Die Gefährlichkeit des Schweinfurter Grüns ist Konservatoren-Restauratoren seit langen bekannt. Allerdings ging man bislang davon aus, dass das unter 80 Handelsnamen bekannte und unter bestimmten Umständen Arsen freisetzende Grün eine Sache des 19. Jh. sei. Das stimmt jedoch so nicht: erstaunlicherweise wird Schweinfurter Grün weltweit noch heute eingesetzt - und ist als gefährliches Pigment viel älter als bislang bekannt.
Im Jahr 1805 (wieder)entdeckte der österreichische Techniker Ignaz von Mitis das auch nach ihm benannte Ausfällungsprodukt. Das Pigment wurde industriell erstmals um 1805 in Kirchberg am Wechsel hergestellt ("Kirchberger Grün "), später dann in Schweinfurt und im nahen Schonungen.
Es dauerte aber bis 1844, bis es dem Merseburger Arzt Carl von Basedow gelang, Schweinfurter Grün in bedruckten Tapeten als Ursache für viele unerklärbare Todesfälle in Deutschland und Großbritannien nachzuweisen. Ein bestimmter Pilz (Penicillium brevicaule) aus leimgebundenem Schweinfurter Grün setzt dabei organische Arsenverbindungen frei, die über die Atemluft zu Vergiftungen führen. Doch das gefährliche Grün steckte auch in Kinderspielzeug und Kosmetica.
Zwar wurde 1882 das Schweinfurter Grün als Farbe in Deutschland verboten, Verbote galten seit 1887 für die Verarbeitung in wässrigen Bindemitteln und in Pastell. Doch noch lange danach wurde das Grün als Pflanzenschutzmittel und Schiffsanstrich eingesetzt. In anderen Ländern, z.B. in Großbritannien, ist das Gift als Farbpigment allerdings bis heute erlaubt. [1]
Nun jedoch entdeckten Forscher der Universität von Süddänemark das gefährliche Grün auch in mittelalterlichen Fragmenten, die in Bucheinbänden des 16. und 17. Jahrhunderts versteckt waren:
"The poisonous qualities of these books were detected by conducting a series of X-ray fluorescence analyses (micro-XRF). This technology displays the chemical spectrum of a material by analysing the characteristic “secondary” radiation that is emitted from the material during a high-energy X-ray bombardment. Micro-XRF technology is widely used within the fields of archaeology and art, when investigating the chemical elements of pottery and paintings, for example." [2]
Dass die giftigen Pigmente in den renaissancezeitlichen Werken versteckt wurden, ist nach Ansicht der dänischen Forscher kein Zufall, denn sie gehen davon aus, dass die insektizide Wirkung der Pigmente schon damals bekannt war.
Links: Schweinfurter Grün in KONSERVATIVe suchen: http://www.museum-aktuell.de/index.php?site=kwb&TM=8
Anmerkungen
[1] Meilan Solly: Arsenic-Laced Books Discovered in University Library. During the Victorian era, the toxin was commonly found hidden in wallpaper, paints and dyes. In: Smithsonian.com, July 3, 2018. https://www.smithsonianmag.com/smart-news/arsenic-laced-books-discovered-university-library-180969527/
[2] Jakob Povl Holck; Kaare Lund Rasmussen: How we discovered three poisonous books in our university library. In: The Conversation, Juni 27, 2018. https://theconversation.com/how-we-discovered-three-poisonous-books-in-our-university-library-98358