Von Gerhard Richter existieren weltweit seit Beginn der 90ger Jahren gefälschte Gemälde, Zeichnungen und Aquarelle, Druckgrafiken und Multiples. Hierauf machte kürzlich die Kunsthistoriker und Kunstjournalistin Catrin Lorch in der Süddeutschen Zeitung in einem Interview mit dem Berliner Kunsthistoriker Hubertus Butin aufmerksam. [1] Hubertus Butin sagt in diesem Interview: "Es gibt kaum ein deutsches Auktionshaus, das nicht schon Richter-Fälschungen angeboten hat." Im folgenden Text werden allerdings nur folgende Beispiele erwähnt: Auktionshaus Zeller (1 x rückabgewickelt), Grisebach, van Ham (1 x zurückgezogen bzw. 1 x nicht angenommen), Nagel (1 x unverkauft), Neumeister (1 x), Bonhams (1 x) und Sotheby's New York (2 gefälschte Richter-Editionen der Slg. Ames; Kerzen-Grafik und Multiple "Kugel 1"- in Wahrheit eine industrielle Kugellagerkugel). Bei folgenden Auktionshäusern wurden hingegen nach eigenem Bekunden von sich aus die Fälschungen aufgedeckt: Christie's Düsseldorf (1 x nicht angenommen), W.G. Herr (1 x nicht angenommen) und Sotheby`s Köln (1 x nicht angenommen). Butin fügt einschränkend hinzu: "Man muss sich bewusst machen, dass die Fälschungen, die in Auktionskatalogen abgebildet sind, zwar fast immer vor der Auktion entlarvt und zurückgezogen werden, doch ... kaum jemand erfährt, dass es hier um Fälschungen ging." [2]
Genannt werden Fälle, in denen Werke Richters, die als Lichtdruck (mit Runzelkorn) herauskamen, in Offsetdruck (mit Offset-Raster) angeboten wurden - teils als beschnittene Plakate, teils als Scan. Auch Fälle, wo unauthorisierte Scans und Drucke nach Originalgemälden von Richter hergestellt wurden, oder mit Richters Signatur versehene Kitschgemälde sind bekannt. Die Dreistigkeit der Fälscher geht sogar soweit anzunehmen, niemand würde den ziemlich unzugänglichen Meister fragen, ob er die angebotenen Werke überhaupt hergestellt hat, - oder auch den insinuierten Arnim Zweite (eine Fälschung trägt die Widmung "Für Armin (K20)" (heute bei einem Sammler in Vancouver).
Ein Fälscher bot seit 2008 ca. 10 große abstrakte Bilder nach kleinformatigen Vorlagen an, gerakelt auf Karton. Sie wurden von der Polizei konfisziert und von Richter als Fälschungen klassifiziert. Richters Expertise wurde jedoch bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf gestohlen und ins Gegenteil umfrisiert. Als Echtheitsbestätigung wurden diese Urkundenfälschungen für den Verkauf weiterer Richterfälschungen im rheinischen Kunsthandel 2008-2014 eingesetzt.
Möglichkeiten der Überprüfung böten, so das Interview:
Hubertus Butin, Kunsthistoriker in Berlin
Dietmar Elger, Gerhard Richter-Archiv, Dresden
www.gerhard-richter.com , London (betrieben von einem Sammler und Händler)
sowie Gerhard Richter selbst.
Bereits 2014 hatte Butin in der FAZ vor angeblich signierten Kunstpostkarten gewarnt: "Noch vor einigen Jahren wurden Karten mit der Signatur von Gerhard Richter von deutschen Auktionshäusern versteigert. Mittlerweile hat sich dieser Markt anscheinend vollständig bei Ebay angesiedelt: Täglich werden mehrere neue Angebote mit „original handsignierten“ Richter-Karten eingestellt, als handelte es sich dabei um eine Massenproduktion; sie bringen in den Online-Auktionen, je nach Motiv, zwischen dreißig und 420 Euro.
Da aber Richter seine Kunstpostkarten nur hin und wieder signiert, ist davon auszugehen, dass der Namenszug in den überwiegenden Fällen von den Anbietern angebracht wurde. Viele Signaturen sind so schlecht nachgemacht, dass der Betrug direkt auffällt. Einige scheinen mit Hilfe eines Projektors angefertigt zu sein, da sie auf mehreren Karten völlig identisch sind.
Dass inzwischen die Polizei zu diesen Angeboten signierter Postkarten recherchiert, macht die Tragweite des Problems deutlich. Eine besonders aktive Dame aus München verkauft neben solchen Karten auch abstrakte Motive Gerhard Richters als „originale Serigraphien“, indem sie sein teures Künstlerbuch „Sindbad“ von 2010 - das allerdings im Offsetverfahren produziert wurde - zerschneidet, die einzelnen Seiten rahmt und als limitierte Edition anbietet." [3]
Anmerkungen:
[1] Lorch, Catrin: Lackschaden. Auf der ganzen Welt kursieren gefälschte Werke von Gerhard Richter. In SZ v. 30./31.12.2017, S. 19
[2] ebd.
[3] Butin, Hubertus: Achtung, falsche Kunst im Internet! In: FAZ-Update v. 8.4.2014, http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunstmarkt/kunsthandel-auf-ebay-achtung-falsche-kunst-im-internet-12880321.html
Update: Hubertus Butin wies uns in eMails darauf hin, dass die zitierten Aussagen zu Auktionshäusern seiner eigenen Einschätzung und Erfahrung entsprächen, nicht jener von Frau Lorch.