf von Waldstein" und Freund von Giacomettis Bruder Diego aus. Gutgläubigen Kunstfreunden erzählte er, die Skulpturen stammten aus einem von den Erben Giacomettis geheim gehaltenen Fundus. Zum Beweis der Echtheit und der Legende legte er ebenfalls gefälschte Echtheitszertifikate sowie das Buch "Diegos Rache" vor. Die Fälscherbande war vor sechs Jahren aufgeflogen. Der "Graf" wurde 2011 zu mehr als neun Jahren Haft verurteilt. Insgesamt hat das Landgericht bereits fünf Urteile in dem Fall gesprochen. Weitere Verfahren sind anhängig. Fälschungsfragen im Joanneum: Freitag, 19.6.2015Dienstag, 9. Juni 2015Neue Galerie Graz: In der Reihe "Filtercafé" findet am 19.6. eine museumspädagogische Veranstaltung mit Andrea Fian und Markus Waitschacher um 15.00 h statt. Der Eintritt kostet nur 2,50 € INKLUSIVE Kaffee!!! Eine Veranstaltung, in der es u.a. um Originalitätsfragen, Copyright, Urheberrecht, Fälscher als Helden geht. Man wird sich auch die Frage stellen: Wieviele Fälschungen vertragen wir? Das Joanneum gehört seit Jahren zu den wenigen Einrichtungen im deutschsprachigen Raum, die offensiv mit diesem Thema umgehen. Jetzt werden auch Oldtimer-Autos gefälschtSamstag, 28. März 2015Die Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ) warnt nach einem Bericht in der WELT vor vermeintlichen Baureihen-Topmodellen, die sich nur bei ganz genauem Hinsehen als gefälscht herausstellen. "Als die Fahrzeughersteller in den 1960er- und 1970er-Jahren ihr Produktportfolio erweiterten, boten sie neben Basismodellen verstärkt Baureihen-Topmodelle wie BMW 2002 ti, 911 Carrera RS 2,7 oder NSU TT/TTS an, die heute bei Liebhabern besonders begehrt sind. Und deshalb zunehmend zusammengestückelt werden. Dabei muss man unterscheiden: Ein Basismodell kann mit den entsprechenden Teilen heute noch zum Topmodell aufgerüstet werden. Derartige Umbauten sind in der Regel zulässig und verhindern die Einstufung des Fahrzeugs als Oldtimer nicht. Die ursprüngliche Fahrzeug-Ident-Nummer (FIN) wird unverändert belassen, so ist jederzeit erkennbar, dass der Klassiker umgebaut wurde. Allerdings beobachten die GTÜ-Sachverständigen, dass immer häufiger Original-Kfz-Briefe der Topmodelle ohne Fahrzeug zum Kauf angeboten werden. Hat ein "Umbauer" einen solchen vorliegen, ist offenbar für nicht wenige die Versuchung zu groß, das umgebaute Fahrzeug mit der zum Brief passenden FIN zu versehen und dadurch den Wert des Fahrzeugs zu vervielfachen. Eine gefälschte FIN erkennt man nach Angaben der Sachverständigen zum Beispiel daran, dass Schlagtiefe und Gravur vom Original abweichen. Schwieriger erkennbar wird die Fälschung, wenn zum Beispiel beim Porsche 911 ein Stück des Gepäckraumbodens mit der original eingeschlagenen FIN in das Fahrzeug eingebaut wird. Da die verräterischen Teile meist überlackiert sind, kann man die Täuschung hier nur schwer erkennen. Deshalb sollte ein Käufer darauf achten, dass die Fahrzeughistorie lückenlos nachvollziehbar dokumentiert und außerdem die Lackierung im Bereich der FIN im Auslieferungszustand ist. Ist die Karosserie erkennbar umfangreich "restauriert" und die Historie unvollständig, ist das Risiko einer Fälschung extrem hoch, warnt die GTÜ." [Anonymus: Gefälschte Oldtimer im Kommen. Risiko beim Klassiker-Kauf. In: Die Welt v. 27.3.2015, http://www.welt.de/138862045) Ein anderer Aspekt bei PharmafälschungenSonntag, 7. Dezember 2014Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung zufolge wurden u.a. für deutsche Pharmahersteller von der indischen Firma GVK Bio in Hyderabad (Telangana) seit Jahren systematisch Tests and Menschen gefälscht. "Im Frühjahr 2014 hatte die französische Arzneimittelüberwachungsbehörde ANSM bei einer Stichprobe festgestellt, daß GVK Bio in allen neun überprüften Studien" manipuliert hatte (SZ v. 5.12.2014). Die Folge: Etlichen deutschen Pharmaunternehmen droht aufgrund mutmaßlich gefälschter medizinischer Studien der Entzug von Medikamentenzulassungen. Im Zeitungsbericht genannt werden Betapharm und Hexal. Derzeit werden die Zulassungen EU-weit geprpüft. Aufdeckung von Keramikmarriagen durch ComputertomographieSamstag, 6. Dezember 2014Außenwandung des Gefäßes mit virtuell freigestellten Fragmenten. Foto: Daniel Habe, Österr. Gießerei-Institut Über die Anwendung der Computertomographie in der Echtheitsprüfung eines Bucchero pesante Gefäßes berichtet: Robert Fürhacker: Untersuchung historischer Keramikrestaurierungen mittels Computertomografie am Beispiel eines Bucchero-Gefäßes, S. 199; Computer Tomography Examination of a Bucchero Vessel, p. 210. In: Restauratorenblätter - Papers in Conservation, Bd./vol. 32. München 2014.
Näheres hier: http://www.museum-aktuell.de/shop/themes/kategorie/detail.php?artikelid=80&kategorieid=7&source=1 Dubioses aus OberbayernSamstag, 6. Dezember 2014
Grinsendes Gesicht und seltsame Zeichen sowie "modernes Industriegold" (Pernicka): Die dubiosen Funde vom Kranzberg. Quelle: http://www.uni-frankfurt.de/47314657/40_Bernstorf?
Näheres unter Christian Müller-Straten: Die Funde von Kranzberg: Desaster oder Sensation? In: MUSEUM AKTUELL, H. 215, Oktober 2014, S. 24-28
Copyright für Fälscher?Samstag, 6. Dezember 2014![]() ![]() Soll auch der Fälscher dieses Bronze-Kopfes, angeblich aus augustäischer Zeit (in der Fälschungsausstellung in Halle/Saale), rezent gegossen aus antikem Metall, ein Copyright besitzen? Werkstatt des „Spanischen Meisters“: Bildnis des Kaisers Augustus, Ende 20. Jh. , Bronze, H 33 cm, Schweizer Privatbesitz. Foto (links): Georg Pöhlein, Erlangen. Foto rechts: Adelheid Straten
Kopfstand für das Copyright. Anmerkungen zu drei neueren kunstwissenschaftlichen Publikationen zum Thema Fälschung Seit einiger Zeit gilt das Thema Fälschung auch in der universitären Kunstgeschichte als Erkenntnisobjekt. Nicht zu verwechseln ist dies mit kunstwissenschaftlichen Einzelstudien zu Echtheitsfragen. Beispielhaft für den neuen Forschungsansatz sind hier Prof. Dr. Henry Keazor, Universität Heidelberg, und seine Doktorandin Tina Öcal, Stipendiatin der Gerda Henkel-Stiftung, zu nennen, die vor allem im Zusammenhang mit dem Beltracchi-Skandal mit mehreren Veröffentlichungen zum Thema Fälschung an die Öffentlichkeit traten. Historischen Fälschungsthemen wenden sich Keazor und Öcal ebenfalls zu. Sie gehen davon aus, daß Fälschungen auch Zeitdokumente des fachwissenschaftlichen Forschungsstandes, der jeweiligen Rezeption von Kunst, aber auch der Sammlungsgeschichte sind. Dieser neue Ansatz ist auf jeden Fall zu begrüßen. Tina Öcal: „Imagines ad aemulationem excitant“. Kunst- und sozialtheoretische Überlegungen zu den Fälschungen Wolfgang Beltracchis im Fokus frühneuzeitlicher Überbietungsdynamiken. In: IMAGO, Bd. 2, 2013. Hg. von Manfred Clemenz et al. S. 181-193 978-3-8379-2264-6 Diese 13seitige bildtheoretische Analyse macht interessante Beobachtungen und ist auch lesenswert wegen der erschlossenen Zusammenhänge. Dennoch läßt die Lektüre den Leser erstaunen; denn wo eigentlich illustrierende Abbildungen zu den Argumenten zu erwarten gewesen wären, befinden sich oberhalb der Bildunterschriften lediglich rahmende Platzhalter, die mit Weblinks auf die Abbildungen gefüllt wurden. Auf Nachfrage erklärte die Autorin dazu, daß der Herausgeber/Verlag auf diesem Modell bestanden hätte, da Beltracchi ein Copyright für seine Fälschungen beanspruche. Nun: Beanspruchen kann man ja viel, die geltende Rechtslage sieht jedoch ein Copyright-Recht vor, das den gefälschten Künstler schützt und nicht den Fälscher. Und zudem gibt es das Bildzitatrecht für wissenschaftliche Arbeiten. Auf dieses Bildzitatrecht der Wissenschaft kann weder der gefälschte Künstler noch ein Fälscher Einfluß nehmen.1 Tina Öcal war wohl mit der Lösung dieser 2012 gegründeten Zeitschrift IMAGO2 nicht einverstanden und veröffentlichte auf dem Server der Universität Heidelberg denselben Aufsatz als PDF3 mit eingebauten Bildern. Dies ist vom Copyright-Recht und speziell durch die Ausführungen zum Bildzitat gedeckt und spiegelt die derzeitige etablierte rechtliche Praxis. Im Frühjahr erschien: Henry Keazor; Tina Öcal (Hg.): Der Fall Beltracchi und die Folgen. Interdisziplinäre Fälschungsforschung heute. Berlin; Boston: de Gruyter 2014. 260 S., zahlr. Farbabb. 978-3-11-031589-9 Dieser Sammelband mit acht Beiträgen verschiedener Autoren unter der Ägide Keazors und Öcals wird von Öcal als „Studie“ bezeichnet. Der Reader vereint Autoren unterschiedlichster Fachrichtungen und Auffassungen; etwa die anspruchsvollen englischen Analysen von Jilleen Nadolny und Nicholas Eastaugh (von Art Access & Research, London), oder rechtliche Aspekte (Anton; Klemmer), auch Beobachtungen zum Kunstmarkt von der BVDG-Geschäftsführerin Birgit Maria Sturm. Daß erwartbare Positionen und Autoren in diesem Reader nicht auftauchen, ist nicht so gravierend. Überraschend ist aber der Beitrag von Manfred Clemenz, insofern, als er versucht, Beltracchi gerade in seinen Fälschungen als genialen Künstler zu begründen.4 Der erstaunlich vielseitige Clemenz ist emeritierter Soziologe, Psychotherapeut, Künstler und Kunsthistoriker. Er ist aber auch der Herausgeber der Zeitschrift IMAGO; und so erklärt sich – was bei Öcals zuerst erschienenem Artikel bereits auftauchte – daß in dieser „Studie“ die Behauptung und Unterstellung, Fälscher wie Beltracchi besäßen ein Copyright, explizit weiter getrieben wird. Allerdings ist in diesem Band nicht Clemenz der Herausgeber, sondern Keazor und Öcal. Beide haben nun zu vertreten, daß in diesem, ein Jahr nach dem Öcal-Aufsatz erschienenen Buch, beide auf Fälschungen spezialisierten Autoren aus freien Stücken und ohne Not, sich zur Rechtsauffassung von Clemenz und Beltracchi versteigen, Fälscher wie er besäßen durchaus ein Copyright auf ihre Machwerke. Diese absurde Rechtsauffassung ist allerdings im Band kunstvoll versteckt, sodaß es zunächst kaum auffällt; ein Beispiel: So wird Beltracchis Pechstein-Fälschung „Liegender Akt“ auf S. 230 als Fig. 34 abgebildet, ohne Copyright-Angabe. Diese steht hinten im „Bildnachweis“ auf S. 252, und zwar mit dem ominösen Vermerk „Rathgen Forschungslabor, Berlin © Wolfgang Beltracchi“. Die Bildvorlage stammt demnach vom Berliner Institut, während gleichzeitig so getan wird, als besäße der als Fälscher verurteilte Beltracchi auf sein Fake ein Copyright. Ob das Rathgen Forschungslabor bei der Fotografie und dessen Veröffentlichung das angebliche Copyright des Fälschers beachtet haben wollte, bleibt als Frage im Raum stehen. Weitere Aufschlüsse erhält man dann auf der unpaginierten Impressumseite: „Alle hier dargestellten [sic] Bilder … sind durch den jeweiligen Produzenten urheberrechtlich geschützt … Die HerausgeberInnen und AutorInnen möchten an dieser Stelle dennoch für die freundliche Genehmigung zum Nachdruck von Copyright-Material danken.“ Die beiden Kunsthistoriker gingen demnach davon aus, daß Beltracchi-Fälschungen urheberrechtlich geschützt seien (!). Und sie scheinen bei einem verurteilten Fälscher um Genehmigung zum Abdruck seiner Fälschungen angefragt haben. Nach den bisherigen Erfahrungen dürften Beltracchi und seine Anwälte diesem unterstellten Recht kaum ohne Auflagen entsprochen haben. Die Herausgeber können sich hier nicht mehr hinter einem scheinbar eingeknickten Verlag verstecken. Sie selbst werden nun zum Opfer, weil sie das ihnen zustehende Bildzitatrecht für wissenschaftliche Veröffentlichungen nicht nutzen, sondern sich partikularen Interessen und Rechtsauffassungen beugen und dies mit der eigentlichen Rechtslage verwechseln, um angeblich „auf der sicheren Seite zu sein“.5 Aus dieser Zielsetzung geht jedoch eindeutig hervor, daß die Herausgeber gar kein vorliegendes Copyright Beltracchis bestätigen, sondern eines von sich aus unterstellen. Anzunehmen ist, daß sie hierbei – von wem auch immer – irregeführt oder getäuscht wurden. Es ist also wohl nötig, zur Erläuterung auf das Urheberrecht einzugehen. Nicht Gegenstand dieser Zusammenfassung sind eigenhändige Arbeiten von Beltracchi die er mit seinem Echtnamen signiert hat. Diese unterliegen sicherlich dem Copyright. Hier geht es um eindeutige Fälschungen, die vom Fälscher selbst als Fälschungen bezeichnet werden und die gefälschte Signaturen der gefälschten Künstler aufweisen. Hierbei spielt es zunächst keine Rolle, ob es sich um relativ sklavische Fälschungen (wie im oben erwähnten Fall der Pechstein-Fälschung) oder um Fälschungen „in der Art von“ handelt, die typische Bildmotive und Malweisen eines Dritten ausbeuten. Nicht zur Diskussion steht hier auch die schiefe Rechtsauffassung, die kopierten eigentlichen Künstler besäßen ein Copyright an Fälschungen ihrer Werke. Dieses Recht besitzen sie natürlich nicht, denn sie haben diese Fälschungen ja nicht selbst geschaffen. Fälschungen, die eine gefälschte Signatur aufweisen, sind nach deutschem Recht zugleich Urkundenfälschungen und Verstöße gegen bestehende Copyrights. Betrug kann hinzukommen. Das ©-Zeichen stellt ein Symbol zur Kennzeichnung eines bestehenden (nicht etwa eines lediglich behaupteten!) Schutzes dar. In Deutschland greift die Urhebervermutung des § 10 UrhG bei der Verwendung des © in Verbindung mit dem Namen einer natürlichen Person sowie für alle genannten eine Nutzungsrechtsvermutung.6 Das Copyright ist die Folge des Urheberrechts, das zunächst das subjektive und absolute Recht auf den Schutz geistigen Eigentums in ideeller und materieller Hinsicht bezeichnet. Geschützt sind in Deutschland „Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst“. Das Erfordernis der Originalität gehört zu den Kernelementen des modernen Urheberrechts. Nicht geschützt ist also das wenig originelle Ausbeuten von Bildfindungen oder typischen Bildmotiven eines Künstlers. Schützenswert ist nur, was Ausdruck der innersten Persönlichkeit des Schöpfers ist. Sprache, eine allgemeine Maltechnik oder historische Daten und Geschehnisse können nicht Objekt des Urheberrechts sein. Urheberrechtsverletzungen werden in vielen Rechtsordnungen nicht gesondert geregelt, sondern unterliegen den Regeln des Zivilprozeßrechts, des Deliktsrechts und des Strafrechts. Zivilprozeßrechtlich ist besonders der einstweilige Rechtsschutz von Bedeutung, um durch schnelles Handeln irreparable Schäden abzuwenden. Die Konfiszierung von gefälschten Werken kann sich somit auch, neben anderen Begründungen, auf Urheberrechtsverletzungen berufen. In Deutschland wurde das heute noch gültige deutsche Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz – UrhG) am 9.9.1965 verkündet. Es löste insbesondere das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst (LUG) vom 19.6.1901 und weitgehend das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (Kunsturheberrechtsgesetz – KUG, KunstUrhG) vom 9.1.1907 ab. Durch das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft (§ 13 UrhG) ergibt sich, daß der Urheber bestimmen kann wie, wann und ob sein Werk mit einer Urheberbezeichnung versehen werden soll. Die Vorschrift wird ergänzt durch § 107 UrhG, wonach ein fälschliches Anbringen einer Urheberbezeichnung durch einen Dritten bestraft wird (mit Geldstrafe oder bis dreijähriger Freiheitsstrafe). Schließlich versetzt § 14 UrhG den Urheber in die Lage, jede Entstellung oder sonstige Beeinträchtigung seines Werkes unterbinden zu lassen.7 Gefälschte Künstler haben auch nach § 14 UrhG die Möglichkeit, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung ihres Werkes zu verbieten, die geeignet ist, ihre berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden. Die seit Jahrhunderten übliche Urheberbezeichnung bei Werken der bildenden Kunst sind Monogramm und Signatur. Will der Urheber anonym zu bleiben, wird dies in Deutschland ausdrücklich respektiert. Verzichtet ein Künstler in voller Bescheidenheit auf jegliche Signatur, verzichtet er aber nicht auf sein Urheberrecht. Es wird nämlich zunächst auf den im Werk genannten Herausgeber oder Verleger übertragen. Ist im Werk kein Herausgeber oder Verleger benannt, dürfte jedoch auch der Rechtsanspruch auf Copyright aufgegeben sein, da der Urheber es vorzog, unerkannt zu bleiben. Anonyme Werke dürften nicht mit verwaisten (solche, deren Rechtsinhaber nicht eruiert werden kann) verwechselt werden. Auch mit einem Decknamen oder mit einem Künstlerzeichen (Monogramm) gekennzeichnete Werke sind keine anonymen Werke. Fälscher sind in der Regel unerlaubt handelnde Personen, ihnen steht also auch keine Miturheberschaft nach §8 UrhG zu. Da nur der Urheber eines Werks bestimmen kann, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist, entscheidet sich der Fälscher, der mit falschem Namen signiert, freiwillig gegen die Werkkennzeichnung mit eigenem Namen und versucht zusätzlich, das von ihm geschaffene Werk einem Dritten unterzuschieben. Auch wenn der Fälscher hinterher, z.B. in einem Gerichtsverfahren, seine Fälschung zugibt, fehlt dem gefälschten Werk die ehrliche Kennzeichnung des Urhebers zum Zeitpunkt des Betrugs, es entsteht rückwirkend kein Urheberrecht mehr. Geht der Fälscher besonders geschickt vor, ist dies nicht ein Zeichen hoher Künstlerschaft, sondern von erhöhter krimineller Energie. Derartiges wird von Gerichten als strafverschärfend beurteilt, nicht als Zeichen von Genialität, die mit einem Copyright belohnt wird. Fälscher können sich auch nicht, wie etwa Redaktionen oder Lektorate im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung, auf ein „kleines Copyright“ durch Bearbeitung und Umgestaltung berufen (§ 23 UrhG), da hierzu die Einwilligung des eigentlichen Urhebers Voraussetzung ist. Zurecht und in der Regel verwehren sich bildende Künstler oder ihre Rechtsnachfolger aber strikt gegen jede Bearbeitung oder Umgestaltung ihres Werks (Ausnahme: Restaurierung). Ganz entscheidend ist aber der § 107 des UrhG über die unzulässige Anbringung der Urheberbezeichnung. Abs. 2 sagt ganz klar: Wer durch eine falsche Signatur einem Kunstwerk „den Anschein eines Originals gibt oder ein solches auch nur verbreitet, wird bestraft, nämlich mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe..., wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.“ Wichtig ist festzuhalten, daß das Copyright historisch gerade wegen und gegen Fälschungen entstanden ist – ein Problem, mit dem schon Dürer zu kämpfen hatte. Das heutige Urheberrecht, die Basis für das Copyright, stellt also unmißverständlich fest, daß nur originär schaffende Künstler einen Anspruch auf Copyright besitzen. Fälscher sind ihre Widersacher und Rufausbeuter. Sie verdienen eine angemessene Bestrafung, nicht aber eine Belohnung in Form eines eigenen Copyrights, wenn sie besonders hinterhältig und durchtrieben vorgegangen sind. Einen Fälscher durch Copyright zu belohnen, heißt, unser Rechtsystem auf den Kopf zu stellen: Man billigt ja auch nicht einem Mörder ein Honorar auf „geleistete Sterbehilfe“ zu. Daß ausgerechnet auf Kunstfälschung spezialierte Wissenschaftler in einem eigenverantworteten Band die Position von Beltracchi und dessen Anwälten stärken, die ihn als genialen Künstler durchpauken wollen, indem sie – soweit ich sehe: erstmalig in der Rechtsgeschichte8 – ein Copyright für dessen Fälschungen geltend machen und beim Fälscher Genehmigungen einzuholen meinen müssen, könnte künftige Fälschungsforschungen gefährden. Muß wirklich erst ein höchstinstanzliches Gericht das Copyright wieder auf die Füße stellen? Anmerkungen 2 Die noch sehr junge Zeitschrift IMAGO des Psychosozial-Verlags ist nicht zu verwechseln mit der 1912-1937 bestehenden Zeitschrift „Imago“ des Freud‘schen Internationalen Psychoanalytischen Verlags, Wien. 4 Clemenz versuchte, seine Sicht der Dinge auch anderweitig parallel zu publizieren. Dieselben, kaum nachvollziehbaren Argumente äußerte er schon vor dieser „Studie“: Wolfgang Beltracchi. Die Aura der Fälschung. Der Fall Wolfgang Beltracchi: ein Lehrstück über Magie, Geld und Prestige. In: Brandeins Wirtschaftsmagazin, 1/2014, Schwerpunkt Originalität. Sein werbender Hinweis auf den Beltracchi-Film „Die Kunst der Fälschung“ [sic!] bekommt hierdurch ein eigenes Gewicht. http://www.brandeins.de/archiv/2014/originalitaet/die-aura-der-faelschung/ 5 Tina Öcal in einer Mail an den Verfasser vom 10.10.2014 7 http://de.wikipedia.org/wiki/Urheberrecht_(Deutschland) 8 Nachfragen bei der Rechtsabteilung der VG Bildkunst ergaben keinerlei bekannte Rechtsfälle; die VG Bildkunst lehnt ein Copyright für Fälscher eindeutig ab.
Kopiert und erst danach gefälschtSamstag, 6. Dezember 2014Das Gemälde „Die Sünde“ (Inv. Nr. I/1358). Neue Galerie am Universalmuseum Joanneum, Graz Ein aufschlussreicher Beitrag zu einer Franz von Stuck-Fälschung: Paul-Bernhard Eipper (kostenpflichtig unter http://www.museum-aktuell.de/eBook/ma/Museum-Aktuell-2014-10/index.html) Gefälschte Altmeistergemälde der Donau- und CranachschuleSamstag, 6. Dezember 2014In den letzten Jahren sind auffallend viele Altmeistergemälde der Donau- und Cranachschule auf den Markt geworfen worden. Im Zuge der Ermittlungen bittet das LKA München alle Museen, denen von Privaten oder Händlern derartige Werke angeboten wurden, um Information: Wer waren die Anbieter? Um welche Werke handelt es sich? Mit welchen Angaben wurden diese angeboten? Wurde dem Anbieter ein Fälschungsverdacht mitgeteilt? Wurden eigene Untersuchungen zu den Werken durchgeführt? Bayerisches Landeskriminalamt München, Sachgebiet 622 – Kunstfahndung – Sonderermittlungen T. 0049 (0)89/ 1212-4811, Fax 0049 (0)89/ 1212-4782, blka.kunst@polizei.bayern.de
Beltracchi, Han van Meegeren und die Wacker-Familien in Halle/SaaleDienstag, 25. November 2014Maluntensilien von Han van Meegeren; Rijksmuseum, Amsterdam. Foto: Franz Pegt
Eine spannende Ausstellung zu den Fälschern der Wacker-Familie, Han van Meegeren und Wolfgang Fischer, gen. Beltracchi ist derzeit in der Stiftung Moritzburg in Halle zu sehen. Näheres in MUSEUM AKTUELL, Okt. 2014 in einem Beitrag von Lilli Weissweiler, der Kuratorin der Ausstellung. Wir beglückwünschen die Stiftung zu dieser umfangreichen Ausstellung mit vielen Exponaten und aufklärenden Texten. Die Ausstellung läuft noch bis Februar 2014. Zur Ausstellung erschien ein umfangreicher Katalog. Näheres unter: Interessantes Interview mit Ernst Schoeller, LKA StuttgartDonnerstag, 3. April 2014Interessantes ForschungsvorhabenDonnerstag, 3. April 2014The University of Liverpool and the National Gallery (London) invite applications for the fully-funded AHRC Collaborative Doctoral Award PhD studentship Using the recently-acquired archives of the firm of Thos. Agnew & Sons, as well as the institutional archives of the National Gallery, the proposed project will examine the history of provenance research in both commercial and public contexts during a period of time when there was a vigorous debate between connoisseurial and evidential approaches to attribution and authentication. It will examine the methods used for the attribution of paintings sold by Agnews and acquired by the National Gallery in a period when the Gallery shifted towards a more connoisseur-led approach to acquisitions and how the archives supported and documented these methods and decisions. The project is situated at an exciting juncture between the developing fields of art historiography, collection studies and archival science. Candidates with demonstrable interest and experience in any of these areas are particularly encouraged to apply. The successful candidate will profit from the academic and practical resources of both partner institutions, becoming a full participant in the international community of research students at the University of Liverpool while also having the opportunity to gain first-hand professional experience of archive work at the National Gallery in London, including cataloguing, digitization, conservation and exhibitions work. The student will contribute to the Gallerys research strategy and participate in its rich programme of public events, study days and student seminars in order to disseminate research findings to academic and non-academic audiences. For more information and for details of how to apply, please visit http://www.liv.ac.uk/working/jobvacancies/currentvacancies/studentships/phd-agnewnat/ http://www.liv.ac.uk/working/jobvacancies/currentvacancies/studentships/phd-agnewnat/?requirementId=1014&vacPost=Apply+for+this+job
Echte und falsche SchielesSamstag, 18. Januar 2014
"Bei den angeblich von Egon Schiele stammenden Gemälden und Gedichten, die im vergangenen Dezember auf einem Dachboden in der Nähe von Wien gefunden worden sein sollen, handelt es sich nach Ansicht der New Yorker Schiele-Expertin Jane Kallir zum größten Teil um Fälschungen... Kallir sagte gegenüber The Art Newspaper, ihr sei die Mappe 1986 schon einmal gezeigt worden. Drei der darin enthaltenen Werke seien echte, wenig bekannte Schieles. Sie hätten offenbar als Inspiration und Vorlage für die gefälschten übrigen Blätter gedient und sollten diese glaubwürdiger erscheinen lassen. Zwei der drei Aquarelle "Garten mit Baum" und "Segelschiff mit Spiegelungen", beide von 1907, werden nun am 4. Februar bei Bonham's London versteigert." Quelle: Süddeutsche Zeitung v. 18./19.1.2014 Abb.: Auktionskatalog http://www.bonhams.com/auctions/21676/#/MR1_myauctions=ALL&u1=upcoming&MR1_page=2&MR1_length=10&m1=1 Wiederentdeckt: Ein Werk des Meisterfälschers Icilio Federico Joni im JoanneumMontag, 13. Januar 2014Ulrich Becker Im Sommer 1912 machte ein Wiener Aristokrat, Fürst Carlos Clary und Aldringen, dem „Kulturhistorischen und Kunstgewerbemuseum“ am Grazer Joanneum ein buchstäblich glänzendes Geschenk: einen prächtig vergoldeten, wappengeschmückten Bucheinband. Das Zentrum zeigt den Erzengel Michael als Teufelsbesieger in eleganter Pose, die Seelenwaage in Händen. Der unter Inv.-Nr. 14085 inventarisierte Einband ist 1454 datiert und stammt augenscheinlich aus Siena, einer Stadt, die u.a. für ihre aufwändig gestalteten Steuerbücher(!), die „biccherne“, berühmt ist. Um ein solches Exemplar handelte es sich allem Anschein nach. Ein glänzender Zugewinn also. Nicht ganz: Aus einer Notiz geht hervor, dass schon zum Zeitpunkt des Erwerbs klar war, dass etwas nicht stimmte: Das Stück war eine Fälschung. Man darf annehmen, dass der hochherzige Stifter in gutem Glauben gehandelt hatte: Der Fürst war für seine allzu großzügigen Kirchenbauprojekte berühmt – zum großen Ärger seiner Familie! Hier war er wohl ein Opfer seines frommen Geschmacks geworden. Geschenk ist Geschenk, dachte man sich in Graz – und der Rest ist Schweigen. Aber auch Fälschungen können in der Gunst der Forschung steigen, v.a. wenn sie selbst Spitzenleistungen darstellen. Bei dem Grazer Stück ist dies eindeutig der Fall. Nach über 100 Jahren konnte der Täter endlich namhaft gemacht, der jenen Bucheinband fabrizierte und in den Kunsthandel einspeiste: der in Siena ansässige Icilio Federico Joni (ca. 1866-1946). Kein Unbekannter in der Szene und alles andere als ein Dilettant, Schon früh wurde vor seinem Geschick gewarnt. Joni lieferte fast alles, was der auf Renaissance getrimmte Geschmack seiner Zeit verlangte: Bucheinbände, Tafelbilder, bemalte Truhen, die sog. cassoni. Wie sein berühmterer Landsmann, der Dichter und Aktivist Gabriele d’Annunzio, war Joni ein typischer Lebemann der Jahrhundertwende, ein dandy mit allen möglichen Extravaganzen: teure Falken, schöne Frauen, schnelle Autos. Er konnte es sich leisten. Fälscherfürsten sind schließlich auch Fürsten, dachte er sich wohl. Später war er frech genug, in seinen Memoiren (1932) ausführlich zu erläutern, wie man richtig auf alt trimmt: „fare invecchiare“ nannte er das. Überdies gab er freimütig zu, die Originale im Archiv gar nicht erst studiert, sondern sich auf Abbildungen gestützt zu haben. Vor knapp 10 Jahren hat ihm seine Heimatstadt Siena eine ganze Ausstellung ausgerichtet, aber nicht in der questura, der Polizeidirektion, sondern im Complesso museale S. Maria della Scala. Auch die Fälschung ist eine Art von Kultur. Folglich sprach der Ausstellungstitel von der cultura del falso um 1900, einer wahren Blütezeit dieses ebenso anrüchigen wie faszinierenden Gewerbes. Auf Italienisch hört sich ja alles viel schöner an. Wer so genial fälschte, die barbari aus dem Norden so dreist hinters Licht führte, ein Mann von Lebensart und obendrein ein Bürger unserer Stadt war, dem kann man nicht (mehr ganz so) böse sein, dürften sich die senesi gedacht haben. Übrigens kann bei Auktionen der Schätzpreis gut und gerne bei einigen 1000 Euro liegen. Ein echt falsches Bild hat auch seinen Preis. Heute kann man im Internet dem einen oder anderen Opus des Meisters begegnen – und nur so wurde klar, dass auch die Kulturhistorische Sammlung zwar einen falschen Sienesen, dafür aber immerhin einen echten Joni besitzt. Er hat seine Masche immer wieder durchgezogen, auch die mit dem Erzengel. Sein Handwerk hat er beherrscht, bis in die kleinsten Details. Wäre da nicht die betrügerische Absicht, man könnte ihn in aller Unschuld bewundern. Nichts fürchten (redliche) Kunsthändler, Sammler und Kuratoren so sehr wie Fälschungen. Und welches Museum bekennt sich schon offen dazu, auch wenn diese als Geschenk, also ohne Belastung des Budgets, ins Haus gelangt sind? Selbst das Metropolitan Museum in New York ist auf ihn hereingefallen. Aber was die Vergangenheit betrifft, so sind wir heute etwas gelassener und können Jonis Produkte als das betrachten, was sie sind, Kinder ihrer Zeit und damit Teil der (Kultur-)geschichte. Man war damals süchtig auf alles Alte, auf das von der Aura der Vergangenheit Geheiligte. Nicht ohne Grund: Ohne diesen Glauben an die Geschichte wäre heute vieles unrettbar verloren, gäbe es viele Sammlungen und Museen erst gar nicht. Kein Wunder, dass die Nachfrage oft das Angebot überstieg – und als anrüchige Nebenwirkung Fälscher aller Art auf den Plan rief, damals wie heute!
Gefälschter Bucheinband, Vorderseite mit Hl. Michael; Rückseite mit Wappen, angeblich Siena 1454, jetzt Icilio Federico Joni (ca. 1866-1946) zugeschrieben. Kulturhistorische Sammlung, Museum im Palais, Inv.-Nr. 14085. Foto: Dipl.-Rest. Univ. Valentin Delic
Literaturtip: Christian Müller-Straten: Fälschungserkennung, Band 1, mit Beiträgen von Olga Perelygina und David Lowenthal, Reihe Wunderkammer, Band 9 . München 2011, S. 261-265 New Yorks Beltracchi: Ein gewisser Pei-Shen Qian... (Glafira Rosales II)Montag, 26. August 2013Einem Bericht der SZ zufolge soll der Urheber der vielen falschen Werke, die im internationalen Kunstmarkt unter Jackson Pollock, Willem de Kooning, Mark Rothko, Franz Kline oder Robert Motherwell durchgingen, von einem in New York lebenden Chinesen namens Pei-Shen Quian stammen. Er lebte zurückgezogen in einem winzigen Vorortshäuschen im Stadtteil Woodhaven und soll die frische Waren auch schon mal zum Trocknen nach draußen gestellt haben. Die festgenommene Kunsthändlerin Glafira Rosales ist anscheinend bereit, mit dem FBI zu kooperieren. Doch der 73jährige Pei ist untergetaucht, vielleicht auf Heimaturlaub in China, und dürfte nach dem Pressewirbel um seine Person in den letzten Tagen wohl kaum jemals in sein New Yorker Häuschen zurückkehren. Aus den Prozeßunterlagen geht hervor, daß der Dissidentenmaler 1981 in die USA kam und sich bald bei seinen Nachbarn über die Ignoranz des Kunstmarkts beklagte. In China deswegen noch bekannt, erreichte er in den USA keine Berühtheit mehr und schuf die falschen Klassiker möglicherweise aus dem Motiv der Rache heraus. Erst der ebenfalls abgetauchte Galerist José Bergantinos Diaz, Lebensgefährte von Rosales, "entdeckte" ihn Anfang der 90er Jahre, als er auf der Straße Manhattans Pei'sche Originale anbieten mußte, und nahm ihn unter Kontrakt. Pro Fälschung soll er 5400 bis 7000 Dollar verdient haben, bei nur zwei Bildern im Monat kein schlechtes Einkommen. Es steht natürlich in keinem Verhältnis zu den Summen, die Frau Rosales verdiente und an der Steuer vorbei manoevrieren wollte. Aber der Gewinn des Handels liegt ja bekanntlich beim Einkauf. Quelle: Peter Richter: Der Straßenkünstler. In: Süddeutsche Zeitung v. 23.8.2013 Gefälschtes Mollath-Zitat in Sixt-Werbung - gefälschtes Mollath-Fax aus AuswaltskanzleiSamstag, 17. August 2013
Der Rechtsanwalt werde in dem Verfahren jedoch vorerst als Zeuge geführt, denn der Anwalt hatte angegeben, einem Mandanten, der dem Justizopfer Mollath habe helfen wollen, gestattet zu haben, spätabends aus der Kanzlei Leserbriefe zu dem Fall faxen zu dürfen. Dem Anwalt sei erst später klargeworden, daß eine Fälschung über sein Gerät gelaufen sei. Der Jurist habe schon am 20. Juni in einer Schutzschrift bei der Staatsanwaltschaft Wiesbaden seine Sicht der Dinge hinterlegt. Dies sollte mutmaßlich eine Durchsuchung der Kanzlei verhindern. Durchsucht wurde trotzdem, denn auch die Staatsanwaltschaft Bayreuth war schon auf den Fax-Anschluss in Wiesbaden gestoßen.Bei Vernehmungen machte der Rechtsanwalt keine Angaben. Die Ermittlungen gehen weiter. Musée d’art et d’histoire in GenfDienstag, 6. August 2013Freundlicher Hinweis von Dr. Ulrich Becker, Graz: in der Regel finden Fälschungen von vornherein keinen Eingang in repräsentative Museumskataloge und werden stattdessen im „Giftschrank“ des Verborgenen aufgehoben, in der Hoffnung, dass man kein Aufhebens davon mache… Das „Musée d’art et d’histoire“ in Genf ist jedoch bemerkenswerterweise den umgekehrten Weg gegangen und hat sie in den Bestandskatalog aufgenommen, so geschehen bei Frédéric Elsig, La peinture des anciens Pays-Bas au Musée d’art et d’Histoire, La naissance des genres, Genf 2009, S.151 ff. Auf diese Weise werden sie zu kulturgeschichtlichen Zeugnissen besonderer Art. Vielleicht ein interessantes Detail für Ihre diesbezüglichen Beobachtungen? Dr. Ulrich Becker Physiker Schön bleibt ohne DoktortitelDienstag, 6. August 2013Einer Kurznachricht der SZ vom 2.8.2013 ist zu entnehmen, daß in Deutschland der Doktortitel auch aberkannt werden kann, wenn es bei der Doktorarbeit rechtens zuging. Dann nämlich, wenn sich der Promovierte im weiteren Leben "unwürdig" verhält. So jedenfalls hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im Falle des Physikers Jan Hendrik Schön entschieden, der "vor elf Jahren nach einer Serie gefälschter, in höchstrangigen Fachjournalen veröffentlichter Forschungsbeiträge als Wissenschaftsbetrüger aufflog." Schön hatte aufsehenerregende Erkenntnisse und Laborergebnisse zur Nanophysik und Fragen der Supraleitung manipuliert. Schöns Fall hatte zu erheblichen Erschütterungen im gesamten Wissenschaftssystem geführt. Geschädigt wurde u.a. "Science". Die Max-Planck-Gesellschaft kam noch mit einem blauen Auge davon: Sie war im Begriff, Schön als Direktor zu berufen. Quelle: "PAI": Dr. Unwürdig. Physiker Schön bleibt ohne Titel. In: Süddeutsche Zeitung v. 2.8.2013 Jibaozhai Museum in Hebei province Shut Down as Exhibits Shown to Be ForgeriesMittwoch, 31. Juli 2013Chinese authorities forced the closing of a museum curated by a local Communist Party leader in northern China after determining that almost all of the items in its 50 million-yuan ($8.1 million) collection were fake. The fakes included an item billed as a five-color porcelain vase from the Tang Dynasty, even though this artistic technique wasn’t invented until hundreds of years later, the Shanghai Daily said in a story today. Another item was purportedly signed in simplified Chinese by an emperor said to have lived more than 3,000 years before the writing system was invented... Residents in nearby village of Erpu had long argued that the party boss who oversaw the collection bought fake items with money raised for the museum, the Global Times newspaper reported. The museum was shut after photos of its exhibits appeared online with a story questioning their authenticity, the newspaper said. “Jibaozhai has no qualification to be a museum as its collections are fake and it hasn’t reported to my department for approval,” said an official from the Hebei cultural heritage bureau with the last name Li, according to the Global Times. The official Xinhua News agency reported that the museum was founded with a 50 million-yuan investment. A story on Sina.com included photographs of figurines on display with the caption “fake collections.” Strange reactions Wei Yingjun, the museum's chief consultant said "at least 80" of the 40,000 objects had been confirmed as authentic. "I'm positive that we do have authentic items in the museum. There might be fake items too but we would need [to carry out] identification and verification [to confirm that]," he told the UK's Telegraph. Yingjun said objects that are in doubt have been marked clearly so not to mislead visitors. Deputy curator Shao Baoming was more confident, arguing that "at least half of the exhibits" are legitimate. [No comment on that] Source: Bloomberg News on July 16, 2013 [http://www.businessweek.com/news/2013-07-16/china-museum-shut-down-after-exhibits-revealed-to-be-forgeries]; http://www.news.com.au/travel/news/jibaozhai-museum-closes-amid-claims-of-fake-relics/story-e6frfq80-1226681277632#ixzz2adXFYY8f
Fahrkarten-Fälscherbande im Rhein-Maingebiet ausgehobenMontag, 1. Juli 2013Wie die WELT berichtet, soll eine Bande im Rhein-Main-Gebiet mit gefälschten Fahrkarten der Deutschen Bahn (DB) einen Schaden von mindestens einer Million Euro verursacht haben. Rund 500 Beamte der Bundespolizei durchsuchten am Dienstag im Auftrag der Generalstaatsanwaltschaft etwa 100 Wohnungen und andere Räume. In dem Verfahren geht es um den Verdacht der banden- und gewerbsmäßigen Urkundenfälschung, Hehlerei und Diebstahl. Sechs Menschen wurden festgenommen, sie waren bereits mit Haftbefehl gesucht worden, wie die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt mitteilte. Insgesamt werden rund 100 Menschen beschuldigt. Die Fälscher sollen seit Mitte 2011 täglich bis zu 100 unechte Bahn-Tickets abgesetzt haben, die meisten waren Monatsfahrkarten. Dafür sollen sie mehr als 20.000 Original-Blanko-Fahrscheine und Original-Fahrscheindrucker benutzt haben. Ein Ex-Mitarbeiter eines DB-Stores im Taunus soll die Fahrscheinrollen gestohlen haben. traveling exhibition, Forged and Fabricated: The Art and Craft of Albert Paley’s Sculpture,Sonntag, 30. Juni 2013The Montgomery Museum of Fine Arts (MMFA) is pleased to announce a new traveling exhibition, Forged and Fabricated: The Art and Craft of Albert Paley’s Sculpture, which will be available beginning January 2015, immediately after its premier at the MMFA. Der Fall Glafira RosalesFreitag, 14. Juni 2013"Ende Mai dieses Jahres wurde die bei New York lebende Kunsthändlerin Glafira Rosales festgenommen; sie soll insgesamt dreiundsechzig gefälschte Gemälde unter anderen von Robert Motherwell, Mark Rothko und Basquiat über zwei Galerien - darunter die ehemals ehrwürdige Knoedler Gallery in New York, die wegen des Falls schließen musste - in den Kunstmarkt und mehr als zwölf Millionen Dollar an der Steuer vorbei auf spanische Konten gebracht haben. Ihr Lebensgefährte stammt aus Spanien und war schon vor Jahrzehnten in Prozesse um Kunstfälschungen verwickelt, die nur eine knappe Autostunde vom Wohnsitz der Beltracchis in Südfrankreich stattfanden. Eine Verbindung zwischen beiden Fällen wurde nicht angenommen, obwohl die amerikanischen Ermittler über den Zufall staunten, dass zeitgleich zwei hochbegabte Fälscher mit der gleichen Methode - man erzählt renommierten Experten eine brillante Geschichte von einem Verwandten, der in aller Heimlichkeit bedeutende Kunstwerke hortete und erschafft so die Legende einer unbekannten Meistersammlung - ihre Fälschungen ins Herz des Markts schleusen und dies auch noch in der selben Region am Mittelmeer planten. Zufälle gibt es." Niklas Maak: Vierhundert falsche Bilder und eine Razzia. In: FAZ vom 14.6.2013 Internationale Kunstfälscherbande ausgehobenFreitag, 14. Juni 2013
Die Polizei signalisierte mit dem großen Aufgebot von mehr als 100 Beamten allein in Deutschland bei mehr als 28 Immobilien, daß sie hart durchzugreifen gedenkt. Bei Durchsuchungen in sechs Bundesländern am 12. und 13.6.2013 wurden mehr als 1.000 gefälschte Gemälde, Verkaufsunterlagen und Die FAZ berichtet: "Hinweise, die die Ermittlungen auslösten, kamen offenbar aus Israel und der Schweiz, es sind laut Aussagen des Bundeskriminalamts renommierte Galerien, Händler und Experten betroffen, Namen werden wegen noch laufender Ermittlungen nicht genannt. Am Rande eines Fototermins in Wiesbaden, bei dem ein vermutlich gefälschter Malewitsch und eine beeindruckende Masse verpackter Kunstwerke präsentiert wurden, teilten Mitarbeiter des Bundeskriminalamts mit, man vermute, die gefälschten Bilder seien in Israel gemalt worden." Abb.: BKA Faked ICOM certificatesDonnerstag, 16. Mai 2013ICOM have been alerted to a scam offering fake certificates for cultural objects. ![]()
In return for a fee, some websites claim to provide certificates of authenticity permitting the unrestricted import and export of African cultural heritage. The certificate supposedly releases the bearer from requiring any other documents such as the title deed, export certificate and license, certificate of expertise, certificate of authenticity, etc. These are fraudulent websites which imitate ICOM institutional website but are not operated by or authorized by ICOM. ICOM does not provide certificates of expertise, origin or authenticity. These certificates must be obtained from the relevant national Government authorities. Many people have already fallen victim to the scam, particularly concerning Cameroon. Please exercise vigilance when taking part in transactions involving cultural heritage property over the Internet. Die Schattenwirtschaft der Kunst: Rückblick auf die Tagung „Fälschung, Plagiat & Kopie“ in Kloster Irsee, März 2013Mittwoch, 1. Mai 2013Der komplette Beitrag steht aber auch als Download zur Verfügung: Lesen Sie hier einen Gastbeitrag von Adelheid Straten: Die Tagung entstand als eine Kooperation der Schwabenakademie Irsee mit artifex und der Universität Trier (Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke, Dr. Birgit Ulrike Münch). Die gut besuchte, öffentliche Wochenendtagung im säkularisierten Kloster in landschaftlicher Prädestination des Allgäu konnte erstmalig Strafverfolgungsbehörden, Wissenschaftler und ein interessiertes Publikum zusammenführen. Der Zweckverband Schwabenakademie Irsee als Einrichtung des Bezirks Schwaben und des Schwäbischen Volksbildungsverbandes besitzt mit seiner weitläufigen, gleichzeitig als Hotel betriebenen Anlage seit 1982 ideale Voraussetzungen, um ein umfangreiches Bildungsprogramm anbieten zu können. Zur wechselvollen Geschichte des Gebäudekomplexes paßte es, daß für die Veranstaltung ein barocker Saal zur Verfügung stand, in dem im 18. Jh. ein Naturalienkabinett, die damals viel bewunderte Vogelsammlung von Pater Eugen Dobler, eingerichtet war. Eine kleine, museal aufbereitete Präsentation zur wechselvollen Geschichte des Hauses befindet sich im Aufenthaltsraum im Erdgeschoß. Den Auftakt machte die separat angebotene abendliche Podiumsdiskussion „Kunstfälschung heute“ im fast aus-gebuchten Saal, bei der René Allonge vom LKA Berlin (Abt. 454: Kunstdelikte) und sein Münchner Kollege, Dieter Sölch vom Bayerischen LKA (Abt. 622: Kunstfahndung) einen Einblick in ihre langwierige wie mühsame Ermittlungsarbeit im Bereich Kunstfälschungen gaben. Wie schillernd ihre Arbeit aus mancher Sicht auch sein mag, ist sie trotz immenser Bedeutung vom Personaleinsatz her (welcher die interne Wertschätzung verdeutlicht) doch eher ein Randphänomen. Allonges und Sölchs desillusionierende Einschätzung öffnete so manchem Zuhörer die Augen. Obgleich das Medieninteresse an diesen Delikten stark sein mag, grenzt es doch fast schon an ein Wunder, wenn tatsächlich wieder ein Fälscherring auffliegt und verurteilt werden kann. Interpol ist seit 1947 mit illegalem Kunsthandel beschäftigt, stößt aufgrund fehlender Exekutivbefugnisse und Ausstattung jedoch oft an Grenzen. In Deutschland sind nur in Berlin, Bayern und Baden Württem-berg spezielle Ermittlungseinheiten wirksam, in den übrigen Bundesländern aber nicht. Insgesamt sind in Deutschland weniger als 15 Kriminalisten gelegentlich auf diesem Gebiet tätig. Der „klassische“ Kunstfahnder, so Allonge, besitzt Charisma, Geradlinigkeit und Eloquenz, hat eine langjährige Berufserfahrung, Interesse an Kunst, ist mehrsprachig und sehr gut vernetzt, vor allem in Zusammenarbeit mit den nationalen und internationalen Kunsthändlern. Problematisch ist, daß diese Qualifikationen an Nachfolger kaum weitergegeben werden können, sondern wohl nur, neben Veranlagung, durch langjährige Praxis erworben werden. Die Dunkelziffer bei Kunstfälschungen dürfte sehr hoch sein und müßte so weit wie möglich öffentlich gemacht werden. Doch kommt es selten zu Anzeigen, vor allem, weil es den Besitzern peinlich ist, einem Fälscher aufgesessen zu sein; oder sie befürchten Wertverlust und Rufschädigung, denn die Opfer sind meistens prominent. Nach mehrfachem Besitzerwechsel käme oft erst heraus, daß eine Fälschung vorliegt. Andererseits gibt es auch einen Kreislauf erkannter Fälschungen. Es ist also wichtig, daß Kunsthistoriker und -händler zusammenar-beiten. Auch ist Deutschland technisch mit privaten und öffentlichen Laboren gut aufgestellt; die Polizei arbeitet zudem bei der Untersuchung von Pigmenten erfolgreich mit den gleichen Apparaturen wie bei Lackunfällen. Bei der Ahndung von Kunstfälschungen ist überall ein Umdenken erforderlich; sie sind immer noch ein verdrängtes kriminelles Phänomen. Ein erster Schritt ist, Fälschungen als solche kenntlich zu machen. Im Fall der Beltracchi-Fälschungen wurden lediglich zwei eingezogen, die anderen gingen an den Besitzer zurück. Prof. Dr. Nils Büttner, Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, stellte in seinem Referat „Joe Kapingo“ (pingo, lat. = ich male), den begriffliche Präzision herausfordernden Sonderfall eines fingierten Künstlers vor. In dem Verfahren ging es um Kisten mit insgesamt 26 „modernen“ Gemälden im gleichen Malstil, eines war „Kapingo 54“ signiert. Die Gemälde wurden durch die Einlieferung bei einer Auktion „geadelt“ und anschließend als Werke eines bis dahin unbekannten Genies bei eBay versteigert, mit dem Vermerk „aus dem Nachlaß Hans Spiegl“. Einlieferer war ein Thomas Sack aus Berlin, dort aber nicht beim Einwohnermeldeamt registriert, ebenso war der Künstler bei der Künstlersozial-kasse unbekannt. Allein im „Fall Kapingo“ gab es mehr als 80 Geschädigte. Offiziell ist Sack kein Fälscher, und er bestreitet, der Urheber der „Kapingos“ zu sein. Dieter Sölch vom LKA München stieß als Streetworker bei der Polizei in einer „AG Graffiti“ auf das Thema „künstlerische Betätigung“ und wird seit 1990 im LKA München bei Umweltdelikten, Erpressungen, Sonder-fällen und eben auch Kunstfälschungen eingesetzt; im Bereich Kunst sind Diebstähle die häufigen Delikte, etwa Bronzen, Skulpturen, beispielsweise der spekta-kuläre Raub der Ettaler Madonna vor 25 Jahren. Nach Sölch ist der Kunstmarkt voll von Fälschungen. Ein Fall beschäftigte ihn seit November 2005, als eine falsche Giacometti-Figur in Bayern auftauchte. Nachforschungen ergaben, daß sich in einer 600 m² großen Villa an einem oberbayrischen See diverse Matisse- und Chagall-Fälschungen etc. befanden. Im April 2008 erschien in einer großen Tageszeitung eine Anzeige mit einem verdächtigen Kunstangebot „nur an privat“. Verdeckte Ermittler fanden in einer mittelfränkischen Stadt daraufhin Manets, Gaugins, Dalìs und Picassos mit einem Handelsvolumen von 250 Mio. €. In ähnlicher Manier wurden im Juli 2008 Ermittler, die sich als Interessenten ausgegeben hatten, in einem Hotel fündig. Hier stießen sie auf acht „Kunstwerke“ mit einem Kaufpreis von 2,43 Mio. €. Und die Durchsuchung eines Wohnhauses ergab neun „Kunstwerke“; der Besitzer war absolut uneinsichtig und machte glauben, daß sie authentisch seien; einen Gutachter akzeptierte er nicht. Von Juli bis Februar war er in U-Haft. Beim Gerichtstermin brach er zusammen und seine Tochter bekam einen Schreikrampf; ein Notarzt mußte kommen. Der Haftbefehl wurde aufgehoben und es kam zu einer Spontanheilung. Insgesamt dauerte die Verhandlung 24 Tage. 29 Experten aus dem In- und Ausland wurden herangezogen. Das Urteil lautete auf drei Jahre ohne Bewährung. Drei Anwälte legten Berufung ein. 2011 kam das Landgericht zu dem Urteil „Bewährung“. Die Hälfte der „Kunstwerke“ erhielt der Angeklagte gekennzeichnet zurück, die andere Hälfte bekam die Polizei für Ausbildungszwecke, mit einem „Fake“-Stempel versehen. Im August 2012 tauchte eine der zurückgegebenen Zeichnungen in einem Berliner Auktionshaus wieder auf. Die Kosten dieser sehr aufwendigen Verfahren trägt der Steuerzahler; der durch Fälschungen verursachte Schaden ist also multidimensional, für die Kunst, die Wissenschaft und auch wirtschaftlich gesehen. Als 2012 einer der aufsehenerregendsten Kunstfälscherprozesse in Deutschland mit dem Fall Wolfgang Beltracchi „über die Bühne ging“, schätzte die Staatsanwaltschaft den Gesamtschaden auf 16 Mio. €. Beltracci arbeitet heute übrigens in einem Fotofachgeschäft. Der Fälschungsmarkt ist möglich, weil der Kunstmarkt leergekauft ist bzw. Kunstkäufe aus Spekulationsgründen getätigt werden. Kunst landet häufig im Safe, um anschließend umso höher im Preis zu steigen. Fälscher nutzen diese Engpässe. Sie führen das Kunstverständnis ad absurdum. Beispielsweise wird Gallé-Glas in Rumänien gefälscht und sehe oft besser aus als das Original. Schnäppchenjäger fallen auf so etwas herein. Eine Möglichkeit, dem Fälschen entgegenzuwirken, sind Datenbanken. Hierzu gibt es nur erste bescheidene Ansätze. Im LKA München wird seit 1978 eine interne Datenbank betrieben. Prof. Dr. Raimund Wünsche, der frühere Direktor der Glypthotek und Staatlichen Antikensammlung München, führte in ein archäologisches Zentralthema ein. Die Skulpturen der griechischen Antike sind uns zumeist − in etwa 90 % − als römische Kopien überliefert. Für Archäologen selbstverständlich; für uns heute ist das aber kaum noch erkennbar. Für das Antiquarium der Münchner Residenz wurden im 17. Jh. in Oberitalien schnelle Einkäufe getätigt, auch „Antiken“ nachgefertigt. Im 18. Jh. reisten bevorzugt Engländer nach Italien, deren Geldbeutel größer war als ihr Kopf und somit leichte Beute für Fälscher wie den Bildhauer und Restaurator Cavaceppi (ca. 1715-1799) abgaben. 1812 gelangte ein „hadrianischer“ Männerkopf in die Glyptothek, der bis in die 1980er Jahre ausgestellt war, aber heute im Depot lagert. Bei näherer Betrachtung sind bewußt angesetzte Zerstörungen erkennbar, die das Gesicht älter, „antiker“, erscheinen lassen, um handwerkliche Schwächen zu vertuschen. Canova saß Fälschungen auf, weil diese den Geschmack der damaligen Zeit bedienten; so im Falle eines Reliefs mit Göttern, deren Gewand die Scham bedeckt − in der Antike wäre so etwas aber absolut unmöglich gewesen. Es fällt auf, daß die „archaische Kunst“ Ende des 19. Jh. immer älter ausschaut als die Archaik selbst (vgl. auch das wie Grinsen wirkende Lächeln der Dolcena-Figuren). Der Getty-Kouros wurde naturwissenschaftlich untersucht und für echt befunden; ausgestellt wird er als „echt oder falsch“. Heute haben die Museen aus alldem ihre Konsequenzen gezogen und kaufen nur noch an, wenn die Provenienzangaben schlüssig sind. Längst werden nämlich nicht mehr nur Objekte gefälscht, die hochpreisige Ergebisse erwarten lassen. Gefälscht wird alles Erdenkliche; Münzen, Kleingegenstände, im „attischen Stil“ gemalte Vasen, Dinge, die kaum mehr als 10 € im Handel kosten. Die Schadensdimension ist dabei jedoch nicht geringer. Das eigentliche Tagungsprogramm startete mit dem vor allem archivalisch reizvollen Vortrag von Gero Seelig, Kurator für Gemälde und Plastik am Staatlichen Museum Schwerin: „‚ob ich soll die liegende Venus von Titian machen oder nicht‘: Künstlerische Praktiken im Auftrag des Sammlers“, an dem die Maßstäbe für den Aufbau einer höfischen Sammlung nachvollziehbar wurden. Zentrale Figur als Kunstsammler ist Christian Ludwig Herzog von Schwerin (1683-1756). Die Sammlungen entstanden unter unterschiedlichen Kriterien von 1732 bis zu seinem Tod und lassen sich im Schweriner Archiv, vor allem durch die Korrespon-denz nachweisen. Verluste entstanden durch die französische Besatzung (1807), den Zweiten Weltkrieg, aber auch durch Verkäufe aus den 1920er Jahren an ein Auktionshaus in Berlin. Der Herzog ließ seine Wer-ke gerne kopieren, um sie so auch in seinen anderen Schlössern um sich zu haben. Er war zudem persönlich bekannt mit Malern und Händlern. Aus seiner Korres-pondenz geht hervor, daß es ihm bei seinen Kunstanschaffungen vor allem um Qualität ging. So ließ er Georg Weissmann, einen 1733-40 in Schwerin tätigen Maler, in Dresden Kopien von Gemälden anfertigen, die en vogue waren. Außerdem arbeiteten für ihn Johann Alexander Thiele und Christian Wilhelm Ernst Dietrich (18812-1774), dieser sei „capabel alles zu malen“. Aus dieser Zeit stammen auch die Rembrandt-Imitationen. Die Wandabwicklung der Bildergalerie Schwerin von Johann Wilhelm Groth von 1794 zeigt u.a. die Kopie von Tizians liegender Venus in Dresden, von der Weiss-mann 1741 angefragt hatte, ob er diese malen solle. Der Riß des Raum-Displays zeigt, daß der Herzog für Kopien die gleiche Aufmerksamkeit aufbrachte wie für Originale. Weissmann erhielt pro Kopie zwischen 13 und 15 Reichstaler. Schwerin besitzt die zahlenmäßig größte Sammlung an Werken von Jean Baptiste Oudry; für derartige Werke zahlte der Herzog 45 bis 82 Reichstaler. Der Nachfolger des Herzogs, dessen Sohn, ließ die Sammlung „säubern“; seitdem fehlen Hauptwerke, vor allem Nuditäten. Johann Dietrich Findorff (1722-1772) übermalte etliche nach 1756. Einige wurden noch im 19. Jh. übermalt, so wurden etwa Göttinnen zu Schäferinnen retuschiert. Niederländer waren ursprünglich repräsentativ für die Schweriner Sammlung; es gab zwölf Rembrandts, die verschwunden sind. Zur Sammlung des Herzogs gehörten außerdem auch Kunsthandwerk und ein Naturalien-Kabinett mit Hummer, Narwalzähnen, Gläsern mit Präparaten etc., wie auf der Groth’schen Wandabwicklung zu sehen ist. Die Objekte des Naturalien-Kabinetts wurden 1807 zum Teil nach Frankreich abgegeben. Der Spezialist für venezianische Veduten, Dr. Heiner Krellig, lieferte mit seinem Beitrag „Fälschung, Zitat, Kopie, Imitat und Plagiat in der Kunst der veneziani-schen Vedute des 18. Jahrhunderts“ ein weiteres Beispiel im Umgang mit Kunst und ihrer Verbreitung im 18. Jh. Diverse alte Kopien von Veroneses „Gastmahl im Hause des Levi“ (in Venedig) sind bekannt. Oder das von Schulenburg’sche Feldmarschall-Porträt von Antoine Pesne. Sein Besitzer, der Herzog Johann Matt-hias von der Schulenburg (1661-1747), ließ es mehrfach kopieren, um es zu verschenken, behielt selbst jedoch das Original. Er wollte sich so im kollektiven Gedächtnis seiner Zeit einbringen. Die Reproduktion hatte eine ähnliche Funktion wie heute ein Foto. Veduten waren auch von entwicklungsgeschichtlichem Einfluß, sie vermittelten die Wiedererkennbarkeit der Außenwelt. Venedig hatte im 18. Jh. nicht mehr die große wirtschaftliche Bedeutung, sondern nahm jetzt eine stärker kulturgeschichtliche Entwicklung. Die Stadt lebte vom Mythos, der sich in Tausenden von Ansichten manifestierte, die sich insbesondere in England größter Beliebtheit erfreuten. Venedig ist der wohl immer noch am meisten imaginierte Ort der Welt. Venedig-Veduten waren schon im 18. Jh. international modern; sie sind gleichsam gemaltes Stadtlob. Brilliant bietet sich der vom Wasser umgebene Stadtprospekt ohne die sonst üblichen Stadtmauern dar und liefert die herrlichsten Blauschattierungen zwischen Himmel und Meer. Der Dogenpalst wird zum Symbol der Stadt. Neben Guardi waren noch etwa 20 unbedeutendere Maler tätig, zumeist Hungerleider, die kaum von ihrer Arbeit leben konnten. Hier ist heute größte Aufmerksamkeit bei Zuschreibungen geboten. In den Inventaren des 18. Jh. ist häufig die Rede von „Canaletti“, Gemeint ist damit das Sujet, das Prinzip der Wiederholung, der Vervielfältigung. Dabei wurde in der Regel nach Stichen ge-arbeitet; einige Motive erscheinen spiegelverkehrt, nur im Vordergrund, oder bei den Kostümen wurden Veränderungen angepaßt. Von den insgesamt etwa 800 Canaletti sind lediglich ca. 50 tatsächliche Canaletto-Gemälde. Die Massenproduktion ist nicht signiert. Die am besten dokumentierte Sammlung ihrer Zeit ist die Schulenburg-Sammlung; seit 1776 sind insgesamt 20 Inventare vorhanden. Die Sammlung selbst existiert nicht mehr. Sie soll virtuell rekonstruiert werden, ein Drittel des damaligen Bestandes ist schon erfaßt. Dr. Julia Weber, stellvertretende Referentin für Keramik am Bayerischen Nationalmusem München, zeigte mit ihrem Beitrag „Original − Fälschung − Kopie: Das Verhältnis der Meißener Porzellane zu ihren ostasiatischen Vorbildern und beider Wertschätzung in Europa“, in welcher Weise die Entfaltung des Kunsthandwerks vom Nachahmen abhängig war. August der Starke mit seiner ersten großen Porzellan-Sammlung machte es seiner Manufaktur zur Aufgabe, daß man japanisches nicht von Meißener Porzellan unterscheiden könne. So gelangten sächsische Kopien ohne die typischen Meißen-Marken, sondern mit chinoisen Symbolen u.a. in Paris auf den Markt. Oder die Schwertermarke wurde in Aufglasurblau angebracht und ließ sich leicht mit Diamanten abschleifen. Bevorzugt wurde in Paris der Kakiemon-Stil (Japan, ab 1680), der in Meißen um 1730 umgesetzt wurde, geordert. Aus den Archivalien geht eine gewisse Entwertung hervor, weil zu hochauflagig imitiert wurde. Daß die Meißener Kakiemon-Porzellane für Originale gehalten wurden, bezeugt aber auch ihre Ebenbürtigkeit. Die Originale sind sehr selten; die Nachbildungen waren billiger, dem europäischen Geschmack näher und vom Material her besser, ja, so gut, daß man das feine Porzellan zunächst für eine Art Glas hielt. Diese Porzellane waren ab 1730 perfekt herzustellen. Im französischen Handel nutzte man dies aus und veräußerte Fälschungen. Zwar flog der Schwindel bald auf, doch auch die Kopien verkauften sich gut. Der Handel betrachtete die Ware nicht als Fälschungen; vielmehr säße der Käufer diesen auf. Der Pariser Skandal machte Meißener Porzellan erst richtig bekannt. Prof. Dr. Jürgen Merz, Universität Münster, ließ mit seinem Referat „Kopien nach Zeichnungen von Pietro da Cortona“ erahnen, in welchem Ausmaß Graphiken nicht nur kunsthistorische Kennerschaft abverlangen. Von Cortona sind 483 Originale bekannt, 487 Werke sind Zuschreibungen. Hier waren Schüler am Werk, oder Nachahmer; hinzu kommen neue Reproduktionen nach Graphiken und Zeichnungen. Es gilt, genauestens zwischen Kopie und Imitation zu differenzieren. Entscheidend bei der Bestimmung sei auf jeden Fall die Unschuldsvermutung. Auffällig oft bieten Kopien einen homogenen Gesamteindruck, sind bei nahem besehen jedoch flauer. Eigentümer halten in jedem Fall von ihren Schätzen immer das Beste. Von Michelangelo berichte Vasari, daß er die Originale selbst behalten haben soll und Interessenten Kopien unterjubelte. Prof. Dr. Caecilie Weissert, Kunsthistorisches Institut der Universität Wien, referierte zu „Aktualisierung und Betrug: Kopie und Reproduktion in den Niederlanden des 16. und 17. Jh.“. Im 16. Jh. stellten sich die niederländischen Maler in den Dienst des Werkes, darin lag ihr Motiv zur Kopie. Berühmte Kunstwerke, wie der Genter Altar, wurden mehrfach kopiert; Kopien der „er-sten Generation“, die besonders qualitätvoll ausfielen, waren im Besitz von Herrschern. Diese Art von Kopien waren keine Fälschungen, da sie im Auftrag entstanden. Sie waren sehr teuer, und die Kopisten wurden als große Meister angesehen, die häufig danach trachte-ten, das Vorbild zu übertreffen. Ein guter Kopist konnte sich durchaus Meisterleistungen aneignen, er war „neidwürdig“ (Goltzius). Kopien waren im 16. Jh. hochgeschätzt und unterschieden sich nicht fundamental vom Original. Das Gegensatzpaar „Orginal v. Kopie“ ist in der Kanzleisprache seit dem 15. Jh. belegt. Erst ab 1600 müssen sich die Künstler rechtfertigen und be-tonen, daß ihre Werke Eigenschöpfungen sind. Belegt ist 1616 für Frans Francken II., daß er „keine Kopien“ abgeliefert habe und 1632 für Adriaen Brouwer, daß er das Werk „nur einmal gemacht“ habe. Viele weitere interessante Belege in dieser Art sind bekannt. So auch Daten im Zusammenhang mit dem Prozeß gegen Anthonis van Dyck, in dem die Rede ist vom Original aus „einer“ Hand, von „einem“ Künstler. Bei Werken Barent van Orleys liegt die Betonung auf „fecit“ und nicht „invenit“. Dr. Rachel King, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, trug mit dem Thema „Man macht Bernstein auf diese Weise: Frühneuzeitliche Rezepte für und Reaktionen auf nachgemachten Bernstein“ eine heute kurios anmutende Facette zum Forschungsfeld bei. Im 16. und 17. Jh. war ostpreußischer Bernstein ein bevorzugtes Material im Kunsthandwerk. Da das Material sehr leicht ist, wurde/wird es an der Küste gefischt. Aber nicht alles gelblich Scheinende ist tatsächlich auch Bernstein. Nachbildungen von Bernstein sollen in erster Linie für Dilettanten gedacht gewesen sein. Ostpreußischer Bernstein war in Nordeuropa ein Massenartikel. Gessner nennt für Königsberg 1546 20 Varianten. Giambattista della Porta (1535-1558) beschäftigt sich in seinen „Magiae naturalis sive de miraculis rer-um naturalium“ ebenso damit. In südlichen Ländern war Bernstein verboten und somit relativ unbekannt. Merkwürdig oder sonderbar also, daß es Rezepte zur Herstellung künstlichen Bernsteins gibt. Antoine Mizauld benennt 1555 Quarz, Eiweiß, Safran als Zutaten, die zusammen gekocht werden müßten. Der Schweizer Johann Nepomuk Wecker erwähnt als Ingredienz Mastix. Beide Rezepturen sind eher Grobvorschläge. Existierte die Nachahmung also nur in der Theorie? Auch wäre die Nachahmung von Bernstein sicher nicht preiswert gewesen; die Quellen geben keine eindeutige Auskunft. Stanislaus Axtelmeier stellt in seiner Ho-kus-Pokeria 1703 fest, nachgemachter („contrafäter“) Bernstein sei nicht so gut zu bearbeiten wie echter. Die Illustrationen zeigen Formen, die vorher perforiert sein müssen wie fürs Töpfern. Dargestellt ist auch, wie In-klusen gefälscht werden können, denn Einschlüsse von Insekten, Eidechsen und anderem Getier sind sehr sel-ten; darum der Vorschlag, geschmolzenen Bernstein in zwei Formhälften zu gießen, die anschließend mit-einander verklebt würden. Dies wäre sehr materialin-tensiv, da die Hälfte des Bernsteins dabei verdampfen würde. Anschließend brauchte das Material fünf Tage, um zu härten. Danach ließe sich die Oberfläche mit einem Dekor ziselieren, um die Nahtstellen zu kaschie-ren. Beispiele dieser Fälschungen befänden sich in den Waldenburg‘schen und Wiener Sammlungen. Das Rezept des John Houghton von 1727 nennt 30 g Kirschbaumharz, Gummi arabicum etc. Diese Mixtur kommt dem echten Bernstein schon näher. Im 19. Jh. wurde Bernstein nicht mehr gefischt, sondern mit Wasserkanonen aus der Erde geschwemmt, um daraus Preßbernstein herzustellen. Bernstein, ein einfaches altes Harz, wurde durch die Kunststofferfindung zu einem leicht nachzuahmenden Produkt. Ob solche Materialimitate auch als Fälschungen anzusehen sind, blieb offen. „Die falschen Haare: Original und Kopie bei Giulio Mancini“, der Vortrag von Julia Saviello M.A., Berlin, behandelte beides: „falsche“ Haare, aber auch deren Darstellungsweisen als ein Indiz zur Echtheitsbestimmung. Eine Pisanello zugeschriebene Zeichnung im Louvre, geradezu wie ein Stilleben aufgebaut, läßt zarte Haarsträhnen flattern, die an einem dekorativ über die Mal-fläche gekräuselten Band fixiert sind und von einem zweiseitig gezahnten, beinernen Kamm überschnitten werden. Einerseits ein früher Hinweis für kompliziert aufgebaute italienische Renaissance-Frisuren, zeigt die Darstellung aber auch, welcher Bedeutung die Abbildung von Haaren zukam. Von Mancini gibt es eine Studie zur Echtheitsbestimmung von Kunstwerken; in den „Consideranzioni sulla pittura“ von 1621 heißt es, beim Haar zeigten sich die Fertigkeiten eines Künstlers. Mancini war Sammler und Kunstinteressierter; er sah auf dem römischen Kunstmarkt Gemäldefälschungen, deren Firnis absichtlich verdunkelt war, aber auch ältere, übermalte Tafeln. Luigi Lanzi (1732-1810) spricht 1795/96 in seiner „Storia pittorica della Italia“ von weniger tüchtigen Malern, die „ängstliche Pinselstriche setzen“, während Giovanni Paolo Lomazzo (1538-1600) meint, die Qualität eines Künstlers in erster Linie an den Ohren und Händen able-sen zu können. Vasari bezeichnet eine gute Darstellung von Haaren als ein Virtuosenstück; in seinen Vite, 1568, findet er in einem Fall, es sei mehr Stilisierung nötig. Antonio Correggio sei es mit seinem Leda-Gemälde (Berlin), um 1532, zuerst gelungen, Haare in Vasaris Sinn darzustellen. Leider ist das heute aufgrund einer Restaurierung nicht mehr nachvollziehbar. Dürers „Selbstporträt im Pelzrock“ zeigt deutlich, welches Können er im Umgang mit Haupthaar und Pelz besaß. Interessant ist auch in diesem Zusammenhang mit der Bedeutung von Haar, daß in der Wiener Akademie eine Locke Dürers von 1528 verwahrt wird. Dürer sei es darum gegangen, die „Pinselspur“ zu überwinden. Joachim Camerarius rät in seinem Vorwort zu „De symmetria...“ 1532, die einzelnen Haare spärlich, in einem Abstand zueinander zu malen. Bei Plinius heißt es in seiner „Naturkunde“, Apelles (4. Jh. v. Chr.) habe Haare gespalten, um Linien so fein wie möglich malen zu können. Bei Filippo Baldinucci ist 1681 im Zusammenhang mit talentiertem Malen die Rede von „Franchezza“, Kühnheit. Von Monets 1860 entstandenem Gemälde, „Der Garten des Künstlers“, wird gesagt, er habe es mit seinen eigenen Haaren gemalt. Dürer soll mit Pinseln aus Eichhörnchenhaar gemalt haben, während Cranach Pinsel mit zwei Enden benutzte. Heute geht man davon aus, daß mit einem feinen Borstenpinsel Haare feiner zu malen sind als mit einem feinen Haarpinsel. An den „Fälschungen der Werke Hieronymus Boschs“ demonstrierte Prof. Dr. Nils Büttner sehr anschaulich, wie die Übung den Meister macht, aber auch den Kopisten. So kopierten die Schüler von Bosch ihren Lehrer und signierten mit seinem Namen, um ihren Meister zu verehren. Archivalische Erwähnung findet Hieronymus Bosch (um 1450-1560) zuerst 1510; er wird als „Jheronimus“ bezeichnet, wobei „Bosch“ lediglich auf seine Herkunft aus s’Hertogenbosch verweist. Dem „Teufelsmaler“ wurde schon früh sehr große Aufmerksamkeit geschenkt und seine Bilder erzielten enorme Preise. Für sein Triptychon (in Madrid) erhielt er 340 Gulden. Zum Vergleich: 75 Gulden waren das Jahresgehalt eines Handwerksmeisters; 340 Gulden kostete auch eine Kogge. Solche Summen machten natürlich Fälscher hellhörig, sodaß heute lediglich 20 Zeichnungen als eigenhändig gelten. Für „Bosch“ sind Pseudosignaturen und eine Mustersammlung von Signaturen vorhanden. Stilistische Unterschiede zeigen sich darin, daß Bosch erfindet, während die Kopisten unmotiviert summieren. Die Versuchung des Antonius im Rijksmuseum, 1927 im Friedländer-Katalog, galt lange als Kopie. Die Signatur imitiert so getreulich, als wäre das Bild nur dafür gemalt worden; einiges spricht für Antwerpen, spätes 16. Jh., und es wurde künstlich gealtert. In einem anderen Zusammenhang heißt es in den Archivalien, daß Gemälde in den Kamin gehängt wurden, um sie gezielt älter erscheinen zu lassen. Am 3. Oktober 1575 wendet sich die Lukas-Gilde offiziell gegen Fälscher, denn Fälschen sei Betrug. Ein notarielles Protokoll vom 2. November 1574 listet ein Besitzinventar nach Gattungen auf, darunter auch eine Tischplatte mit den „fijf“ (!) Totsünden. Die in fünf Kreissegmenten ausgeführten Darstellungen wirken in ihren Details wie schabloniert. Eine reflektographische Untersuchung wurde deswegen vorgenommen. Seit den 1980er Jahren beschäftigt sich die Kunstgeschichte vor allem in stilistischer Hinsicht eingehend mit Bosch. Nils Büttner führte eine Fülle archivalischer Details an, die den Maler Bosch und seinen Umkreis in ein neues Blickfeld rücken und das Thema Kunstfälschung als kunsthistorisches Forschungsgebiet absolut dringlich erscheinen lassen. Der Jurist und Kunsthistoriker Dr. Dr. Grischka Petri, Bonn, benannte in seinem Beitrag „Dürer, Raimondi und das venezianische Patent- und Privilegienwesen um 1500“ zahlreiche Quellen an der Schnittstelle kunsthistorisch-juristischer Bedeutung. Vasari erwähnt in der 2. Auflage seiner Viten Marcantonio Raimondi (~1475-~1554), der dafür bekannt ist, daß er etliche Blätter von Albrecht Dürer (1471-1528) kopierte, vor allem auch, in dem er sie in die Kupferstichtechnik übertrug. Daß Dürer in Venedig von Raimondi kopiert wurde, sei gleichzusetzen mit einem Ritterschlag. Denn Raimondi erreichte mit seiner Technik Auflagen von 6000 Stück, während Dürer-Blätter ab 100 Stück „matschig“ wirken. Nachahmer machten posthum aus derartigen Kopien „AD“-signierte „Jointventures“ zwischen Dürer und Raimondi. Petri war mit seinen Definitionen im Einklang mit der Fachliteratur: der Fälscher gibt seine eigene Arbeit als die eines Fremden aus, der Plagiator hingegen etwas Fremdes als sein eigenes Produkt. Kaufrechtlich gesehen ging er allerdings beim Fälschungsbetroffenen von einem „subjektiven Fehler“ aus. Wenn sich Käufer und Verkäufer bei Vermutungen über Alter und Autorenschaft einig seien, erfülle dies nicht den rechtlichen Tatbestand eines Betrugs. Um Vertragsrecht handelt es sich beispielsweise, wenn Dürer sich ausdrücklich Raubkopien verbittet, wie dies aus dem Kolophon einer Mariendarstellung in der Buchausgabe von 1511 im Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig hervorgeht. Für 1469 existiert außerdem ein venezianisches Druckprivileg für Johannes von Speyer. Für Ugo da Carpi (1480-1520/30) ist das Privileg für farbige Holzschnitte eingetragen. Ksenija Tschetschik M.A., Wien, schloß mit ihrem Vortrag „Monogramme Albrecht Dürers auf den Zeichnungen des Nürnberger Künstlers Hans Hoffmann: Fälschung oder Täuschung?“ thematisch an ihre Magisterarbeit an. Das Berliner Pergamentblatt apostrophiert mit ‚AD, und ‚1528, signiert, 342 x 256 mm, müßte aus dem Todesjahr Dürers stammen; es erinnert entfernt, aber geradezu aufdringlich an den Albertina-Hasen von 1526/27, 250 x 225 mm. Tatsächlich stammt der Berliner Hase von Hans Hoffmann und wurde (ein bißchen zahlnenverdreht) 1582 angefertigt. Hoffmann ist um 1540-1584 in Nürnberg nachweisbar, galt als fleißiger Maler und Kopist. Ende des 19. bis Anfang des 20. Jh. sah die Forschung einen Fälscher in ihm. Er schuf sowohl sklavisch genau oder in freier Abwandlung Werke im Dürer-Stil, wie den Hirschkäfer, die Blauracke und eben den Hasen, den Löwen und die Löwin. Hoffmann signierte aber anders; die Löwin ist mit „.H. 1577“, ähnlich apostrophiert signiert. Ab 1583 war er am Hofe Kaiser Rudolf II. in Prag beschäftigt, an dem Vortäuschungen sehr beliebt waren; davor kopierte er in der Imhofschen Kunstkammer. Die Blauracke kopierte er zwei Mal, einmal mit „H“ und einmal mit „AD“ versehen. Dürers Eichhörnchen wirken bei Hoffmann irgendwie unmotiviert zusammengesetzt, wie „patchwok“, ebenso dubios ist deren Datierung. Seine „AD“-Signatur ist der originalen sehr unähnlich, das A wirkt eher wie ein Initial, wie vom Anfang einer Zeile. Hoffmann praphrasiert und ist leicht von Dürer zu unterscheiden. Seinen „Hype“ hatte er um 1600, zur „Dürer-Renaissance“. Alle wollten Dürer, aber es gab keinen mehr; hierin vermutete Hoffmann seine große Chance. Tschetschiks Ausführungen zeigen deutlich, worin die große Qualität Dürers gerade auch im Verhältnis zu diesem Fälscher und Kopisten besteht. Den Abschluß der Vortragsreihe bildete Tina Öçal M.A. mit „Le Faux vivant: Zur Ambiguität und bildaktiven Phänomenologie der Kunstfälschung“ mit ihren eher auf der Metaebene angesiedelten bildtheoretischen Ausführungen. Es gebe eine Art Kult um das Original versus dessen Reproduzierbarkeit, dem sie den Begriff der Virtualität hinzufügt. Das Verständnis Albertis vom Bild als dem Gegenstand der Natur läßt sich durch die Lebendigkeit von Artefakten ergänzen. Sie bieten ein Wechselspiel von Anblick und Blick; beispielsweise die „sprechende Statue“ von Pasquino, Rom, deren Sockel immer im April neu mit Zetteln beklebt wird und so in einen anderen Kontext rückt. Dabei entsteht ein externes Bild sowie ein internes in uns. Das Bild wird verlebendigt, ist historisch und zugleich gegenwärtig und zeitigt darin Dialektik. So ähnlich spielen Fälschungen mit dieser wandlungsfähigen Eigenschaft, mit der Selbstverortung des Betrachters. Gleichzeitig wird gerade damit das Original abgewertet. Sein Lustgewinn erlischt irreversibel. Das Sehen als Erkenntnisgewinn, die Freude am Farbensehen wird beeinträchtigt, das innere Bild wird manipuliert. Fälschungen sind authentisch und falsch zugleich; sie dokumentieren die Historie und die eigene Rezeption als „Zeitgeschmack“. Aber so entsteht ein vor allem wissenschaftlichen Schaden anrichtender Spannungszustand. Die Antwort liegt in systematischem Vorgehen, nämlich einem zentralen Fälschungsarchiv zum Zweck der Forschung und Lehre. Die Kunstwissenschaften bedürfen dringend eines Blickwechsels. Die Betonung ist auf die Kunst der Wissenschaften zu richten und nicht umgekehrt, sonst wird noch eines Tages das „Lob der Fälschung“ hörbar. Es ist wichtig, sich mit den Personen der Fälscher auseinanderzusetzen (Tina Öçal, Henning Klüser und René Allonge bereiten einen Band über Beltracchi vor), um die Mechanismen aufzudecken und Strukturen aus allen Gattungen und Epochen herauszufiltern. Wer sich näher mit den Tagungsbeiträgen des Kunsthistorischen Forums Irsee beschäftigen möchte, wird den im Frühjahr 2014 vorliegenden Tagungsband der Schwabenakademie Irsee (http://www.schwabenakademie.de bzw. buero@schwabenakademie.de) zur Hand nehmen können. Den Veranstaltern ist auf jeden Fall zu gratulieren, daß es mit dieser Tagung gelang, zum Fälschungsthema einige Wissenschaftler ins Boot zu holen. Wünschenswert wäre es übrigens auch, eine Chronologie zum Fälschungsbegriff, zu Fälschern sowie zu bekannten Kopisten ins Netz zu stellen. Eine weitere spannende Tagung der Schwabenakademie Irsee gemeinsam mit dem Geschichtswissenschaft-lichen Institut der Londoner Universität und mit Unterstützung der Gesellschaft für Renaissance-Studien steht schon bald ins Haus, nämlich: „History of Collecting − Sammlungsgeschichte. Collecting Nature“, vom 24. bis 26. Mai mit anschließender Zweitages-Exkursion. Sie handelt von Kunst- und Wunderkammern in europäischer Perspektive. Näheres unter http://www.museum-aktuell.de
„Fälschung, Plagiat, Kopie in Mittelalter und Früher Neuzeit“ in Bad IrseeDonnerstag, 7. Februar 2013Die Frühjahrsakademie der Schwabenakademie in Bad Irsee bietet vom 15. bis 17. März 2013 und das Thema „Fälschung, Plagiat und Kopie: Künstlerische Praktiken in Mittelalter und Früher Neuzeit“ mit hochkarätigen Referenten an. Das Fälschen von Kunstwerken des 19. und 20. Jahrhunderts ist ein Thema, dem sich die kunsthistorische Forschung, aber auch das Feuilleton, die Kriminalistik, die Rechtswissenschaft und nicht zuletzt die Sammler selbst seit Jahren intensiv widmen. Von Kunstfälschern, die teilweise in groß angelegten Netzwerken agieren und in vielbeachteten Gerichtsverfahren verurteilt werden, geht eine ungewöhnliche Faszination aus, wie jüngst etwa der Fall Beltracchi gezeigt hat. Im Gegensatz hierzu ist das Thema Kunstfälschung der Vormoderne weitgehend unerschlossen. Schon den Begriffen „Fälschung“ und „Kopie“ mangelt es bis um 1800 an definitorischer Schärfe. Sie lassen sich demnach nur sehr bedingt mit dem zeitgenössischen Terminus übersetzen. Kunstwerke wurden in der Vormoderne aus den unterschiedlichsten Gründen gefälscht und kopiert. Keineswegs mußte zwangsläufig die Schädigung von Kollegen am Kunstmarkt bezweckt gewesen sein. Wer das vorbildhafte Werk eines bekannten Malers kopierte, konnte dies mit der Absicht tun, dem Meister Reverenz zu erweisen. Ganz anders verhielt es sich mit der Kopie von Werken, die einem bekannten Meister, etwa Hieronymus Bosch, zugeschrieben wurden, um daraus Profit zu schlagen. Darüber hinaus führte die Erfindung der Druckgraphik zu vielfältig belegten Urheberstreitigkeiten, so etwa im Rechtsstreit „Dürer gegen Raimondi“. Auch die Imitation einer Signatur zur Demonstration von Gruppenzugehörigkeit, Aneignung oder Vermarktung eines spezifischen Images (Cranach-Werkstatt) gehört in dieses Feld. Als Auftakt der I. Frühjahrsakademie im Jahr 2013 wird in einer öffentlichen Abendveranstaltung die heutige Situation der Kunstfälschung analysiert und diskutiert. http://www.schwabenakademie.de/ Der Euro wird immer mehr gefälschtDienstag, 15. Januar 2013Die Europäische Zentralbank beginnt ganz klein, mit den 5€-Scheinen: Sie werden ab diesem Jahr ersetzt, weil immer mehr Fälschungen kassiert werden. 2012 zog allein die Bundesbank 41.500 gefälschte Euro-Banknoten ein, 2500 mehr als noch 2011. Die neuen Noten sind durch noch mehr add-ons noch "fälschungssicherer" als bisher.
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