Montag, 4. April 2016
Die Sindoneums-Ausstellungen in Deutschland und Österreich
Zum Rang einer Reliquie bei der katholischen Kirche hat es das „Turiner Grabtuch“ oder auch „Sindoneum“ bislang noch nicht gebracht. Erstaunlicherweise sind von dem „Grabtuch Christi“, das als einziges das wahre Ganzkörperbild des Gekreuzigten darstellen soll, zweitausend Jahre auch keine großartigen Wunder oder Heilungen bekanntgeworden, wenngleich es sich hierbei – die Echtheit einmal vorausgesetzt – um die wichtigste Reliquie des Christentums handeln müsste. Die katholische Kirche (Ausnahme: Benedikt XVI.) spricht lediglich von einer Ikone, einem Bild, – aber wovon? Von einem Menschen oder einer Skulptur? Und wenn von einem Menschen: Von wem?
In der "Fälschungserkennung" [i] hatten wir die klassische Auseinandersetzung um das hochverehrte Stück Textil kurz wiedergegeben und die Ergebnisse weltweit unabhängig voneinander erstellter naturwissenschaftlicher Radiokarbon-Untersuchungen (University of Arizona, Oxford University, Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich) vorgestellt: Das Tuch stammt aus dem Nahen Osten, datiert allerdings nicht in die Zeit um Christi Geburt, sondern in die Zeit zwischen 1260 und 1390. Somit aus der hohen Zeit der Reliquienfälschungen und aus den Kreuzzügen.
Seit einigen Jahren wird mit großem Kostenaufwand durch Bücher, Videos und Ausstellungen in ganz Europa versucht, diese Ergebnisse zu bezweifeln und gutgläubige Besucher von der Echtheit zu überzeugen. Man geht von Fehlern in der damaligen Bestimmung aus und behauptet neuere wissenschaftliche Erkenntnisse. [ii] Und es gleich vorweg zu sagen: Unter musealen Gesichtspunkten ist dies keine Ausstellung, denn gezeigt wird (natürlich) weder das Sindoneum aus Turin, noch ein Original von der Kreuzigung oder Grablege Christi. Die Ausstellung beinhaltet Kopien, Rekonstruktionen und vor allem viel Textmaterial mit rhetorisch-spekulativen Argumenten. Selbst die zwei einzigen Originale (Münzen aus der Zeit Christi) sind nur Stellvertreter ihrer Gattung, denn es wird von kirchenzugeneigten Wissenschaftlern behauptet, man habe im Sindoneum Beweise dafür gefunden, daß auf den Augen des „Leichnams“ (von dem jedoch alle erwartbaren Leichenspuren fehlen!) Münzen gelegen seien, die aus der Zeit Christi stammten. Darunter ausgerechnet eine Fehlprägung aus der Pilatuszeit, von der weltweit nur extrem wenige Exemplare bekannt sind. Worum handelt es sich also bei dieser Ausstellung?
Unbestritten ist der historische Jesus, unbestritten seine neue Lehre, seine Reform jüdischer Glaubensvorstellungen. Unbestritten ist auch seine Hinrichtung unter den Römern. Anscheinend braucht der einfache Glaube auch ein Bild des Religionsgründers, auf jeden Fall als Geldeinnahmequelle. Obwohl wir z.B. kein „wahres Bild“ der Gründer des Islam, des Buddhismus oder des Hinduismus haben. Es geht nämlich auch ohne. WEITER durch Klick auf Folgezeile!
"Ausstellungen zu einem alten Tuch aus dem Orient" vollständig lesen
Donnerstag, 31. März 2016
Näheres zu den Fälschungen Jupp Jenniches und die Zusammenarbeit mit dem Händler Schuppner findet sich in C. Müller-Straten: Fälschungserkennung, Bd. 1, S. 342.
"Wie das Provenienz-Gutachten weiter feststellt, war sie [Frau Tekla Hess, Ehefrau des damals bereits verstorbenen Sammlers und Mäzens Alfred Hess] im März 1937 gezwungen, dieses Gemälde [Kirchner's Urteil des Paris] zusammen mit anderen Werken [von der Schweiz] zurück nach Deutschland zu schicken, wo sie die Werke im Kölnischen Kunstverein unterbrachte. Im Jahr 1939 gelang ihr die Emigration nach Großbritannien. Nach Ende des 2. Weltkrieges wurde ihr seitens des Kölnischen Kunstvereins mitgeteilt, dass die ehemals eingelagerten Bilder zerstört, jedenfalls nicht mehr vorhanden seien.
Erst im sogenannten Kölner Kunstfälscherprozess 1949/50 tauchten einige der vermeintlich zerstörten Bilder als Diebesgut wieder auf. Im Rahmen dieses Strafprozesses stellte sich heraus, dass sowohl der damalige Hängemeister des Kölnischen Kunstvereins als auch Dritte sich Bilder aus der Sammlung Hess angeeignet hatten. Bei polizeilichen Durchsuchungen aufgefundene Bilder wurden nach Abschluss des Strafverfahrens an die Familie Hess zurückgegeben." (Website des Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen, http://www.kirchner-ludwigshafen.de/der_fall_kirchner.html#nav)
Hierzu gehörte jedoch nicht das 1957 in der Privatsammlung Ludwig Hack auftauchende Werk Kirchners "Das Urteil des Paris" (heute Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen.
Der SPIEGEL (39/1950) berichtete damals:

"Robert Schuppner, des betrügerischen Verkaufs gefälschter Bilder angeklagter Maler aus Köln ... stand jetzt vor Gericht. Mitangeklagt war Josef Jenniches (rechts), seit 25 Jahren Faktotum des Kölnischen Kunstvereins. Der hatte Bilder aus dem Besitz des jüdischen Emigranten Heß an Schuppner verkauft und Schuppner mit selbstgepinselten Aquarellen von "Nolde" und "Klee" übers Ohr gehauen... Zwanzig teils echte teils unechte Werke moderner Kunst illustrierten die kahlen Wände des Gerichtssaals. Schuppner konnte seine Gutgläubigkeit in beiden Fällen nachweisen und wurde freigesprochen Jenniches erhielt 1 Jahr Gefängnis, mit 3 Jahren Bewährungsfrist." (Foto: nach einem Spiegel-PDF der Druckseite, dort keine Angaben zum Fotografen)
Donnerstag, 24. März 2016
Nürnberger Zollfahnder haben am 1. März 2016 bei der Durchsuchung eines bäuerlichen Anwesens bei Geltendorf 26 Präparate artengeschützter Greifvögel sichergestellt. Darunter befanden sich mehrere Bussarde, Turmfalken, Habichte, Uhus und Waldohreulen, die unter strengem und besonderem Schutz stehen.
Dem 48-jährigen Tatverdächtigen wird vorgeworfen, die präparierten Tiere über virtuelle Auktionshäuser vertrieben zu haben, unter anderem auch in die Vereinigten Staaten von Amerika. Allein in die USA exportierte der 48-Jährige 30 streng geschützte Greifvögel. Den Gesamtumfang des seit mindestens Januar 2013 laufenden Geschäfts ergründen nun Ermittler des Zollfahndungsamts München mit Sitz in Nürnberg. Von den dortigen Behörden kam der Hinweis auf den in Geltendorf ansässigen Händler, der selbst Jäger ist. Er wird beschuldigt, ungenehmigte Ausfuhren beziehungsweise Handel ohne gültige Dokumente mit geschützten Tieren betrieben zu haben.
Um die Dokumentenpflicht zu umgehen, soll er die Präparate teilweise als Museumsexemplare deklariert oder gefälschte Zertifikate genutzt haben.
Donnerstag, 24. März 2016
 
Links das Bild vor der Restaurierung 2012. Foto: cranach-net, Heidelberg. Rechts die Venus nach der Restaurierung in London, so erworben vom Fürsten von Liechtenstein (1531 datiert und mit Schlange signiert) . Foto: Liechtenstein Collections
Aktueller kann eine Tagung nicht sein: Einer der Schwerpunkte des diesjährigen Restauratorentags von IIC Austria und Universalmuseum Joanneum in Graz war das Thema Kopien und Fälschungen mit den Referenten Paul-Bernhard Eipper, Ulrich Becker, Johann Thomas Ambrózy und Christian Müller-Straten. Nur wenige Tage nach dem Vortrag des Münchner Kunsthistorikers zum Thema „Fälscher als Restauratoren - Restauratoren als Fälscher“, bei dem er über den Begriff des restauratorischen Verfälschens sprach und die Fälle Bastiannini, Brigido Lara, van der Veken und Goller vorstellte, berichtete der STANDARD, daß die schreckliche Venus der Liechtenstein-Sammlung (angeblich ein Bild von Cranach), erworben von Prinz Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein 2013 für wohl 7 Mio. € gegen Mitte einer Ausstellung aufgrund einer Anzeige in Aix-en-Provence beschlagnahmt worden sei, um zu prüfen, ob es sich um eine rezente Fälschung handelt.
Laut Bernheimer-Colnaghi hatte sich das Bild zuvor seit der Mitte des 19. Jh. in einer belgischen Privatkollektion befunden. Weder ist diese Provenienz bisher überprüft worden, noch ist das Gemälde nach allen Regeln der Kunst naturwissenschaftlich untersucht worden. Kunsthistorikern fallen sofort die Schwächen kaschierende dümmliche Beinstellung und das ebenfalls für eine Venus von Cranach ursprünglich ziemlich ausdruckslose Gesicht auf. Auf jeden Fall wurde das Gemälde in London vor dem Ankauf durch den Prinzen restauratorisch cranachisiert - und zwar ähnlich der Hyperrestaurierungs-Methode van der Veken. Zu prüfen wird jetzt im Louvre sein, ob hier nicht ein Restaurator eine Fälschung verfälschend aufgemöbelt hat. Prof. Gunnar Heidenreich (Fachhochschule Köln) hat bei cranach-net dieses Bild jetzt (ohne nähere Begründung) als „Imitation“ bezeichnet.
https://blog.arthistoricum.net/beitrag/2016/03/06/cranachs-venus-verfuehrt-cranach-experten/
Sonntag, 6. März 2016
Ein gewaltiger Scherbenhaufen. Ein Kommentar
Was wäre wenn die Hauptmotive der Nebrascheibe ("Sonne"-"Mond") nach einer Veröffentlichung von Dannheimer im Jahre 1975 [1] über ein latènezeitliches, in München-Allach gefundenes Schwert, das in der Archäologischen Staatssammlung in München (!) verwahrt wird - hier übrigens Gold in Eisen! - gefälscht worden wäre? [2]
Was, wenn die seltsamen binnengestrichelten Dreiecke (Füllmuster, wohl keine Bedeutung) von dem seit rund einem Jahrhundert publizierten Scheibe von Moordorf (Niedersächsisches Landesmuseum) vom rezenten Hersteller der dubiosen Bernstorfer Objekte (in Fachkreisen als Fälschungen bezeichnet) abgeguckt wurden, jene Moordorfer Scheibe aber nach neueren Untersuchungen ebenfalls unter Fälschungsverdacht steht? [3] Was wäre, wenn sich deren nette Fundgeschichte als nachträglich frei erfunden erweist? Eine Antwort dazu lautet: Das würde bedeuten, dass die Bernstorfer "Funde" nach einer Fälschung angefertigt wurden, was ein weiterer Fälschungsbeweis wäre.
Und was wäre, wenn sich auch einige der wenigen Bernstorfer Keramikfunde als gefälscht und als ebenfalls "in die Stratigraphie geschoben" erwiesen?
Was wäre, wenn Harald Meller plötzlich versuchen würden, sich nach dem Muster von Horst Bredekamp plötzlich als Chefaufklärer in Pose zu setzen? Was wäre, wenn der Leiter der Archäologischen Staatssammlung in München mit der Mitteilung hervortreten würde, dass er sich durch die persönlichen Beziehungen zu den Bernstorfer Entdeckern habe davon abbringen lassen, die bei ihm sonst übliche wissenschaftliche Distanz an den Tag zu legen? Wer von beiden gewinnt das Wettrennen und stellt die Glaubwürdigkeit der Prähistorie wieder her?
Die deutsche Prähistorie plant derzeit umfangreiche Publikationen zu diesen Aspekten. Man darf gespannt sein, wie lange die Aufarbeitung von Archäomystik und handwerklichen Fehlern noch dauert.
Anmerkungen
[1] Dannheimer, H.: Zu zwei älteren keltischen Fundstücken aus der Münchner Schotterebene. In: Archäologisches Korrespondenzblatt 5/1975, S. 59-67
[2] erneut abgebildet bei David, W.: Die Zeichen auf der Scheibe von Nebra und das altbronzezeitliche Symbolgut des Mitteldonau-Karpathenraumes. In: Der Griff nach den Sternen. Internationales Symposium 2005. Hg. von Harald Meller und Francois Bertemes. Halle 2010
[3] Noch vor wenigen Jahren wurde die Scheibe von der Landesarchäologie als echt angesehen. Vgl Hans-Jürgen Häßler: Ur- und frühgeschichtliche Goldfunde in Niedersachsen. In: MUSEUM AKTUELL, Ausgabe 100/Februar 2004. Zur dubiosen Scheibe von Moordorf fand am 20.2.2016 im Niedersächsischen Landesmuseum ein Workshop statt. Auch hier ergab sich eine industrielle Reinheit des Goldes, die nie Ziel der bronzezeitlichen Metallurgie gewesen sein kann. Eine solche Reinheit des Goldes wurde erst mit der geschichtlichen Münzprägung ein angestrebtes Ziel, in der Münzgold mit Reingold gleichgesetzt wurde.
Sonntag, 6. März 2016
Eine ausgezeichnete Reportage (Thomas Steinfeld: Am Tatort) über die geplünderte Biliotheca Girolamini in Neapel findet sich in: Süddeutsche Zeitung v. 13./14. Februar 2016, HF2, S. 15
Montag, 29. Februar 2016

Ergänzende Informationen zum Höppner-Interview Jan. 2016 zum Thema TTIP und Kultur.
Hochgeladen von Mirko Brahmann.
Samstag, 27. Februar 2016
Ritzungen in der Malschicht
Aufmerksame Beobachter haben schon gesehen, dass Maler ihre Bilder nicht nur mit dem Pinsel malten. Ritzungen sind ein kleines, aber feines Detail in der Maltechnik. Vor allem bei kleineren Formaten, macht es für den Maler Sinn, eher grafisch aufgefasste Elemente wie Linien und Gesimse mit einem anderen Werkzeug als dem Pinsel zu ziehen. Mit dem Pinsel, sei er auch noch so klein, lassen sich Linien nicht so exakt und gleichbleibend dick ziehen. Diese Linien sehen zwar lebendiger aus, sind aber nicht immer so erwünscht. Akkurater und sauberer gelingen den Malern Linien, wenn sie in die feuchte Farbe geritzt werden. Die bei Ritzungen sich manchmal links und rechts vom Strich aufwerfende Farbe kann zusätzlich interessante lebendige Oberflächenphänomenen erzeugen. Je nach Druck und Werkzeug lassen Ritzungen in der feuchten Farbe die Grundierung oder die Malpappe bzw. -karton durchscheinen und geben so einen zusätzlichen Farbton frei, welcher sonst von der Farbe überdeckt bleibt. Manchmal erfolgen diese Ritzungen mit dem Pinselstiel, Metallstiften, manchmal mit Graphit,- bzw. Bleistift oder Buntstiften. Bei der Verwendung eines färbenden Stiftes können zusätzliche, manchmal sehr reizvolle Effekte erzielt werden.
Oft finden sich auch bei vielen Malern Signaturen geritzt ausgeführt. Sie liegen heute zumeist geschützt unter einer Firnisschicht und können auch im Falle einer nicht fachmännisch ausgeführten Firnisabnahme nicht verloren werden.
Beispiele für Ritzungen in den Gemäldesammlungen des Universalmuseums Joanneum, Graz, finden sich aus allen Zeiten: Im Barock hat beispielsweise mit einem Stift der Maler Linien in die nasse Farbe gezogen und damit die rötliche Grundierung freigelegt. Auch mit verschiedenen kurzborstigen Pinseln kann man in die frisch aufgetragene Farbe malen. So lassen sich Muster anlegen indem die Grundierung wieder zum Durchscheinen gebracht wird.
Egon Schiele hat in seinem Hafen von Triest, Öl auf Karton, 1907, ehem. NG Inv.-Nr. I/1206, 2008 restituiert, mit Bleistift die Linien der Wasserspiegelung gezogen. Bei Schieles Häuserkomplex in Wien, Oberdöbling, 1908, Öl auf farbigem Papier, NG Inv.-Nr. I/1913 hat er Ritzungen mit dem Pinselstielende sowie Konturen mit stumpfem Bleistift in die nasse Ölfarbe ausgeführt. Auch seine Signatur hat er in beiden Fällen mit Bleistift in die nasse Ölfarbe ausgeführt, wie auch bei den Gemälden „Selbstbildnis mit gesenktem Kopf“ 1912, „Kardinal und Nonne“, 1912, „Mutter und Kind III“, 1914, alle drei aus dem Leopold Museum, Wien.
Restauratoren indes haben weniger Freude, wenn Maler verschiedene Medien in einem Objekt kombinieren, zumal manche unterschiedliche Löseparameter haben, welche die Reinigung erschweren oder die Reinigungsergebnisse zumindest limitieren können.

Abb. 1: Süddeutsch, „Die Hochzeit zu Kana“, Öl/Leinen, AG Inv.-Nr. 897, Alte Galerie am Universalmuseum Joanneum, Graz. Detail: die Kanten der Säulen und des Gebälks sind in die feuchte Farbschicht geritzt worden, so dass die rötlich-braune Grundierung durchscheint (Abbildung: Autor).
Abb. 2: Anonym: Anonym, „Stifterin von Göss mit ihren Kindern vor der Madonna“, 17.Jh., Öl/Leinen, AG Inv.-Nr. 1141, Alte Galerie am Universalmuseum Joanneum, Graz. Mit einem kurzborstigen Pinsel wurde in die frisch aufgetragene Farbe ein Muster angelegt: Die rötliche Grundierung scheint durch (Abbildung: Autor).

Abb. 3: SCHIELE, E., „Hafen von Triest“, Öl auf Karton, 25 x 18 cm, entstanden 1907, ehem. NG Inv.-Nr. I/1206, 2008 restituiert. Oben rechts bezeichnet mit Bleistift in die nasse Ölfarbe mit SCHIELE EGON 07 (Abbildung: Wikimedia Commons)
Abb. 4: SCHIELE, E., „Häuserkomplex in Wien, Oberdöbling“, entstanden 1908, Öl/Papier, 23,6 x 18,1 cm, NG Inv.-Nr. I/1913. Unten Mitte monogrammiert mit Bleistift in die nasse Ölfarbe mit E SCH. Detail, (Abbildung: Autor)
Abb. 5: In die nasse Ölfarbe geritzte Signatur bei Leopold Heinrich Voescher (1830–1877), „Landschaft aus dem oberen Etschtal“, um 1870, Öl/Holz, Neue Galerie Graz, Universalmuseum Joanneum, Graz. (Abbildung: Autor).

Abb. 6: In die nasse Ölfarbe geritzte Signatur bei Leopold Heinrich Voescher (1830–1877), „Oberkärntner Landschaft“, Öl/Leinwand, 77 x 116 cm, NG Inv.-Nr. I/486, Neue Galerie Graz, Universalmuseum Joanneum, Graz (Abbildung: Autor).
Dipl.-Rest. Dr. Paul-Bernhard Eipper
paulbernhardeipper@gmail.com" target="_blank" style="color: rgb(22, 66, 94); text-decoration: none; font-family: verdana, arial, helvetica, sans-serif; text-align: left; font-size: 8pt; background-color: rgb(255, 250, 240);">paulbernhardeipper@gmail.com
http://www.museum-joanneum.at/das-joanneum/unser-betrieb/ueber-das-joanneum/servicefunktionen/museumsservice/restaurierung/dipl-rest-dr-paul-bernhard-eipper.html
Mittwoch, 24. Februar 2016
Signaturen
Die Signatur eines Gemäldes authorisiert ein solches durch die Unterschrift des Künstlers. Die Signatur ist der Fetisch aller Kunsthistoriker und Kunsthändler. Ist sie einmal auf dem Gemälde, vertraut man ihr blind. Dieses Vertrauen ist nicht immer angebracht. Da alle Welt der Autorität der Signatur glaubt, wird diese häufig, zumeist mit unlauteren Absichten manipuliert.
In der Regel sind Originale vom Künstler durch Signatur autorisiert, aber auch spätere Zuschreibungen führten zu nachträglich aufgemalten Signaturen.[1] Eine skurrile Art mit der eigenen Signatur umzugehen liefert uns Salvador Dali, welcher leere Leinwände signierte, diese anschließend nicht bemalte und somit die später von anderen Malern auf diese Leinwände gemalten Bilder zu signierten Dalis machte.
Umwidmungen erfolgten manchmal in von zwei oder mehreren Malern gemeinsam genutzten Ateliers (z. B. bei den elsässischen Gebrüdern Eck, wo der eine Bruder des verstorbenen Bruders Bild fertig malte, dessen Signatur übermalte und abschließend selbst signierte). Übermalungen von Namen weniger hoch gehandelter Maler mit Namen höher bezahlter Maler sind bekannt (so wurde z. B. ein Gemälde Jaques Fouquières in einen Joos de Momper umgewidmet)[2], Entfernungen von originalen Signaturen (unabsichtlich erfolgte dieses häufig bei Werken von David Teniers d. J., wo die wertstiftende Signatur zumeist auf dem Schlussfirnis liegt, welche bei einer Abnahme des vergilbten Firnisses sehr oft verloren ging.).[3]
Oft ist der Verlust der Signatur bei einer Restaurierung auch der Anlass, eine solche Signatur zu „rekonstruieren“, was nach dem Urheberrecht verboten ist. Meistens sehen diese nachgemalten Signaturen unsicherer aus als die originalen Signaturen und sind Ursache dafür, dass ein originales Gemälde aberkannt wird, obwohl „nur“ die Signatur unecht ist. Liegen solche neueren Signaturen auf einer durchcraquelierten, weil älteren Oberfläche, ist schon mit dem Mikroskop erkennbar, dass es sich um eine spätere Zutat handelt.[4]
Bei gefälschten Signaturen hingegen handelt es sich nicht immer um bewusste Irreführungen, oft vertraten die Kopisten die Auffassung, dass die Signatur ein gestalterisches Mittel des Malers darstelle und nur durch die sorgsam mitkopierte Signatur eine Kopie vollständig sei. Der Maler Dirk Huisken in Celle, der „Brücke“ nahestehend, fertigte für seinen privaten Ateliergebrauch Kopien verschiedener Maler, um sich mit deren Technik auseinanderzusetzen und versah diese bewusst mit veränderten Signaturen (so wurde z.B. aus dem Namen Picasso „Picolino“), um auch nach seinem Ableben nicht in den Ruf eines Fälschers zu gelangen.
Beispiel: Angebliches Gemälde von Franz von Stuck
Bei einem Gemälde ehemals Franz von Stuck zugeschriebenen Gemälde befindet sich die Signatur an der bei anderen Versionen typischen Stelle. Sie wurde später über dem Schlussfirnis gesetzt. Sie hat eine ungelenke Form und naive Ausführung die ganz sicher nicht von Franz von Stuck stammen kann. Sie ist zudem nicht mit Farben des Bildes gemalt. Man kann davon ausgehen, dass viele Jahre später mit der jetzt vorhandenen Signatur das Gemälde dem Maler des Originals zugeordnet werden sollte, das der Maler der vorliegenden Kopie, schon um sich nicht des Fälschungsverdachtes schuldig zu machen, bewusst unterlassen hatte. Auch ist es denkbar, dass der Maler an der dafür üblichen Stelle der Signatur, lange Jahre nach der Entstehung der Kopie die Signatur bewusst dilettantisch ausgeführte um das bislang fehlende grafische Element der Signatur dem Bild hinzuzufügen, diese aber so gestaltete, dass diese nie und nimmer mit einer echten Signatur verwechselt werden hätte können. Freilich ist auch die Nachsignatur als späterer Fälschungsversuch des Malers oder des Eigentümers oder des Veräußerers denkbar. Prinzipiell zu denken sollte geben, dass die erste Version des Sujets, also die Originalvorlage in der Münchner Pinakothek aus dem Jahr 1893 stammt (die Signatur dort hat kein „v“), Stuck aber erst 1906 geadelt wurde und insofern das „v“ (von) in der Signatur vor 1906 nicht möglich ist.
Beispiel: Schiele-Signatur
Ein Kuriosum stellt Egon Schieles: Stadtende/Häuserbogen III, aus der Neuen Galerie Graz Inv. Nr. I/466, 109,3 x 139,7 cm, Öl auf dünnem, industriell vorgrundiertem, weitmaschigem Leinen in einfacher Leinenbindung, entstanden 1918 und unten Mitte mit „EGON SCHIELE 1918“ bezeichnet, dar. Die Signatur ist mit einem ungewöhnlich breiten Pinsel, etwas unsicher und nicht ganz typisch für Schiele ausgeführt. Im optischen Erscheinungsbild entspricht sie aus der Ferne den bei Schiele üblichen Signaturen. Sie ist in etwas dunklerem Blau als das Konturblau ausgeführt. Die Buchstaben und Zahlen sind im eigentlichen Sine nicht mit den überlieferten Signaturen vergleichbar. In „Das Egon Schiele Buch“ aus dem Jahr 1921 findet sich eine Abbildung von „Stadtende“ ohne Signatur. Ungeklärt ist dadurch, ob das Bild noch ganz frisch im Atelier oder in einer Ausstellung fotografiert wurde und erst danach von Schiele signiert wurde. Auch erscheint möglich, dass der Herausgeber auf dem Foto die bereits bestehende Signatur wegretuschiert hat, weil er sie als die Wiedergabe störend empfand. Warum der Herausgeber dann aber den ebenfalls störenden, benachbarten dunklen Fleck im angrenzenden Haus auf dem Foto stehen ließ, bliebe dann fraglich. Denkbar wäre auch eine Signatur von späterer Hand, aufgebracht beispielsweise als es den Besitzer wechselte, um so die Autorschaft Schieles zu belegen und auch den Wert des Gemäldes durch diese spätere Zuschreibung zu sichern. Belegt ist, dass Schieles Freunde Erwin Osen[6] und Anton Peschka[7] in Schieles Atelier mit Schieles Malmaterial nicht nur eigene Bilder im Stile Schieles malten, sondern auch von Schiele begonnene Arbeiten vervollständigten[8]. Und so kursieren viele als echt beurkundete Schieles – eine Parallele zu Émile Schuffeneckers „Wirken“ in van Goghs Atelier. Jedenfalls ist die Signatur auf „Stadtende“ ab 1925 dokumentiert, als das Gemälde im Schreibzimmer von Wolko Gartenberg fotografiert wurde.[9], Mögliche Zweifel an der Signatur sind jedoch für die Echtheit des Gemäldes nicht von Belang: die beiden unter der Signatur liegenden Portraitskizzen von Otto und Heinrich Benesch belegen, dass es sich um einen echten Schiele handelt.
Wird ein Gemälde in der künstlerischen Manier eines anderen Künstlers ausgeführt[11], gilt es nur als Fälschung mit der Signatur des nachgeahmten Malers, da der Stil an sich keinen urheberrechtlichen Schutz genießt.
Als Beispiel mag hier das unbezeichnete Sonnenblumenbild von Émile Schuffeneckers[12] nach van Gogh dienen, welches über „Christies“ an das Sompo Japan Museum of Art verkauft wurde. Schuffenecker malte nicht nur zur gleichen Zeit im Atelier van Goghs, sondern benutzte auch dessen Malmaterial und signierte mit van Goghs Namen. Somit scheidet der unterschiedliche Zeit- und Materialfaktor zur Beurteilung aus. Stilistische Merkmale von ggf. sich widerstreitenden Malstilen jedoch auszudiskutieren ist nicht immer legitim, da viele Künstler sich verschiedener Malweisen auch innerhalb einer Schaffensperiode bedienten.
Ein weiteres Beispiel liefert Eric Fischl (*1948) von welchem Skizzen in einem Auktionshaus in Berlin auftauchten. Sie wurden ihm zugeschrieben, obwohl er beteuerte, dass diese nicht von ihm waren. Sie stammten von einem unbekannten Studenten, welcher behauptete Eric Fischl habe sie seinem Vater geschenkt. Fischl reiste nun von New York nach Berlin um die Fälschungen aus der Welt zu schaffen, durfte diese aber, nach deutschem Recht, nicht ohne die Zustimmung des Urhebers/Fälschers zerstören. Also brachte Fischl rückseitig einen Vermerk auf, dass diese Skizzen nicht von ihm stammen würden und schuf damit – wohl wissend – erst recht begehrenswerte Sammelstücke.[13]
Bei den meisten Fälschungen handelt es sich jedoch um ein Originalwerk eines Dritten mit einem von diesem verwendeten Signatur eines anderen Künstlers (typisches Delikt), wobei sich der Fälscher nicht an eine bestehende Vorlage halten muss. Hierbei kann man „Fälschung“ nicht mehr mit „Kopie“ verwechseln, solche Fälschungen verdanken sich bekanntlich unlauteren Absichten bzw. niederen Beweggründen wie Habgier.

Abb. 1: Friedrich Gauermann (1807-1862): „Eber, von Wölfen überfallen“, 1844, Öl/Eiche, NG Inv.-Nr. I/497, Neue Galerie am Universalmuseum Joanneum, Graz: Aufgemalte Signatur (Abb. Autor)

Abb. 2: Leopold Heinrich Voescher (1830–1877), „Landschaft aus dem oberen Etschtal“, um 1870, Öl/Holz, Neue Galerie Graz: in die nasse Farbe eingeritzte Signatur. (Abb.: Autor/Universalmuseum Joanneum).

Abb. 3: Signatur aus „Triton und Najade“, Franz von Stuck, nach 1906, Öl auf Pappe, 51 x 40,5 cm, Privatbesitz, Detail: Signatur (Abb.: Autor, Angela Fink)

Abb. 4: Signatur (Detail) aus „Die Sünde“ (Inv. Nr. I/1358) Neue Galerie am Universalmuseum Joanneum, Graz (Abbildung: Autor)

Abb. 5: Egon Schiele: „Stadtende/Häuserbogen III“, 1918, Öl/Leinen, NG Inv.-Nr. I/466 ohne Signatur.

Abb. 6: Egon Schiele: „Stadtende/Häuserbogen III“, 1918, mit Signatur.
Dipl.-Rest. Dr. Paul-Bernhard Eipper
paulbernhardeipper@gmail.com" target="_blank" style="color: rgb(22, 66, 94); text-decoration: none; font-family: verdana, arial, helvetica, sans-serif; text-align: left; font-size: 8pt; background-color: rgb(255, 250, 240);">paulbernhardeipper@gmail.com
http://www.museum-joanneum.at/das-joanneum/unser-betrieb/ueber-das-joanneum/servicefunktionen/museumsservice/restaurierung/dipl-rest-dr-paul-bernhard-eipper.html
Anmerkungen:
Montag, 22. Februar 2016
In einem kürzlich ausgestrahlten Film von Michael Gregor (arte, 24.2.2016 17.30 und 20.15 h) wurde der weltberühmte Diskos von Phaistos (eine beidseitig mit einer Art Linear A gestempelte Tonplatte) erneut unter Fälschungsverdacht gestellt. Die Scheibe wird im Museum von Heraklion, Kreta, als „Nationalschatz“ ausgestellt. Das Museum verbietet sich allerdings jede Untersuchung durch Dritte.
Hintergrund (Zusammenfassung nach Wikipedia)
Der Diskos wurde angeblich am Abend des 3. Juli 1908 bei Ausgrabungen des Italieners Luigi Pernier im Zuge der von Federico Halbherr geleiteten italienischen Archäologischen Mission von 1908 gefunden. Man entdeckte ihn im westlichsten Gebäude des altpalastzeitlichen Nordosttrakts der minoischen Palastanlage von Phaistos auf Kreta. Pernier war jedoch bei der Auffindung nicht persönlich anwesend.Der Diskos lag etwa einen halben Meter über dem Felsboden nach Norden geneigt mit der später als „A“ bezeichneten Seite nach oben zwischen Schutt- und Keramikresten in einem rechteckigen 1,15 × 3,40 Meter großen Vorratsraum, heute als Kammer 8 des Gebäudes 101 bezeichnet.
Luigi Pernier datierte die Entstehungszeit des Diskos zwischen 1700 und 1600 v. Chr. Schon Pernier wies darauf hin, dass zwar die Mehrheit der Keramikfunde im Auffinderaum des Diskos aus der mittelminoischen Zeit stammten, einige hellenistische Fundstücke dazu jedoch nicht passten. Die stratigrafischen Daten des Fundortes sind für die zeitliche Einordnung des Diskos somit nicht verwertbar, da uneindeutig, zumal der Zeitpunkt seiner Herstellung nicht mit dem der Einlagerung am Auffindeort übereinstimmen muss.
Die Tonscheibe des Diskos ist von flacher und unregelmäßig runder Form. Ihr Durchmesser variiert zwischen 15,8 und 16,5 Zentimeter. Der Diskos besteht aus qualitativ hochwertigem feinkörnigen Ton, im Farbspektrum von hellem Goldgelb bis dunklem Braun, der nach der Stempelung sorgfältig gebrannt wurde. Die Art des Materials erinnert an das kretominoischer Eierschalenware.
Insgesamt ist er mit 241 Stempeleindrücken beschriftet, die durch Trennlinien (sogenannte Feldtrenner) zu 61 Zeichengruppen zusammengefasst sind.
Der Diskos enthält insgesamt 45 distinkte Stempelmotive, die als Abstrakta, Menschen und Tiere, sowie Objekte (Gerätschaften, Waffen, Pflanzenteile) identifiziert werden können. Daneben gibt es 17 sogenannte Dorne, Strichmarkierungen unter dem ersten Zeichen einer Abteilung, ab dem Zentrum der Scheibe gezählt.
Die präzise Methode der Herstellung des Diskos ist umstritten, wobei man einheitlicher Meinung darüber ist, dass die Symbole nicht von Hand geritzt wurden. Das Hauptproblem bei der Entzifferung besteht in dem geringen Textumfang von lediglich 241 Zeichen. Infolge der Einmaligkeit des Fundes fehlen zudem Anhaltspunkte, die Auskunft über Sprache oder Textinhalt geben könnten.
Behauptungen des Films
Zum Zeitpunkt des „Fundes“ war Kreta in verschiedene Protektorate aufgeteilt. Die Ausgrabungen von Phaistos standen unter italienischem Protektorat. Pernier hatte zunächst den Schweitzer Maler und Restaurator Emile Gilliéron sen.(1851-1924) angestellt, dann auch dessen Sohn, der zuvor schon für Heinrich Schliemann und dann von Arthur Evans (Knossos) gearbeitet hatte. Gilliéron ist für seinen skrupellosen Umgang mit der Wahrheit und einen gewaltigen Geschäftssinn bekannt: so ist er und sein Sohn (1885-1939) der eigentliche Urheber von Knossos als archäologisches Disneyland, völlig der Phantasie entsprungene Rekonstruktionen (Lilien statt Palmen, Lilienprinz statt Affe) von unklaren Einzelfunden zu Gefäßen oder Wandgemälden. Er wird auch in Zusammenhang gebracht mit den gefälschten Elfenbeinfiguren von Toronto und Boston.
Seit 1877 lebte er in Athen und war dort vor allem als archäologischer Zeichner tätig. Zeitweise war er auch Zeichenlehrer der Kinder des Königs von Griechenland Georg I.. Das Duo arbeitete über 30 Jahre in Knossos.
In Athen wird derzeit das Privatarchiv Gilliérons ausgewertet, eine Art illustrierte Buchhaltung, aus der das wahre Ausmaß seiner Tätigkeit hervorgeht. Gilliéron ließ sogar selbst Kopien bei der WMF herstellen und betrieb damit einen schwungvollen Handel.
In Heidelberg entsteht derzeit mit internationaler Beteiligung der Corpus der kretischen und Mykenischen Siegel. Auch Fälschungen hat man so entdeckt. Ganz besonders problematisch ist der „Ring des Minos“ (Heraklion), den Sir Arthur Evans bereits aus dem Kunsthandel erworben hatte.
Der Film liefert selbst keine Begründungen für die Fälschungshypothese, sondern führt lediglich Aussagen des New Yorker Kunsthändlers Jerome M. Eisenberg vor und vermutet als Fälscher Vater und Sohn Gilliéron. Nach Eisenberg seien Anhaltspunkte für eine Fälschung
- die scharfkantige Glätte der Scheibe. Eine derartige Scharfkantigkeit sei aus der Antike nicht bekannt
- die Einzigartigkeit der Scheibe, ähnliche Objekte seien nicht bekannt
- der nicht von Pernier dokumentierte Fund, er wurde erst später hinzugerufen
- zum Teil seltsame Stempel, etwa ein Boxerhandschuh
- die Unversehrtheit der Scheibe (sie muss jedoch aus oberen Stockwerken in einen Keller oder Viehstall gefallen sein), ihre unklare Funktion
- die Beteiligung der Gilliérons bei den Grabungen
- die Fülle an bereits erkannten Fälschungen nach den Grabungen von Evans
- die Weigerung des Museums, die Scheibe durch Dritte untersuchen zu lassen.
Beweise sind das noch nicht, lediglich wiederholte Behauptungen. Eisenberg hatte bereits in einem ausführlichen Beitrag in Minerva, Juli/August 2008, behauptet, die Scheibe sei eine Fälschung - urspränglich „hoax“, jetzt „fake“. In Deutschland wurde diese These bereits im April 2008 publik gemacht durch einen Beitrag von Mathias Schulz: Völker und Reiche der Frühzeit: Die komische Scheibe. In: Spiegel Online Wissenschaft, 29.4.2008, allerdings auch hier nur als Quintessenz aus der Unentzifferbarkeit und „seltsamen Fundumständen“.
Der populärwissenschaftlich gemachte Film steht noch eine Zeitlang im arte-Archiv: http://www.arte.tv/guide/de/057844-000-A/das-geheimnis-von-phaistos
Freitag, 12. Februar 2016
Parkettierungen
Klimabedingtes Arbeiten von Holztafeln führt zum Verwerfen von Holztafeln. Um dies zu unterbinden, half man sich zunächst mit Rückseitenanstrichen, dann mit Einschubleisten und ab dem 17. Jh. mit technisch raffinierten Parkettierungen.
Diese handwerklichen Höchstleistungen nötigen uns heute oft hohen Respekt ab, waren aber nur in wenigen Fällen zielführend und dienten eher den bisweilen hohen Einnahmen der parkettierenden Handwerker. Meistens wurden einseitig bemalte Tafeln vorher gedünnt, um plane Oberflächen zu schaffen, damit das Parkett aufgeleimt werden konnte. Oft wurden Parkettierungen auch an auseinandergesägten, ehemals beidseitig bemalten Tafelgemälden aufgebracht um die dünnen Tafeln zu stabilisieren.
Oft wurden andere Hölzer als das Tafelholz für Parkettierungen verwendet. Diese bewegten sich naturgemäß bei wechselnden Klimata unterschiedlich und führten zu Rissen in den Tafeln. Falls die Gefahr droht dass sich solche Risse bilden, muss ein Parkett durch einen erfahrenen Restaurator abgenommen werden.
Heute wird die historische Parkettierung nicht mehr ausgeführt, der zu hohe Aufwand und der zweifelhafte Nutzen lassen solche Maßnahmen als obsolet erscheinen. Man hat erkannt, dass sich das Arbeiten des Holzes nur bedingt unterbinden lässt und so werden heute nördlich der Alpen höchstens noch Stützsysteme angefertigt, während man südlich der Alpen noch hohe technische Aufwände betreibt.
Vor allem unklimatisierte Räume beschleunigen die Rissbildung in Holztafeln. Ein gleichbleibendes Klima oder saisonal sehr langsam zwischen Sommer und Winterklima fallend bzw. steigendes Klima (18-24° C und 50 +/- 5% relative Luftfeuchte lassen solche Schäden aber eher unmöglich werden.
Parkettierte Tafeln sollten die Einrahmerwerkstatt nie ohne Rückseitenschutz verlassen. Der Rückseitenschutz sollte die Tafel rückseitig abschließen und vor Verschmutzung schützen. Zwischen Rückseitenschutz-Platte und Parkett sollte ein Wollfilz- oder Polyesterfilzstreifen (3mm) als Abstandhalter und Bewegungspuffer aufgebracht werden. Auch der Falz sollte zuvor mit Wollfilz ausgekleidet werden. Die schwimmende Montage gewährleistet eine Fixierung der Tafel, gibt ihr aber auch die nötige Bewegungsfreiheit. Diese „homöopathische Maßnahme“ ist in 90% der Fälle ausreichend. Dennoch sollten Tafelgemälde nie an Aussenwänden hängen.

1. Die aufgedübelte Leiste blockiert die Tafel in ihrer Bewegung: Sie wirft sich einseitig auf (Abb.: Autor).

2. Die Einschubleiste blockiert die Tafel: die Tafel reisst (Abb.: Autor).

3. Parkettierte Tafel mit horizontal beweglichen Einschubleisten (Abb.: Autor).

4. Parkettierte Tafel mit vertikal beweglichen Einschubleisten (Abb.: Autor).

5. Parkettierte Tafel mit vertikal beweglichen Einschubleisten (Abb.: Autor).

6. An dieser Tafel wurde das ursprüngliche Parkett wieder abgenommen und durch ein Klötzchen-Parkett ersetzt.
Die Einschubleisten sind vertikal beweglich (Abb.: Autor).

7. Zum Teil abgeschliffene Schlagmarke (Nachweis des Fertigungsortes der Holztafel, hier St. Lukasgilde Antwerpen) auf der Rückseite eines Tafelgemäldes aus Eiche (Pieter II Breughel (1564 - 1638), St. Georgs-Kirmes, AG Inv. Nr. 59, Alte Galerie am Universalmuseum Joanneum, Graz) (Abb.: Autor).

8. Neueres Holztafelparkett nach Ray Marchant, London (Abb.: Ray Marchant).

9. Einkleben von Wollfilz im Zierrahmenfalz (Abb.: Autor).

10. Rückseitenschutzplatte (MDF, roh, 5 mm) mit Innenpassepartout aus Wollfilz (3 mm), die das Holztafelgemälde
nach hinten abschließt (Abb.: Autor).

11. Rückseitenschutzplatte (MDF, roh, 5 mm) auf Holzleisten, auf Zierrahmen montiert. Wie eine kleine Kiste umschließt dieser Rückseitenschutz die parkettierte Tafel, welche rückseitig über den Zierrahmen hinaus steht (Abb.: Autor).

12. Der Nachfolger des historischen Parketts gleicht eher einer Stützkonstruktion, welche auch bei großen Holztafeln zum Einsatz kommt (Foto: Ray Marchant)
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Literatur
Nicolaus, K.: Du Mont´s Bild-Lexikon zur Gemäldebestimmung, Köln 1982
Donnerstag, 11. Februar 2016
Pentimenti
Schon immer haben Künstler ihre Gemälde während des Malprozesses optimiert und sich über ihre Vorzeichnung und ursprünglich beabsichtigte Ausführung hinweg gesetzt. Pentimenti auf Gemälden können als Echtheitsindiz gelten. Diese späteren Korrekturen belegen wie der Maler mit dem Sujet gerungen hat. Diese gedanklichen Leistungen finden sich bei Kopien oder Fälschungen in der Regel nicht und wenn dann belegen sie zumeist eine andere Handschrift als die des kopierten bzw. gefälschten Künstlers wodurch sie wiederum leichter als Kopien, oder Fälschungen zu entlarven sind.
Das Wort Pentimenti wird vom Italienischen Wort pentimento hergeleitet und bedeutet pentimento, „Reue“. Es ist eine Bezeichnung für die Spuren die erkennen lassen, dass während der Produktion Veränderungen am Bild vorgenommen wurden. Dies stellt eine durchaus nicht ungewöhnliche Arbeitsweise dar. Die Übermalungen werden aufgrund der zunehmenden Transparenz der Farbschichten im Laufe der Alterung erkennbar, man kann sie auch mit Hilfe von Röntgenuntersuchungen nachweisen. Sie stellen eine wesentliche Quelle für die Konservierungs-, Restaurierungs- und Kunstwissenschaften dar, indem sie den Arbeitsprozess eines Künstlers zeigen.
In der Kunstgeschichte begegnen uns einige solcher Beispiele, so auch an Alter und Neuer Galerie am Universalmuseum Joanneum in Graz.
Bei dem Gemälde Giuseppe Passeris: „Maria in der Glorie mit Joachim und Anna“, Öl/Leinen, AG Inv.- Nr. 966, finden wir ein Pentimenti: der Flügel des Engels links zeigte ursprünglich in Richtung Blütenkranz. Der Maler veränderte durch Stellen des Flügels nachträglich die Komposition des Bildes. Durch die stärkere Farbdicke können wir die Umarbeitung heute sehen.
Bei Egon Schieles: Stadtende/Häuserbogen III, Öl/Leinen, NG Inv. Nr. I/466, liegen zwei Portraits unter dem heute sichtbaren Gemälde von 1918. Die Grundarchitektur des Gemäldes, ein „L“-förmiger Bogen, orientiert sich an den Armen des sitzend portraitierten Heinrich Benesch. Zuvor verwendete Schiel das Bild also hochkant, wie auch die durchgeschlagene Portraitskizze auf der Rückseite des Gemäldes zeigt. Bei diesem Gemälde kann man nicht nur von einem Pentimenti sprechen: unter der Stadtansicht liegen zwei Portraitskizzen. Das Gemälde bewegt sich mit diesem maltechnischen Aufbau durch die Portraits zwischen Weiterverwendung zweier verworfener Portraitskizzen, Pentimenti, Vorzeichnung und Übermalung zum bestehenden Bild.
Bei Maria Lassnigs Gemälde, „Vorschlag für eine Plastik“, Öl/Leinen, 1966/67, NG Inv.-Nr. 1533, befindet sich unter dem Gemälde ein teilverworfenes Weiteres. Bevor sie das Gemälde um 180° herumdrehte, versah sie die zu verwerfende Partie mit einem Malhinweis mit Kugelschreiber: „rote Figur wegnehmen“. Nach der Übermalung mit einer nicht ganz deckenden Farbe wurde dieser Gedächtnishinweis heute kopfüber sichtbar.
Pentimenti gewähren Einblicke in die Genese eines Werkes und auch in die Arbeitsweise eines Künstlers. Sie sind wichtige Indizien für den Entstehungsprozess eines Werkes und sollen nicht überretuschiert werden.
Abb.1: Giuseppe Passeri (AG Inv. Nr. 966): „Maria in der Glorie mit Joachim und Anna“. Detail mit einem Pentimenti: der Flügel des Engels links zeigte ursprünglich in Richtung Blütenkranz. (Abb.: Autor).
Abb. 2: Egon Schiele: „Stadtende/Häuserbogen III“, Öl/Leinen, NG Inv.-Nr. I/466 (Abb. Nicolas Lackner, UMJ).
Abb. 3: Egon Schiele, Detail aus „Stadtende/Häuserbogen III“, 1918, gekippt: Das Portrait Heinrich Beneschs wird sichtbar. (Abb. Nicolas Lackner, UMJ).

Abb. 4: Bei Maria Lassnig (1919-2014), „Vorschlag für eine Plastik“, Öl/Leinen, 1966/67, NG Inv.-Nr. 1533 (Abb.: Autor).

Abb. 5: Maria Lassnig, „Vorschlag für eine Plastik“, Detail mit Malhinweis der Künstlerin (heute kopfüber) mit Kugelschreiber: „rote Figur wegnehmen“ (Abb.: Autor).
Anmerkungen:
Donnerstag, 11. Februar 2016
Stehengelassene Grundierung
Die Grundierung hatte immer auch die Aufgaben den Untergrund zu glätten, die Textur des Untergrundes zu dämpfen und eine Verankerung der Malschichten auf dem Träger zu gewährleisten.
Zumeist handelt es sich bei einer Grundierung nördlich der Alpen um einen Leim/Kreidegrund und südlich der Alpen mehrheitlich um Leim/Bologneser Kreidegrund (totgerührter Gips) bisweilen mit (veränderlichen) Öl- und Pigmentanteilen. Die Grundierung muss also nicht immer weiß sein!
Oft haben Maler den Farbton der Grundierung in ihr Bild miteinberechnet. Während wir bei Michelangelo noch partielle umbra eingefärbte Untermalungen auf der Grundierung nur unterhalb von Inkarnatpartien finden, haben wir im Barock mehrheitlich satt rötliche eingefärbte Grundierungsmassen, welche realistische Fleischtöne evozieren. Im Klassizismus bevorzugte man eher kühle, grau eingefärbte Grundierungsmassen, um bei Hauttönen eine vornehme Blässe zu erzeugen. Ab circa 1850, vor allem ab der Einführung der industriell grundierten Leinwände, dominiert der universelle weiße Kreidegrund. Alle diese Gemälde hatten einen Firnisüberzug um die Oberfläche zu schützen aber auch um der Farbe Tiefe zu verleihen.
Sah man seit der Gotik sichtbare Grundierung als maltechnischen Fehler an, wird in den vergangenen 150 Jahren das stehenlassen der Grundierung zum stilbildenden Mittel. Natürlich gibt es immer, neben Ausnahmen von der Regel auch ein nebeneinander von verschiedenen Malauffassungen. Die Impressionisten nutzten das Durchblitzen des weißen Kreidegrund für ihre lichtvollen Landschaften um heiter, luftige Wirkungen von strahlenden Sonnen tagen zu erreichen.
Auch bei Egon Schiele finden wir neben ungefirnissten Oberflächen magere, einfache Kreidegrundschichtaufträge, welche einen noch poröseren Malgrund erzeugen, welchen er teilweise stehen ließ.
Norbertine von Bresslern-Roth, von der wir eine größere Personale am Universalmuseum Joanneum 2016 zeigen, bevorzugt eine freskale Wirkung ihrer Malschichtoberflächen, sie entspricht so durchaus dem Mainstream ihrer Zeit, der auch beispielsweise bei manchen Werken von Otto Dix oder noch bei den Baum- und Kieselgurbildern von Albert König zwischen 1931 und 1940 erkennbar ist. Die grobe Textur des Jutegewebes und der magere, starksaugende Kreidegrund der Grundierung und ihr magerer Farbauftrag unterstreicht diese Wirkung.
In der zeitgenössischen Kunst dominieren die Acrylgründe, die Künstler lassen diese gerne stehen, auch um mit dem Unterschied zwischen glänzenderen Ölfarben und mattem Grund zu spielen.
Für die Restauratoren bergen diese Malweise größere Schwierigkeiten: verschiedene Medien in einem Objekt führen zu verschiedenen Spannungen im Gefüge, unterschiedlicher Verschmutzung, unterschiedlicher Vergilbung. Unterschiedliche Löseparameter können die Reinigung erschweren oder die Reinigungsergebnisse zumindest limitieren, weshalb angeraten wird Gemälde mit stehen gelassenen Acrylgründen zu verglasen.
Werden ungefirnisste, beispielsweise impressionistische Bilder mit stehengelassener Grundierung gefirnisst, saugt sich die Grundierung mit Firnis voll und vergilbt, was den vom Künstler intendierten Eindruck negiert.
Prinzipiell sollten Gemälde nur mit Handschuhen berührt werden: auf den empfindlichen Oberflächen ist Schmutz sofort sichtbar und nur schwer wieder zu entfernen.
Abb. 1: Michelangelo Buonarroti (1475–1564): „Maria mit Jesus- und Johannesknaben (Madonna Manchester)“, unvollendet, um 1497, Tempera/Holz, mit partieller Untermalung bei Inkarnatpartien auf weißer Grundierung (Abb.: National Gallery, London; wikimedia commons).
Abb. 2: Carlo Innocenzo Carlone: „Verherrlichung eines Fürsten“, Öl/Leinen, AG Inv.-Nr. 576, Universalmuseum Joanneum. Detail: die grundierte Leinwand wurde um die Malerei herum nicht bearbeitet. Malkante mit Pinselabstrich (Abb.: Autor/Universalmuseum Joanneum).
Abb. 3: Pietro Damini: „Madonna mit Heiligen“, Öl/Leinen, AG Inv.-Nr. 14, Universalmuseum Joanneum. Detail: Malkante, die grundierte Leinwand wurde um die Malerei herum nicht bearbeitet, der Maler war sich des vorgegebenen Ausschnittes des Zierrahmens bewusst (Abb.: Autor/Universalmuseum Joanneum).

Abb. 4: Franz Sigrist d. Ä.: „Anbetung des Christkindes in der Krippe“, Öl/Leinen, AG Inv.-Nr. 204, Universalmuseum Joanneum. Detail: stehengelassene Grundierung. Rechts vom Kopf des Jesuskindes ist nicht abgedeckte ocker-rötliche Grundierung sichtbar. Hier hat die Grundierung gestalterische Funktion (Abb.: Autor/Universalmuseum Joanneum).
Abb. 5: Unvollendetes Portrait auf weißer Grundierung (Abb. Autor/Universalmuseum Joanneum).

Unvollendetes Portrait auf weißer Grundierung (Abb. Autor/Universalmuseum Joanneum).

Abb. 7: Norbertine von Bresslern-Roth: Tiere der Antarktis, 1937, Öl/Jute, NG Inv.-Nr. 2783: Stehengelassene Grundierung zwischen den einzelnen Farbbereichen. (Abb.: Autor/Universalmuseum Joanneum).

Abb. 8: Zeitgenössisches Gemälde: auf den empfindlichen Oberflächen ist Schmutz sofort sichtbar: Fingerabdrücke am oberen Bildrand (Abb.: Autor/Universalmuseum Joanneum).
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Donnerstag, 11. Februar 2016
Manche Besucher stören sich daran, andere nicht. Der Firnis spaltet seit jeher die Gemüter. Früher war es aber durchaus üblich, allen gemalten Oberflächen einen Überzug zu applizieren. Der Firnisüberzug sollte die Oberfläche nicht nur schützen sondern auch den Farben Tiefe verleihen. Bestimmte Gemälde (alte niederländische-, barocke -) brauchen also, um überhaupt wirken zu können, einen Firnis. Bis zum 19. Jh. wurden in der Regel Leinölfirnisse verwendet. Diese Überzüge vergilbten sehr stark und brachten aufGrund ihrer hohen Affinität zu Ölfarben zum Teil sehr große Probleme bei der Abnahme mit sich, wovon Tausende verputzte Gemälde noch heute Zeugnis ablegen. Nach dem Erscheinen des Buches „Anleitung zur Restauration alter Oelgemälde“, im Jahr 1828, verfasst vom Apotheker Friedrich Gottfried Hermann Lucanus (*3.12.1793-23.5.1872) setzten sich dann die leichter abnehmbaren Harzfirnisse mehrheitlich durch. Aber auch diese Naturharze vergilben mit der Zeit, weshalb auch sie dann und wann abgenommen werden und durch neue ersetzt werden. Der Mattfirnis jedoch ist ein Kind der 70 er Jahre: Er ist ahistiorisch und hat auf älteren Gemälden nichts verloren.
Längst nicht alle Gemälde haben einen Überzug: Begonnen hatte diese Entwicklung 1831 mit Eugène Delacroix’ Gemälde: „Die
Freiheit auf den Barrikaden“, welches er auf dem Pariser Salon ohne Firnis ausgestellt hatte, was ihm als Verstoß gegen maltechnische Regularien und als Ablehnung des akademischen Diktats angelastet wurde. Ihm folgte Anselm Feuerbach mit seiner Weigerung, einen Firnis auf seine Bilder zu applizieren, was ihm den Vorwurf einer „kalkigen“ Malerei einbrachte. Bei Schiele ging die Entwicklung der ungefirnissten Oberfläche noch weiter: Er hat mit mageren, einfachen Kreidegrundschichtaufträgen einen noch viel poröseren Malgrund erzeugt, welchen er teilweise stehen ließ. Pierre Louis Bouvier hatte in seinem Handbuch der Ölmalerei von 1895 ebenfalls einen Firnisverzicht propagiert. Auch bei van Gogh, Deusser, Marc, Macke, Munch, den französischen Impressionisten und Expressionisten etc. ist diese Auffassung vertreten. Nichtsdestotrotz finden sich heute von Restauratorenhand also nach der Entstehung der Gemälde aufgetragene Firnisse auf Werken von Heckel, Kirchner, Nolde, Schmidt-Rottluff etc., während die Leimfarbenmalerei auf Jute von Otto Müller mehrheitlich davon verschont blieb.
Auch die maltechnische Auffassung der bedeutendsten Tiermalerin Österreichs, Norbertine von Bresslern-Roths entspricht ihrer Zeit: Sie lehnt dezidiert einen Firnisauftrag ab, und so sind von ihr nur sehr wenige Gemälde mit einem Firnisauftrag überliefert. Bei allen diesen Gemälden ist der Firnis übrigens eine spätere Zutat, der erst aufgetragen wurde, als sich die Gemälde bereits im Zierrahmen befanden. Das Käthchen von Heilbronn, 1918, nimmt eine Sonderstellung bei Norbertine von Bresslern-Roth ein: Auf einer mager industriell grundierter Leinwand führte sie eine Temperamalerei aus, die sie teilweise überfirnisst. Auf dieser Firnisschicht liegen wiederum partielle matte Temperafarbschichten, welche wiederum einige Ölfarbenhöhungen tragen. Hier spielt und ringt die Malerin mit verschiedenen Glanz- und Mattstufen der Malschichtoberfläche. 2016 zeigt das Universalmuseum Joanneum in Graz eine umfassende Personale dieser Malerin.
Fazit: ungefirnisste Gemälde dürfen also keinesfalls gefirnisst werden. Der Firnisauftrag auf Gemälden erfolgte unter Berufung auf eine weit verbreitete „konservatorische Maßnahme“: In den letzten beiden Jahrhunderten ging man irrigerweise davon aus, dass Bilder mehrere Jahren nach ihrer Entstehung „genährt“ werden müssten, um eine Craquelé-Bildung zu vermeiden. Leider wird diese obsolete Praxis mitunter auch heute noch praktiziert, obwohl längst bekannt ist, dass Klimaschwankungen für die Craquelé-Bildung verantwortlich sind. Manche Restauratoren waren und sind leider bis heute auch beim „Reinigen“ besonders schnell: Sie applizier(t)en einfach auf eine originale, ungefirnisste, verschmutzte Oberfläche einen Firnis, zumeist ohne das Gemälde vorher aus dem Rahmen zu nehmen, und verkauf(t)en das Resultat als „ursprüngliche Frische der Oberfläche“. Bei dieser Maßnahme die künstlerische Ursprungsintention negiert.

Abb. 1: Anonym: „Samson und Dalila“, Öl/Leinen, AG Inv.-Nr. 1195, vor der Restaurierung (Abb. Autor/ Universalmuseum Joanneum).

Abb. 2: Anonym, „Ansicht eines Hafens“, Öl/Lwd., Detail: während der Firnisabnahme, links vom Schiffsmasten nach Firnisabnahme mit Isopropanol (Abb.: Autor).
 
Abb. 3 (a + b): Norbertine von Bresslern-Roth: Detail der ursprünglich erhaltenen ungefirnissten Originaloberfläche (Abb.: Autor/Universalmuseum Joanneum).

Abb. 4 (a): Auf einem ursprünglich ungefirnissten Ölgemälde von Norbertine von Bresslern-Roth erfolgte statt einer Reinigung ein Firnisauftrag im Zierrahmen. Dadurch wurde die Ursprungsintention der Künstlerin verfälscht. (Abb.: Autor).

Abb. 4 (b): Auf einem ursprünglich ungefirnissten Ölgemälde erfolgte statt einer Reinigung ein Firnisauftrag im Zierrahmen. Dadurch wurde die Ursprungsintention des Gemäldes verfälscht. (Abb.: Autor).
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Donnerstag, 11. Februar 2016
Gemälde-Anstückungen
Textile und hölzerne Bildträger wurden manches Mal schon während der Arbeit durch den Künstler selbst oder seiner Werkstatt vergrößert. So lohnt es sich bei Leinwand- und Tafelgemälden genauer hinzusehen. Viele Gemäldeträgerleinwände wurden schon von Beginn an durch Aneinandernähen verschieden großer Leinwandstücke hergestellt. Da die damaligen Webstühle in der Größe limitiert waren, war dies die einzige Möglichkeit größere Flächengebilde zu erzeugen. Diese aneinandergenähten Leinwände sind leicht daran zu erkennen, dass die Grundierungsschicht gleichmäßig die Nähte überzieht und die Komposition über diese Einzelelemente hinweggeht. Prominente Beispiele liefern uns z. B. Jacob Jordaens oder Diego Velasquez liefert uns einige Beispiele hierzu. Auch Holztafelgemälde wurden, wie es dies z.B. bei Peter Paul Rubens vorkommt, um zu größeren Flächen zu kommen, schon immer aus mehreren Tafelteilen zusammengesetzt.
In der Regel sind die Objekte die uns vorliegen, alle schon einmal von Restauratorenhand bearbeitet und dabei „verfälscht“ wurden. So weisen manche Gemälde nicht nur flächige Ergänzungen sondern auch interpretierende Ergänzungen auf. Besonders interessant wird es aber wenn Gemälde, oft lange nach deren Fertigstellung, von Künstlern oder Restauratoren auf eine neue Bildgröße gebracht wurden um z.B. eine symmetrische Hängung mit gleichen Bildformaten zu ermöglichen.
Diese Verfälschungen gehen in zwei Richtungen: einmal wurden Gemälde kleiner gemacht um sie in größeren Zusammenhängen wie z.B. für Ahnengalerien mit lauter gleichen Formaten passend zu machen (man sieht dies an bemalten Arealen im Umschlag) oder einfach weil der ausgewählte neue Zierrahmen zu klein war.
Diese Variante der Manipulation der Originalgröße bezeichnet man mit Beschneidung.
Dabei war häufiger nicht die Angleichung der Bildgröße für eine symmetrische Hängung ausschlaggebend, sondern Beschädigungen. Oft wurden Durchstoßungen des Gewebes dadurch behoben, dass man das Gemälde von Vorne vom Spann- bzw. Keilrahmen abschnitt und auch den beschädigten Teil gleich mit abschnitt da man früher die Technik der Rissverschweißung und des Anränderns noch nicht kannte und meist flächig ohne Umschlag doublierte und neu aufspannte. Dadurch verkleinerte sich das ursprüngliche Format zumindest um den Umspann. Oft verloren Gemälde dadurch auch ihre originale Signatur, welche zumeist in den Randbereiche der Gemälde liegen. Beobachtungen der Mal- und Materialtechnik, vor allem an den Malkanten, sind dabei den Mitteln der Stilkritik objektiv überlegen.
Andererseits wurden Gemälde größer gemacht um sie großzügiger und nicht in einem zu eng bemessenen Rahmen zu präsentieren. Diese Variante der Manipulation der Originalgröße bezeichnet man mit Anstückung. Ob diese original ist oder von späterer Hand durchgeführt wurde, lässt sich zumeist nur durch die Mittel der Stilkritik, der Materialtechnik oder naturwissenschaftlichen Analysen feststellen.
Beide Maßnahmen sind natürlich heute keine gangbare Möglichkeiten mehr. Der Respekt vor dem Kunstwerk verbietet es so zu handeln.
Ist man heute überrascht über soviel Brutalität, so darf man nicht vergessen: in den zurückliegenden Jahrhunderten ging man recht nonchalant mit den Objekten um, selbst Thorvaldsen[3] schlug von den antiken Figuren des Aegineten-Frieses[4] in der Münchener Glyptothek Teile der originalen Skulpturen ab, um seine Ergänzungen mit möglichst geraden Ansatzstellen anzubringen. Die Ergänzungen des berühmten Bildhauers wurden nach dem Krieg wieder abgenommen. Es zeigt sich eindrücklich, dass das Fragment heute ehrlicher und auch „schöner“ empfunden wird als das „vervollständigte“ Kunstwerk.
Wir dürfen also wenn wir Gemälde in der Hand haben, die Summe der erfolgten Restaurierungen auch als Indiz für die Echtheit ansehen. Für wertvoll erachtete Bilder wurden oft behandelt und weisen also eine regelrechte Vita auf: „Habent sua fata pinaces“ – Bilder haben ihre Schicksale. Die zu verschiedenen Zeiten ausgeführten Maßnahmen spiegeln eine Geschichte der zu verschiedenen Zeiten gängigen „Restaurierungsmethoden“ wider, welche nach heutigen Vorstellungen eher Uminterpretationen darstellen.

Abb. 1. Verkleinertes Leinwand-Gemälde: Bemalte Areale befinden sich im Umschlag des Gemäldes. (Abb.: Autor)
Abb. 2. Anstückung eines Leinwand-Gemäldes die Anstückung befindet sich oberhalb des Kopfes der Dargestellten. (Abb.: Autor)

Abb. 3. Anstückung einer Holztafel: Detail: Oberhalb des Kopfes und des Wappens wurde horizontal angestückt. (Abb.: Autor)

Abb. 4. Anstückung einer Holztafel: Detail: Oberhalb des Wappens wurde horizontal ein angestückt. (Abb.: Autor)

Abb. 5. Historische Anstückung an einem Gemälde oben und unten (Mariä Heimsuchung, 16. Jh., Öl/Holz). Die angestückten Teile zeigen sich dunkler als der originale Teil des Gemäldes in der Mitte. Dieser war schon stark verdunkelt und verschmutzt als die Tafel in der damals vorgefundenen Farbigkeit ergänzt wurde. Als dann die erfolgte Firnisabnahme die originale Farbigkeit des Mittelteiles wiederherstellte, zeigten sich die Ergänzungen dunkler (Abb.: Autor)
Anmerkungen
Jacob Jordaens: „Das Bohnenfest“, Bomann Museum, Celle Schloss besteht aus mehreren Leinwandstücken
Diego Velazquez: „Prinz Balthasar zu Pferde“ ist oben gesamt horizontal mit Leinwandstreifen angestückt; „Die Schmiede des Vulkan“ hat an der gesamten linken Seite eine vertikal Anstückung.
Thorvaldsen, Bertel (* 19. November 1770 in Kopenhagen; † 24. März 1844 ebd.) , dänischer Bildhauer. Sohn eines isländischen Holzschnitzers. Mit elf Jahren Schüler der Freischule der Königlich Dänischen Kunstakademie in Kopenhagen bei Nicolai Abraham Abildgaard. 1796–1803 Aufenthalt als Stipendiat in Rom. Anerkennung durch Georg Zoëga und Antonio Canova. 1805 berief dieKöniglich Dänische Kunstakademie in Kopenhagen Thorvaldsen zu einem ordentlichen Mitglied und noch im selben Jahr ehrte ihn die Kunstakademie in Bologna mit einer Ehrenmitgliedschaft. Aufträge von Napoléon Bonaparte. 1818 Professor der Modelklasse an der Akademie der Schönen Künste in Kopenhagen. Das Thorvaldsen-Museum Kopenhagen wurde 1846 eingeweiht und beherbergt im Innenhof das Grab Thovaldsens.
In der Glyptothek in München befindet sich die Giebelgruppen der Ägineten vom Aphaiatempel (Ost- und Westgiebel) in Ägina. Über ein Jahrhundert waren sie mit den Ergänzungen nach einer Rekonstruktion Thorvaldsens in München aufgestellt. Thorvaldsens nachklassizistischen Vorstellungen erfolgte Ergänzungen wurden jedoch wieder entfernt, weil diese sich nicht archäologisch halten ließen.
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Donnerstag, 11. Februar 2016
Echt alt! Bemerkungen zum Craquelé
Mephistos „[…] denn alles was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht […]“ hat absolute Gültigkeit: Nichts ist von Dauer, wir können den Verfall nur um eine bestimmte Zeit aufhalten. Die natürliche, irreversible Degradation von Kunstwerken (Abbau der Bindemittel, Verfärbungen, Craquelébildung) ist im besten Falle durch günstige klimatische Bedingungen und Schutz vor Umwelteinflüssen zu verlangsamen.
Ein Gemälde setzt sich zumeist aus sehr unterschiedlichen Stoffen wie z.B. Holz, Textile Gewebe, in Knochen- oder Hautleim gebundenem Kreidegrund, Aquarell-, Tempera-, Gouache-, oder Ölfarben, Überzüge aus Ölen oder Harzen zusammen. Das Craquelé bildet sich aufgrund von Klimaschwankungen aus, welche sich unterschiedlich im Gefüge auf die verschiedenen Bestandteile eines Gemäldes auswirken. Polymerisierende Farben verhalten sich spröder als lockerer gebundene Farben, dunkle Bereiche eines Gemäldes erwärmen sich stärker als Helle. Deshalb ist ein gleichmäßiges Klima bei der Aufbewahrung von Kunstwerken so wichtig. Ein Alterssprungnetz (Craquelé), welches das gesamte Objekt überzieht, gilt heute zumeist auch als Altersind iz und vermittelt Authentizität. Es wird vom Betrachter grafisch wahrgenommen und als Farbwert zum Bild hinzu addiert. [1]
Wieso sollte man also heute noch dieses wertvolle Altersindiz wegbügeln wollen, wie man es in den letzten Jahrhunderten immer getan hat? Restaurierungen welche das tatsächliche Alter eines Kunstwerkes negieren, lösen Widersprüche aus: Glänzende Oberflächen kollidieren mit craquelierten Farben, zerschrammte Oberflächen entsprechen nicht der durch auffällige Reinlichkeit suggerierten Gepflegtheit alter Objekte. Bei Restaurierungen ist also nicht nur Fachwissen und Erfahrung, sondern auch hohe Sensibilität des behandelnden Restaurators extrem wichtig.
Nicht immer ist ein Craquele reines Altersindiz: maltechnische Fehler des Künstlers können es bedingen: falls die unter der oberen Farbschicht liegende Farbe nicht durchgetrocknet oder asphalthaltig ist, reißt die obere Farbschicht beim Trocknen und bildet ein Frühschwundcraquelé aus. Bis ins 19. Jh. glaubte man auch, „rissig“ gewordene Ölgemälde „nähren“ zu müssen und „behandelte“ diese mit ungeeigneten, oft weichmachenden Substanzen, welche die – im Barock zumeist rötlich eingefärbten Grundierungen – erweichen und diese bisweilen sichtbar durch das Craquelé austreten lassen.
Für viele Fälschungen spielt das Craquelé eine wichtige Rolle: Aber die natürliche Alterung kann überprüft werden, Falten, Craquelé, Spann- und Keilrahmensprünge, Verschmutzungen oder Schüsselbildungen können nicht leicht nachgeahmt werden. Besondere Vorsicht ist also geboten bei neuen, aber künstlich gealterten Objekten. Mit Knochenleim kann Craquelé erzeugt werden, mit Licht und Wärme kann man Farbveränderungen hervorrufen und im Klimaschrank kann man durch Schwinden und Quellen von Bildträgern Risse in der Malschicht erzeugen.[3] Kopien können auf altem Trägermaterial ausgeführt sein. Liegen beispielsweise Signaturen auf einer durchcraquelierten, weil älteren Oberfläche, ist aber schon mit dem Mikroskop erkennbar, dass es sich bei der Signatur um eine spätere Zutat handeln muss.[4]

Abb. 1: Meister des Kreuzigungstriptychons von St. Florian: „Segnung (Krönung) Mariens“, um 1490, Tempera/Fichtenholz, AG Inv.-Nr. 397. Das Detail zeigt das Craquelé der gotischen Tafel. Die Beschriftung ist ebenfalls durchcraqueliert (Abb.: Nicolaus Lackner / UMJ)

Abb. 2: An einem ungünstigen Klima ausgesetztem Gemälde hat sich ein starkes Craquelé ausgebildet (Abb.: Autor).

Abb. 3: Das Craquelé (Detail aus Abb. 2) hat sich bildprägend entwickelt und dominiert die ursprünglich vom Künstler anders gedachte Oberfläche (Abb.: Autor)

Abb. 4: Joannes de Cordua (1630-1702): “Stillleben mit Totenschädel”, Öl/Leinen, doubliert, AG Inv.-Nr. 563, Alte Galerie am Universalmuseum Joanneum. Bei dieser Malschicht tritt die erweichte Grundierung in kleinen Tröpfchen durch das Craquelé aus
(Abb.: Autor/Universalmuseum Joanneum)

Wilhelm Thöny (* 10. Februar 1888 in Graz; † 1. Mai 1949 in New York): „Der Fluss“, Öl/Leinen, um 1925/26, Neue Galerie Graz am Universalmuseum Joanneum. Aufgrund eines maltechnischen Fehlers – die unter der oberen Farbschicht liegende Farbe war noch nicht durchgetrocknet – reißt die obere Farbschicht
(Abb.: Autor/Universalmuseum Joanneum).
Anmerkungen:
Bucklow, 1994, S. 107; ders. 1997, S. 129-140; ders. 2012, S. 285-290
Eipper, 2013, S. 16-41
Helmut Qualtingers „Herr Karl“ liefert eine lustige Fälschergeschichte, in der der Protagonist aufgrund einer Ablehnung an der Akademie zum Fälscher wird und ganz bewusst gefälschte Objekte auftauchen lässt, um einen Kunsthistoriker vernichtend bloßzustellen.
Nicolaus, 1973, S. 40-43; ders. Nicolaus, 1988, S. 18-24
Literatur
Bucklow, S.: The classification of craquelure patterns. In: Conservation of Easel Paintings, Routledge, Oxon 2012, S. 285-290
Bucklow, S.: The description of craquelure patterns. In: Studies in conservation (3), Earthscan Ltd., London 1997, S. 129-140
Bucklow, S.: The Effect of Craquelure. In: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung (1), Worms 1994, S. 104–111
Eipper, P.-B.: Restaurierte Kunstwerke - Im Spannungsfeld von Authentizität und Interpretation. In: Handbuch der Oberflächenreinigung (Eipper, P.-B., Hg.) 3. stark erweiterte und aktualisierte Auflage, Verlag Dr. Müller-Straten, München 2013, S. 16-41.
Eipper, P.-B. : Vom Schwinden des Originals- Zur Wahrnehmung von Kunstwerken. In: Restauratorenblätter (32) Eipper, P.-B. & Engel, P. (Hg.). Verlag Dr. Müller-Straten, München 2014, S. 66-157.
Nicolaus, K.: Signaturen - echt oder gefälscht? in Kunst & Antiquitäten (3), 1988, S. 18-24
Nicolaus, K.: Macro- und Infrarot Untersuchung der Signatur von Rembrandts "Männlichen Bildnis" in Braunschweig. In: Maltechnik Restauro (2), 1973, S. 40-43.
Dipl.-Rest. Dr. Paul-Bernhard Eipper
paulbernhardeipper@gmail.com" target="_blank">paulbernhardeipper@gmail.com
http://www.museum-joanneum.at/das-joanneum/unser-betrieb/ueber-das-joanneum/servicefunktionen/museumsservice/restaurierung/dipl-rest-dr-paul-bernhard-eipper.html
Detailliert zum Craquelé auch: Morosz, Ryszard: Das Craquelé - ein "entspanntes Abbild der Lebensgeschichte eines Gemäldes. http://www.museum-aktuell.de/download/d_65.pdf
Sonntag, 20. Dezember 2015
Wie N24 berichtete, wird derzeit Gold auf den Markt gebracht, das nur außen Gold enthält. Näheres zu gefälschtem Goldgranulat, gefälschten Goldmünzen und gefälschten Goldbarren hier: http://www.aurotest.de/counterfeit_gold.htm
Samstag, 12. Dezember 2015
Wie die SZ berichtet, hat das Berufungsgericht in Versailles ein Urteil von 2013 für ungültig erklärt, nachdem Werner Spies zusammen mit einem französischen Galeristen für sein Falschgutachten zu einem „Beltracchi“-Bild („Tremblement de Terre“, angeblich von Max Ernst) eine Strafe von 652.833 € zahlen sollte. Der Autor des Werkkatalogs habe nicht dieselbe Verantwortung wie ein Verkaufsexperte. SZ v. 11.12.2015, HF2, S.12
Bewertung:
Das Urteil entlastet zwar im Einzelfall Werner Spies und spart dem Bestverdiener eine kleinere Strafzahlung, doch bedeutet das Urteil für den französischen Rechtsraum zweierlei: eine noch stärkere Verantwortung für den Kunsthandel, die sogar so weit geht, den Gutachten und Werkverzeichnissen selbst anerkannter kunsthistorischer Spezialisten noch stärker als bisher zu misstrauen – und ein nahezu haftungsfreies Agieren von Kunsthistorikern im Rahmen von Expertisen und Werkverzeichnissen. Das wertet deren Beurteilungen in Zukunft bis zur Bedeutungslosigkeit herab und spiegelt dabei wider, daß Kunsthistoriker aufgrund fehlender Ausbildung und weit verbreiteter Realitätsferne sich mit Fälschungserkennung kaum auskennen.
Christian Müller-Straten
Freitag, 11. Dezember 2015
Im Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaften der Fachhochschule Köln fand Professor Gunnar Heydenreich mit seinen Kollegen heraus, daß Beltracchi die Leinwand des von ihm gefälschten Nauen-Bildes erst patinierte und dann erst bemalte. Heydenreich zog das Fazit: „Es ist eindeutig sichtbar, dass er hier keine alte Leinwand genommen hat.“ Im vergangenen Jahr hat das Kölner Institut etwa zehn Fälschungen identifiziert. „Alles was teuer ist, ist fälschungsanfällig“, sagt Heydenreich. Dabei ist die RFA-Pistole nicht die einzige Wunderwaffe gegen Kunstfälscher, das Kölner Institut setzt etwa 14 Methoden bei der Fälschungserkennung ein. Die RFA-Pistole kann keine Teerfarben identifizieren, die aus Steinkohlenteer und Erdöl gewonnen wurden. Das kann wiederum ein 2012 mit Hilfe des Landes NRW erworbenes Raman-Mikroskopspektrometer, das mit Laserstrahlen Pigment-Proben von Gemälden analysiert und Rückschlüsse auf synthetische organische Farbstoffe ermöglicht, die seit dem 19. Jahrhundert hergestellt werden. „Wichtig ist, dass wir verschiedene strahlendiagnostische und materialanalytische Methoden anwenden und dass Restauratoren, Naturwissenschaftler und Kunsthistoriker zusammenarbeiten.“
Auch andere Labors wie das Doerner-Institut der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen oder das Rathgen-Labor der Staatlichen Berliner Museen arbeiten mit High-Tech-Geräten. Ein privates Labor betreibt der Chemiker Erhard Jägers in Bornheim bei Köln. Jägers arbeitet u.a. mit einem 120 000 Euro teuren Röntgenfluoreszenz-Mikroskop, das noch empfindlicher als die RFA-Pistole ist. Es kann zum Beispiel die geringen Eisenspuren des seit Anfang des 18. Jahrhunderts gebräuchlichen Berliner Blau erkennen.
Zusammenfassung aus: Dorothea Hülsmeier: Seit Wolfgang Beltracchi dem Kunstmarkt meisterhafte Fälschungen für Millionen Euro unterjubelte, mag kein Experte mehr dem Augenschein trauen.In: Mittelbayerische Zeitung v. 20.8.2013
Sonntag, 29. November 2015
Seit Anfang 2014 werden zunehmend Falschgeldangebote im nicht sichtbaren Bereich des Internet, dem Darknet festgestellt. Gleichzeitig stiegen, wie im gesamten Europa, auch in Bayern die Anhaltezahlen von Falschgeld in starkem Maße an. Eine Beziehung zwischen diesem Falschgeldanstieg und den Angeboten im Darknet steht für die Experten fest.
Falschgeldtäter werden regelmäßig bei der Verausgabung von Falsifikaten entdeckt und auch wegen Geldfälschung angezeigt. Bei ihren Bestellungen wähnen sich diese noch in großer Sicherheit. Sie vertrauen darauf, im Netz keinerlei Spuren zu hinterlassen und so die Ermittlungen zu ihrer Person ins Leere laufen zu lassen.
Tatsächlich hatten sich aber aus laufenden Ermittlungen heraus Hinweise auf Tatverdächtige ergeben, die sich Falschgeld im Darknet bestellt hatten.
Es handelte sich dabei um italienische Fälschungen verschiedener Werte. Die Noten waren in sehr guter Qualität hergestellt worden und nach der Bestellung europaweit per Post versandt worden.
Unter der Leitung des Bayerischen Landeskriminalamtes wurden bei Bestellern aus Bayern am Mittwoch, 11.11.2015 an verschiedenen Orten Bayerns gleichzeitig 16 Wohnungen durchsucht. Dabei waren auch die jeweils örtlich zuständigen Kriminalpolizeiinspektionen beteiligt.
Die Personen stehen in dringendem Verdacht, sich durch Bestellungen im Darknet Falschgeld verschafft zu haben, um dieses anschließend als echt in Verkehr zu bringen. Für alle Wohnungen waren zuvor über die jeweiligen Staatsanwaltschaften durch die zuständigen Amtsgerichte Durchsuchungsbefehle erwirkt worden.
Bei den Maßnahmen konnten in zwei Münchner Wohnungen geringe Mengen an Falschgeld aufgefunden werden. Auch in Mittelfranken wurden konkrete Hinweise auf Falschgelddelikte gesichert.
Weitere sichergestellte Beweismittel müssen noch ausgewertet werden, um die Bestellvorgänge beweiskräftig nachzuweisen. Hierfür wurden durch die Beamten Computer und Speichermedien sichergestellt.
Über das gefundene Falschgeld hinaus führte die Suche auch zum zufälligen Auffinden von Betäubungsmitteln und Waffen sowie verbotenen Gegenständen nach dem Waffengesetz, wie z.B. Schlagringen.
Die Täter erwartet eine Strafanzeige wegen Verbrechen der Geldfälschung. Diese werden nach dem StGB mit Freiheitsstrafen nicht unter einem Jahr bestraft.
Quelle: LKA München
Sonntag, 29. November 2015
Wie mehrere Medien übereinstimmend Ende November 2015 berichten, steht vor der der 7. Strafkammer des LG Regensburg unter Vorsitz der Richterin Dr. Bettina Mielke ein Zahntechniker vor Gericht, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, eine Künstlerin beauftragt zu haben, zahlreiche Gemälde nach dem Stil von Künstlern wie Modersohn-Becker, Giacometti, Chagall, Nolde oder Picasso für ihn hergestellt zu haben, um diese anschließend einem tschechischen "Experten" anzuvertrauen, der diese auf alt trimmen sollte, um anschließend selbst diese Fälschungen im In- und Ausland als originale Kriegsbeutekunst anzubieten. Vorgeworfen wird ihm banden- und gewerbsmäßiger Betrug in 9 Fällen in den Jahren 2007-2010.
Als Verkaufsort wählte er eine Regensburger Tiefgarage oder sein Haus. Dabei soll ein Schaden von 577 000 € entstanden sein. Zu seiner Verteidigung führte der Angeklagte an, er habe die Fälschungen nie als Originale angeboten, sondern als "wie gesehen, ohne Garantie" verkauft. Allerdings hatte er die Werke, die er selbst als Fälschungen in Auftrag gegeben hatte, mit "Expertisen" bislang Ungenannter angeboten, die den Werken ein orignales Alter bescheinigten. Aus dem entstandenen Schaden wird deutlich, daß der Zahntechniker die Werke zu Schnäppchenpreisen angeboten hatte. Dies steht im Widerspruch zu seiner Gerichtsbehauptung, die Originale seien Originale.
Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft 16 Fälle mit einem Millionenschaden angeklagt. Das Landgericht hatte aber einige Fälle nicht zugelassen, bei denen die Originalkünstler nicht vermerkt waren.
Ein verdeckter Ermittler ließ die Sache auffliegen. Auf den Angeklagten aufmerksam geworden waren die Fahnder bereits 2009 durch ein Rechtshilfeersuchen ihrer Kollegen aus Pilsen. Diese führten bereits ein Ermittlungsverfahren gegen eine tschechische Malerin und einen Dritten, der mit Fälschungen handelte. Bei diesem war der Zahntechniker interessanterweise als Kunde registriert. Daraufhin wurde dieser vom LKA überwacht und sein Telefon abgehört. Dabei stellte sich heraus, so die LKA-Zeugin, daß der Angeklagte am Telefon „konspirative Gespräche“ führte, indem er von Büchern statt von Bildern sprach, Gemälde in Tschechien bestellte und sie in seinem PKW dort abholte. Bei einem Grenzübertritt von Tschechien wurden bei einer Kontrolle elf Gemälde ("Flohmarktkäufe") festgestellt. Im September 2010 wurde seine Wohnung durchsucht . Der daraufhin ergangene Haftbefehl wurde rasch gegen Auflagen wieder außer Vollzug gesetzt. Nach seiner Haftentlassung hatte der Angeklagte die dubiosen Werke Auktionshäusern "zur Begutachtung" eingeliefert, um mit deren positive Aussagen die Echtheit der Werke zu reklamieren..
Vor Gericht führte der Angeklagte zunächst aus, seit 50 Jahren Sammler und Maler zu sein. Er habe um 2000 erstmals Kontakt zum tschechischen Händler gehabt und ihm mehrere Bilder für jeweils 6000 $ abgekauft. Die Herstellerin der Fälschungen habe er nie kennengelernt. Erstmals 2002 habe er einem anerkannten Labor den Auftrag für eine Expertise gegeben, um zu sehen ob das Bild „echt“ sei. Die Analyse sei positiv gewesen. Dies bedeute aber nicht, daß es sich um Originale handelt. Die "Expertisen" bescheinigten nur, daß die Fälschungen „alt und gut“ seien. In der Folgezeit habe er 48 "Expertisen" erstellen lassen und dafür um die 100.000 € ausgegeben. Auch habe er seinen Kunden gegenüber nie von Originalen gesprochen, sondern auch in den Kaufverträgen stets „Bilder wie gesehen und ohne Garantie“ festgehalten. Den in der Anklageschrift geschilderten Deal mit dem verdeckten Ermittler bezeichnete der Angeklagte schlicht als falsch. Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte dem „Kunden“ ein Bild von Pechstein für 70.000 Euro verkauft haben, wobei 10.000 € als Sicherungsleistung in bar angezahlt wurden.
Die Sachbearbeiterin des Landeskriminalamtes berichtete hingegen, daß der Angeklagte in seiner Vernehmung eingeräumt hatte, die Bilder als Originale angeboten und verkauft zu haben. Dabei habe er das Märchen erzählt, daß es sich hierbei um echte Kriegsbeutekunst eines Nazis handle, die aus dem Nachlaß des Vaters eines Freundes stamme. Dessen Familie habe sich entschlossen, die Bilder zu verkaufen. Die frei erfundene Story räumte der Zahntechniker ein. Er habe diese nur erfunden, da ihn sein tschechischer Händler um Verschwiegenheit gebeten habe. Ihm selbst habe der Verkäufer gesagt, die Bilder stammten „aus einem Depot russischer Generäle.“
Neben dem in der Anklageschrift aufgeführten Gemälde habe der Angeklagte dem verdeckten Ermittler weitere 22 Bilder zu einem Gesamtpreis von 1,4 Mio. € angeboten. Der Angeklagte machte vor Gericht interessanterweise die Einlassung, die Bilder seien tatsächlich alt. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft seien absurd und unlogisch. Er habe bei dem tschechischen Händler doch Hunderte von Bildern erworben. Er bezweifelte zudem, daß eine einzelne Malerin diese Menge an Künstlern abdecken könne. Die von ihm selbst aufgeworfene Frage, wo denn das ganze alte Material, die alten Farben, herkommen sollen, wurde zu seinem Nachteil allerdings bereits geklärt: Nach Angaben des LKA soll der Angeklagte alte Farben, wie sie von Restauratoren verwendet werden, im einschlägigen Handel für 10 000 € im Jahr bestellt und dem tschechischen Händler zur Verfügung gestellt haben.
Mittwoch, 12. August 2015
Im Prozeß um den angeklagten Kunstfälscher Robert Driessen hat das LG Stuttgart fünf Jahre und drei Monate Haft verhängt. Der Fälscher hatte einen volkswirtschaftlichen Schaden von mindestens 4,75 Mio. € hervorgerufen, die Kunstgeschichte und den Markt mit echten Giacomettis geschädigt. Der Bildhauer war nach seinem Untertauchen in Thailand mit internationalem Haftbefehl gesucht worden und war auf einer Stippvisite in den Niederlanden am Amsterdamer Flughafen festgenommen und an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert worden. Er erklärte nach der Urteilsverkündung, keine Rechtsmittel einlegen zu wollen.
Der 56jährige Bildhauer hatte während des Prozesses ein umfangreiches Geständnis abgelegt. Der Bildhauer soll weit mehr als 1000 Skulpturen von Giacometti gefälscht haben. Ihm war banden- und gewerbsmäßige Urkundenfälschung und Betrug vorgeworfen worden. Das Gericht ging davon aus, dass der Bildhauer selbst rund 390.000 € Gewinn gemacht hat. Die Figuren hatten lediglich einen Materialwert von jeweils rund 100 €.
Passend zu den falschen Figuren erfanden die Komplizen des Bildhauers für den Verkauf eine Legende über die Herkunft der Skulpturen. Ein Mitglied der Bande gab sich als "Reichsgraf von Waldstein" und Freund von Giacomettis Bruder Diego aus. Gutgläubigen Kunstfreunden erzählte er, die Skulpturen stammten aus einem von den Erben Giacomettis geheim gehaltenen Fundus. Zum Beweis der Echtheit und der Legende legte er ebenfalls gefälschte Echtheitszertifikate sowie das Buch "Diegos Rache" vor. Die Fälscherbande war vor sechs Jahren aufgeflogen. Der "Graf" wurde 2011 zu mehr als neun Jahren Haft verurteilt. Insgesamt hat das Landgericht bereits fünf Urteile in dem Fall gesprochen. Weitere Verfahren sind anhängig.
Dienstag, 7. Juli 2015
Bedeutung des Zierrahmens
Der Zierrahmen dient nicht nur zur optischen Einfassung des Gemäldes und gleichzeitigem Schutz von dessen Kanten. Neben der Halterung für die Aufhängung und die Bleche für die Fixierung des Gemäldes finden sich auf ihm oft wichtige Angaben, wie rückseitige Beschriftungen, Stempel und Aufkleber für den Provenienzforscher. Darüber ist der Zierrahmen für das gerahmte Gemälde als unveräußerbarer Bestandteil des Kunstwerks anzusehen. Seit der Gotik ist allgemein anerkannt, dass die Rahmung zum Bild gehört und auch auf dieses abgestimmt ist.[1] So käme bei gotischen Bildtafeln heute niemand auf die Idee den Rahmen von der Tafel zu trennen.
Zwei Bildbeispiele von Malern, die ihre Werke noch im Zierrahmen fertigstellten:

August Deusser (18710-1942) in seinem Atelier um 1911, vor dem Gemälde Viadukt (Hügellandschaft mit Viadukt) um 1911, DBZ 296/WVD 100 im Zierrahmen (Am Boden Selbstbildnis um 1911) DBZ 11/WVD 99 (Abb.: Aus Drenker-Nagels: August Deusser, Wienand Verlag, Köln 1995, Umschlaginnenseite)

Valentin Serov (1865-1911) malt das Portrait von Isaak Levitan im Zierrahmen fertig, 1893 (Abb. Department of Manuscripts, Tretyakov Gallery, Moskau, in: Tretyakov Gallery Magazine (48) 2015, S.32)
Bei Leinwandgemälden verhält es sich in der Praxis aber leider oft gegenteilig. Manche Maler malen jedoch ihre Bilder im Rahmen fertig, weil sie bemüht sind beide Komponenten aufeinander abzustimmen. Deshalb stellen auch in diesen Fällen Rahmen und Gemälde jeweils eine Einheit dar und dürfen nicht getrennt werden. Nicht nur Vincent van Gogh[2] und James Abbott McNeill Whistler[3] gestalteten ihre Zierrahmen passend zum Bild und legten großen Wert darauf, dass die Rahmung als Bestandteil des Gemäldes anzusehen ist und nicht veräußerbar ist. Wenn aber Einrahmer aus lukrativen Gründen, schadhaft gewordene oder vom Eigentümer als unpassend empfundene Zierrahmen austauschen möchten, sollte diese Ansinnen unterbleiben. Es droht nicht nur ein Wertverlust, sondern auch eine Zerstörung der Einheit Rahmen und Gemälde, was die Authentizität der vom Künstler intendierten Gesamteinheit mindert. Im Falle schadhaft gewordener Zierrahmen ist ein Restaurator gefragt und nicht ein Einrahmer!
Hinweise auf im Rahmen fertig gestellter Gemälde liefern nicht nur Verklebungen von Rahmen und Malkanten des Gemäldes wenn diese zeitnah zusammengefügt wurden, sondern auch die im Falz verborgenen Malkanten. Werden solche Bilder ausgerahmt, sieht man an den Malkanten Belege für die Art des Malvorgangs: Im Falz können sich Reste festgeklebter Farbschichten aus der Zeit der Originaleinrahmung, die Aussage über die ursprüngliche Bildoberfläche geben können, finden.
Aber auch wenn die Maler erst nach der Vollendung einen Rahmen aussuchten, hat das ein Gewicht. Nolde rahmte seine Gemälde einheitlich mit schwarzen unprofilierten Plattenrahmen. Auch bei der Tiermalerin Norbertine von Bresslern-Roth haben sich selbst ausgesuchte, einfache, dezent profilierte bzw. Halbrundstab-Zierrahmen aus Holz erhalten. Die Profile variieren leicht, Halbrundstäbe wechseln zu etwas weniger massiv erscheinenden, an den Außenkanten eingefrästen oder nur gebrochenen Kanten. Die Rahmen sind handwerklich solide gefertigt. Die Aufhängungen sind in die Rahmenschenkel als Aussparungen zur Aufnahme der wandseitigen Haken integriert. Die verwendeten Naturhölzer wurden braun, rötlich braun oder schwarz eingefärbt und manchmal mit ungebleichtem bzw. rötlich eingefärbtem Schellack lackiert. Diese sind den Umständen entsprechend relativ gut und wenig überarbeitet erhalten. Daneben gibt es Rundholz-Zierrahmenleisten, welche die Künstlerin mit deckender Ölfarbe in verschiedenen bildverwandten Grautönen gestrichen hat.
Handelt es sich also um einen historischen Rahmen oder originalen Künstlerrahmen, hat der gesamte Rahmen (Vorder- und Rückseite) einen kulturhistorischen Wert. Jede Manipulation, wie neue Schraubenlöcher für eine verbesserte Einrahmung oder Aufhängung, aufgesetzte Leisten in Schenkelbreite des Rahmens, die Aufschriften überdecken und Provenienz-Aufkleber durchbohren, trägt zur Reduzierung der Rahmensubstanz bei und bedeutet Informationsverlust.
Nicht unerwähnt bleiben sollen noch die teils gravierenden, uminterpretierenden Auswirkungen von (Neu-) Rahmungen präsentierter Bilder in unseren Museen. Umso tragischer ist dort die heute immer noch anzutreffende Unsitte bei Kuratoren und Kunsthistorikern, Zierrahmen auszutauschen und durch geschmäcklerische Neurahmungen zu ersetzen. Auch wenn wir es aus zahllosen Kunstpublikationen gewohnt sind, Bilder immer ohne ihre Zierrahmen abgebildet zu sehen, bewegen wir uns mit dieser Praxis bereits nahe an der Zerstörung der Authentizität eines Kunstwerkes: ich möchte sogar soweit gehen und fragen, ob derartige Umrahmungen durch museale Kuratoren (ebenso wie falsche Rekonstruktionen durch Restauratoren) die Wahrnehmung der Originale verfälschen.

Abb. 1: Ludwig Hans Fischer (1848–1915), Garten vor dem königlichen Schloss Korfu, 1888, Öl/Leinen, Österreichische Galerie Belvedere, Wien, Inv.-Nr. VI/9. Im Randbereich (Zierrahmenfalz) vom Maler stehen gelassene Grundierung und Unterzeichnung. Der Maler hat das Bild im Rahmen fertiggemalt (Abb.: Autor). Weitere Abb.: Eintrag Malkanten

Abb. 2: Ölfarbe am Zierrahmen weist auf eine Fertigstellung des Gemäldes im Rahmen hin (Abb.: Autor).

Abb. 3: Rückseite eines Tafelgemäldes im Zierrahmen. Der Zierrahmen weist Löcher von früheren Befestigungen auf (Abb.: Autor).
Abb. 4: Durchbohrung eines gotischen Rahmens zur Aufnahme der Aufhängung (Abb.: Autor).

Abb. 5: Aufhängung an einem gotischen Rahmen (Abb.: Autor).
 
Abb. 6: Klebeaufhängung auf der Beschriftung des Künstlers (Abb.: Autor).
Abb. 7: Nach Abnahme der Klebeaufhängung sichtbare Beschriftung des Künstlers (Abb.: Autor).
Friedrich Schlegel (*10. März 1772 in Hannover; † 12. Januar 1829 in Dresden): "Jedes Kunstwerk bringt den Rahmen mit auf die Welt..." Fragmente zur Poesie und Literatur (Eichner, H., Hg.) Schöningh Verlag, Paderborn 1991, S. 1-639
Vincent van Gogh (* 30. März 1853 in Groot-Zundert; † 29. Juli 1890 in Auvers-sur-Oise) niederländischer expressionistischer Maler
James Abbott McNeill Whistler (10. Juli 1834 Lowell MA, USA – 17. 7.1903 London, GB) amerikanischer Maler
Dienstag, 7. Juli 2015
Gemälde-Beschneidungen
Es gibt Gemälde , die „angestückt“, d. h. vergrößert wurden, um sie für eine bestimmte Präsentationsform nachträglich passend zu machen. Die Originalgröße eines Kunstwerks kann aber auch in der umgekehrten Richtung manipuliert werden: Mittels sog. Beschneidungen schnitt man Bilder etwa für ausgewählte kleine Zierrahmen zurecht.
Viel häufiger waren allerdings Beschädigungen der Anlass für eine Beschneidung: War eine Bildleinwand etwa durchstoßen, behalf man sich damit, das Gemälde vorderseitig vom Spann- bzw. Keilrahmen abzuschneiden – den beschädigten Teil des Bildes hat man gleich mit abgeschnitten. Dadurch verkleinerte sich das ursprüngliche Format zumindest um den Umspann. Oft verloren Gemälde dadurch auch ihre originale Signatur, welche zumeist in den Randbereichen der Gemälde zu finden ist. Beobachtungen der Mal- und Materialtechnik, vor allem an den Malkanten, sind dabei den Mitteln der Stilkritik objektiv überlegen. Heute würde man eine durchstoßene Leinwand natürlich nicht mehr mit solchen drastischen Maßnahmen „retten“. Derartige Beschädigungen können etwa mittels Riss-verschweißung exakt geschlossen werden.


Verkleinertes Leinwand-Gemälde: Bemalte Areale befinden sich im Umschlag des Gemäldes. (Abb.: Autor/Universalmuseum Joanneum)
Schon in Zusammenhang mit nachträglich vergrößerten Leinwänden haben wir festgestellt, dass Restaurierungs-methoden, die heute undenkbar erscheinen, einen Teil ihrer Geschichte ausmachen, weswegen auch für beschnittene Gemälde gilt: Bilder haben ihre Geschichte! Nur wer genau hinsieht, kann sie sehen.
Dipl.-Rest. Dr. Paul-Bernhard Eipper
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Montag, 6. Juli 2015
Malkanten
Im Zierrahmenfalz finden sich oft Hinweise verborgen, welche Anhaltspunkte nicht nur auf die ehem. Farbigkeit eines Gemäldes liefern, sondern auch Indizien zur Herstellung und zur Geschichte eines Bildes geben. Viele Maler haben ihre Gemälde im Rahmen fertig gemalt auf das Bild auf den Zierrahmen abzustimmen. Hier finden sich Informationen die der Fälscher nicht hat.
Aber auch Hinweise zur ehemaligen Farbigkeit finden sich dort. Die meisten Farben und Bindemittel verändern sich durch Klima und Lichtbelastung. Der Falz eines Zierrahmen schützt diese Kante und verbirgt dem Kopisten oder Fälscher wichtige Informationen. Der Kopisten oder Fälscher geht immer von der die Farbigkeit des jeweiligen Jetztzeitpunktes aus. Zur Entstehungszeit sah das Objekt aber zumeist anders aus.
 
Abb. 1: Cuno Amiet kopierte 1907 das Gemälde „Zwei Kinder“ von Vincent vanGoghs aus dem Jahre 1890. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte sich das Gemälde vanGoghs farblich verändert: Diese Verblassung kopierte Amiet mit. Zum heutigen Zeitpunkt aber hat sich das Gemälde vanGoghs noch weiter verändert: Cuno Amets mit stabileren Farben ausgeführte Kopie legt heute Zeugnis von der originaleren Farbigkeit des Gemäldes van Goghs ab (Abb. aus: Pohlmann, A. & Schäning, A.: „Flying Colours“, Lichtechtheitstests an Künstlerfarben im 18. und 19. Jahrhundert – und heute. In: Restauro (7), 2011, S. 21- 29)


Abb. 2: Johann Georg Platzer (1704–1761), Allegorie auf den Geschmack, Öl auf Kupfer, AG. Inv.-Nr. 855, 38,7 x 24,7 cm, Alte Galerie, Universalmuseum Joanneum, Graz, Detail links unten (Abb.: Autor)
Eine erhaltene Malkante ist auch ein Indiz dafür, dass das Gemälde nicht beschnitten wurde, d.h. in seinen Ausmaßen nicht verändert wurde. Dies war bei früheren Restaurierungsmaßnahmen durchaus üblich; Man schnitt damals die Gemälde häufig einfachheitshalber vom Spannrahmen und verkleinerte sie dadurch beim Neuaufspannen, da man ja wieder Material für den Umspann benötigte.

Abb. 3: Carlo Innocenzo Carlone: „Verherrlichung eines Fürsten“, Öl/Leinen, AG Inv.-Nr. 576. Detail: die grundierte Leinwand wurde um die Malerei herum nicht bearbeitet. Malkante mit Pinselabstrich Alte Galerie, Universalmuseum Joanneum, Graz (Abb. Autor)

Abb. 4: Ludwig Hans Fischer (1848–1915), „Garten vor dem königlichen Schloss Korfu“, 1888, Öl/Leinen, Österreichische Galerie Belvedere, Wien. Im Randbereich (Zierrahmenfalz) vom Maler stehen gelassene Grundierung und Vorzeichung. Der Maler hat das Bild im Rahmen fertiggemalt (Abb.: Autor).
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Abb. 5 : Leopold Heinrich Voescher (1830–1877), „Landschaft aus dem oberen Etschtal“, um 1870, Öl/Holz, Neue Galerie Graz, Universalmuseum Joanneum, Graz. Malkante rechts oben (Abb.: Autor).

Abb. 6: Paul Schad-Rossa (1862–1916), „Eden“, 1900, Mischtechnik auf Holz, Neue Galerie Graz, Universalmuseum Joanneum, Graz. Der Maler hat das Bild im Rahmen zumindest fertig gemalt, worauf nach unten ablaufende, dunkle Farbe hinweist (Abb.: Autor).

Abb. 7: Friedrich Gauermann (1807-1862): „Eber, von Wölfen angefallen“, 1844, Öl/Eiche, NG Inv.-Nr. I/497, Neue Galerie am Universalmuseum Joanneum, vom Zierrahmen verdeckte originale Malkante des hölzernen Bildträgers (Abb.: Autor)
Hinweise zur originalen Oberfläche kann die vom Zierrahmen verdeckte Gemäldekante enthüllen: Bei manchen „Restaurierungsmaßnahmen“ wurde ein Bild, ohne es vorher auszurahmen, im Zierrahmen gefirnisst. Der Firnisauftrag auf diesen Gemälde erfolgte unter Berufung auf eine weit verbreitete „konservatorische Maßnahme“: In den letzten beiden Jahrhunderten ging man irrigerweise davon aus, dass Bilder mehrere Jahren nach ihrer Entstehung „genährt“ werden müssten, um eine Craquelé-Bildung zu vermeiden. Leider wird diese obsolete Praxis mitunter auch heute noch praktiziert, obwohl längst bekannt ist, dass Klimaschwankungen für die Craquelé-Bildung verantwortlich sind. Manche Restauratoren waren und sind leider bis heute auch beim „Reinigen“ besonders schnell: Sie applizier(t)en einfach auf eine originale, ungefirnisste, aber nach Jahren verschmutzte Oberfläche einen Firnis, zumeist ohne das Gemälde vorher aus dem Rahmen zu nehmen, und verkauf(t)en das Resultat als „ursprüngliche Frische der Oberfläche“. Leider wird auch bei dieser Maßnahme die künstlerische Ursprungsintention negiert. Liegt zwischen Auftrag des Firnisses und der Fertigstellung der Malerei viel Zeit, kann man davon ausgehen, dass der Firnis nicht historisch ist, also nicht von Künstler stammt. Glücklicherweise sind später aufgetragene Firnisse zumeist nachweisbar und in der Regel wieder zu entfernen.

Abb. 8: Norbertine von Bresslern-Roth: Tigerkatze, Öl/Leinen, um 1920, NG Inv.-Nr. 265, Neue Galerie Graz, Universalmuseum Joanneum, Graz. Firnisauftrag im Zierrahmen auf ursprünglich ungefirnisster Malerei (Abb.: Autor).

Abb. 9: Firnisauftrag im Zierrahmen auf ursprünglich ungefirnisster Malerei (Abb.: Autor).
Dipl.-Rest. Dr. Paul-Bernhard Eipper
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http://www.museum-joanneum.at/das-joanneum/unser-betrieb/ueber-das-joanneum/servicefunktionen/museumsservice/restaurierung/dipl-rest-dr-paul-bernhard-eipper.html
Dienstag, 9. Juni 2015

Neue Galerie Graz:
In der Reihe "Filtercafé" findet am 19.6. eine museumspädagogische Veranstaltung mit Andrea Fian und Markus Waitschacher um 15.00 h statt. Der Eintritt kostet nur 2,50 € INKLUSIVE Kaffee!!!
Eine Veranstaltung, in der es u.a. um Originalitätsfragen, Copyright, Urheberrecht, Fälscher als Helden geht. Man wird sich auch die Frage stellen: Wieviele Fälschungen vertragen wir?
Das Joanneum gehört seit Jahren zu den wenigen Einrichtungen im deutschsprachigen Raum, die offensiv mit diesem Thema umgehen.
Samstag, 28. März 2015
Die Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ) warnt nach einem Bericht in der WELT vor vermeintlichen Baureihen-Topmodellen, die sich nur bei ganz genauem Hinsehen als gefälscht herausstellen.
"Als die Fahrzeughersteller in den 1960er- und 1970er-Jahren ihr Produktportfolio erweiterten, boten sie neben Basismodellen verstärkt Baureihen-Topmodelle wie BMW 2002 ti, 911 Carrera RS 2,7 oder NSU TT/TTS an, die heute bei Liebhabern besonders begehrt sind. Und deshalb zunehmend zusammengestückelt werden.
Dabei muss man unterscheiden: Ein Basismodell kann mit den entsprechenden Teilen heute noch zum Topmodell aufgerüstet werden. Derartige Umbauten sind in der Regel zulässig und verhindern die Einstufung des Fahrzeugs als Oldtimer nicht. Die ursprüngliche Fahrzeug-Ident-Nummer (FIN) wird unverändert belassen, so ist jederzeit erkennbar, dass der Klassiker umgebaut wurde.
Allerdings beobachten die GTÜ-Sachverständigen, dass immer häufiger Original-Kfz-Briefe der Topmodelle ohne Fahrzeug zum Kauf angeboten werden. Hat ein "Umbauer" einen solchen vorliegen, ist offenbar für nicht wenige die Versuchung zu groß, das umgebaute Fahrzeug mit der zum Brief passenden FIN zu versehen und dadurch den Wert des Fahrzeugs zu vervielfachen.
Eine gefälschte FIN erkennt man nach Angaben der Sachverständigen zum Beispiel daran, dass Schlagtiefe und Gravur vom Original abweichen. Schwieriger erkennbar wird die Fälschung, wenn zum Beispiel beim Porsche 911 ein Stück des Gepäckraumbodens mit der original eingeschlagenen FIN in das Fahrzeug eingebaut wird. Da die verräterischen Teile meist überlackiert sind, kann man die Täuschung hier nur schwer erkennen.
Deshalb sollte ein Käufer darauf achten, dass die Fahrzeughistorie lückenlos nachvollziehbar dokumentiert und außerdem die Lackierung im Bereich der FIN im Auslieferungszustand ist. Ist die Karosserie erkennbar umfangreich "restauriert" und die Historie unvollständig, ist das Risiko einer Fälschung extrem hoch, warnt die GTÜ." [Anonymus: Gefälschte Oldtimer im Kommen. Risiko beim Klassiker-Kauf. In: Die Welt v. 27.3.2015, http://www.welt.de/138862045)
Samstag, 7. März 2015
Video der Tagesschau auf Deutsch zur Pharaonenausstellung der VÖLKLINGER HÜTTE (verlängert bis 12.4.2015)
Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte entführt seine Besucher in die Welt des Alten Ägypten. Die 250 hochkarätigen Exponate stammen aus dem Museum Egizio Turin, dem ältesten ägyptischen Museum der Welt mit einer der international bedeutendsten Sammlungen zur altägyptischen Kultur. Nahezu alle dieser Leihgaben sind erstmals in Mitteleuropa, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Belgien zu sehen. Damit wird das Weltkulturerbe Völklinger Hütte für einige Monate zu einem internationalen Zentrum der altägyptischen Kultur.

Video auf Deutsch zur Ausstellung " Die große Illusion. Veristische Skulpturen und ihre Techniken" des Frankfurter Liebieghauses
Samstag, 7. März 2015
Video von GLASBAU HAHN über erdbebensichere Vitrinen
Video von GLASBAU HAN über Luftprobenentnahme bei Hahn Pure Vitrinen
Video auf DEUTSCH der Deutschen Welle "Weltmeister" über High-Tech-Vitrinen von GLASBAU HAHN
Mitglieder der Inhaberfamilie stellen die Hahn'sche Eckglasverklebung, Stickstoffvitrinen und eine besonders große Vitrinen für das V&A vor.
Freitag, 6. März 2015
Video in Deutsch zum Kunst-auf-Lager-Bündnis
Donnerstag, 5. März 2015
Video in English
This is the corporate video of Bruynzeel Storage Systems. Bruynzeel is specialised in organising your space.
First, Katrine Mesbjerg, Historian and Archivist at the Labour Movement Archives in Copenhagen, had to move from their former location with large space to a location with relatively small space. For this reason, Bruynzeel delivered an innovative two floors storage solution so each item could be restored easily without losing more storage space.
Next, Ado Nika, a Lawyer at Pfefferle Helberg, explains why they choose for Bruynzeel as their physical storage supplier. On the one hand they found it important to have a functional office and on the other hand they didn't want to lose the transparency of the building and they wished to retain the feeling of openness and spaciousness. In addition, with the mobile storage systems of Bruynzeel they could store twice as much file in the same number of square meters.
Thereafter, Bram Janssens, depot responsible of the MAS in Antwerp, argues that in order to give the visitors a view in the depot there has been chosen for a show installation. As the collection is always growing, Bram found it important that the durability of the installation is consistently.
Finally, the Head of Library Services at Canterbury Christ Church University Pete Ryan, comes in the picture. He was in need for library shelving. Both static shelving and mobile shelving has been delivered to this university. He talks about the teamwork he had with Bruynzeel Storage Systems in terms of services, development, and the extent of involvement as a customer.
Video in English on details of xpedeo multimedia guide,
Video in English on MILA WALL ARCHITECTURE by MBA, Reutlingen
Video on ROBLON Sideglow Starry Sky, without off-tone.
"Once and Today: Extensive Video in English on the history of BEYERDYNAMIC.
Donnerstag, 5. März 2015
Donnerstag, 5. März 2015
Donnerstag, 5. März 2015
Donnerstag, 5. März 2015

Video with background music on GERMANISCHES NATIONALMUSEUM, Nuremberg
www.youtube.com/watch
Sonntag, 7. Dezember 2014
Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung zufolge wurden u.a. für deutsche Pharmahersteller von der indischen Firma GVK Bio in Hyderabad (Telangana) seit Jahren systematisch Tests and Menschen gefälscht. "Im Frühjahr 2014 hatte die französische Arzneimittelüberwachungsbehörde ANSM bei einer Stichprobe festgestellt, daß GVK Bio in allen neun überprüften Studien" manipuliert hatte (SZ v. 5.12.2014). Die Folge: Etlichen deutschen Pharmaunternehmen droht aufgrund mutmaßlich gefälschter medizinischer Studien der Entzug von Medikamentenzulassungen. Im Zeitungsbericht genannt werden Betapharm und Hexal. Derzeit werden die Zulassungen EU-weit geprpüft.
Gesundheitsgefahren für Verbraucher sind nicht derzeit bekannt.
Samstag, 6. Dezember 2014

Außenwandung des Gefäßes mit virtuell freigestellten Fragmenten. Foto: Daniel Habe, Österr. Gießerei-Institut
Über die Anwendung der Computertomographie in der Echtheitsprüfung eines Bucchero pesante Gefäßes berichtet:
Robert Fürhacker: Untersuchung historischer Keramikrestaurierungen mittels Computertomografie am Beispiel
Samstag, 6. Dezember 2014

Grinsendes Gesicht und seltsame Zeichen sowie "modernes Industriegold" (Pernicka): Die dubiosen Funde vom Kranzberg. Quelle: http://www.uni-frankfurt.de/47314657/40_Bernstorf?
Näheres unter
Christian Müller-Straten: The Kranzberg treasure: desaster or sensation? In: EXPOTIME! October 2014, p. 49-55 (mit Plan und großen Abbildungen) sowie
Christian Müller-Straten: Die Funde von Kranzberg: Desaster oder Sensation? In: MUSEUM AKTUELL, H. 215, Oktober 2014, S. 24-28
Samstag, 6. Dezember 2014
Soll auch der Fälscher dieses Bronze-Kopfes, angeblich aus augustäischer Zeit
(in der Fälschungsausstellung in Halle/Saale), rezent gegossen aus antikem Metall,
ein Copyright besitzen?
Werkstatt des „Spanischen Meisters“: Bildnis des Kaisers Augustus, Ende 20. Jh. , Bronze, H 33 cm,
Schweizer Privatbesitz. Foto (links): Georg Pöhlein, Erlangen. Foto rechts: Adelheid Straten
Christian Müller-Straten:
Kopfstand für das Copyright. Anmerkungen zu drei neueren kunstwissenschaftlichen Publikationen zum Thema Fälschung
Seit einiger Zeit gilt das Thema Fälschung auch in der universitären Kunstgeschichte als Erkenntnisobjekt. Nicht zu verwechseln ist dies mit kunstwissenschaftlichen Einzelstudien zu Echtheitsfragen. Beispielhaft für den neuen Forschungsansatz sind hier Prof. Dr. Henry Keazor, Universität Heidelberg, und seine Doktorandin Tina Öcal, Stipendiatin der Gerda Henkel-Stiftung, zu nennen, die vor allem im Zusammenhang mit dem Beltracchi-Skandal mit mehreren Veröffentlichungen zum Thema Fälschung an die Öffentlichkeit traten. Historischen Fälschungsthemen wenden sich Keazor und Öcal ebenfalls zu. Sie gehen davon aus, daß Fälschungen auch Zeitdokumente des fachwissenschaftlichen Forschungsstandes, der jeweiligen Rezeption von Kunst, aber auch der Sammlungsgeschichte sind. Dieser neue Ansatz ist auf jeden Fall zu begrüßen.
Die deutsche Kunstgeschichte der Nachkriegszeit definierte sich zunächst über positivistisches Faktenwissen und in der ersten Jahrhunderthälfte im Unterscheiden von „Epochen, Stilen, Werken“. Ihre heutige Verschulung dient kaum der Ausbildung von Kennerschaft, sondern ist auf Bildwissenschaft, Ikonologie, Semiotik und Neue Medien fokussiert. Eine historische und gesellschaftswissenschaftliche Kontextualisierung war bis in die 70er Jahre unüblich, an Naturwissenschaften gar nicht zu denken. In den späten 60er Jahren kamen erste sozialhistorische Ansätze auf, Wahrnehmungspsychologie oder gar Ästhetik konnten einbezogen werden. Aber umgekehrt war in den Naturwissenschaften auch kaum Raum für den Fortschritt in den hermeneutischen Wissenschaften. Die heutige multidisziplinäre Kooperation ist nicht zuletzt auch die Konsequenz aus vorausgegangenerr Grundlagenforschung.
Der zeitweilig unübersehbare Medienrummel und die Vermarktungsstrategien im Zuge der Verurteilung des Bandenkriminellen Beltracchi, die Analyse seines Vorgehens, insbesondere im Hinblick auf die unheilige Allianz aus Kunstmarkt und Kennerschaft beanspruchenden kunstwissenschaftlichen Expertisen lieferten die Anlässe, neue Erkenntnisse abzuleiten. Das lange wissenschaftlich vernachlässigte Thema Fälschungen bekam 2010/2011 in Heidelberg offiziell ein Zuhause. Kunsthistorische Verdrängungskünste greifen nicht mehr. Nun wird bewußt, wie infiltriert der Gegenstand dieser Wissenschaft ist und wieviele Fälschungen sich in unseren Privatsammlungen und Museen befinden. Hier zunächst ein Blick auf:
Tina Öcal: „Imagines ad aemulationem excitant“. Kunst- und sozialtheoretische Überlegungen zu den Fälschungen Wolfgang Beltracchis im Fokus frühneuzeitlicher Überbietungsdynamiken. In: IMAGO, Bd. 2, 2013. Hg. von Manfred Clemenz et al. S. 181-193 978-3-8379-2264-6
Diese 13seitige bildtheoretische Analyse macht interessante Beobachtungen und ist auch lesenswert wegen der erschlossenen Zusammenhänge. Dennoch läßt die Lektüre den Leser erstaunen; denn wo eigentlich illustrierende Abbildungen zu den Argumenten zu erwarten gewesen wären, befinden sich oberhalb der Bildunterschriften lediglich rahmende Platzhalter, die mit Weblinks auf die Abbildungen gefüllt wurden. Auf Nachfrage erklärte die Autorin dazu, daß der Herausgeber/Verlag auf diesem Modell bestanden hätte, da Beltracchi ein Copyright für seine Fälschungen beanspruche. Nun: Beanspruchen kann man ja viel, die geltende Rechtslage sieht jedoch ein Copyright-Recht vor, das den gefälschten Künstler schützt und nicht den Fälscher. Und zudem gibt es das Bildzitatrecht für wissenschaftliche Arbeiten. Auf dieses Bildzitatrecht der Wissenschaft kann weder der gefälschte Künstler noch ein Fälscher Einfluß nehmen.1
Tina Öcal war wohl mit der Lösung dieser 2012 gegründeten Zeitschrift IMAGO2 nicht einverstanden und veröffentlichte auf dem Server der Universität Heidelberg denselben Aufsatz als PDF3 mit eingebauten Bildern. Dies ist vom Copyright-Recht und speziell durch die Ausführungen zum Bildzitat gedeckt und spiegelt die derzeitige etablierte rechtliche Praxis.
Im Frühjahr erschien:
Henry Keazor; Tina Öcal (Hg.): Der Fall Beltracchi und die Folgen. Interdisziplinäre Fälschungsforschung heute. Berlin; Boston: de Gruyter 2014. 260 S., zahlr. Farbabb. 978-3-11-031589-9
Dieser Sammelband mit acht Beiträgen verschiedener Autoren unter der Ägide Keazors und Öcals wird von Öcal als „Studie“ bezeichnet. Der Reader vereint Autoren unterschiedlichster Fachrichtungen und Auffassungen; etwa die anspruchsvollen englischen Analysen von Jilleen Nadolny und Nicholas Eastaugh (von Art Access & Research, London), oder rechtliche Aspekte (Anton; Klemmer), auch Beobachtungen zum Kunstmarkt von der BVDG-Geschäftsführerin Birgit Maria Sturm.
Daß erwartbare Positionen und Autoren in diesem Reader nicht auftauchen, ist nicht so gravierend. Überraschend ist aber der Beitrag von Manfred Clemenz, insofern, als er versucht, Beltracchi gerade in seinen Fälschungen als genialen Künstler zu begründen.4 Der erstaunlich vielseitige Clemenz ist emeritierter Soziologe, Psychotherapeut, Künstler und Kunsthistoriker. Er ist aber auch der Herausgeber der Zeitschrift IMAGO; und so erklärt sich – was bei Öcals zuerst erschienenem Artikel bereits auftauchte – daß in dieser „Studie“ die Behauptung und Unterstellung, Fälscher wie Beltracchi besäßen ein Copyright, explizit weiter getrieben wird. Allerdings ist in diesem Band nicht Clemenz der Herausgeber, sondern Keazor und Öcal. Beide haben nun zu vertreten, daß in diesem, ein Jahr nach dem Öcal-Aufsatz erschienenen Buch, beide auf Fälschungen spezialisierten Autoren aus freien Stücken und ohne Not, sich zur Rechtsauffassung von Clemenz und Beltracchi versteigen, Fälscher wie er besäßen durchaus ein Copyright auf ihre Machwerke.
Diese absurde Rechtsauffassung ist allerdings im Band kunstvoll versteckt, sodaß es zunächst kaum auffällt; ein Beispiel: So wird Beltracchis Pechstein-Fälschung „Liegender Akt“ auf S. 230 als Fig. 34 abgebildet, ohne Copyright-Angabe. Diese steht hinten im „Bildnachweis“ auf S. 252, und zwar mit dem ominösen Vermerk „Rathgen Forschungslabor, Berlin © Wolfgang Beltracchi“. Die Bildvorlage stammt demnach vom Berliner Institut, während gleichzeitig so getan wird, als besäße der als Fälscher verurteilte Beltracchi auf sein Fake ein Copyright. Ob das Rathgen Forschungslabor bei der Fotografie und dessen Veröffentlichung das angebliche Copyright des Fälschers beachtet haben wollte, bleibt als Frage im Raum stehen. Weitere Aufschlüsse erhält man dann auf der unpaginierten Impressumseite: „Alle hier dargestellten [sic] Bilder … sind durch den jeweiligen Produzenten urheberrechtlich geschützt … Die HerausgeberInnen und AutorInnen möchten an dieser Stelle dennoch für die freundliche Genehmigung zum Nachdruck von Copyright-Material danken.“ Die beiden Kunsthistoriker gingen demnach davon aus, daß Beltracchi-Fälschungen urheberrechtlich geschützt seien (!). Und sie scheinen bei einem verurteilten Fälscher um Genehmigung zum Abdruck seiner Fälschungen angefragt haben. Nach den bisherigen Erfahrungen dürften Beltracchi und seine Anwälte diesem unterstellten Recht kaum ohne Auflagen entsprochen haben.
Die Herausgeber können sich hier nicht mehr hinter einem scheinbar eingeknickten Verlag verstecken. Sie selbst werden nun zum Opfer, weil sie das ihnen zustehende Bildzitatrecht für wissenschaftliche Veröffentlichungen nicht nutzen, sondern sich partikularen Interessen und Rechtsauffassungen beugen und dies mit der eigentlichen Rechtslage verwechseln, um angeblich „auf der sicheren Seite zu sein“.5 Aus dieser Zielsetzung geht jedoch eindeutig hervor, daß die Herausgeber gar kein vorliegendes Copyright Beltracchis bestätigen, sondern eines von sich aus unterstellen. Anzunehmen ist, daß sie hierbei – von wem auch immer – irregeführt oder getäuscht wurden.
Es ist also wohl nötig, zur Erläuterung auf das Urheberrecht einzugehen. Nicht Gegenstand dieser Zusammenfassung sind eigenhändige Arbeiten von Beltracchi die er mit seinem Echtnamen signiert hat. Diese unterliegen sicherlich dem Copyright. Hier geht es um eindeutige Fälschungen, die vom Fälscher selbst als Fälschungen bezeichnet werden und die gefälschte Signaturen der gefälschten Künstler aufweisen. Hierbei spielt es zunächst keine Rolle, ob es sich um relativ sklavische Fälschungen (wie im oben erwähnten Fall der Pechstein-Fälschung) oder um Fälschungen „in der Art von“ handelt, die typische Bildmotive und Malweisen eines Dritten ausbeuten. Nicht zur Diskussion steht hier auch die schiefe Rechtsauffassung, die kopierten eigentlichen Künstler besäßen ein Copyright an Fälschungen ihrer Werke. Dieses Recht besitzen sie natürlich nicht, denn sie haben diese Fälschungen ja nicht selbst geschaffen. Fälschungen, die eine gefälschte Signatur aufweisen, sind nach deutschem Recht zugleich Urkundenfälschungen und Verstöße gegen bestehende Copyrights. Betrug kann hinzukommen.
Das ©-Zeichen stellt ein Symbol zur Kennzeichnung eines bestehenden (nicht etwa eines lediglich behaupteten!) Schutzes dar. In Deutschland greift die Urhebervermutung des § 10 UrhG bei der Verwendung des © in Verbindung mit dem Namen einer natürlichen Person sowie für alle genannten eine Nutzungsrechtsvermutung.6 Das Copyright ist die Folge des Urheberrechts, das zunächst das subjektive und absolute Recht auf den Schutz geistigen Eigentums in ideeller und materieller Hinsicht bezeichnet. Geschützt sind in Deutschland „Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst“. Das Erfordernis der Originalität gehört zu den Kernelementen des modernen Urheberrechts. Nicht geschützt ist also das wenig originelle Ausbeuten von Bildfindungen oder typischen Bildmotiven eines Künstlers. Schützenswert ist nur, was Ausdruck der innersten Persönlichkeit des Schöpfers ist. Sprache, eine allgemeine Maltechnik oder historische Daten und Geschehnisse können nicht Objekt des Urheberrechts sein.
Urheberrechtsverletzungen werden in vielen Rechtsordnungen nicht gesondert geregelt, sondern unterliegen den Regeln des Zivilprozeßrechts, des Deliktsrechts und des Strafrechts. Zivilprozeßrechtlich ist besonders der einstweilige Rechtsschutz von Bedeutung, um durch schnelles Handeln irreparable Schäden abzuwenden. Die Konfiszierung von gefälschten Werken kann sich somit auch, neben anderen Begründungen, auf Urheberrechtsverletzungen berufen.
In Deutschland wurde das heute noch gültige deutsche Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz – UrhG) am 9.9.1965 verkündet. Es löste insbesondere das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst (LUG) vom 19.6.1901 und weitgehend das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (Kunsturheberrechtsgesetz – KUG, KunstUrhG) vom 9.1.1907 ab.
Durch das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft (§ 13 UrhG) ergibt sich, daß der Urheber bestimmen kann wie, wann und ob sein Werk mit einer Urheberbezeichnung versehen werden soll. Die Vorschrift wird ergänzt durch § 107 UrhG, wonach ein fälschliches Anbringen einer Urheberbezeichnung durch einen Dritten bestraft wird (mit Geldstrafe oder bis dreijähriger Freiheitsstrafe). Schließlich versetzt § 14 UrhG den Urheber in die Lage, jede Entstellung oder sonstige Beeinträchtigung seines Werkes unterbinden zu lassen.7 Gefälschte Künstler haben auch nach § 14 UrhG die Möglichkeit, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung ihres Werkes zu verbieten, die geeignet ist, ihre berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden.
Die seit Jahrhunderten übliche Urheberbezeichnung bei Werken der bildenden Kunst sind Monogramm und Signatur. Will der Urheber anonym zu bleiben, wird dies in Deutschland ausdrücklich respektiert. Verzichtet ein Künstler in voller Bescheidenheit auf jegliche Signatur, verzichtet er aber nicht auf sein Urheberrecht. Es wird nämlich zunächst auf den im Werk genannten Herausgeber oder Verleger übertragen. Ist im Werk kein Herausgeber oder Verleger benannt, dürfte jedoch auch der Rechtsanspruch auf Copyright aufgegeben sein, da der Urheber es vorzog, unerkannt zu bleiben. Anonyme Werke dürften nicht mit verwaisten (solche, deren Rechtsinhaber nicht eruiert werden kann) verwechselt werden. Auch mit einem Decknamen oder mit einem Künstlerzeichen (Monogramm) gekennzeichnete Werke sind keine anonymen Werke. Fälscher sind in der Regel unerlaubt handelnde Personen, ihnen steht also auch keine Miturheberschaft nach §8 UrhG zu. Da nur der Urheber eines Werks bestimmen kann, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist, entscheidet sich der Fälscher, der mit falschem Namen signiert, freiwillig gegen die Werkkennzeichnung mit eigenem Namen und versucht zusätzlich, das von ihm geschaffene Werk einem Dritten unterzuschieben. Auch wenn der Fälscher hinterher, z.B. in einem Gerichtsverfahren, seine Fälschung zugibt, fehlt dem gefälschten Werk die ehrliche Kennzeichnung des Urhebers zum Zeitpunkt des Betrugs, es entsteht rückwirkend kein Urheberrecht mehr.
Geht der Fälscher besonders geschickt vor, ist dies nicht ein Zeichen hoher Künstlerschaft, sondern von erhöhter krimineller Energie. Derartiges wird von Gerichten als strafverschärfend beurteilt, nicht als Zeichen von Genialität, die mit einem Copyright belohnt wird. Fälscher können sich auch nicht, wie etwa Redaktionen oder Lektorate im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung, auf ein „kleines Copyright“ durch Bearbeitung und Umgestaltung berufen (§ 23 UrhG), da hierzu die Einwilligung des eigentlichen Urhebers Voraussetzung ist. Zurecht und in der Regel verwehren sich bildende Künstler oder ihre Rechtsnachfolger aber strikt gegen jede Bearbeitung oder Umgestaltung ihres Werks (Ausnahme: Restaurierung).
Ganz entscheidend ist aber der § 107 des UrhG über die unzulässige Anbringung der Urheberbezeichnung. Abs. 2 sagt ganz klar: Wer durch eine falsche Signatur einem Kunstwerk „den Anschein eines Originals gibt oder ein solches auch nur verbreitet, wird bestraft, nämlich mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe..., wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.“
Wichtig ist festzuhalten, daß das Copyright historisch gerade wegen und gegen Fälschungen entstanden ist – ein Problem, mit dem schon Dürer zu kämpfen hatte. Das heutige Urheberrecht, die Basis für das Copyright, stellt also unmißverständlich fest, daß nur originär schaffende Künstler einen Anspruch auf Copyright besitzen. Fälscher sind ihre Widersacher und Rufausbeuter. Sie verdienen eine angemessene Bestrafung, nicht aber eine Belohnung in Form eines eigenen Copyrights, wenn sie besonders hinterhältig und durchtrieben vorgegangen sind. Einen Fälscher durch Copyright zu belohnen, heißt, unser Rechtsystem auf den Kopf zu stellen: Man billigt ja auch nicht einem Mörder ein Honorar auf „geleistete Sterbehilfe“ zu.
Daß ausgerechnet auf Kunstfälschung spezialierte Wissenschaftler in einem eigenverantworteten Band die Position von Beltracchi und dessen Anwälten stärken, die ihn als genialen Künstler durchpauken wollen, indem sie – soweit ich sehe: erstmalig in der Rechtsgeschichte8 – ein Copyright für dessen Fälschungen geltend machen und beim Fälscher Genehmigungen einzuholen meinen müssen, könnte künftige Fälschungsforschungen gefährden. Muß wirklich erst ein höchstinstanzliches Gericht das Copyright wieder auf die Füße stellen?
Anmerkungen
2 Die noch sehr junge Zeitschrift IMAGO des Psychosozial-Verlags ist nicht zu verwechseln mit der 1912-1937 bestehenden Zeitschrift „Imago“ des Freud‘schen Internationalen Psychoanalytischen Verlags, Wien.
4 Clemenz versuchte, seine Sicht der Dinge auch anderweitig parallel zu publizieren. Dieselben, kaum nachvollziehbaren Argumente äußerte er schon vor dieser „Studie“: Wolfgang Beltracchi. Die Aura der Fälschung. Der Fall Wolfgang Beltracchi: ein Lehrstück über Magie, Geld und Prestige. In: Brandeins Wirtschaftsmagazin, 1/2014, Schwerpunkt Originalität. Sein werbender Hinweis auf den Beltracchi-Film „Die Kunst der Fälschung“ [sic!] bekommt hierdurch ein eigenes Gewicht. http://www.brandeins.de/archiv/2014/originalitaet/die-aura-der-faelschung/
5 Tina Öcal in einer Mail an den Verfasser vom 10.10.2014
7 http://de.wikipedia.org/wiki/Urheberrecht_(Deutschland)
8 Nachfragen bei der Rechtsabteilung der VG Bildkunst ergaben keinerlei bekannte Rechtsfälle; die VG Bildkunst lehnt ein Copyright für Fälscher eindeutig ab.
Samstag, 6. Dezember 2014

Das Gemälde „Die Sünde“ (Inv. Nr. I/1358). Neue Galerie am Universalmuseum Joanneum, Graz
Foto: Autor
Ein aufschlussreicher Beitrag zu einer Franz von Stuck-Fälschung:
Paul-Bernhard Eipper
Falsch wie die Schlange: Die Grazer „Sünde“. In: MUSEUM AKTUELL, H. 215/Oktober 2014:S. 35-37
(kostenpflichtig unter http://www.museum-aktuell.de/eBook/ma/Museum-Aktuell-2014-10/index.html)
Samstag, 6. Dezember 2014
In den letzten Jahren sind auffallend viele Altmeistergemälde der Donau- und Cranachschule auf den Markt geworfen worden. Im Zuge der Ermittlungen bittet das LKA München alle Museen, denen von Privaten oder Händlern derartige Werke angeboten wurden, um Information:
Wer waren die Anbieter?
Um welche Werke handelt es sich?
Mit welchen Angaben wurden diese angeboten?
Wurde dem Anbieter ein Fälschungsverdacht mitgeteilt?
Wurden eigene Untersuchungen zu den Werken durchgeführt?
Bayerisches Landeskriminalamt München, Sachgebiet 622 – Kunstfahndung – Sonderermittlungen
Dienstag, 25. November 2014

Maluntensilien von Han van Meegeren; Rijksmuseum, Amsterdam. Foto: Franz Pegt
Eine spannende Ausstellung zu den Fälschern der Wacker-Familie, Han van Meegeren und Wolfgang Fischer, gen. Beltracchi ist derzeit in der Stiftung Moritzburg in Halle zu sehen. Näheres in MUSEUM AKTUELL, Okt. 2014 in einem Beitrag von Lilli Weissweiler, der Kuratorin der Ausstellung. Wir beglückwünschen die Stiftung zu dieser umfangreichen Ausstellung mit vielen Exponaten und aufklärenden Texten.
Die Ausstellung läuft noch bis Februar 2014. Zur Ausstellung erschien ein umfangreicher Katalog.
Näheres unter:
Lilli Weissweiler: Original bis ... Fälschungen zwischen Faszination und Betrug. Ausstellung im Kunstmuseum Moritzburg Halle/Saale, bis Februar 2015. In: MUSEUM AKTUELL, H. 215/Oktober 2014, S. 19-23
Donnerstag, 3. April 2014
Donnerstag, 3. April 2014
The University of Liverpool and the National Gallery (London) invite applications for the fully-funded AHRC Collaborative Doctoral Award PhD studentship
Using the recently-acquired archives of the firm of Thos. Agnew & Sons, as well as the institutional archives of the National Gallery, the proposed project will examine the history of provenance research in both commercial and public contexts during a period of time when there was a vigorous debate between connoisseurial and evidential approaches to attribution and authentication. It will examine the methods used for the attribution of paintings sold by Agnews and acquired by the National Gallery in a period when the Gallery shifted towards a more connoisseur-led approach to acquisitions and how the archives supported and documented these methods and decisions.
The project is situated at an exciting juncture between the developing fields of art historiography, collection studies and archival science. Candidates with demonstrable interest and experience in any of these areas are particularly encouraged to apply.
The successful candidate will profit from the academic and practical resources of both partner institutions, becoming a full participant in the international community of research students at the University of Liverpool while also having the opportunity to gain first-hand professional experience of archive work at the National Gallery in London, including cataloguing, digitization, conservation and exhibitions work. The student will contribute to the Gallerys research strategy and participate in its rich programme of public events, study days and student seminars in order to disseminate research findings to academic and non-academic audiences.
For more information and for details of how to apply, please visit http://www.liv.ac.uk/working/jobvacancies/currentvacancies/studentships/phd-agnewnat/
http://www.liv.ac.uk/working/jobvacancies/currentvacancies/studentships/phd-agnewnat/?requirementId=1014&vacPost=Apply+for+this+job
Samstag, 18. Januar 2014
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"Bei den angeblich von Egon Schiele stammenden Gemälden und Gedichten, die im vergangenen Dezember auf einem Dachboden in der Nähe von Wien gefunden worden sein sollen, handelt es sich nach Ansicht der New Yorker Schiele-Expertin Jane Kallir zum größten Teil um Fälschungen... Kallir sagte gegenüber The Art Newspaper, ihr sei die Mappe 1986 schon einmal gezeigt worden. Drei der darin enthaltenen Werke seien echte, wenig bekannte Schieles. Sie hätten offenbar als Inspiration und Vorlage für die gefälschten übrigen Blätter gedient und sollten diese glaubwürdiger erscheinen lassen. Zwei der drei Aquarelle "Garten mit Baum" und "Segelschiff mit Spiegelungen", beide von 1907, werden nun am 4. Februar bei Bonham's London versteigert."
Quelle: Süddeutsche Zeitung v. 18./19.1.2014
Abb.: Auktionskatalog http://www.bonhams.com/auctions/21676/#/MR1_myauctions=ALL&u1=upcoming&MR1_page=2&MR1_length=10&m1=1
Montag, 13. Januar 2014
Ulrich Becker
Im Sommer 1912 machte ein Wiener Aristokrat, Fürst Carlos Clary und Aldringen, dem „Kulturhistorischen und Kunstgewerbemuseum“ am Grazer Joanneum ein buchstäblich glänzendes Geschenk: einen prächtig vergoldeten, wappengeschmückten Bucheinband. Das Zentrum zeigt den Erzengel Michael als Teufelsbesieger in eleganter Pose, die Seelenwaage in Händen. Der unter Inv.-Nr. 14085 inventarisierte Einband ist 1454 datiert und stammt augenscheinlich aus Siena, einer Stadt, die u.a. für ihre aufwändig gestalteten Steuerbücher(!), die „biccherne“, berühmt ist. Um ein solches Exemplar handelte es sich allem Anschein nach. Ein glänzender Zugewinn also.
Nicht ganz: Aus einer Notiz geht hervor, dass schon zum Zeitpunkt des Erwerbs klar war, dass etwas nicht stimmte: Das Stück war eine Fälschung. Man darf annehmen, dass der hochherzige Stifter in gutem Glauben gehandelt hatte: Der Fürst war für seine allzu großzügigen Kirchenbauprojekte berühmt – zum großen Ärger seiner Familie! Hier war er wohl ein Opfer seines frommen Geschmacks geworden. Geschenk ist Geschenk, dachte man sich in Graz – und der Rest ist Schweigen.
Aber auch Fälschungen können in der Gunst der Forschung steigen, v.a. wenn sie selbst Spitzenleistungen darstellen. Bei dem Grazer Stück ist dies eindeutig der Fall. Nach über 100 Jahren konnte der Täter endlich namhaft gemacht, der jenen Bucheinband fabrizierte und in den Kunsthandel einspeiste: der in Siena ansässige Icilio Federico Joni (ca. 1866-1946). Kein Unbekannter in der Szene und alles andere als ein Dilettant, Schon früh wurde vor seinem Geschick gewarnt. Joni lieferte fast alles, was der auf Renaissance getrimmte Geschmack seiner Zeit verlangte: Bucheinbände, Tafelbilder, bemalte Truhen, die sog. cassoni. Wie sein berühmterer Landsmann, der Dichter und Aktivist Gabriele d’Annunzio, war Joni ein typischer Lebemann der Jahrhundertwende, ein dandy mit allen möglichen Extravaganzen: teure Falken, schöne Frauen, schnelle Autos. Er konnte es sich leisten. Fälscherfürsten sind schließlich auch Fürsten, dachte er sich wohl. Später war er frech genug, in seinen Memoiren (1932) ausführlich zu erläutern, wie man richtig auf alt trimmt: „fare invecchiare“ nannte er das. Überdies gab er freimütig zu, die Originale im Archiv gar nicht erst studiert, sondern sich auf Abbildungen gestützt zu haben.
Vor knapp 10 Jahren hat ihm seine Heimatstadt Siena eine ganze Ausstellung ausgerichtet, aber nicht in der questura, der Polizeidirektion, sondern im Complesso museale S. Maria della Scala. Auch die Fälschung ist eine Art von Kultur. Folglich sprach der Ausstellungstitel von der cultura del falso um 1900, einer wahren Blütezeit dieses ebenso anrüchigen wie faszinierenden Gewerbes. Auf Italienisch hört sich ja alles viel schöner an. Wer so genial fälschte, die barbari aus dem Norden so dreist hinters Licht führte, ein Mann von Lebensart und obendrein ein Bürger unserer Stadt war, dem kann man nicht (mehr ganz so) böse sein, dürften sich die senesi gedacht haben. Übrigens kann bei Auktionen der Schätzpreis gut und gerne bei einigen 1000 Euro liegen. Ein echt falsches Bild hat auch seinen Preis.
Heute kann man im Internet dem einen oder anderen Opus des Meisters begegnen – und nur so wurde klar, dass auch die Kulturhistorische Sammlung zwar einen falschen Sienesen, dafür aber immerhin einen echten Joni besitzt. Er hat seine Masche immer wieder durchgezogen, auch die mit dem Erzengel. Sein Handwerk hat er beherrscht, bis in die kleinsten Details. Wäre da nicht die betrügerische Absicht, man könnte ihn in aller Unschuld bewundern.
Nichts fürchten (redliche) Kunsthändler, Sammler und Kuratoren so sehr wie Fälschungen. Und welches Museum bekennt sich schon offen dazu, auch wenn diese als Geschenk, also ohne Belastung des Budgets, ins Haus gelangt sind? Selbst das Metropolitan Museum in New York ist auf ihn hereingefallen. Aber was die Vergangenheit betrifft, so sind wir heute etwas gelassener und können Jonis Produkte als das betrachten, was sie sind, Kinder ihrer Zeit und damit Teil der (Kultur-)geschichte. Man war damals süchtig auf alles Alte, auf das von der Aura der Vergangenheit Geheiligte. Nicht ohne Grund: Ohne diesen Glauben an die Geschichte wäre heute vieles unrettbar verloren, gäbe es viele Sammlungen und Museen erst gar nicht. Kein Wunder, dass die Nachfrage oft das Angebot überstieg – und als anrüchige Nebenwirkung Fälscher aller Art auf den Plan rief, damals wie heute!
 
Gefälschter Bucheinband, Vorderseite mit Hl. Michael; Rückseite mit Wappen, angeblich Siena 1454, jetzt Icilio Federico Joni (ca. 1866-1946) zugeschrieben. Kulturhistorische Sammlung, Museum im Palais, Inv.-Nr. 14085. Foto: Dipl.-Rest. Univ. Valentin Delic
Literaturtip:
Christian Müller-Straten: Fälschungserkennung, Band 1, mit Beiträgen von Olga Perelygina und David Lowenthal, Reihe Wunderkammer, Band 9 . München 2011, S. 261-265
Montag, 26. August 2013
Einem Bericht der SZ zufolge soll der Urheber der vielen falschen Werke, die im internationalen Kunstmarkt unter Jackson Pollock, Willem de Kooning, Mark Rothko, Franz Kline oder Robert Motherwell durchgingen, von einem in New York lebenden Chinesen namens Pei-Shen Quian stammen. Er lebte zurückgezogen in einem winzigen Vorortshäuschen im Stadtteil Woodhaven und soll die frische Waren auch schon mal zum Trocknen nach draußen gestellt haben. Die festgenommene Kunsthändlerin Glafira Rosales ist anscheinend bereit, mit dem FBI zu kooperieren. Doch der 73jährige Pei ist untergetaucht, vielleicht auf Heimaturlaub in China, und dürfte nach dem Pressewirbel um seine Person in den letzten Tagen wohl kaum jemals in sein New Yorker Häuschen zurückkehren. Aus den Prozeßunterlagen geht hervor, daß der Dissidentenmaler 1981 in die USA kam und sich bald bei seinen Nachbarn über die Ignoranz des Kunstmarkts beklagte. In China deswegen noch bekannt, erreichte er in den USA keine Berühtheit mehr und schuf die falschen Klassiker möglicherweise aus dem Motiv der Rache heraus. Erst der ebenfalls abgetauchte Galerist José Bergantinos Diaz, Lebensgefährte von Rosales, "entdeckte" ihn Anfang der 90er Jahre, als er auf der Straße Manhattans Pei'sche Originale anbieten mußte, und nahm ihn unter Kontrakt. Pro Fälschung soll er 5400 bis 7000 Dollar verdient haben, bei nur zwei Bildern im Monat kein schlechtes Einkommen. Es steht natürlich in keinem Verhältnis zu den Summen, die Frau Rosales verdiente und an der Steuer vorbei manoevrieren wollte. Aber der Gewinn des Handels liegt ja bekanntlich beim Einkauf.
Quelle: Peter Richter: Der Straßenkünstler. In: Süddeutsche Zeitung v. 23.8.2013
Samstag, 17. August 2013
Grenzen der Ironie
Mollath-Fälschungen nehmen zu: Während sich Autovermietungschef Erich Sixt bei Gustl Mollath entschuldigen mußte, weil SIXT in einer Anzeige in der Süddeutschen Zeitung Herrn Mollath ein frei erfundenes Zitat in die Schuhe geschoben hatte, um Werbung für seine angeblich irren Mietpreise zu machen ["Wenn hier jemand verrückt ist, dann der Sixt mit seinen Preisen"], komt Neues zu einem gefälschten Fax zutage, das um ein Haar schon vor Monaten zu einer Freilassung Mollaths aus bayerischen Psychiatrie geführt hätte.
Fakefax aus Wiesbadener Anwaltskanzlei
Wie die WELT berichtet, hatte im Glauben an die Echtheit des Dokuments die Klinikleitung Mollath bereits eröffnet, sofort ein freier Mann zu sein. Letzten Freitag wurde nun bekannt: Das Schreiben kam einer Anwaltskanzlei in Wiesbaden. Die Staatsanwaltschaft der hessischen Landeshauptstadt bestätigte, dass sie wegen Gefangenenbefreiung, Amtsanmaßung und Urkundenfälschung ermittele. Dem Fälscher droht eine mehrjährige Haftstrafe.
Der Rechtsanwalt werde in dem Verfahren jedoch vorerst als Zeuge geführt, denn der Anwalt hatte angegeben, einem Mandanten, der dem Justizopfer Mollath habe helfen wollen, gestattet zu haben, spätabends aus der Kanzlei Leserbriefe zu dem Fall faxen zu dürfen. Dem Anwalt sei erst später klargeworden, daß eine Fälschung über sein Gerät gelaufen sei. Der Jurist habe schon am 20. Juni in einer Schutzschrift bei der Staatsanwaltschaft Wiesbaden seine Sicht der Dinge hinterlegt. Dies sollte mutmaßlich eine Durchsuchung der Kanzlei verhindern. Durchsucht wurde trotzdem, denn auch die Staatsanwaltschaft Bayreuth war schon auf den Fax-Anschluss in Wiesbaden gestoßen.Bei Vernehmungen machte der Rechtsanwalt keine Angaben. Die Ermittlungen gehen weiter.
Quelle: Die WELT v. 17.8.2013. Zusammengefasst von C. Müller-Straten
Dienstag, 6. August 2013
Freundlicher Hinweis von Dr. Ulrich Becker, Graz:
in der Regel finden Fälschungen von vornherein keinen Eingang in repräsentative Museumskataloge und werden stattdessen im „Giftschrank“ des Verborgenen aufgehoben, in der Hoffnung, dass man kein Aufhebens davon mache…
Das „Musée d’art et d’histoire“ in Genf ist jedoch bemerkenswerterweise den umgekehrten Weg gegangen und hat sie in den Bestandskatalog aufgenommen, so geschehen bei Frédéric Elsig, La peinture des anciens Pays-Bas au Musée d’art et d’Histoire, La naissance des genres, Genf 2009, S.151 ff. Auf diese Weise werden sie zu kulturgeschichtlichen Zeugnissen besonderer Art.
Vielleicht ein interessantes Detail für Ihre diesbezüglichen Beobachtungen?
Dr. Ulrich Becker
Chefkurator Alte Galerie
ulrich.becker@museum-joanneum.at">ulrich.becker@museum-joanneum.at
Telefon +43-316/583264-9771, Fax -9779
Mobil +43 664/8017-9771
Dienstag, 6. August 2013
Einer Kurznachricht der SZ vom 2.8.2013 ist zu entnehmen, daß in Deutschland der Doktortitel auch aberkannt werden kann, wenn es bei der Doktorarbeit rechtens zuging. Dann nämlich, wenn sich der Promovierte im weiteren Leben "unwürdig" verhält.
So jedenfalls hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im Falle des Physikers Jan Hendrik Schön entschieden, der "vor elf Jahren nach einer Serie gefälschter, in höchstrangigen Fachjournalen veröffentlichter Forschungsbeiträge als Wissenschaftsbetrüger aufflog." Schön hatte aufsehenerregende Erkenntnisse und Laborergebnisse zur Nanophysik und Fragen der Supraleitung manipuliert. Schöns Fall hatte zu erheblichen Erschütterungen im gesamten Wissenschaftssystem geführt. Geschädigt wurde u.a. "Science". Die Max-Planck-Gesellschaft kam noch mit einem blauen Auge davon: Sie war im Begriff, Schön als Direktor zu berufen.
Quelle: "PAI": Dr. Unwürdig. Physiker Schön bleibt ohne Titel. In: Süddeutsche Zeitung v. 2.8.2013
Mittwoch, 31. Juli 2013

Chinese authorities forced the closing of a museum curated by a local Communist Party leader in northern China after determining that almost all of the items in its 50 million-yuan ($8.1 million) collection were fake. The fakes included an item billed as a five-color porcelain vase from the Tang Dynasty, even though this artistic technique wasn’t invented until hundreds of years later, the Shanghai Daily said in a story today. Another item was purportedly signed in simplified Chinese by an emperor said to have lived more than 3,000 years before the writing system was invented...
Residents in nearby village of Erpu had long argued that the party boss who oversaw the collection bought fake items with money raised for the museum, the Global Times newspaper reported. The museum was shut after photos of its exhibits appeared online with a story questioning their authenticity, the newspaper said.
“Jibaozhai has no qualification to be a museum as its collections are fake and it hasn’t reported to my department for approval,” said an official from the Hebei cultural heritage bureau with the last name Li, according to the Global Times. The official Xinhua News agency reported that the museum was founded with a 50 million-yuan investment. A story on Sina.com included photographs of figurines on display with the caption “fake collections.”
Strange reactions
Wei Yingjun, the museum's chief consultant said "at least 80" of the 40,000 objects had been confirmed as authentic. "I'm positive that we do have authentic items in the museum. There might be fake items too but we would need [to carry out] identification and verification [to confirm that]," he told the UK's Telegraph.
Yingjun said objects that are in doubt have been marked clearly so not to mislead visitors.
Deputy curator Shao Baoming was more confident, arguing that "at least half of the exhibits" are legitimate.
[No comment on that]
Montag, 1. Juli 2013
Wie die WELT berichtet, soll eine Bande im Rhein-Main-Gebiet mit gefälschten Fahrkarten der Deutschen Bahn (DB) einen Schaden von mindestens einer Million Euro verursacht haben.
Rund 500 Beamte der Bundespolizei durchsuchten am Dienstag im Auftrag der Generalstaatsanwaltschaft etwa 100 Wohnungen und andere Räume. In dem Verfahren geht es um den Verdacht der banden- und gewerbsmäßigen Urkundenfälschung, Hehlerei und Diebstahl. Sechs Menschen wurden festgenommen, sie waren bereits mit Haftbefehl gesucht worden, wie die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt mitteilte. Insgesamt werden rund 100 Menschen beschuldigt.
Die Fälscher sollen seit Mitte 2011 täglich bis zu 100 unechte Bahn-Tickets abgesetzt haben, die meisten waren Monatsfahrkarten. Dafür sollen sie mehr als 20.000 Original-Blanko-Fahrscheine und Original-Fahrscheindrucker benutzt haben. Ein Ex-Mitarbeiter eines DB-Stores im Taunus soll die Fahrscheinrollen gestohlen haben.
Sonntag, 30. Juni 2013
The Montgomery Museum of Fine Arts (MMFA) is pleased to announce a new traveling exhibition, Forged and Fabricated: The Art and Craft of Albert Paley’s Sculpture, which will be available beginning January 2015, immediately after its premier at the MMFA.
Paley is best known for the Portal Gates he created for the Smithsonian’s Renwick Gallery in 1974. Over the past four decades, he has designed and constructed some of the largest and most distinctive metal sculpture in this country and abroad. Paley has made art both by forging hot iron and steel (sometimes using mammoth hydraulic hammers and presses), and by cutting and assembling cold metal, often with industrial tools and equipment. This exhibition illuminates the artist’s achievements by focusing on his methods as manifest in his models and drawings.
Forged and Fabricated will include about thirty-five sculptures, maquettes, models, studies, and drawings from the artist’s collection. Most items range from three to seven feet in height. Most of the three-dimensional works weigh several hundred pounds. Many of the artworks are studies for monumental public sculptures.
The exhibition will require about 5000 square feet of gallery space. Pedestals and plinths for many of the sculptures will travel with the show. Paley Studio staff will assist with installation. Outdoor sculptures will also be available for long-term loan.
For a prospectus and preliminary checklist, please see the MMFA website (http://www.mmfa.org/uploadedFiles/Exhibitions/Traveling_Exhibitions/AlbertPaleyLMMFA.pdf).
For additional information, please contact Sarah Puckitt, Collections Information Specialist, Montgomery Museum of Fine Arts, One Museum Drive, Montgomery, AL 36117, 334.240.4342, spuckitt@mmfa.org
Freitag, 14. Juni 2013
"Ende Mai dieses Jahres wurde die bei New York lebende Kunsthändlerin Glafira Rosales festgenommen; sie soll insgesamt dreiundsechzig gefälschte Gemälde unter anderen von Robert Motherwell, Mark Rothko und Basquiat über zwei Galerien - darunter die ehemals ehrwürdige Knoedler Gallery in New York, die wegen des Falls schließen musste - in den Kunstmarkt und mehr als zwölf Millionen Dollar an der Steuer vorbei auf spanische Konten gebracht haben.
Ihr Lebensgefährte stammt aus Spanien und war schon vor Jahrzehnten in Prozesse um Kunstfälschungen verwickelt, die nur eine knappe Autostunde vom Wohnsitz der Beltracchis in Südfrankreich stattfanden. Eine Verbindung zwischen beiden Fällen wurde nicht angenommen, obwohl die amerikanischen Ermittler über den Zufall staunten, dass zeitgleich zwei hochbegabte Fälscher mit der gleichen Methode - man erzählt renommierten Experten eine brillante Geschichte von einem Verwandten, der in aller Heimlichkeit bedeutende Kunstwerke hortete und erschafft so die Legende einer unbekannten Meistersammlung - ihre Fälschungen ins Herz des Markts schleusen und dies auch noch in der selben Region am Mittelmeer planten. Zufälle gibt es."
Niklas Maak: Vierhundert falsche Bilder und eine Razzia. In: FAZ vom 14.6.2013
Freitag, 14. Juni 2013
Wie die SZ und die FAZ vom 14.6.2013 berichten, ist bei Razzien in Deutschland, der Schweiz und Israel ein großer internationaler Kunstfälscherring zerschlagen worden.
Die Polizei signalisierte mit dem großen Aufgebot von mehr als 100 Beamten allein in Deutschland bei mehr als 28 Immobilien, daß sie hart durchzugreifen gedenkt.
Bei Durchsuchungen in sechs Bundesländern am 12. und 13.6.2013 wurden mehr als 1.000 gefälschte Gemälde, Verkaufsunterlagen und Provenienzen, aber auch Schmuck- und Wertgegenstände sichergestellt. Sechs Verdächtige sollen allein 400 Gemälde der Russischen Avantgarde gefälscht und für Millionen Euro verkauft haben. Die Hauptbeschuldigten sind ein 67jähriger Deutsch-Tunesier und ein 41jähriger Israeli. Weitere Tatverdächtige stammen aus Rußland.
Die FAZ berichtet: "Hinweise, die die Ermittlungen auslösten, kamen offenbar aus Israel und der Schweiz, es sind laut Aussagen des Bundeskriminalamts renommierte Galerien, Händler und Experten betroffen, Namen werden wegen noch laufender Ermittlungen nicht genannt. Am Rande eines Fototermins in Wiesbaden, bei dem ein vermutlich gefälschter Malewitsch und eine beeindruckende Masse verpackter Kunstwerke präsentiert wurden, teilten Mitarbeiter des Bundeskriminalamts mit, man vermute, die gefälschten Bilder seien in Israel gemalt worden."
Abb.: BKA
Donnerstag, 16. Mai 2013
ICOM have been alerted to a scam offering fake certificates for cultural objects.
In return for a fee, some websites claim to provide certificates of authenticity permitting the unrestricted import and export of African cultural heritage. The certificate supposedly releases the bearer from requiring any other documents such as the title deed, export certificate and license, certificate of expertise, certificate of authenticity, etc.
These are fraudulent websites which imitate ICOM institutional website but are not operated by or authorized by ICOM. ICOM does not provide certificates of expertise, origin or authenticity. These certificates must be obtained from the relevant national Government authorities.
Many people have already fallen victim to the scam, particularly concerning Cameroon. Please exercise vigilance when taking part in transactions involving cultural heritage property over the Internet.
For further information, please contact:
International Council of Museums (ICOM)
Tel: +33 (0)1 47 34 05 00
Mail: illicit.trafficking [a] icom.museum
Mittwoch, 1. Mai 2013
Der komplette Beitrag steht aber auch als Download zur Verfügung:
http://www.museum-aktuell.de/index.php?site=download_liste&action=show&downID=80&TM=8
Lesen Sie hier einen Gastbeitrag von Adelheid Straten:
Die Tagung entstand als eine Kooperation der Schwabenakademie Irsee mit artifex und der Universität Trier (Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke, Dr. Birgit Ulrike Münch). Die gut besuchte, öffentliche Wochenendtagung im säkularisierten Kloster in landschaftlicher Prädestination des Allgäu konnte erstmalig Strafverfolgungsbehörden, Wissenschaftler und ein interessiertes Publikum zusammenführen. Der Zweckverband Schwabenakademie Irsee als Einrichtung des Bezirks Schwaben und des Schwäbischen Volksbildungsverbandes besitzt mit seiner weitläufigen, gleichzeitig als Hotel betriebenen Anlage seit 1982 ideale Voraussetzungen, um ein umfangreiches Bildungsprogramm anbieten zu können.
Zur wechselvollen Geschichte des Gebäudekomplexes paßte es, daß für die Veranstaltung ein barocker Saal zur Verfügung stand, in dem im 18. Jh. ein Naturalienkabinett, die damals viel bewunderte Vogelsammlung von Pater Eugen Dobler, eingerichtet war. Eine kleine, museal aufbereitete Präsentation zur wechselvollen Geschichte des Hauses befindet sich im Aufenthaltsraum im Erdgeschoß.
Den Auftakt machte die separat angebotene abendliche Podiumsdiskussion „Kunstfälschung heute“ im fast aus-gebuchten Saal, bei der René Allonge vom LKA Berlin (Abt. 454: Kunstdelikte) und sein Münchner Kollege, Dieter Sölch vom Bayerischen LKA (Abt. 622: Kunstfahndung) einen Einblick in ihre langwierige wie mühsame Ermittlungsarbeit im Bereich Kunstfälschungen gaben. Wie schillernd ihre Arbeit aus mancher Sicht auch sein mag, ist sie trotz immenser Bedeutung vom Personaleinsatz her (welcher die interne Wertschätzung verdeutlicht) doch eher ein Randphänomen. Allonges und Sölchs desillusionierende Einschätzung öffnete so manchem Zuhörer die Augen. Obgleich das Medieninteresse an diesen Delikten stark sein mag, grenzt es doch fast schon an ein Wunder, wenn tatsächlich wieder ein Fälscherring auffliegt und verurteilt werden kann. Interpol ist seit 1947 mit illegalem Kunsthandel beschäftigt, stößt aufgrund fehlender Exekutivbefugnisse und Ausstattung jedoch oft an Grenzen. In Deutschland sind nur in Berlin, Bayern und Baden Württem-berg spezielle Ermittlungseinheiten wirksam, in den übrigen Bundesländern aber nicht. Insgesamt sind in Deutschland weniger als 15 Kriminalisten gelegentlich auf diesem Gebiet tätig. Der „klassische“ Kunstfahnder, so Allonge, besitzt Charisma, Geradlinigkeit und Eloquenz, hat eine langjährige Berufserfahrung, Interesse an Kunst, ist mehrsprachig und sehr gut vernetzt, vor allem in Zusammenarbeit mit den nationalen und internationalen Kunsthändlern. Problematisch ist, daß diese Qualifikationen an Nachfolger kaum weitergegeben werden können, sondern wohl nur, neben Veranlagung, durch langjährige Praxis erworben werden.
Die Dunkelziffer bei Kunstfälschungen dürfte sehr hoch sein und müßte so weit wie möglich öffentlich gemacht werden. Doch kommt es selten zu Anzeigen, vor allem, weil es den Besitzern peinlich ist, einem Fälscher aufgesessen zu sein; oder sie befürchten Wertverlust und Rufschädigung, denn die Opfer sind meistens prominent. Nach mehrfachem Besitzerwechsel käme oft erst heraus, daß eine Fälschung vorliegt. Andererseits gibt es auch einen Kreislauf erkannter Fälschungen. Es ist also wichtig, daß Kunsthistoriker und -händler zusammenar-beiten. Auch ist Deutschland technisch mit privaten und öffentlichen Laboren gut aufgestellt; die Polizei arbeitet zudem bei der Untersuchung von Pigmenten erfolgreich mit den gleichen Apparaturen wie bei Lackunfällen.
Bei der Ahndung von Kunstfälschungen ist überall ein Umdenken erforderlich; sie sind immer noch ein verdrängtes kriminelles Phänomen. Ein erster Schritt ist, Fälschungen als solche kenntlich zu machen. Im Fall der Beltracchi-Fälschungen wurden lediglich zwei eingezogen, die anderen gingen an den Besitzer zurück.
Prof. Dr. Nils Büttner, Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, stellte in seinem Referat „Joe Kapingo“ (pingo, lat. = ich male), den begriffliche Präzision herausfordernden Sonderfall eines fingierten Künstlers vor. In dem Verfahren ging es um Kisten mit insgesamt 26 „modernen“ Gemälden im gleichen Malstil, eines war „Kapingo 54“ signiert. Die Gemälde wurden durch die Einlieferung bei einer Auktion „geadelt“ und anschließend als Werke eines bis dahin unbekannten Genies bei eBay versteigert, mit dem Vermerk „aus dem Nachlaß Hans Spiegl“. Einlieferer war ein Thomas Sack aus Berlin, dort aber nicht beim Einwohnermeldeamt registriert, ebenso war der Künstler bei der Künstlersozial-kasse unbekannt. Allein im „Fall Kapingo“ gab es mehr als 80 Geschädigte. Offiziell ist Sack kein Fälscher, und er bestreitet, der Urheber der „Kapingos“ zu sein.
Dieter Sölch vom LKA München stieß als Streetworker bei der Polizei in einer „AG Graffiti“ auf das Thema „künstlerische Betätigung“ und wird seit 1990 im LKA München bei Umweltdelikten, Erpressungen, Sonder-fällen und eben auch Kunstfälschungen eingesetzt; im Bereich Kunst sind Diebstähle die häufigen Delikte, etwa Bronzen, Skulpturen, beispielsweise der spekta-kuläre Raub der Ettaler Madonna vor 25 Jahren. Nach Sölch ist der Kunstmarkt voll von Fälschungen. Ein Fall beschäftigte ihn seit November 2005, als eine falsche Giacometti-Figur in Bayern auftauchte. Nachforschungen ergaben, daß sich in einer 600 m² großen Villa an einem oberbayrischen See diverse Matisse- und Chagall-Fälschungen etc. befanden. Im April 2008 erschien in einer großen Tageszeitung eine Anzeige mit einem verdächtigen Kunstangebot „nur an privat“. Verdeckte Ermittler fanden in einer mittelfränkischen Stadt daraufhin Manets, Gaugins, Dalìs und Picassos mit einem Handelsvolumen von 250 Mio. €. In ähnlicher Manier wurden im Juli 2008 Ermittler, die sich als Interessenten ausgegeben hatten, in einem Hotel fündig. Hier stießen sie auf acht „Kunstwerke“ mit einem Kaufpreis von 2,43 Mio. €. Und die Durchsuchung eines Wohnhauses ergab neun „Kunstwerke“; der Besitzer war absolut uneinsichtig und machte glauben, daß sie authentisch seien; einen Gutachter akzeptierte er nicht. Von Juli bis Februar war er in U-Haft. Beim Gerichtstermin brach er zusammen und seine Tochter bekam einen Schreikrampf; ein Notarzt mußte kommen. Der Haftbefehl wurde aufgehoben und es kam zu einer Spontanheilung. Insgesamt dauerte die Verhandlung 24 Tage. 29 Experten aus dem In- und Ausland wurden herangezogen. Das Urteil lautete auf drei Jahre ohne Bewährung. Drei Anwälte legten Berufung ein. 2011 kam das Landgericht zu dem Urteil „Bewährung“. Die Hälfte der „Kunstwerke“ erhielt der Angeklagte gekennzeichnet zurück, die andere Hälfte bekam die Polizei für Ausbildungszwecke, mit einem „Fake“-Stempel versehen. Im August 2012 tauchte eine der zurückgegebenen Zeichnungen in einem Berliner Auktionshaus wieder auf.
Die Kosten dieser sehr aufwendigen Verfahren trägt der Steuerzahler; der durch Fälschungen verursachte Schaden ist also multidimensional, für die Kunst, die Wissenschaft und auch wirtschaftlich gesehen. Als 2012 einer der aufsehenerregendsten Kunstfälscherprozesse in Deutschland mit dem Fall Wolfgang Beltracchi „über die Bühne ging“, schätzte die Staatsanwaltschaft den Gesamtschaden auf 16 Mio. €. Beltracci arbeitet heute übrigens in einem Fotofachgeschäft.
Der Fälschungsmarkt ist möglich, weil der Kunstmarkt leergekauft ist bzw. Kunstkäufe aus Spekulationsgründen getätigt werden. Kunst landet häufig im Safe, um anschließend umso höher im Preis zu steigen. Fälscher nutzen diese Engpässe. Sie führen das Kunstverständnis ad absurdum. Beispielsweise wird Gallé-Glas in Rumänien gefälscht und sehe oft besser aus als das Original. Schnäppchenjäger fallen auf so etwas herein.
Eine Möglichkeit, dem Fälschen entgegenzuwirken, sind Datenbanken. Hierzu gibt es nur erste bescheidene Ansätze. Im LKA München wird seit 1978 eine interne Datenbank betrieben.
Prof. Dr. Raimund Wünsche, der frühere Direktor der Glypthotek und Staatlichen Antikensammlung München, führte in ein archäologisches Zentralthema ein. Die Skulpturen der griechischen Antike sind uns zumeist − in etwa 90 % − als römische Kopien überliefert. Für Archäologen selbstverständlich; für uns heute ist das aber kaum noch erkennbar. Für das Antiquarium der Münchner Residenz wurden im 17. Jh. in Oberitalien schnelle Einkäufe getätigt, auch „Antiken“ nachgefertigt. Im 18. Jh. reisten bevorzugt Engländer nach Italien, deren Geldbeutel größer war als ihr Kopf und somit leichte Beute für Fälscher wie den Bildhauer und Restaurator Cavaceppi (ca. 1715-1799) abgaben.
1812 gelangte ein „hadrianischer“ Männerkopf in die Glyptothek, der bis in die 1980er Jahre ausgestellt war, aber heute im Depot lagert. Bei näherer Betrachtung sind bewußt angesetzte Zerstörungen erkennbar, die das Gesicht älter, „antiker“, erscheinen lassen, um handwerkliche Schwächen zu vertuschen. Canova saß Fälschungen auf, weil diese den Geschmack der damaligen Zeit bedienten; so im Falle eines Reliefs mit Göttern, deren Gewand die Scham bedeckt − in der Antike wäre so etwas aber absolut unmöglich gewesen. Es fällt auf, daß die „archaische Kunst“ Ende des 19. Jh. immer älter ausschaut als die Archaik selbst (vgl. auch das wie Grinsen wirkende Lächeln der Dolcena-Figuren).
Der Getty-Kouros wurde naturwissenschaftlich untersucht und für echt befunden; ausgestellt wird er als „echt oder falsch“. Heute haben die Museen aus alldem ihre Konsequenzen gezogen und kaufen nur noch an, wenn die Provenienzangaben schlüssig sind. Längst werden nämlich nicht mehr nur Objekte gefälscht, die hochpreisige Ergebisse erwarten lassen. Gefälscht wird alles Erdenkliche; Münzen, Kleingegenstände, im „attischen Stil“ gemalte Vasen, Dinge, die kaum mehr als 10 € im Handel kosten. Die Schadensdimension ist dabei jedoch nicht geringer.
Das eigentliche Tagungsprogramm startete mit dem vor allem archivalisch reizvollen Vortrag von Gero Seelig, Kurator für Gemälde und Plastik am Staatlichen Museum Schwerin: „‚ob ich soll die liegende Venus von Titian machen oder nicht‘: Künstlerische Praktiken im Auftrag des Sammlers“, an dem die Maßstäbe für den Aufbau einer höfischen Sammlung nachvollziehbar wurden. Zentrale Figur als Kunstsammler ist Christian Ludwig Herzog von Schwerin (1683-1756). Die Sammlungen entstanden unter unterschiedlichen Kriterien von 1732 bis zu seinem Tod und lassen sich im Schweriner Archiv, vor allem durch die Korrespon-denz nachweisen. Verluste entstanden durch die französische Besatzung (1807), den Zweiten Weltkrieg, aber auch durch Verkäufe aus den 1920er Jahren an ein Auktionshaus in Berlin. Der Herzog ließ seine Wer-ke gerne kopieren, um sie so auch in seinen anderen Schlössern um sich zu haben. Er war zudem persönlich bekannt mit Malern und Händlern. Aus seiner Korres-pondenz geht hervor, daß es ihm bei seinen Kunstanschaffungen vor allem um Qualität ging. So ließ er Georg Weissmann, einen 1733-40 in Schwerin tätigen Maler, in Dresden Kopien von Gemälden anfertigen, die en vogue waren. Außerdem arbeiteten für ihn Johann Alexander Thiele und Christian Wilhelm Ernst Dietrich (18812-1774), dieser sei „capabel alles zu malen“. Aus dieser Zeit stammen auch die Rembrandt-Imitationen. Die Wandabwicklung der Bildergalerie Schwerin von Johann Wilhelm Groth von 1794 zeigt u.a. die Kopie von Tizians liegender Venus in Dresden, von der Weiss-mann 1741 angefragt hatte, ob er diese malen solle.
Der Riß des Raum-Displays zeigt, daß der Herzog für Kopien die gleiche Aufmerksamkeit aufbrachte wie für Originale. Weissmann erhielt pro Kopie zwischen 13 und 15 Reichstaler. Schwerin besitzt die zahlenmäßig größte Sammlung an Werken von Jean Baptiste Oudry; für derartige Werke zahlte der Herzog 45 bis 82 Reichstaler. Der Nachfolger des Herzogs, dessen Sohn, ließ die Sammlung „säubern“; seitdem fehlen Hauptwerke, vor allem Nuditäten. Johann Dietrich Findorff (1722-1772) übermalte etliche nach 1756. Einige wurden noch im 19. Jh. übermalt, so wurden etwa Göttinnen zu Schäferinnen retuschiert. Niederländer waren ursprünglich repräsentativ für die Schweriner Sammlung; es gab zwölf Rembrandts, die verschwunden sind. Zur Sammlung des Herzogs gehörten außerdem auch Kunsthandwerk und ein Naturalien-Kabinett mit Hummer, Narwalzähnen, Gläsern mit Präparaten etc., wie auf der Groth’schen Wandabwicklung zu sehen ist. Die Objekte des Naturalien-Kabinetts wurden 1807 zum Teil nach Frankreich abgegeben.
Der Spezialist für venezianische Veduten, Dr. Heiner Krellig, lieferte mit seinem Beitrag „Fälschung, Zitat, Kopie, Imitat und Plagiat in der Kunst der veneziani-schen Vedute des 18. Jahrhunderts“ ein weiteres Beispiel im Umgang mit Kunst und ihrer Verbreitung im 18. Jh. Diverse alte Kopien von Veroneses „Gastmahl im Hause des Levi“ (in Venedig) sind bekannt. Oder das von Schulenburg’sche Feldmarschall-Porträt von Antoine Pesne. Sein Besitzer, der Herzog Johann Matt-hias von der Schulenburg (1661-1747), ließ es mehrfach kopieren, um es zu verschenken, behielt selbst jedoch das Original. Er wollte sich so im kollektiven Gedächtnis seiner Zeit einbringen. Die Reproduktion hatte eine ähnliche Funktion wie heute ein Foto.
Veduten waren auch von entwicklungsgeschichtlichem Einfluß, sie vermittelten die Wiedererkennbarkeit der Außenwelt. Venedig hatte im 18. Jh. nicht mehr die große wirtschaftliche Bedeutung, sondern nahm jetzt eine stärker kulturgeschichtliche Entwicklung. Die Stadt lebte vom Mythos, der sich in Tausenden von Ansichten manifestierte, die sich insbesondere in England größter Beliebtheit erfreuten. Venedig ist der wohl immer noch am meisten imaginierte Ort der Welt. Venedig-Veduten waren schon im 18. Jh. international modern; sie sind gleichsam gemaltes Stadtlob. Brilliant bietet sich der vom Wasser umgebene Stadtprospekt ohne die sonst üblichen Stadtmauern dar und liefert die herrlichsten Blauschattierungen zwischen Himmel und Meer. Der Dogenpalst wird zum Symbol der Stadt. Neben Guardi waren noch etwa 20 unbedeutendere Maler tätig, zumeist Hungerleider, die kaum von ihrer Arbeit leben konnten. Hier ist heute größte Aufmerksamkeit bei Zuschreibungen geboten. In den Inventaren des 18. Jh. ist häufig die Rede von „Canaletti“, Gemeint ist damit das Sujet, das Prinzip der Wiederholung, der Vervielfältigung. Dabei wurde in der Regel nach Stichen ge-arbeitet; einige Motive erscheinen spiegelverkehrt, nur im Vordergrund, oder bei den Kostümen wurden Veränderungen angepaßt. Von den insgesamt etwa 800 Canaletti sind lediglich ca. 50 tatsächliche Canaletto-Gemälde. Die Massenproduktion ist nicht signiert. Die am besten dokumentierte Sammlung ihrer Zeit ist die Schulenburg-Sammlung; seit 1776 sind insgesamt 20 Inventare vorhanden. Die Sammlung selbst existiert nicht mehr. Sie soll virtuell rekonstruiert werden, ein Drittel des damaligen Bestandes ist schon erfaßt.
Dr. Julia Weber, stellvertretende Referentin für Keramik am Bayerischen Nationalmusem München, zeigte mit ihrem Beitrag „Original − Fälschung − Kopie: Das Verhältnis der Meißener Porzellane zu ihren ostasiatischen Vorbildern und beider Wertschätzung in Europa“, in welcher Weise die Entfaltung des Kunsthandwerks vom Nachahmen abhängig war. August der Starke mit seiner ersten großen Porzellan-Sammlung machte es seiner Manufaktur zur Aufgabe, daß man japanisches nicht von Meißener Porzellan unterscheiden könne. So gelangten sächsische Kopien ohne die typischen Meißen-Marken, sondern mit chinoisen Symbolen u.a. in Paris auf den Markt. Oder die Schwertermarke wurde in Aufglasurblau angebracht und ließ sich leicht mit Diamanten abschleifen. Bevorzugt wurde in Paris der Kakiemon-Stil (Japan, ab 1680), der in Meißen um 1730 umgesetzt wurde, geordert. Aus den Archivalien geht eine gewisse Entwertung hervor, weil zu hochauflagig imitiert wurde. Daß die Meißener Kakiemon-Porzellane für Originale gehalten wurden, bezeugt aber auch ihre Ebenbürtigkeit. Die Originale sind sehr selten; die Nachbildungen waren billiger, dem europäischen Geschmack näher und vom Material her besser, ja, so gut, daß man das feine Porzellan zunächst für eine Art Glas hielt.
Diese Porzellane waren ab 1730 perfekt herzustellen. Im französischen Handel nutzte man dies aus und veräußerte Fälschungen. Zwar flog der Schwindel bald auf, doch auch die Kopien verkauften sich gut. Der Handel betrachtete die Ware nicht als Fälschungen; vielmehr säße der Käufer diesen auf. Der Pariser Skandal machte Meißener Porzellan erst richtig bekannt.
Prof. Dr. Jürgen Merz, Universität Münster, ließ mit seinem Referat „Kopien nach Zeichnungen von Pietro da Cortona“ erahnen, in welchem Ausmaß Graphiken nicht nur kunsthistorische Kennerschaft abverlangen. Von Cortona sind 483 Originale bekannt, 487 Werke sind Zuschreibungen. Hier waren Schüler am Werk, oder Nachahmer; hinzu kommen neue Reproduktionen nach Graphiken und Zeichnungen. Es gilt, genauestens zwischen Kopie und Imitation zu differenzieren.
Entscheidend bei der Bestimmung sei auf jeden Fall die Unschuldsvermutung. Auffällig oft bieten Kopien einen homogenen Gesamteindruck, sind bei nahem besehen jedoch flauer. Eigentümer halten in jedem Fall von ihren Schätzen immer das Beste. Von Michelangelo berichte Vasari, daß er die Originale selbst behalten haben soll und Interessenten Kopien unterjubelte.
Prof. Dr. Caecilie Weissert, Kunsthistorisches Institut der Universität Wien, referierte zu „Aktualisierung und Betrug: Kopie und Reproduktion in den Niederlanden des 16. und 17. Jh.“. Im 16. Jh. stellten sich die niederländischen Maler in den Dienst des Werkes, darin lag ihr Motiv zur Kopie. Berühmte Kunstwerke, wie der Genter Altar, wurden mehrfach kopiert; Kopien der „er-sten Generation“, die besonders qualitätvoll ausfielen, waren im Besitz von Herrschern. Diese Art von Kopien waren keine Fälschungen, da sie im Auftrag entstanden. Sie waren sehr teuer, und die Kopisten wurden als große Meister angesehen, die häufig danach trachte-ten, das Vorbild zu übertreffen. Ein guter Kopist konnte sich durchaus Meisterleistungen aneignen, er war „neidwürdig“ (Goltzius). Kopien waren im 16. Jh. hochgeschätzt und unterschieden sich nicht fundamental vom Original. Das Gegensatzpaar „Orginal v. Kopie“ ist in der Kanzleisprache seit dem 15. Jh. belegt. Erst ab 1600 müssen sich die Künstler rechtfertigen und be-tonen, daß ihre Werke Eigenschöpfungen sind. Belegt ist 1616 für Frans Francken II., daß er „keine Kopien“ abgeliefert habe und 1632 für Adriaen Brouwer, daß er das Werk „nur einmal gemacht“ habe. Viele weitere interessante Belege in dieser Art sind bekannt. So auch Daten im Zusammenhang mit dem Prozeß gegen Anthonis van Dyck, in dem die Rede ist vom Original aus „einer“ Hand, von „einem“ Künstler. Bei Werken Barent van Orleys liegt die Betonung auf „fecit“ und nicht „invenit“.
Dr. Rachel King, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, trug mit dem Thema „Man macht Bernstein auf diese Weise: Frühneuzeitliche Rezepte für und Reaktionen auf nachgemachten Bernstein“ eine heute kurios anmutende Facette zum Forschungsfeld bei. Im 16. und 17. Jh. war ostpreußischer Bernstein ein bevorzugtes Material im Kunsthandwerk. Da das Material sehr leicht ist, wurde/wird es an der Küste gefischt. Aber nicht alles gelblich Scheinende ist tatsächlich auch Bernstein.
Nachbildungen von Bernstein sollen in erster Linie für Dilettanten gedacht gewesen sein. Ostpreußischer Bernstein war in Nordeuropa ein Massenartikel. Gessner nennt für Königsberg 1546 20 Varianten. Giambattista della Porta (1535-1558) beschäftigt sich in seinen „Magiae naturalis sive de miraculis rer-um naturalium“ ebenso damit. In südlichen Ländern war Bernstein verboten und somit relativ unbekannt.
Merkwürdig oder sonderbar also, daß es Rezepte zur Herstellung künstlichen Bernsteins gibt. Antoine Mizauld benennt 1555 Quarz, Eiweiß, Safran als Zutaten, die zusammen gekocht werden müßten. Der Schweizer Johann Nepomuk Wecker erwähnt als Ingredienz Mastix. Beide Rezepturen sind eher Grobvorschläge. Existierte die Nachahmung also nur in der Theorie? Auch wäre die Nachahmung von Bernstein sicher nicht preiswert gewesen; die Quellen geben keine eindeutige Auskunft. Stanislaus Axtelmeier stellt in seiner Ho-kus-Pokeria 1703 fest, nachgemachter („contrafäter“) Bernstein sei nicht so gut zu bearbeiten wie echter. Die Illustrationen zeigen Formen, die vorher perforiert sein müssen wie fürs Töpfern. Dargestellt ist auch, wie In-klusen gefälscht werden können, denn Einschlüsse von Insekten, Eidechsen und anderem Getier sind sehr sel-ten; darum der Vorschlag, geschmolzenen Bernstein in zwei Formhälften zu gießen, die anschließend mit-einander verklebt würden. Dies wäre sehr materialin-tensiv, da die Hälfte des Bernsteins dabei verdampfen würde. Anschließend brauchte das Material fünf Tage, um zu härten. Danach ließe sich die Oberfläche mit einem Dekor ziselieren, um die Nahtstellen zu kaschie-ren. Beispiele dieser Fälschungen befänden sich in den Waldenburg‘schen und Wiener Sammlungen.
Das Rezept des John Houghton von 1727 nennt 30 g Kirschbaumharz, Gummi arabicum etc. Diese Mixtur kommt dem echten Bernstein schon näher. Im 19. Jh. wurde Bernstein nicht mehr gefischt, sondern mit Wasserkanonen aus der Erde geschwemmt, um daraus Preßbernstein herzustellen. Bernstein, ein einfaches altes Harz, wurde durch die Kunststofferfindung zu einem leicht nachzuahmenden Produkt. Ob solche Materialimitate auch als Fälschungen anzusehen sind, blieb offen.
„Die falschen Haare: Original und Kopie bei Giulio Mancini“, der Vortrag von Julia Saviello M.A., Berlin, behandelte beides: „falsche“ Haare, aber auch deren Darstellungsweisen als ein Indiz zur Echtheitsbestimmung. Eine Pisanello zugeschriebene Zeichnung im Louvre, geradezu wie ein Stilleben aufgebaut, läßt zarte Haarsträhnen flattern, die an einem dekorativ über die Mal-fläche gekräuselten Band fixiert sind und von einem zweiseitig gezahnten, beinernen Kamm überschnitten werden. Einerseits ein früher Hinweis für kompliziert aufgebaute italienische Renaissance-Frisuren, zeigt die Darstellung aber auch, welcher Bedeutung die Abbildung von Haaren zukam. Von Mancini gibt es eine Studie zur Echtheitsbestimmung von Kunstwerken; in den „Consideranzioni sulla pittura“ von 1621 heißt es, beim Haar zeigten sich die Fertigkeiten eines Künstlers. Mancini war Sammler und Kunstinteressierter; er sah auf dem römischen Kunstmarkt Gemäldefälschungen, deren Firnis absichtlich verdunkelt war, aber auch ältere, übermalte Tafeln.
Luigi Lanzi (1732-1810) spricht 1795/96 in seiner „Storia pittorica della Italia“ von weniger tüchtigen Malern, die „ängstliche Pinselstriche setzen“, während Giovanni Paolo Lomazzo (1538-1600) meint, die Qualität eines Künstlers in erster Linie an den Ohren und Händen able-sen zu können. Vasari bezeichnet eine gute Darstellung von Haaren als ein Virtuosenstück; in seinen Vite, 1568, findet er in einem Fall, es sei mehr Stilisierung nötig. Antonio Correggio sei es mit seinem Leda-Gemälde (Berlin), um 1532, zuerst gelungen, Haare in Vasaris Sinn darzustellen. Leider ist das heute aufgrund einer Restaurierung nicht mehr nachvollziehbar.
Dürers „Selbstporträt im Pelzrock“ zeigt deutlich, welches Können er im Umgang mit Haupthaar und Pelz besaß. Interessant ist auch in diesem Zusammenhang mit der Bedeutung von Haar, daß in der Wiener Akademie eine Locke Dürers von 1528 verwahrt wird. Dürer sei es darum gegangen, die „Pinselspur“ zu überwinden. Joachim Camerarius rät in seinem Vorwort zu „De symmetria...“ 1532, die einzelnen Haare spärlich, in einem Abstand zueinander zu malen.
Bei Plinius heißt es in seiner „Naturkunde“, Apelles (4. Jh. v. Chr.) habe Haare gespalten, um Linien so fein wie möglich malen zu können. Bei Filippo Baldinucci ist 1681 im Zusammenhang mit talentiertem Malen die Rede von „Franchezza“, Kühnheit. Von Monets 1860 entstandenem Gemälde, „Der Garten des Künstlers“, wird gesagt, er habe es mit seinen eigenen Haaren gemalt. Dürer soll mit Pinseln aus Eichhörnchenhaar gemalt haben, während Cranach Pinsel mit zwei Enden benutzte. Heute geht man davon aus, daß mit einem feinen Borstenpinsel Haare feiner zu malen sind als mit einem feinen Haarpinsel.
An den „Fälschungen der Werke Hieronymus Boschs“ demonstrierte Prof. Dr. Nils Büttner sehr anschaulich, wie die Übung den Meister macht, aber auch den Kopisten. So kopierten die Schüler von Bosch ihren Lehrer und signierten mit seinem Namen, um ihren Meister zu verehren. Archivalische Erwähnung findet Hieronymus Bosch (um 1450-1560) zuerst 1510; er wird als „Jheronimus“ bezeichnet, wobei „Bosch“ lediglich auf seine Herkunft aus s’Hertogenbosch verweist.
Dem „Teufelsmaler“ wurde schon früh sehr große Aufmerksamkeit geschenkt und seine Bilder erzielten enorme Preise. Für sein Triptychon (in Madrid) erhielt er 340 Gulden. Zum Vergleich: 75 Gulden waren das Jahresgehalt eines Handwerksmeisters; 340 Gulden kostete auch eine Kogge. Solche Summen machten natürlich Fälscher hellhörig, sodaß heute lediglich 20 Zeichnungen als eigenhändig gelten. Für „Bosch“ sind Pseudosignaturen und eine Mustersammlung von Signaturen vorhanden. Stilistische Unterschiede zeigen sich darin, daß Bosch erfindet, während die Kopisten unmotiviert summieren. Die Versuchung des Antonius im Rijksmuseum, 1927 im Friedländer-Katalog, galt lange als Kopie. Die Signatur imitiert so getreulich, als wäre das Bild nur dafür gemalt worden; einiges spricht für Antwerpen, spätes 16. Jh., und es wurde künstlich gealtert. In einem anderen Zusammenhang heißt es in den Archivalien, daß Gemälde in den Kamin gehängt wurden, um sie gezielt älter erscheinen zu lassen. Am 3. Oktober 1575 wendet sich die Lukas-Gilde offiziell gegen Fälscher, denn Fälschen sei Betrug.
Ein notarielles Protokoll vom 2. November 1574 listet ein Besitzinventar nach Gattungen auf, darunter auch eine Tischplatte mit den „fijf“ (!) Totsünden. Die in fünf Kreissegmenten ausgeführten Darstellungen wirken in ihren Details wie schabloniert. Eine reflektographische Untersuchung wurde deswegen vorgenommen. Seit den 1980er Jahren beschäftigt sich die Kunstgeschichte vor allem in stilistischer Hinsicht eingehend mit Bosch.
Nils Büttner führte eine Fülle archivalischer Details an, die den Maler Bosch und seinen Umkreis in ein neues Blickfeld rücken und das Thema Kunstfälschung als kunsthistorisches Forschungsgebiet absolut dringlich erscheinen lassen.
Der Jurist und Kunsthistoriker Dr. Dr. Grischka Petri, Bonn, benannte in seinem Beitrag „Dürer, Raimondi und das venezianische Patent- und Privilegienwesen um 1500“ zahlreiche Quellen an der Schnittstelle kunsthistorisch-juristischer Bedeutung. Vasari erwähnt in der 2. Auflage seiner Viten Marcantonio Raimondi (~1475-~1554), der dafür bekannt ist, daß er etliche Blätter von Albrecht Dürer (1471-1528) kopierte, vor allem auch, in dem er sie in die Kupferstichtechnik übertrug. Daß Dürer in Venedig von Raimondi kopiert wurde, sei gleichzusetzen mit einem Ritterschlag. Denn Raimondi erreichte mit seiner Technik Auflagen von 6000 Stück, während Dürer-Blätter ab 100 Stück „matschig“ wirken. Nachahmer machten posthum aus derartigen Kopien „AD“-signierte „Jointventures“ zwischen Dürer und Raimondi.
Petri war mit seinen Definitionen im Einklang mit der Fachliteratur: der Fälscher gibt seine eigene Arbeit als die eines Fremden aus, der Plagiator hingegen etwas Fremdes als sein eigenes Produkt. Kaufrechtlich gesehen ging er allerdings beim Fälschungsbetroffenen von einem „subjektiven Fehler“ aus. Wenn sich Käufer und Verkäufer bei Vermutungen über Alter und Autorenschaft einig seien, erfülle dies nicht den rechtlichen Tatbestand eines Betrugs.
Um Vertragsrecht handelt es sich beispielsweise, wenn Dürer sich ausdrücklich Raubkopien verbittet, wie dies aus dem Kolophon einer Mariendarstellung in der Buchausgabe von 1511 im Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig hervorgeht. Für 1469 existiert außerdem ein venezianisches Druckprivileg für Johannes von Speyer. Für Ugo da Carpi (1480-1520/30) ist das Privileg für farbige Holzschnitte eingetragen.
Ksenija Tschetschik M.A., Wien, schloß mit ihrem Vortrag „Monogramme Albrecht Dürers auf den Zeichnungen des Nürnberger Künstlers Hans Hoffmann: Fälschung oder Täuschung?“ thematisch an ihre Magisterarbeit an. Das Berliner Pergamentblatt apostrophiert mit ‚AD, und ‚1528, signiert, 342 x 256 mm, müßte aus dem Todesjahr Dürers stammen; es erinnert entfernt, aber geradezu aufdringlich an den Albertina-Hasen von 1526/27, 250 x 225 mm. Tatsächlich stammt der Berliner Hase von Hans Hoffmann und wurde (ein bißchen zahlnenverdreht) 1582 angefertigt. Hoffmann ist um 1540-1584 in Nürnberg nachweisbar, galt als fleißiger Maler und Kopist. Ende des 19. bis Anfang des 20. Jh. sah die Forschung einen Fälscher in ihm. Er schuf sowohl sklavisch genau oder in freier Abwandlung Werke im Dürer-Stil, wie den Hirschkäfer, die Blauracke und eben den Hasen, den Löwen und die Löwin. Hoffmann signierte aber anders; die Löwin ist mit „.H. 1577“, ähnlich apostrophiert signiert. Ab 1583 war er am Hofe Kaiser Rudolf II. in Prag beschäftigt, an dem Vortäuschungen sehr beliebt waren; davor kopierte er in der Imhofschen Kunstkammer. Die Blauracke kopierte er zwei Mal, einmal mit „H“ und einmal mit „AD“ versehen. Dürers Eichhörnchen wirken bei Hoffmann irgendwie unmotiviert zusammengesetzt, wie „patchwok“, ebenso dubios ist deren Datierung.
Seine „AD“-Signatur ist der originalen sehr unähnlich, das A wirkt eher wie ein Initial, wie vom Anfang einer Zeile. Hoffmann praphrasiert und ist leicht von Dürer zu unterscheiden. Seinen „Hype“ hatte er um 1600, zur „Dürer-Renaissance“. Alle wollten Dürer, aber es gab keinen mehr; hierin vermutete Hoffmann seine große Chance. Tschetschiks Ausführungen zeigen deutlich, worin die große Qualität Dürers gerade auch im Verhältnis zu diesem Fälscher und Kopisten besteht.
Den Abschluß der Vortragsreihe bildete Tina Öçal M.A. mit „Le Faux vivant: Zur Ambiguität und bildaktiven Phänomenologie der Kunstfälschung“ mit ihren eher auf der Metaebene angesiedelten bildtheoretischen Ausführungen. Es gebe eine Art Kult um das Original versus dessen Reproduzierbarkeit, dem sie den Begriff der Virtualität hinzufügt. Das Verständnis Albertis vom Bild als dem Gegenstand der Natur läßt sich durch die Lebendigkeit von Artefakten ergänzen. Sie bieten ein Wechselspiel von Anblick und Blick; beispielsweise die „sprechende Statue“ von Pasquino, Rom, deren Sockel immer im April neu mit Zetteln beklebt wird und so in einen anderen Kontext rückt. Dabei entsteht ein externes Bild sowie ein internes in uns.
Das Bild wird verlebendigt, ist historisch und zugleich gegenwärtig und zeitigt darin Dialektik. So ähnlich spielen Fälschungen mit dieser wandlungsfähigen Eigenschaft, mit der Selbstverortung des Betrachters. Gleichzeitig wird gerade damit das Original abgewertet. Sein Lustgewinn erlischt irreversibel. Das Sehen als Erkenntnisgewinn, die Freude am Farbensehen wird beeinträchtigt, das innere Bild wird manipuliert. Fälschungen sind authentisch und falsch zugleich; sie dokumentieren die Historie und die eigene Rezeption als „Zeitgeschmack“. Aber so entsteht ein vor allem wissenschaftlichen Schaden anrichtender Spannungszustand. Die Antwort liegt in systematischem Vorgehen, nämlich einem zentralen Fälschungsarchiv zum Zweck der Forschung und Lehre. Die Kunstwissenschaften bedürfen dringend eines Blickwechsels. Die Betonung ist auf die Kunst der Wissenschaften zu richten und nicht umgekehrt, sonst wird noch eines Tages das „Lob der Fälschung“ hörbar.
Es ist wichtig, sich mit den Personen der Fälscher auseinanderzusetzen (Tina Öçal, Henning Klüser und René Allonge bereiten einen Band über Beltracchi vor), um die Mechanismen aufzudecken und Strukturen aus allen Gattungen und Epochen herauszufiltern.
Wer sich näher mit den Tagungsbeiträgen des Kunsthistorischen Forums Irsee beschäftigen möchte, wird den im Frühjahr 2014 vorliegenden Tagungsband der Schwabenakademie Irsee (http://www.schwabenakademie.de bzw. buero@schwabenakademie.de) zur Hand nehmen können. Den Veranstaltern ist auf jeden Fall zu gratulieren, daß es mit dieser Tagung gelang, zum Fälschungsthema einige Wissenschaftler ins Boot zu holen. Wünschenswert wäre es übrigens auch, eine Chronologie zum Fälschungsbegriff, zu Fälschern sowie zu bekannten Kopisten ins Netz zu stellen.
Eine weitere spannende Tagung der Schwabenakademie Irsee gemeinsam mit dem Geschichtswissenschaft-lichen Institut der Londoner Universität und mit Unterstützung der Gesellschaft für Renaissance-Studien steht schon bald ins Haus, nämlich: „History of Collecting − Sammlungsgeschichte. Collecting Nature“, vom 24. bis 26. Mai mit anschließender Zweitages-Exkursion. Sie handelt von Kunst- und Wunderkammern in europäischer Perspektive. Näheres unter http://www.museum-aktuell.de
Donnerstag, 7. Februar 2013
Die Frühjahrsakademie der Schwabenakademie in Bad Irsee bietet vom 15. bis 17. März 2013 und das Thema „Fälschung, Plagiat und Kopie: Künstlerische Praktiken in Mittelalter und Früher Neuzeit“ mit hochkarätigen Referenten an.
Das Fälschen von Kunstwerken des 19. und 20. Jahrhunderts ist ein Thema, dem sich die kunsthistorische Forschung, aber auch das Feuilleton, die Kriminalistik, die Rechtswissenschaft und nicht zuletzt die Sammler selbst seit Jahren intensiv widmen. Von Kunstfälschern, die teilweise in groß angelegten Netzwerken agieren und in vielbeachteten Gerichtsverfahren verurteilt werden, geht eine ungewöhnliche Faszination aus, wie jüngst etwa der Fall Beltracchi gezeigt hat.
Im Gegensatz hierzu ist das Thema Kunstfälschung der Vormoderne weitgehend unerschlossen. Schon den Begriffen „Fälschung“ und „Kopie“ mangelt es bis um 1800 an definitorischer Schärfe. Sie lassen sich demnach nur sehr bedingt mit dem zeitgenössischen Terminus übersetzen. Kunstwerke wurden in der Vormoderne aus den unterschiedlichsten Gründen gefälscht und kopiert. Keineswegs mußte zwangsläufig die Schädigung von Kollegen am Kunstmarkt bezweckt gewesen sein. Wer das vorbildhafte Werk eines bekannten Malers kopierte, konnte dies mit der Absicht tun, dem Meister Reverenz zu erweisen. Ganz anders verhielt es sich mit der Kopie von Werken, die einem bekannten Meister, etwa Hieronymus Bosch, zugeschrieben wurden, um daraus Profit zu schlagen. Darüber hinaus führte die Erfindung der Druckgraphik zu vielfältig belegten Urheberstreitigkeiten, so etwa im Rechtsstreit „Dürer gegen Raimondi“. Auch die Imitation einer Signatur zur Demonstration von Gruppenzugehörigkeit, Aneignung oder Vermarktung eines spezifischen Images (Cranach-Werkstatt) gehört in dieses Feld.
Als Auftakt der I. Frühjahrsakademie im Jahr 2013 wird in einer öffentlichen Abendveranstaltung die heutige Situation der Kunstfälschung analysiert und diskutiert.
http://www.schwabenakademie.de/
Dienstag, 15. Januar 2013
Die Europäische Zentralbank beginnt ganz klein, mit den 5€-Scheinen: Sie werden ab diesem Jahr ersetzt, weil immer mehr Fälschungen kassiert werden. 2012 zog allein die Bundesbank 41.500 gefälschte Euro-Banknoten ein, 2500 mehr als noch 2011. Die neuen Noten sind durch noch mehr add-ons noch "fälschungssicherer" als bisher.
Samstag, 15. Dezember 2012
Wie die Kölner Regionalpresse meldet, endete der Lempertz-Prozeß vor dem OLG Köln mit einem Vergleich. Zur Vorgeschichte: Die maltesische Firma Trasteco hatte 2006 beim Kunsthaus Lempertz einen gefälschten Campendonck ("Rotes Bild mit Pferden") von Wolfgang Beltracchi ersteigert. Es entspann sich ein zweijähriger Schadensersatzprozeß von Trasteco gegen das Auktionshaus, in dessen Verlauf zunächst Lempertz im September 2012 verurteilt wurde, zusätzlich zu den freiwillig gezahlten 800 TEUR auch noch 2 Mio. € Schadensersatz zu zahlen. Lempertz legte daraufhin Berufung ein.
Der jetzt geschlossene Vergleich sieht vor, daß Lempertz nurmehr einen Teil der Zinsen und die Prozeßkosten übernimmt. Lempertz kündigte jedoch an, daß man jedoch die Prozeßkosten von Beltracci zurückfordern werde. Ob dies auf dem direkten Weg gelingt, ist eher zweifelhaft, denn Beltracci behauptet, derzeit einer Kirchenmaus zu ähneln. Aussichten gibt es lediglich beim beschlagnahmten Vermögen Beltraccis - denn der Vergleich besagte interessanterweise, daß zur Befriedigung der Ansprüche von Trasteco direkt auf das beschlagnahmte Vermögen Beltraccis durch den Verkauf einer Hypothek auf Beltraccis Freiburger Villa zurückgegriffen werden kann.
Damit hat zwar Trasteco im Prozeßverlauf den vollen Schadensausgleich für diesen falschen Campendonck erhalten (zwei weitere Beltracci-Fälschungen hatte Trasteco übrigens bei Christie's erworben), Lempertz' Schuldbefreiung beschränkte sich hierbei nicht auf den Versteigerungspreisgesamtpreis, sondern lediglich auf die Kommission. Daß bei einem Vergleich zwischen zwei Parteien Gegenstand auch die Verfügungsmasse Dritter sein kann, macht ebenfalls diesen Vergleich so ungewöhnlich.
Henrik Hanstein weist mit dem Finger allerdings in eine ganz andere Richtung: "Wir wissen jetzt von 12 gefälschten Campendoncks, die alle von Andrea Firmenich als echt begutachtet wurden."
Und der Kunstmarkt weiß jetzt mehr über das Kölner Auktionshaus.
Donnerstag, 18. Oktober 2012
Wie die WELT berichtet, hat nach einem jahrelangen Rechtsstreit das Landgericht Düsseldorf ein angebliches Werk des 2007 gestorbenen Malers Jörg Immendorff als Fälschung eingestuft. In unserem Buch “Fälschungserkennung" (2011) hatten wir bereits auf dieses Bild hingewiesen. "Im Ergebnis muss das Bild vernichtet werden", sagte Gerichtssprecher Andreas Vitek am Mittwoch. Das Urteil sei aber noch nicht rechtskräftig. Geklagt hatte Immendorff-Witwe Oda Jaune. Sie hatte das 1,20 mal ein Meter große Bild im Katalog der Düsseldorfer Repräsentanz eines Wiener Auktionshauses entdeckt und die Vernichtung verlangt.
Ein Gutachter hatte das strittige Gemälde als Fälschung bewertet. Die umstrittene Reproduktion des Bildes "Ready-made de l’Histoire dans Café de Flore" sei im Gegensatz zum Original ein Querformat. Die Proportionen der Hauptmotive seien unterschiedlich, hatte Kunstprofessor Siegfried Gohr geurteilt. Nach seiner Ansicht ist die umstrittene Version mit Hilfe eines Diaprojektors auf die Leinwand aufgebracht und so reproduziert worden. Er könne sich nicht vorstellen, dass Immendorff so etwas autorisiert habe. Gohr erstellt im Auftrag von Immendorffs Nachlassverwalter Michael Werner ein Werkverzeichnis des Künstlers.
Echtheitszertifikat wohl ebenfalls gefälscht
Der beklagte Eigentümer hatte das Bild 2001von seinem Bruder gekauft. Dieser hatte eidesstattliche Versicherungen vorgelegt, denen zufolge Immendorff das Bild in seinem Atelier 1999 für 30.000 Mark verkauft habe. Kompliziert wird der Fall dadurch, dass auch Assistenten Immendorffs im Auftrag des Künstlers Kopien seiner Bilder anfertigten. Nach Auffassung der Richter ist das Echtheitszertifikat für das strittige Bild aber gefälscht. Das Original entstand 1987 und befindet sich in Neuseeland in der Auckland Art Gallery Collection. Die strittige Arbeit ist nach Auffassung des Gerichts ein "rechtswidrig verbreitetes Vervielfältigungsstück". Da eine Kennzeichnung als Fälschung nicht möglich sei und es Verwechslungen geben könne, sei es zu vernichten.
http://www.welt.de/kultur/kunst-und-architektur/article109926945/Immendorff-Faelschung-soll-vernichtet-werden.html
Dienstag, 31. Juli 2012
Nach 21 Verhandlungstagen und vier Schuldsprüchen im aufsehenerregenden Prozess um Testamentsfälschungen beim Vorarlberger Bezirksgericht (BG) Dornbirn sind heute, Dienstag, am Salzburger Landesgericht die restlichen sechs Urteile gesprochen worden. Der geständige Hauptbeschuldigte Jürgen H. (48), suspendierter Geschäftsstellenleiter des BG Dornbirn, erhielt sieben Jahre Haft unbedingt.
Der Schöffensenat unter Vorsitz von Richter Andreas Posch ging nach 30-stündiger Beratung davon aus, dass Jürgen H. nicht der alleinige Drahtzieher der Manipulationen gewesen ist: Alle Angeklagten wurden verurteilt. Die ehemaligen Gerichtskollegen des Hauptbeschuldigten, Clemens M. (52), und Kurt T. ( 49) wurden zu je drei Jahren Haft, davon ein Jahr unbedingt verurteilt. Der frühere Gerichtsbedienstete Walter M. (72) erhielt zwei Jahre Haft unbedingt.
Die suspendierte Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch, Kornelia Ratz (48), wurden zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, zehn Monate davon wurden unbedingt ausgesprochen. Schuldig gesprochen wurde auch ein geständiger Freund des Hauptbeschuldigten: Peter H. (48) kassierte eine unbedingte Freiheitsstrafe von fünf Jahren. (APA)
Tiroler Tageszeitung, Onlineausgabe vom Di, 31.07.2012
Der Hintergrund:
Kornelia Ratz urteilte jahrelang über jene, denen kleine und große Gesetzesübertretungen vorgeworfen wurden. Ab dem heutigen Montag sitzt die seit März 2010 suspendierte Richterin auf der Anklagebank. Die 49-jährige ehemalige Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch ist eine von zehn Beschuldigten der Dornbirner Testamentsfälscheraffäre.
Es ist eine Causa, die bei vielen das Vertrauen, vor Gericht zu seinem Recht zu kommen, erschüttert hat. Von den zehn Angeklagten, die sich vor Richter Andreas Posch verantworten müssen, sind fünf langjährige Mitarbeiter der Justiz. Wegen möglicher Befangenheit wurde das Verfahren nach Salzburg verlegt.
Gelegenheit macht Diebe. Über Jahre sollen Rechtspfleger durch geschickte Manipulationen Erbschaften in die eigene Tasche gesteckt haben. Der Richterin wird vorgeworfen, bei den Kollegen ein Testament in Auftrag gegeben zu haben, um ihre Mutter und ihre Tante zu begünstigen. Die Angeklagten müssen sich wegen Amtsmissbrauchs, gewerbsmäßig schweren Betrugs unter Ausnützung einer Amtsstellung und Fälschung besonders geschützter Urkunden unter Ausnützung einer Amtsstellung verantworten.
Während der Hauptangeklagte, der 48-jährige Jürgen H., Geschäftsstellenleiter des Bezirksgerichts Dornbirn, wie einige andere Beschuldigte, ein umfassendes Geständnis abgelegt hat und sich zu den Testamentsfälschungen bekennt, bestreitet Ratz die Vorwürfe. „Wir werden auf unschuldig plädieren“, kündigte Bertram Grass, Anwalt der Richterin, an. Die beiden Anklagen in der aufsehenerregenden Causa, die von den Staatsanwaltschaften Feldkirch und Steyr erstellt wurden, lesen sich wie der Krimi eines fantasiebegabten Autors.
Es gibt jede Menge meist alleinstehende, demente Verstorbene, viel Bar- und Immobilienvermögen, auf alt getrimmte Papiere, abgepauste Unterschriften und überraschend aufgetauchte Testamente mit Erben, die keiner kannte. Laut Staatsanwaltschaft sollen von 2001 bis 2008 in 18 Verlassenschaftsverfahren Testamente und Verträge manipuliert worden sein. Zum Vorteil der Justizmitarbeiter oder von Angehörigen und Freunden, die zum Teil als Scheinerben auftraten. Der Schaden wird auf zehn Millionen Euro geschätzt. Mehr als 80 geprellte Erben haben sich dem Verfahren als Privatbeteiligte angeschlossen. 2009 begann eine junge Richterin zu recherchieren, weil ihr bei der Bearbeitung einer Erbschaft manches eigenartig vorkam. Sie entdeckte auffällig ähnliche Testamente und immer wieder dieselben Personen als Testamentskuratoren. Die Richterin erstattete Anzeige. Im November 2009 gab es erste Verhaftungen: Der Geschäftsstellenleiter des Bezirksgerichts Dornbirn, Jürgen H., Rechtspfleger Kurt T. und Peter H., ein in Salzburg lebender Vorarlberger, mussten in Untersuchungshaft. „Jürgen H. bleibt geständig“, sagte sein Anwalt Klaus Grubhofer. Die Fälschungen täten ihm sehr leid. Sein Mandant wäre als sehr junger Mann ans Bezirksgericht gekommen und habe gesehen, dass „sich manche ihre Suppe richten“. Als er in der Position war, habe er es sich auch gerichtet, schilderte der Verteidiger. „Der Erfinder des Systems war er nicht“, betonte Grubhofer. Das System war ziemlich ausgeklügelt: Die Fälscher hielten gezielt Ausschau nach vermögenden, alleinstehenden alten Leuten ohne direkte Nachkommen. In deren Namen schrieb Jürgen H. ein fiktives Testament, das von angeblichen Zeugen, meist waren es bereits Verstorbene, „unterschrieben“ wurde.
Dabei wurden Namenszüge einfach abgepaust. Damit alles echt aussah, wurden Gerichtskostenmarken von alten Dokumenten abgelöst, alte Tinte verwendet, mit alten Schreibmaschinen gearbeitet und die falschen Dokumente im Testamentsregister in vorsorglich frei gelassenen Zeilen alter Listen eingetragen. Als Haupterbe und „Zwischenstation“ diente meist eine demente Person mit nur noch geringer Lebenserwartung. Diese hinterließ das Vermögen in einem weiteren gefälschten Testament einem Freund oder Angehörigen des Hauptbeschuldigten.
Bis zu 15 Jahre Haft. Peter H. war so ein Scheinerbe. Der in Salzburg Lebende verwertete die ererbten Immobilien und legte das Geld für den Fälscherkreis an. Eine vom Verteidiger des Hauptbeschuldigten und einem Kollegen vorgeschlagene Lösung zur Wiedergutmachung des Schadens über einen Treuhandfonds ist gescheitert. „Die Voraussetzungen wären da“, sagte Grubhofer. Eine Wiedergutmachung könnte ebenso wie das Geständnis als Milderungsgrund gewertet werden. Immerhin drohen Jürgen H. und den anderen bis zu 15 Jahre Haft.
"Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2012
Montag, 30. Juli 2012
Im Rahmen der Umstrukturierung der Gothaer Museumslandschaft im Rahmen des Masterplanes „Barockes Universum Gotha“ wird das Museum für Regionalgeschichte und Volkskunde Gotha den neuen Namen Historisches Museum Gotha erhalten. Die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha möchte auf diese Weise die umfangreichen historischen und volkskundlichen Sammlungen mit einem Namen präsentieren, der zeitgemäß und einem weit gereisten Publikum unmittelbar verständlich ist. Das Historische Museum steht in einer Reihe mit dem Museum der Natur, dem Schlossmuseum, dem Ekhof-Theater und dem Herzoglichen Museum mit den Kunstsammlungen. Unter dem Dach der Stiftung werden in Zukunft diese fünf Einrichtungen nach außen stärker in Erscheinung treten.
Foto: Der Westturm von Schloß Friedenstein. Foto: Museum
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Dr. Roland Krischke
Dienstag, 26. Juni 2012
Am 27. Juni 2012 übergeben Dr. Hans-Peter Bühler und Marion Bühler-Brockhaus im Beisein von Kulturbürgermeister Michael Faber dem Museum der bildenden Künste Leipzig drei Werke des französischen Malers Louis Valtat (1869–1952). Zur Eröffnung des Museumsneubaus am 4. Dezember 2004 hat das Sammlerehepaar Dr. Hans-Peter Bühler und Marion Bühler-Brockhaus dem Museum der bildenden Künste Leipzig 41 Werke französischer Kunst des 19. Jahrhunderts geschenkt. Diese „Schenkung Bühler-Brockhaus“, zu sehen im 3. Obergeschoss, macht auf einmalige Weise den Weg der französischen Malerei von der Schule von Barbizon bis zum Impressionismus nachvollziehbar. Aus Anlass des 70. Geburtstags von Dr. Bühler erweitert das Ehepaar nun 2012 seine Schenkung um zwei Gemälde und eine Plastik von Louis Valtat. Louis Valtat (Dieppe 1869–1952 Paris) gehört zu den französischen Künstlern der Jahrhundertwende, die sich einer eindeutigen Klassifizierung immer entzogen haben. Nicht mehr dem Impressionismus zugehörig und kein reiner Fauve, erlaubt sein künstlerisches Werk den Blick auf Zwischentöne. Mit einem lockeren Strich voller Eleganz und Spontaneität gemalt, changieren seine Gemälde zwischen Formreduktion und Ähnlichkeit.
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Jörg Dittmer
T. 0341.21 69 99 14, mdbk@leipzig.de, http://www.mdbk.com
Dienstag, 26. Juni 2012
Erstmalig richtet das Staatliche Museum für Völkerkunde München vom 28. bis 30. Juni 2012 die internationale Tagung der Pacific Arts Association (Sektion Europa) aus.
Gemeinsam mit Wissenschaftlern vom Völkerkundemuseum diskutieren Experten vom British Museum, dem Metropolitan Museum und dem Musée du quai Branly Paris über Kunst aus der Südsee. Dabei greift die Konferenz mit ihrem Schwerpunkt „Sammlungsgeschichte“ auch brisante Themen auf. Das Sammeln im kolonialen Kontext wird ebenso thematisiert wie die aktuellen Beziehungen zwischen europäischen Sammlern und Bewohnern der pazifischen Inseln. Das Rahmenthema der Tagung knüpft an die neu eröffnete Ausstellung „Netzwerk Exotik. 150 Jahre Völkerkundemuseum München“ an.
Donnerstag, 14. Juni 2012
Stefan Koldehoff / Tobias Timm: Falsche Bilder - Echtes Geld. Der Fälschungscoup des Jahrhunderts - und wer alles daran verdiente. Berlin: Galiani 2012, 304 S., ISBN 978-3-86971-057-0 , EUR 19,99
Die Aktendeckel der Kölner Staatsanwaltschaft konnten kaum Staub ansetzen, da erscheint auch schon ein Buch auf dem deutschen Markt, das sich wie ein Nachbeben des zum "größten Kunstfälscherskandal der deutschen Nachkriegszeit" ausgerufenen Beltracchi-Falls ankündigt. In ihrer Publikation "Falsche Bilder - Echtes Geld" rekonstruieren die Journalisten Stefan Koldehoff (Deutschlandfunk) und Tobias Timm (Die Zeit) nicht nur die Gehaltslisten des internationalen Kunsthandels, sondern auch chronologisch die Aufdeckung der Fälschungen Wolfgang Beltracchis. Auf die sukzessive Darstellung, wie sowohl private als auch öffentliche Ermittler die einzelnen Fragmente von der Analyse der Sammlungsaufkleber bis hin zu materialtechnischen Untersuchungen zusammenführten, folgen längere Passagen, die anhand der Verkaufsgeschichten der Fälschungen deren jeweilige Stationen auf dem Kunstmarkt illustrieren. Die Analyse der beiden Autoren kulminiert sodann in einem "Kodex für den Kunsthandel", der auch Gesetzesänderungen impliziert, um darauffolgend die Aktualität und internationale Dimension von Kunstfälschungen durch die in Amerika bekannt gewordenen Fälschungen Abstrakter Expressionisten zu verdeutlichen. Fälschungen fußen bekanntlich auf der blinden Gier nach finanziellen Superlativen, wie man die Psychologie eines scheinbar aus den Fugen geratenen Systems subsumieren könnte. Doch gab es diese Fugen jemals, oder bedarf es gar zweier beherzter Journalisten, die dem Kunstmarkt endlich Manieren beibringen?
Besonders hervorzuheben ist zunächst das Engagement der Autoren, die eigene Forderung nach Aufklärung des Beltracchi-Falls einzulösen und zugleich eine Diskussion darüber anzuregen. Auch der insgesamt acht Punkte umfassende "Kodex für den Kunsthandel" ist ein durchaus ernst zu nehmender Vorschlag zur möglichen Eindämmung künftiger Fälschungen. Insbesondere die Überlegung, das Verfassen von Werkverzeichnissen an öffentlichen Einrichtungen zu zentralisieren und dafür entsprechende finanzielle und personelle Mittel bereitzustellen, verdient dabei eine besondere Beachtung, drückt sie doch die dringende Verbesserung der maroden Situation eben jener Bildungseinrichtungen aus, deren Auftrag die Sicherung des kulturellen Erbes ist (227). Problematisch erscheint hingegen der 7. Punkt dieses Kodex', wonach Fälschungen beispielsweise durch einen Stempel oder eine Datenbank kenntlich gemacht werden sollen (231). Doch jegliche Form der materiellen Kenntlichmachung einer Fälschung kann stets wieder entfernt werden. Damit eine Datenbank wie die von Markus Eisenbeis (Auktionshaus Van Ham, Köln) funktionieren kann, ist wiederum die Beteiligung nahezu aller Kunstmarktteilnehmer erforderlich. Dies allerdings scheint in Anbetracht der für jede Marktwirtschaft typischen Konkurrenzsituation kaum umsetzbar. Um einmal entlarvten Fälschungen jedoch ihre erneute Schädlichkeit zu nehmen, ist vielmehr die Gründung eines zentralen Fälschungsarchivs notwendig, das von öffentlichen Forschungseinrichtungen wie Universitäten geleitet wird. Hieraus würde sich wiederum die Möglichkeit eröffnen, Fälschungen sowohl zu Forschungs- als auch Lehrzwecken zu sammeln und so zudem deren erneutes Eintauchen in den Kunstkreislauf nachhaltig zu verhindern.
Betrachtet man das vorliegende Buch allerdings aus einer wissenschaftlichen Perspektive, so bietet es weder Erkenntnisse, die nicht auch zuvor bekannt gewesen wären, noch ermöglicht es, mangels Transparenz, weitere Forschungen, da Angaben weder anhand von Fußnoten oder Anmerkungen noch sonstigen Quellenangaben überprüft werden können. Auch eine Literaturliste sucht man vergeblich. Bestückt wird die Publikation hingegen mit Auszügen aus Artikeln, die bereits im Vorfeld oder kurz nach Erscheinen des Buches in der Wochenzeitschrift "Die Zeit" publiziert wurden, was auch die Schreibgeschwindigkeit der Autoren erklärt. So merkt man der Publikation förmlich an, dass diese zu allererst der Öffentlichkeit "Neues vom Fälscher" präsentieren wollte.
Problematisch ist zudem die teilweise subjektive Haltung, die die selbsternannten Ermittler und Richter in Personalunion in ihrem Buch einnehmen. So scheint die Intention der Autoren eine eigene Beweisführung und Anklage zu sein, wie auch Ira Mazzoni schlussfolgert. [1] Fraglich ist, ob die Veröffentlichung eigener Spekulationen und eines noch ungesicherten Fälschungsverdachts zu einem Zeitpunkt, an dem zahlreiche Zivilprozesse weder geführt noch beendet sind, instruktiv ist und langfristig zu einem brauchbaren Ergebnis führt oder nicht vielmehr der eigenen Sache dient. Während einzelne Akteure mit höchstem Lob bedacht werden, findet simultan ein undifferenzierter Rundumschlag gegen den Kunstmarkt, die Kunsthistoriker und die Experten statt. Geradezu grotesk wirkt dabei der rührselig anmutende Versuch, die sympathische Erscheinung Burkhard Leismanns, künstlerischer Leiter des Kunstmuseums Ahlen, mit dem es das Leben, wie die Autoren wissen, nicht immer gut gemeint hat, sozusagen als Milderung des Umstandes aufzuführen, dass sein Museum einer der Knotenpunkte für den Handel einiger Fälschungen war (58f.). Ohne das Verdienst Andrea Firmenichs schmälern zu wollen, muss auch hier relativiert werden. So ist das von ihr verfasste Werkverzeichnis Heinrich Campendonks durchaus kritisch zu betrachten, wenn nahezu ungefiltert Werke aufgenommen werden, deren Provenienz lediglich aus einer Schwarz-Weiß-Fotografie und dem Hinweis "Dokumentiert durch Foto" besteht. [2] Hier hätte sich eine kritische Auflistung nicht ausreichend dokumentierter oder zweifelhafter Werke geradezu aufgedrängt.
Zweifel an der Fundiertheit der kunsthistorischen Recherchen kommen gerade dann auch auf, wenn die Autoren zwar die Aufnahme des vermeintlichen Campendonk-Gemäldes "Katze in Berglandschaft" 1989 in dieses Werkverzeichnis nennen (171), jedoch unerwähnt lassen, dass neben den zahlreichen Schwarz-Weiß-Abbildungen just dieses Gemälde eine der wenigen ganzseitigen Farbtafeln erhält, was auf den Zugang zu einem entsprechenden Ektachrom 'des Besitzers' schließen lässt, worauf die Methodik Beltracchis indirekt abzielte. [3] Dabei adelt das per se Seriosität signalisierende Werkverzeichnis die besonders markant platzierte Fälschung zu einem anerkannten Werk Campendonks, was schon oft gängige Fälscher-Praxis war. So zierte ein gefälschter Van Gogh Otto Wackers das Katalogfrontispiz zu einer von ihm organisierten Ausstellung, die neben Zeichnungen und Aquarellen Van Goghs aus prominenten Sammlungen auch 'Wacker-Van-Goghs' zeigte. [4] Weiterhin verdeutlicht dies, dass Beltracchi für seine Fälschungen nicht nur kunsthistorische Fachliteratur rezipierte, sondern er war streckenweise gar Teil dieser kunsthistorischen Forschung.
Die sich dann anschließende Frage, was mit einer Fälschung passiert, wenn sie als solche entlarvt wird, beantworten die Autoren mit einem lapidaren Verweis auf deren gegenüber dem Original fehlende Aura und Geschichte (127). Was Walter Benjamin allerdings als "Verlust der Aura des Kunstwerks" bezeichnet, ist der durchaus nicht wehmütig gemeinte Verlust der Einmaligkeit zugunsten eines orts- und zeitunabhängigen Habhaftwerdens dieser Werke durch den Betrachter. Hierdurch rückt wiederum dessen Wahrnehmung einer zweiten immateriellen Ebene zu der rein materiellen Sichtbarkeit in den Fokus. In der Rezeption durch diverse Betrachter, aber auch über einen gewissen Zeitraum, ändert sich ein Kunstwerk gar in verschiedene Sehangebote seiner selbst. Ebenso verhält es sich mit der Fälschung. Denn auch nach ihrer Entlarvung hört diese nicht auf, als Bild zu wirken. Zudem blicken Fälschungen zurück und verinnerlichen den je aktuellen Blick auf Originale. Eben diese Seherwartung, die eine Fälschung zunächst als genuines Meisterwerk erscheinen lässt, führt umgekehrt nach deren Entlarven dazu, dass nun Mängel entdeckt werden, die allerdings nicht zwangsläufig faktisch vorhanden und rezipierbar sind, sondern vielmehr Projektionen dieser nun durch den Kontext der Fälschung veränderten Seherwartung.
Widersprochen werden muss den Autoren daher auch, wenn sie Fälschungen sozusagen als schnöde Kopien darstellen, die ihrer dem Original vorbehaltenen künstlerischen Wegfindung beraubt wurden (128). Denn gerade im Fall Beltracchi, aber auch bei dem Vermeer-Fälscher Han van Meegeren wird deutlich, dass sich die Fälscher intensiv mit ihren Vorbildern auseinandersetzen, um zu einer entsprechenden Bildsprache zu gelangen. Beltracchi hat dabei nicht 1:1 kopiert - auch die in dem Buch aufgeführten Bildbeispiele zeugen von einer Adaption, nicht von einer Kopie -, sondern vielmehr pasticcioartig Einzelelemente neu kombiniert und sich dabei genau überlegt, was dem aktuellen Desiderat entspricht. Den Fälschungen ist also durchaus eine Wegfindung immanent, die sie geradezu konstitutiv bedingt.
Das in nur sieben Monaten nach dem Kölner Urteilsspruch veröffentlichte Buch macht gerade für unbeteiligte Beobachter Zusammenhänge klarer und bietet zudem anregende Lösungsvorschläge. Neben all den Rufen nach verstärkten naturwissenschaftlichen Analysen wäre aber gerade eine kunsthistorische Erforschung von Fälschungen unabdingbar. Denn bereits zeitgenössische Fälschungen zeigen, dass auch naturwissenschaftliche Untersuchungen ihre Grenzen haben. Betrachtet man die Kunstgeschichte jedoch lediglich als Hilfswissenschaft für den Kunsthandel, gelangt man leicht zu den hier hastig zusammengetragenen Schlüssen. Viel zu leise wurde also auf eine interdisziplinäre Zusammenarbeit der einzelnen Fachgebiete verwiesen, die jedoch der eigentliche, wenn nicht einzige Weg aus der Misere wäre.
Tina Öcal
(Zuerst online erschienen in "Sehepunkte")
Anmerkungen:
[1] Vgl. Ira Mazzoni: Wie man Augen betäubt und daraus Gewinn zieht, in: Süddeutsche Zeitung 110 (12./13.05.2012), 15.
[2] Vgl. Andrea Firmenich: Heinrich Campendonk: 1889-1957, Leben und expressionistisches Werk, mit Werkkatalog des malerischen Œuvres, Recklinghausen 1989, 361.
[3] Vgl. ibid., Farbtafel 33.
[4] Ich danke Prof. Dr. Henry Keazor (Saarbrücken) für diesen Hinweis.
Samstag, 19. Mai 2012
In einer FAZ-Beilage vom 24.3.2012 (1) beschreibt Lisa Zeitz die gesammelten Aufzeichnungen des 2011 verstorbenen Psychoanalytikers Werner Muensterberger (“Sammeln, eine unbändige Leidenschaft”), die zu Lebzeiten nicht als Buch erschienen. Das Buch sollte den Titel haben “Forgers on the Couch”. In ihm untersuchte der New Yorker die Bekenntnisse von Eric Hebborn, Han van Meegeren, Thomas Chatterton (produzierte im 18. Jh. mittelalterliche Literatur) und Konrad Kujau. Und siehe da: Alle hatten in der Kindheit keinen Vater.
Bei Zeitz (2) und Münsterberger fehlt jedoch die Distanz zu den Quellen, die vermutlich erst nach der Entlarvung der Fälscher im Zuge einer Verteidigungsstrategie entstanden. Es ist zwar nicht auszuschließen, daß es tatsächlich ein Fälschersyndrom gibt (uns fiel z.B. auf, daß Fälschen im Gegensatz zum Pretending Männersache zu sein scheint), aber leider sind Fälschererinnerungen und -Memoiren oft reine Verlängerungen der selbstgewählten Fiktionen. Aber auf die sind schon andere hereingefallen - siehe “Elmyr de Hory”.
Frdl. Hinweis von Ernst Haiger, Berlin
Anmerkungen:
(1) Ausg. 2/12, S. 47
(2) siehe auch: Lisa Zeitz: Werner Muensterberger: 1913-2011. In: Art in America 03/15/11. Das Foto wird hier ohne Bildunterschrift und Copyright abgebildet, zeigt Prof. Münsterberger mit seinem Dackel Fabiola und dürfte von Deniz Saylan stammen.
Samstag, 19. Mai 2012
Lisa Bingenheimer machte kürzlich in einem Artikel in der FAZ (“Skandal! Was für ein Skandal?”, FAZ v. 21.4.2012, S. 35, frdl. Hinweis von Ernst Haiger, Berlin) auf ungeklärte Fälschungsfälle in den USA aufmerksam. Hier soll es falsche Rothkos, Motherwells und Pollocks auf dem Markt und in ominösen Sammlungen geben. Eine Vermittlungsrolle hätte in dem Fall eines unter Verdacht stehenden Werks, das mit Pollock” signiert ist, die mexkanischen Kunsthändler Glafira R. und José Carlos B. gespielt. Dabei kam zutage, daß die “dedalus Foundation”, die weltweit für Echtheitsbestätigungen Robert Motherwells zuständig ist, die Glafira R.-Werke als Fälschungen bewertete (FAZ v. 23.7.2011). Der von Glafira R. als Sammlerquelle angegebene John Gerzso hat seine Beteiligung allerdings bestritten. Das FBI hat seine Ermittlungen zu rund einem Dutzend strittiger Werke noch nicht abgeschlossen. Klagen von Pierre Lagrange und De Sole laufen derzeit auch gegen die alteingesessene New Yorker Galerie Knoedler.
Mittwoch, 16. Mai 2012
Am 22. Mai um 10 Uhr wird der Infopoint des Richard Wagner Museums Bayreuth durch die Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe und Museumsdirektor Dr. Sven Friedrich eröffnet.
Der Infopoint übernimmt bis zur Fertigstellung der Um- und Neugestaltung des Richard Wagner Museums die Aufgabe, über die Inhalte des künftigen Museums und die Gestaltung des Neubaus sowie über den aktuellen Stand der Planungen zu informieren und neugierig zu machen. Er wird täglich von 10 bis 16 Uhr geöffnet sein.
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Julia Weigold
Mittwoch, 28. März 2012
Wie das ZDF v. 28.3.2012 berichtet, hatte ein Bieter bei eBay ein Handy der Luxusmarke "Vertu" entdeckt, das mit einem Startpreis von 1 € angeboten wurde. Der Neupreis im Laden liegt immerhin bei 24.000 €, was bei Vertu-Handys der Fa. Nokia fast noch die untere Mittelklasse darstellt.
Der Mann bot mit, ersteigerte das “Luxushandy” für 782 €. Als das Paket mit dem Handy eintraf, meinte der Käufer plötzlich, eine Fälschung erworben zu haben und forderte prompt mehr als 23.000 € Schadenersatz. Den wollte der Verkäufer aber nicht zahlen. Der Käufer ging vor Gericht und klagte sich durch die Instanzen. Alle Richter gaben ihm deswegen Unrecht, weil angenommen werden muß, daß der klagende Ersteigerer im Moment des Kaufes sehr wohl wußte, daß es sich bei einem derart niedrigen Startpreis nicht um ein funktionierendes Original handeln könne.
Der Bundesgerichtshof (BGH, Aktenzeichen VIII ZR 244/10) hob die vorinstanzlichen Urteile jedoch sämtlich wieder auf und verwies die Sache zurück: Ein niedriger Startpreis allein sei bei einer Auktion kein Indiz für eine Fälschung. Damit entzog sich selbstverständlich der BGH der eigentlichen Frage, ob das Handy überhaupt eine Fälschung sei; beurteilt wurde lediglich die Stichhaltigkeit der Klage-Argumentation. Das OLG muß nun prüfen, ob aus der Auktionsbeschreibung zu schließen war, daß es sich um ein Originalprodukt handelte. Für eBay entsteht daraus eine brisante Zwickmühle: War aus der Auktionsbeschreibung erkennbar, daß es sich um eine Fälschung handelte, muß sich eBay mit allen Konsequenzen nachsagen lassen, daß es erkannte Fälschungen versteigert; war dies nicht erkennbar, ist eBay von einem Original ausgegangen, das es seltsamerweise – obgleich 24.0000 € wert – mit lediglich 1 € Aufrufpreis angeboten hat. Ob das noch der eBay-Klientel vermittelbar ist? Noch brisanter wird der Fall, wenn abschließend durch unabhängige Dritte über die Frage entschieden ist, ob es sich um ein Original oder eine Fälschung, eine hochraffinierte oder doch eher primitive Fälschung handelt.
Samstag, 3. März 2012
Leider kann die Ausstellung „DressCode im alten Rom“ nicht wie geplant ab März im rem | Curt-Engelhorn Stiftung für die Reiss-Engelhorn-Museen gezeigt werden. Das Projekt läuft seit 4 ½ Jahren als Gemeinschaftsprojekt. Es waren Ausstellungen in Mannheim und Wien geplant. Da das Naturhistorische Museum Wien die Teilnahme jetzt jedoch ganz kurzfristig abgesagt hat, ist eine Realisierung momentan nicht möglich. Rechtliche Schritte wurden eingeleitet. Die Reiss-Engelhorn-Museen bemühen sich um neue Partner bzw. Sponsoren, damit die Ausstellung gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt gezeigt werden kann.
Cornelia Rebholz, M.A.
C4,11
68159 Mannheim
T +49 (0) 621 – 293.3776
Fax +49 (0) 621 – 293.3066
cornelia.rebholz@mannheim.de
http://www.rem-mannheim.de
Mittwoch, 29. Februar 2012
Die derzeitige Diskussion in der US-amerikanischen Museums-eMailliste MUSEUM-L , die von Carrie Snow ausgelöst und von David Harvey, Norman Paul Stromdahl, Marc A Williams und Karl Cass geführt wird, dreht sich um die ethische und juristische Verantwortung von Museumspersonal im Falle angebotener Fälschungen. Damit ist jedoch nur eine Situation benannt, die tagtäglich auftreten kann: Denn man kann durch die ständige Screeningtätigkeit auch auf Fälschungen stoßen, die schon seit einiger Zeit im Museumsbestand sind. Reicht es also, diese Objekte zu Lernzwecken in eine Art Asservatenkammer zu sperren, oder gibt es in den unterschiedlichen Rechtssystemen nicht auch juristische Verpflichtungen, nach denen Strafverfolgungsbehörden einzuschalten wären? Möglicherweise auch noch weitergehende ethische Verpflichtungen? Was ist z.B. mit weit verbreiteten Museumspublikationen, die das Objekt möglicherweise schon seit Jahren als echt ausweisen? Wären hier nicht, ähnlich der Industrie, "Rückrufe" zu veröffentlichen?
Hinzukommt die dritte unethische Dimension, daß es nämlich immer wieder vorkommt, daß Museen erkannte Fälschungen als echt wieder zurück auf den Kunstmarkt werfen, um die heißen Eisen loszuwerden und sogar noch daraus Einnahmen zu erzielen.
Die katastrophale Unsicherheit, mit der in den USA dieses Thema diskutiert wird, entspricht auch der Lage bei uns. Die antwortenden Personen rieten der Sammlungskuratorin des Church History Museums, der anscheinend Fälschungen angeboten worden waren, dazu, derartige Objekte kommentarlos zurückzuweisen, um einen späteren Prozeß gegen sich selbst zu vermeiden. Beinahe zynisch muten Hinweise an, jeder zukünftige Erwerber dieser Fälschungen sei ja schließlich für sich selbst verantwortlich.
Dabei übersahen diese Museumsangehörigen mitsamt, daß durch dieses "clevere" Verhalten nicht nur eine Strafverfolgung behindert oder sogar verhindert wird, sondern daß hierbei Museen das Fälschungsverbreitungsrisiko nicht nur bei Privatsammlern und dem Kunsthandel, sondern auch bei öffentlichen Einrichtungen und Privatmuseen künstlich aufrecht erhalten.
Das Herstellung und berufsmäßige Handeln von Fälschungen steht auch in den USA unter Strafe. Erfolgt gezielt kein Hinweis an die Strafverfolgungsbehörden, verhindert somit das "clevere" Verhalten von Museen die Strafverfolgung, Konfiszierung der Ware und möglichweise sogar die Trockenlegung der Quelle. Während noch vor Jahrzehnten, etwa im Fall der "de Hory"-Fälschungen, Museen aktiv an der Strafverfolgung von Fälschungen beteiligt waren, versetzen diese Ratschläge Museen in die Rolle von Mordzeugen, die nichts gesehen haben wollen. Damit entspricht dieser Ratschlag zu derart "cleverem" Verhalten weder den bürgerlichen Pflichten noch der ICOM-Ethik der Verhinderung von "illicit trading" - denn auch der ermöglichte Verkauf von erkannten Fälschung bedeutet gesetzwidrigen Handel.
Damit setzen sich Museen, die derart "clever" handeln, aber selbst einer Strafverfolgung aus, wenn ihnen nachgewiesen werden kann, daß sie gezielt und möglicherweise über Jahrzehnte hinweg die Strafverfolgungsbehörden nicht unterstützt haben.
Wie ist in einer derartigen Situation in Deutschland zu verfahren?
Zum einen reagieren die auf Fälschungen spezialisierten Landeskriminalämter in Berlin, München und Stuttgart durchaus auf dezente Hinweise aus Museumskreisen, zum anderen gäbe es die vertragliche Möglichkeit, mit dem Anbieter Aufnahme in Museumsbestände nur dann zu vereinbaren, wenn auch naturwissenschaftliche Untersuchungen museal ausgesuchter Institute keine Anzeichen für eine Fälschung erbracht haben. Deren schriftlichen Interpretationen verschiedenster Analysen sind viel weniger angreifbar als "Erfahrungsaussagen" von Kulturwissenschaftlern. Kommt ein anerkanntes, vom Museum ausgesuchtes Untersuchungslabor zum Ergebnis, das es sich bei einem Objekt um eine Fälschung handelt, sollten dies Museen auch an die LKAs weiterreichen; denn die Erfahrung lehrt, wo eine Fälschung ist, gibt es meist mehr davon. Die Landeskriminalämter können dann durch eigene Recherchen feststellen, ob ein Einzelfall vorliegt, eine Werkstätte auszumachen ist, wer die Fälscher sind bzw. ob sich auch ein Verkäufer dadurch strafbar gemacht hat, daß er trotz Vorliegens eines Fälschungsbeweises die Ware nachfolgend als echt ausgegeben hat.
Sonntag, 19. Februar 2012
Einem Beitrag im Stern zufolge hat der Kunsthistoriker Werner Spies mehr Werke Fälschungen Beltracchis in Augenschein genommen als bislang bekannt. Angeblich habe er bei einer Mappe unsignierter Papierarbeiten, die angeblich von Max Ernst stammen sollten, "schon Zweifel an der Authentizität einiger [!] Arbeiten" gehabt. Spies hatte zuvor in seiner Eigenschaft als Ernst-Experte ganze sieben Fälschungen Beltracchis für echt befunden und dafür entsprechend hohe Provisionen erhalten. Schriftliche Verträge habe es nicht gegeben: "Sie haben mir das einfach gezahlt."
Quelle: Süddeutsche Zeitung v. 17.2.2012
Montag, 6. Februar 2012
Mittlerweile liegt eine 15seitige wissenschaftliche Abhandlung von Hans Jürgen Hoeck zu Thema Schlief vor.
Auslöser für die aufwendigen Recherchen zu Schlief waren die bis zu ihrer vorzeitigen Abhängung gezeigten, offenbar um Jahrzehnte zurückdatierten Schlief-Arbeiten in der Ausstellung "Der Westfälische Expressionismus" 2010/2011 in der Kunsthalle Bielefeld. Der Autor weist nach, daß die Ausstellungstätigkeit Schliefs erheblich geschönt und die die Behauptung, Werke von ihm seien in der Nazizeit als "entartet" eingestuft orden, nachträglich frei erfunden wurde. Ungeprüfte Übernahmen solcher Behauptungen in jüngeren Ausstellungs- und Auktionskatalogen lassen eine falsche Biographie entstehen. Während die Untersuchung auch ein neues Licht auf die Rückdatierungen Schliefs wirft, ist die Frage von unterschiedlichen Schlief-Signaturen noch nicht geklärt.
Die Schlief-Recherche kann hier aufgerufen werden:
http://www.museum-aktuell.de/index.php?site=download_liste&action=show&downID=68
Donnerstag, 2. Februar 2012
Der Berliner Hauptkommissar René Allonge geht davon aus, daß noch weit mehr Fälschungen Beltracchis im Umlauf sind. Erst kürzlich sei eine solche Fälschung wieder in Japan aufgetaucht. Bekannt seien derzeit 71.
Im Kölner Kunstfälscherprozeß haben die nach einem Geständnis verurteilten Wolfgang und Helene Beltracchi durch Ihren Freiburger Anwalt Christian Rode Revision gegen das Urteil eingelegt. Ihre Schwester Jeanette S. erhielt eine Bewährungsstrafe und legte laut Gericht ebenfalls Revision ein. Lediglich der zu fünf Jahren Haft verurteilte Otto S.-K. verzichtete auf diesen Schritt. Die vom Landgericht auf Grundlage einer Absprache verhängten Haftstrafen bis zu sechs Jahre sollten damit aber nicht angefochten werden, sagte Rode kürzlich. Angeblich habe die Revision habe nur taktische Gründe, um Vollzugsfragen zu klären, und werde demnächst wieder zurückgenommen.
Die Revision wurde mittlerweile zurückgezogen, sodaß das Urteil rechtskräftig ist. (Frdl. Hinweis von Tina Öcal)
Dienstag, 24. Januar 2012

Durch die freundliche Mithilfe von Tina Öcal können wir im Nachgang zum entsprechenden Kapitel der "Fälschungserkennung, Bd. 1" hier ein Foto von Giovanni Bastiannini vorstellen.
Primärquelle: Paolo Baccherini und Anita Moskovitz, Sekundärquelle: Jeremy Warren: Forgery in Risorgimento Florence: Bastianini's 'Giovanni delle Bande Nere' in the Wallace Collection. In: The Burlington Magazine, Vol. 147, No. 1232, S. 729
Mittwoch, 28. Dezember 2011
"Datenbank zum "Central Collecting Point München"
Nur wenige Monate nach dem zehnten Jahrestag der Verabschiedung der Washingtoner Erklärung (1998) und der Gemeinsamen Erklärung (1999) ist die Onlineschaltung dieser großen Datenbank zum Central Collecting Point (CCP) München gelungen. Dies ist nach der im Sommer 2008 im Internet veröffentlichten Datenbank zum „Sonderauftrag Linz“ ein weiterer und bedeutender Schritt, die Archivalien der NS-Kulturpolitik einem großen Publikum zur Verfügung zu stellen.
Mit der Datenbank eröffnet sich nun nach mehr als 50 Jahren die Möglichkeit, auch ohne Kenntnis der Münchner Inventarnummern nach Meisterwerken von Leonardo da Vinci, Rubens oder Cranach ebenso wie nach antiken Skulpturen, kunstgewerblichen Objekten wie Tapisserien, Fayencen und Keramiken, aber auch Büchern und Numismatika zu suchen. Die Provenienzangaben sind den angegebenen historischen Quellen entnommen und spiegeln keine Meinung, auch nicht die des DHM wider.
Es stehen zwei Suchmasken zur Verfügung:
Suche in bestimmten Feldern
Einfache Suche in allen Feldern
Redaktionelle Bearbeitung
Um die Suche genauer zu gestalten, sollte sowohl nach englischen wie auch nach deutschen Begriffen gesucht werden, da die Originalsprachen von den Karteikarten transkribiert wurden.
Die Eingaben in der Access-Datenbank sind redaktionell bislang nur kursorisch durch die Zentrale Dokumentation des DHM bearbeitet worden. Wir haben uns aber dennoch entschieden, die Datenbank ins Netz zu stellen, da ein Lektorat durch einen Wissenschaftler ca. vier Jahre beansprucht."
http://www.dhm.de/datenbank/ccp/dhm_ccp.php?seite=9
http://www.dhm.de/datenbank/ccp/prj_dhm_ccp/ccp_einleitung_de.pdf
Sonntag, 18. Dezember 2011
"Das Stockholmer Moderna Museet geht im November Warhol-Kopien auf den Leim, stellt unwissentlich sechs Fälschungen der bekannten “Brillo Boxes” des Pop-Art-Künstlers Andy Warhol aus. Insgesamt sollen ein Großteil der mehr als 100 bedruckten Schachteln vom “Typ Stockholm” auf dem internationalen Kunstmarkt Fälschungen sein.
Im Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig stellen sich im Mai 2007 römische Münzen zum Teil als Imitate heraus.
Wegen Fälschungsverdachts beschlagnahmt die finnische Polizei 2004 in Helsinki mehrere Bilder von Salvador Dalí. Zwei Monate später der Beweis: Alle 450 Gemälde in dem Ausstellungszentrum Wanha Satama sind gefälscht.
In der Hamburger Kunsthalle stehlen Diebe im Mai 2002 eine Bronzeskulptur des Künstlers Alberto Giacometti und ersetzen sie durch eine plumpe Fälschung. Der Diebstahl wird erst drei Tage später von einer Mitarbeiterin des Museums bemerkt. Die Skulptur war während einer Veranstaltung mit 16000 Besuchern verschwunden.
1998 werden im Essener Museum Folkwang 150 Aquarelle des russischen Expressionisten Alexej von Jawlenskyals als Fälschungen enttarnt. Sie waren 1992 unter mysteriösen Umständen aufgetaucht."
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Hamburger Morgenpost vom 13.12.2007 / SEITE 26-27, http://www.mopo.de/
Freitag, 16. Dezember 2011
Riederer geht in seinem Buch “Echt und falsch” [1] davon aus, daß die Hannoveraner Gießerei “in großer Serien” mittelalterliche Bronze-Kopien herstellte. Sie seien durch sehr zinkreiches Messing gekennzeichnet. O. Werner [2] hatte eine große Zahl angeblich mittelalterlicher Bronzeabjekte aus deutschen Museen untersucht und dabei festgestellt, daß sie, wie der “Löwe von Agnani” Fälschungen oder Kopien des 19. Jh. waren. Dieser enthielt sogar 30-35% Zink, während im Mittelalter nur Zinkanteile bis max. 28% möglich waren. Zudem erbrachte die Untersuchung der eingelassenen Eisenzapfen in den Beinen, daß sie aus Puddelstahl waren, eine Technik, die erst seit dem 19. Jh. bekannt ist.
Riederer zitiert im erwähnten Buch vier Vergleichsbeispiele ungenannter Herkunft, zwei Aquamanile, ein
Leuchter und ein Rauchfaß mit ähnlich hohen Zinkanteilen.
Anmerkungen:
[1] Riederer, J.: Echt und falsch. Schätze der Vergangenheit im Museumslabor. Berlin/Heidelberg
1994, S. 269f [2] Werner, O.: Zusammensetzungen neuzeitlicher Nachgüsse und Fälschungen mittelalterliche
Messinge und Bronzen. In: Berliner Beiträge zur Archäometrie 5, S.11ff
Freitag, 16. Dezember 2011
"Dieser besaß gegen Ende des 19. bzw. zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Halle eine Maschinenfabrik, zudem war er Kunstschlosser und ein leidenschaftlicher Altertumssammler. Seine Sammelleidenschaft verführte ihn schließlich zu Fälschungen. Er entlieh von Privatsammlern, aber auch von Museen, echte Stücke, z. B. Bronzebeile, die aus der Bronzezeit datierten. Er fälschte diese, indem er in seiner Werkstatt davon Nachgüsse herstellte. Die gefälschten Stücke gab er gegenüber Museen und Sammlern als echte Stücke aus. Er verlor schließlich sein gesamtes Vermögen und starb 1913. Erst Jahrzehnte nach seinem Tode wurden die Fälschungen entdeckt." [1]
Zuvor hatte auf Sioli schon H. Otto [2] und J. Riederer [3] verwiesen:
"Ein sehr ausgedehnter Fälschungsfall wurde 1952 in Halle aufgedeckt... Otto, der sich zu dieser Zeit mit der Analyse von Serien frühgeschichtlicher Bronzen befaßte, um aus den Materialmerkmalen die Herkunft der Erze abzuleiten, erhielt in Halle Tüllenbeile zur Analyse vorgelegt, von denen er schon eine Reihe identischer Stücke aus den Museen in Leipzig und Jena kannte. Es gelang ihm, zu sechs identischen und offensichtlich aus einer Form gegossenen Beilen vom Lausitzer Typ im Museum von Zeitz das Beil aufzuspüren, von dem die Abgüsse hergestellt worden waren. Durch den Vergleich des möglichen Originals mit den übrigen Stücken wurde rasch deutlich, daß es sich nicht um eine Serie von Beilen handelte, die schon in der Bronzezeit aus einer Form gegossen wurden, sondern um das Original aus Zeitz und sechs Fälschungen aus jüngerer Zeit. Als Beweis führt Otto an, daß bei den Kopien Oberflächenmerkmale abgegossen wurden, die auf dem Original durch den Gebrauch oder die Alterung entstanden waren. Unter anderem wurde auch ein Riß im originalen Beil mit abgegossen. Die Patina erwies sich als künstlich aufgebracht. Außerdem wurden auf den sechs Kopien gleichartige Beschädigungen der Oberfläche erkannt, die künstlich hervorgerufen worden waren. Der endgültige Beweis, daß Fälschungen vorlagen, brachte die chemische Analyse, da das Original aus Zeitz aus einer Bronze gegossen ist, die in allen Elementen mit der Zusammensetzung vergleichbarer Objekte gesicherter Herkunft übereinstimmt, während die Fälschungen aus einer zinkhaltigen Legierung hergestellt waren, die es zur Bronzezeit noch nicht gab. Nachdem die füllenbeile als Fälschungen erkannt waren, suchte man nach weiteren Fälschungen dieser Gruppe und tatsächlich fanden sich in verschiedenen Museen auch insgesamt sechs böhmische Absatzbeile, sechs schmale Randleistenbeile, 11 Randleistenbeile vom Typ Bennewitz, fünf Stabdolchklingen, sowie Sicheln, Armringe, Speerspitzen und eine Reihe weiterer Stücke, die sich aufgrund der Metallanalyse und der übrigen Merkmale einer 'Werkstatt zuweisen ließen. Aus den Daten, nach denen diese Objekte in die verschiedenen Museen gelangten, ließ sich ermitteln, daß die Fälschungen von dem Kunstschlosser K. Sioli aus Halle bereits im 19. Jahrhundert hergestellt worden waren. Sioli hatte seine Fälschungen an Privatsammler verkauft und über diese gelangten sie im Laufe der Zeit in die öffentlichen Sammlungen, wo sie mehr als 50 Jahre lang unentdeckr blieben. Im 20. Jahrhundert sind Fälschungen bronzezeitlicher Objekte aus Kupferlegierungen kaum mehr bekannt geworden, da sie von Sammlern nicht mehr beachtet wurden." [3]
Anmerkungen: [1] Czichos, Horst: Was ist falsch am falschen Rembrandt? und Wie hart ist Damaszener Stahl? Wie man mit Technik Kunst erforscht, prüft und erhält. München 2002, S. 175f [3] Josef Riederer: Echt und falsch. Schätze der Vergangenheit im Museumslabor. Berlin/Heidelberg 1994, S. 265f [2] Otto, H.: Die chemische Untersuchung von gefälschten Bronzen aus mitteldeutschen Museen. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Gesch.SprachwVII/1, S. 203ff
Sonntag, 27. November 2011
Fatschenkinder,Gnadenbilder, Krippen, erzgebirgische Räuchermänner,Seiffener Nußknacker, Klosterarbeiten, Holzvögel, bronzene Kerzenleuchter, Eingerichte, durch Federkielarbeiten aufgewertete Hosenträger, Handtaschen und Lederhosen, Votivbilder,Hinterglas-(Heiligen)bilder... das alles wird schon heutzutage gefälscht. Dabei werden täuschend echte Repliken, angeblich restaurierte Objekte und echte Fälschungen auf wunderbare Art vermengt. Und wie so oft, bestehen die Hersteller solcher Werke natürlich aufs Entschiedenste darauf, daß sie (mit alten Materialien!!!!) nur restaurieren oder Repliken herstellen, keinesfalls aber Fälschungen – hierzu mache es erst der Handel.
Hersteller wie Rosi Bauer aus Siegsdorf, Buchautorin und “Expertin auf dem Gebiet der religiösen Volkskunst”, die in einem Artikel von Judith Schmidhuber in den Chiemsee-Nachrichten v.29.11.2010 so beschrieben wurde, gibt es einige:
“Liebevoll hält Rosi Bauer das Fatschenkindl im Arm. Feinste Stoffe schmiegen sich an den Körper,über und über ist es mit Golddrähten bestickt und mit Edelsteinen verziert. Um den wächsernen Kopf der Jesukindnachbildung ragt feinste Spitze. „Alles selber gemacht”, verrät die Siegsdorferin. Es ist bei weitem nicht ihre einziges Werk. Seit 40 Jahren widmet sich Rosi Bauer schon der religiösen Volkskunst. Bis über die Landesgrenzen hinaus ist sie für ihr Geschick bekannt, regelmäßig organisiert sie Ausstellungen und restauriert Gnadenbilder. Ihr aktuellstes Werk ist die Tittmoninger Krippe. „Damit bin ich seit sieben Jahren beschäftigt”, erzählt sie. „Heuer werden zum ersten Mal die neu eingekleideten Figuren gezeigt.” Prunkvolle Verzierungen von Jesukindlein, Krippenfiguren und Andachtskästen haben es ihr schon in jungen Jahren angetan. „Ich wollte die alten Sachen, die ich von Flohmärkten habe, selber wieder herrichten”, erzählt sie. Deshalb hat sie sich sämtliche erforderlichen Techniken im Laufe der Jahre selber beigebracht. Etwa, wie man kleine Gebilde aus Silberdraht nachahmt. Sticken, Umwickeln, Nähen und Formen - sogar das Wachsgießen hat sich die 68jährige angeeignet.
„Das ist aber eine ganz schöne Sauerei”, lacht sie. Eine wahre „Himmelswerkstatt” ist ihr Haus in Siegsdorf: „Im Papierzimmer erledige ich alle Arbeiten mit Perlen und Draht”, erklärt sie. Hinter der nächsten Tür verbirgt sich das Stoffzimmer, in dem wertvolle Brokat- und
Seidenstoffe lagern. „Im Wachszimmer ist es immer dreckig”, schmunzelt sie entschuldigend und räumt Wachsplatten, Silikonformen und Pinsel zur Seite. Dazu kommen unzählige Regale, Schränke, Schachteln und Dosen auf mehrere Räume verteilt, in denen sie Materialien verwahrt. „Ich muss immer alles offen lassen, sonst finde ich nichts mehr.”
150 Objekte hat sie im Laufe der Jahre gesammelt und restauriert. Aktuell stellt sie diese in der Grassauer Raiffeisenbank aus. Immer wieder wird der Spezialistin für religiöse Volkskunst Arbeit angeboten, dabei möchte sie eigentlich langsam kürzer treten. Da muss sie lachen. „Aber das versuche ich schon seit drei Jahren.”"
Das Problem: Wer alte lädierte Objekte vom Flohmarkt kauft, sie in alten Techniken mit altem Material ergänzt, will den Eindruck einer gut erhaltenen alten Sache erwecken. Das mag noch gutgläubig und glückselig geschehen. Im späteren Handelskreislauf aber wird aus dem "aufgemöbelten" Teil ein "perfekt erhaltenes Original"...
www.chiemsee-nachrichten.de/zet_report_373_46484.html
Montag, 14. November 2011
[Wir haben diesen Beitrag auf Bitten des Anwalts von Burkhard Leismann aus dem Fake-Blog entfernt. Über den Prozeß im Herbst 2013 werden wir wieder berichten.]
Montag, 14. November 2011
Montag, 14. November 2011
Montag, 14. November 2011
Sommer (Frankfurt 1806-Frankfurt 1872) lernte bei seinem Vater Bildhauerei und arbeitete dem Bildhauer Eduard von der Launitz zu. Später lehrte er in Frankfurt Zeichnen und Modellieren. Ab der Jahrhundertmitte begann er sich für die Medaillen der Renaissance zu begeistern und kopierte diese in Buchs und Stein. Frankfurter Antiquitätenhändler kauften ihm diese ab, um sie als Originale zu verkaufen. Soweit Bloch/Vogt; sie behaupten dazu: “wohl nicht ohne sein Wissen”. Aus den Jahren 1862-1868 sind auch Metallabgüsse davon bekannt. Gemeinsam ist, daß es sich hierbei stets um bekannte Personen aus dem 16. Jh. handelte und seine Medaillen auffallend groß sind. Von Sommer sind freie Erfindungen nach Kunst- und Geschichtsbüchern bekannt (Lazarus Spengler), aber auch sklavische Imitate bekannter Stücke (Johann Fichard). Sein Sohn übergab nach des Vaters Tod eine Arbeitsliste mit Herstellungsdaten an das Historische Museum Frankfurt.

Bleimedaillon, datiert 1512, mit der Darstellung Sebald Schreyers und dem Dürer-Monogramm. Wohl von Johann Wilhelm Sommer Das Vorbild aus Stein soll im Besitz des Freihern Guido von Volkamer, München, gewesen sein. Durchm. 92 mm, Gew.: 343,7 g. Ehem. Slg. Tross. 140 Medaillien und Reliefs wurden vom Franzosen M. Henri Tross für £500 durch J. C. Robinson für das V&A 1867 erworben. V&A, London
Literatur:
Inventory of Art Objects acquired in the Year 1867. Inventory of the Objects in the Art Division of the Museum at South Kensington, arranged According to the Dates of their Acquisition. Vol. 1. London 1868, S. 22
Mauè, H.: Review of German Renaissance Medals. The Medal. Spring 1991. No. 18, S. 106
Trusted, Marjorie: German Renaissance Medals. A Catalogue of the collection in the Victoria and Albert Museum.. London, 1990, S. 105
Bloch/Vogt: Fälschung und Forschung. Ausstellungskatalog Essen / Berlin 1977, S. 64f
Samstag, 22. Oktober 2011
Fälschen ist strafbar – aber wie lautet die Bewertung, wenn dies im Dienst einer “edlen Sache” geschah? Unterhielten nicht auch die Aliierten gegen Hitler ganze Fälschungsbüros? Adolfo Kaminsky, Fotograf und argentinischer Jude, hatte Prizipien: er wollte verfolgten und unterdrückten Menschen helfen. Er fälschte, seit er 18 war, Führerscheine, Ausweise für die algerische Befreiungsfront, war im 2. Weltkrieg Mitglied der Résistance, fälschte nach 1945 Visa für Palästina-Emigranten, war für lateinamerikanische Revolutionäre und südafrikanische Widerstandskämpfer tätig und versorgte Vietnamkriegs-Deserteure. Geld dafür lehnte er angeblich ab. So geschah es bis 1971, als er schon fast 50 war, aber der Boden zu heiß wurde. Seine Tochter, Sarah Kaminsky, hat darüber eben ein Buch veröffentlicht.1 Gefaßt und verurteilt wurde ihr Vater jedenfalls nie.2
1 Sarah Kaminsky: Aldofo Kaminsky – ein Fälscherleben. München 2011
2 Marius Nobach: Das geheime Leben des Monsieur Joseph. In: Süddeutsche Zeitung v. 22./23.10.2011, S. 17
Freitag, 21. Oktober 2011
Auch die “Süddeutsche” ist nicht frei von Bewunderung für Kriminelle: In einem ganzseitigen Beitrag v. 21.10.20111 ist die Rede vom “besten Geldfälscher der Welt”, der “sehr professionell” gearbeitet habe, den man als “harmlos gegen die Banker” sehen könne - und die Interviewerinnen konnten es nicht fassen, daß der Zugriff auf den seinerzeit 65jährigen mit 30 Mann erfolgte,1 obwohl seit langem bekannt ist, daß dies der größte Geldfälschungsfall im Deutschland der Nachkriegszeit war.
Kuhl wurde 1941 in Dattenfeld geboren und stammte aus wohlhabendem Hause, sein Vater war Besitzer einer Fabrik für gesunde Gemüsesäfte. Seit 1944 lebte er in Köln. Er schloß eine Ausbildung zum Fotokaufmann ab, seit 1970 arbeitete er zunächst als freier Grafik-Designer und Repro-Fotograf. Kuhl hatte, beeinflußt durch das Kölner Milieu zunächst Hotpants-Mode gemacht. Aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Ausübung des Geschäfts wurde er zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt.2
Es folgte die Gründung des eigenen Modelabels “Paloma”, das ebenfalls kommerziell erfolgreich war,3 Kuhl besaß seinerzeit angeblich 30.000 DM Taschengeld im Monat. Mitte der 80er Jahre stieg er auf das Fälschen von Warhol-Drucken um – angeblich etwas kleiner als die Originale und mit anderen Farben, aber in derselben Technik. Motive waren “Flowers”, der Kölner Dom, Mao, Marylin. Erst bekam er Ärger mit Nouvelles Images und mußte an die Verwertungsgesellschaft 20.000 DM zahlen, dann aber war der Markt gesättigt. Als Kuhl an seine Bank plötzlich Kredite zahlen mußte, überredete ihn ein albanischer “Kumpel” 2006, Dollars zu fälschen. Und dies machte er so gut, daß er fast 24 Mio. US-Dollar fälschte.4 Er kaufte sich hierfür Computer, Scanner, eine Siebdruckanlage und Offsetmaschinen. “Anstatt des für den US-Dollar verwendeten Originalpapiers der Sorte “Cranes Crest”, verwendeten sie ein Papier, das sie aus dem ehemaligen Jugoslawien bezogen und das - wie der US-Dollar -unter UV-Licht nicht leuchtet. Als Originalvorlage erwarb Kuhl bei einer Sparkasse einen 100-Dollar-Schein und scannte ihn ein. In seiner Pulheimer Werkstatt veränderte er mit einem Standard-Grafikprogramm die Seriennummern, fasste zwölf Scheine zu einem Bogen zusammen, belichtete die Filme und stellte die Druckplatten her. Nach vielen Fehlversuchen entstanden schließlich qualitativ hochwertige Fälschungen in großer Anzahl. Die Bande plante, für "marktübliche" 10% des Dollar-Nominalwerts in Euro, Abnehmer der Fälschungen zu finden, was jedoch nicht gelang.” 5
Die Sache flog auf, als ein Müllmann geschredderte Blüten in einem aufgeplatzten Müllsack fand und das BKA alarmierte. Diese klebten das geschredderte Altpapier zusammen und kamen so auf Kuhls Adresse. Eine verdeckte Ermittlerin trat mit 21.000 echten € zum Test-Kauf von 250.000 falschen Dollars an, weitere 6,5 Mio. US-$ waren bei einer späteren Übergabe vorgsehen, bei der dann der Zugriff erfolgte. In seiner Wohnung und Werkstatt fand die Polizei weitere falsche 16,5 Mio. $, vom den echten Euros allerdings nurmehr 14.000 € bei der Durchsuchung. Seit seiner Gefängniszeit (6 Jahre) fließt nun alles an Geld an die Staatskassen; Kuhl war nun definitiv wirtschaftlich am Ende. Am 25. August 2010 durfte Kuhl öffentlich in der ZDF-Talkshow “Markus Lanz” auftreten.
Anmerkungen: 1 Sophie Crocoll; Hannah Wilhelm [Interviewerinnen mit Slangdeutsch]: “Wenn das Falschgeld jetzt im Iran wäre, hätte ich mein Milliönchen”. In: Süddeutsche Zeitung v. 21.10.2011, S. 26 2 Christoph Gottwald: Blütenträume - Die unglaubliche Geschichte des Geldfälschers Jürgen Kuhl 3 Tim Stinauer: Die Blüten des kölschen Andy Warhol in: Rundschau-online v. 30. August 2010 4 Die Interviewerinnen der SZ nennen hier eine falsche, zu niedrig gegriffene Summe, nämlich die bei der anschließenden Durchsuchung noch konfiszierten Menge. 5 Wikipedia, s.v. “Hans-Jürgen Kuhl”
Literatur: Jörg Diehl, Ralf Hoppe: Der Warhol der Geldfälscher. In: Spiegel online v. 7. Juli 2008 Pascal Beucker: Haftstrafe für Kölner Geldfälscher. In: NRZ v. 9. November 2007
Samstag, 1. Oktober 2011
Im Zuge der Geständnisse im Kölner Prozeß Beltracci u.a. wurde auch das angebliche Beweisfoto um die behauptete Sammlung Jägers gelöst.

Foto: SZ v. 30.9.2011/ oh
Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge* hatte Beltracchi zugegeben, zusammen mit seiner Frau Helene drei Fotos in ihrem Haus in Mèze, Südfrankreich, hergestellt zu haben, welche die historische Existenz der “Slg. Jägers” beweisen sollten. Hierzu kaufte Beltracchi zunächst auf einem Flohmarkt eine alte Rollfilmkamera und altes Fotopapier. Seine Frau zog sich ein züchtiges schwarzes Kleid an, steckte die Haare hoch, alte Möbel wurden gesucht, die Fälschungen an die Wand gehängt und das Ganze dann abgelichtet. Die Ränder beschnitt er in Zacken, wie es damals üblich war, doch versandte er aus Vorsicht nie die Originale, sondern nur Scans davon. Richtig Spaß habe es gemacht, meinte der Fälscher, und spannte dabei geschickt den heutigen Zeitgeist vor seinen Karren.
Doch wann wurde das Bild angefertigt? Als, so Helene Beltracchi, der Zivilrechtsstreit um das “Rote Bild mit Pferden” (der angebliche 1. Campendonck) bereits in Gang gekommen war. Da habe Henrik Hanstein bei ihr angerufen und nachträglich nach Echtheitsbeweisen gefragt, “ob es nicht, zum Beispiel, alte Fotos gebe, auf denen die Gemälde zu sehen seien.” Angeblich sei mit dem Kunsthaus abgesprochen worden, daß es vor dem Verkauf eine Expertise einhole; das Bild sei aber ohne schriftliche Expertise versteigert worden. Hansteins Anwalt bezeichnete diese Behauptungen als “mit Dreck werfen”.
Anmerkung
* Renate Meinhoff: Helene singt. In: SZ v. 30.9.2011; Feuilleton, S. 11
Mittwoch, 28. September 2011
Während des Fälschungsprozesses in Köln wurde ein weiteres gefälschtes Bild benannt: Das im Hannoveraner Sprengel-Museum gezeigte Werk “Die Katze in Berglandschaft” - angeblich ebenfalls von Heinrich Campendonck. Die Fritz -Berens-Striftung hatte das Gemälde erst im Juni 2010 von der Galerie Thomas in München erworben und dem Museum als Dauerleihgabe überantwortet. Galerist Raimund Thomas wollte den Verkauf rückabwickeln, fürchtet jedoch auf dem Verlust sitzenzubleiben, da der New Yorker Galerist, von dem er wiederum das Bild gekauft habe, nicht mehr lebe. Thomas beteuerte, es habe zum Zeitpunkt des Verkaufs keinerlei Hinweise auf die Fälschergruppe und ihre besondere Methode gegeben. Auch Museumsdirektor Krempel betonte, es habe seinerzeit nicht den geringsten Anlaß gegeben, an der Echtheit zu zweifeln. Das Bild sei seit 1989 im Werkverzeichnis Campendonks aufgeführt. Der Sohn des Künstlers habe das eigentliche Bild noch gesehen. Als das Bild der Öffentlichkeit präsentiert wurde, habe man gerade den ersten Zeitungsartikel über diese Fälschungsgruppe lesen können.
Ulrich Krempel (links) bekommt das Bild von Matthias Fontaine.
Quelle: Ralf Decker / HAZ
(http://www.haz.de/Nachrichten/Kultur/Ausstellungen/Sprengel-Museum-erhaelt-Gemaelde-Heinrich-Campendonks)
Noch am 13.1. 2011 hatte in der Hannoverschen Allgemeinen folgender Text von Johanni Di Blasi gestanden: “Franz Marcs „Katze unterm Baum“ bekommt ein Geschwisterbild. Am Donnerstag um 19 Uhr übergibt die Fritz-Behrens-Stiftung Heinrich Campendonks Gemälde „Katze in Berglandschaft“ (1914) an das Sprengel Museum Hannover als Dauerleihgabe. Bislang war der rheinische Expressionist in der Sammlung nicht vertreten. Eine mysteriöse und erotisch aufgeladene Stimmung herrscht in der Komposition. Eine Katze, Sinnbild der verführerischen Frau, zeigt ihre Krallen und blickt hypnotisierend. Über dem futuristisch dynamisierten Tier schwebt eine nackte Grazie.
Matthias Fontaine von der Fritz-Behrens-Stiftung zeigte sich begeistert vom „kaufmännischen Geschick“ des Museumsdirektors, der den Kauf abwickelte. Ulrich Krempel habe das Werk um mehr als die Hälfte heruntergehandelt. Rund eine Million Euro kostete das aus dem süddeutschen Kunsthandel stammende Meisterwerk schließlich. Die Provenienz sei lupenrein. Erst vor wenigen Wochen hatten gefälschte Campendonk-Bilder für Schlagzeilen gesorgt.”
Mittlerweile hat der ausführende Fälscher ein Geständnis abgelegt.
Samstag, 10. September 2011
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