Ausstellungen zu einem alten Tuch aus dem OrientMontag, 4. April 2016Die Sindoneums-Ausstellungen in Deutschland und Österreich Zum Rang einer Reliquie bei der katholischen Kirche hat es das „Turiner Grabtuch“ oder auch „Sindoneum“ bislang noch nicht gebracht. Erstaunlicherweise sind von dem „Grabtuch Christi“, das als einziges das wahre Ganzkörperbild des Gekreuzigten darstellen soll, zweitausend Jahre auch keine großartigen Wunder oder Heilungen bekanntgeworden, wenngleich es sich hierbei – die Echtheit einmal vorausgesetzt – um die wichtigste Reliquie des Christentums handeln müsste. Die katholische Kirche (Ausnahme: Benedikt XVI.) spricht lediglich von einer Ikone, einem Bild, – aber wovon? Von einem Menschen oder einer Skulptur? Und wenn von einem Menschen: Von wem? In der "Fälschungserkennung" [i] hatten wir die klassische Auseinandersetzung um das hochverehrte Stück Textil kurz wiedergegeben und die Ergebnisse weltweit unabhängig voneinander erstellter naturwissenschaftlicher Radiokarbon-Untersuchungen (University of Arizona, Oxford University, Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich) vorgestellt: Das Tuch stammt aus dem Nahen Osten, datiert allerdings nicht in die Zeit um Christi Geburt, sondern in die Zeit zwischen 1260 und 1390. Somit aus der hohen Zeit der Reliquienfälschungen und aus den Kreuzzügen. Seit einigen Jahren wird mit großem Kostenaufwand durch Bücher, Videos und Ausstellungen in ganz Europa versucht, diese Ergebnisse zu bezweifeln und gutgläubige Besucher von der Echtheit zu überzeugen. Man geht von Fehlern in der damaligen Bestimmung aus und behauptet neuere wissenschaftliche Erkenntnisse. [ii] Und es gleich vorweg zu sagen: Unter musealen Gesichtspunkten ist dies keine Ausstellung, denn gezeigt wird (natürlich) weder das Sindoneum aus Turin, noch ein Original von der Kreuzigung oder Grablege Christi. Die Ausstellung beinhaltet Kopien, Rekonstruktionen und vor allem viel Textmaterial mit rhetorisch-spekulativen Argumenten. Selbst die zwei einzigen Originale (Münzen aus der Zeit Christi) sind nur Stellvertreter ihrer Gattung, denn es wird von kirchenzugeneigten Wissenschaftlern behauptet, man habe im Sindoneum Beweise dafür gefunden, daß auf den Augen des „Leichnams“ (von dem jedoch alle erwartbaren Leichenspuren fehlen!) Münzen gelegen seien, die aus der Zeit Christi stammten. Darunter ausgerechnet eine Fehlprägung aus der Pilatuszeit, von der weltweit nur extrem wenige Exemplare bekannt sind. Worum handelt es sich also bei dieser Ausstellung? Unbestritten ist der historische Jesus, unbestritten seine neue Lehre, seine Reform jüdischer Glaubensvorstellungen. Unbestritten ist auch seine Hinrichtung unter den Römern. Anscheinend braucht der einfache Glaube auch ein Bild des Religionsgründers, auf jeden Fall als Geldeinnahmequelle. Obwohl wir z.B. kein „wahres Bild“ der Gründer des Islam, des Buddhismus oder des Hinduismus haben. Es geht nämlich auch ohne. WEITER durch Klick auf Folgezeile! Wie echt sind die Bilder Jesu? Von drei Heiltümer der Verehrung wird derzeit behauptet, das „wahre“ Bild Jesu zu zeigen: Das Abgar-Bild – auch Mandylion genannt (mit Spitzbart) , das Schweißtuch der Veronika (sudarium) in Manoppello (mit wenig Bart) und das Sindonium von Turin (mit unten gerade gestutztem Bart). Grundlage des Abgar-Bilds oder Christusbilds von Edessa war eine mit König Abgar V. von Edessa verbundene Darstellung Jesu Christi, das ebenfalls auf ein Tuch zurückgeführt wird, von dem die Gesichtszüge mechanisch übertragen wurden. Jesus wird auf dem Tuch mit schulterlangen Haaren und mit Spitzbart dargestellt.. Der spitze Bart fällt meist in drei Teile. Es wurde später vielfach auf Ikonen dargestellt und für Kreuzigungsdarstellungen verwendet. Als Bildquelle gibt es zwei Legenden: eine verweist auf das Schweißtuch der Veronika, eine andere auf einen Maler Ananias, der im Auftrag des König Abgar von Urfa ein Porträt Jesu gemalt haben soll. Beide Legenden widersprechen sich. Die Wikipedia fasst zusammen: „Nach dem Historiker Niaphoris verschwand das Tuch im Jahre 359. Es wird behauptet, dass das Tuch in der Stadtmauer versteckt wurde, um es vor Hochwasser zu schützen. Danach geriet es in Vergessenheit und wurde erst im 6. Jahrhundert wiederentdeckt. Laut Prokopios von Caesarea (um 550) wurde das Bild im Jahre 525 bei Aufräumarbeiten in einem der Stadttore gefunden, nachdem der Daisan, ein Nebenfluss des Euphrats, die Stadt Edessa überschwemmt hatte. Der Historiker Euagrios Scholastikos (vor 594) schreibt, dass die Bewohner der Stadt Edessa, im Zuge der Belagerung durch die Perser unter Chosrau I. im Jahre 544, vermutlich durch Befestigungsarbeiten auf dem höchsten Tor, einen Hohlraum in der Mauer entdeckten. Er enthielt ein Tuch mit dem Abbild Jesu. Als Chosrau nach einem Feuer in seinem Feldlager mit seinem Heer abzog, gerieten die Einwohner Edessas in höchste Begeisterung. Euagrios bezeichnet das Bild in seiner Kirchengeschichte als von Gott, aber nicht von Menschenhand gemacht… Eine Silbervase aus Emesa aus diesen Jahren (jetzt im Louvre, Paris) zeigt das wahrscheinliche Kopfbild auf dem Tuch…Während der Belagerung im 4. Kreuzzug wurde das Bild in die Blachernen-Kirche in Konstantinopel gebracht, aus der es nach der Eroberung und Plünderung der Stadt 1204 verschwand. Danach verliert sich die Spur des Bildes. Möglicherweise existieren aber mehrere Kopien, nämlich im Vatikan sowie - seit dem 14. Jahrhundert dokumentarisch belegt - in Genua.“ [iii] Das Schweißtuch der Veronika (angeblich die lat. Übersetzung von Berenice, zufälligerweise auch der Name der Abgartochter) tauchte noch viel später erst auf: „Erst im 12. Jahrhundert kommt in der römischen Kirche die Legende auf, nach der Veronika ihr Tuch Jesus auf dessen Weg nach Golgota gereicht habe, um Schweiß und Blut abzuwischen. Seit dem 12. Jahrhundert ist in Rom ein Bild der Veronika mit dem Schweißtuch bekannt, und in dieser Form findet die Legende im Mittelalter weite Verbreitung. Im Kreuzweg ist diese Szene als sechste Station dargestellt.“ [iv]
Volto-Santo-Kopie in der Wiener Schatzkammer. Quelle: Wikimedia Commons/@@@@@ Die bekannten Darstellungen, etwa in der Schatzkammer der Wiener Hofburg [v], ähneln wiederum den Ikonen des Abgar-Bilds. Auf der Suche nach dem Verbleib des Veronikatuchs stößt man auf ein seltsames Detail: Das Schweißtuch der Veronika befand sich bis zum Sacco di Roma 1527 in einem Tresor im Veronikapfeiler des Petersdoms in Rom, der 1506 eigens dafür über dem Grundstein der Kirche errichtet wurde. Danach galt es als verschollen, bis ein Kapuzinerpater ihn 1977 erstmals wieder einer größeren Öffentlichkeit vorstellte. „Das Wiener Schweißtuch ist mutmaßlich eine von fünf bekannten Kopien, die im Jahre 1616 vom damaligen vatikanischen Schweißtuch angefertigt wurden….Einer neueren Theorie nach ist das Tuch der Veronika identisch mit dem Schleier von Manoppello, der das Gesicht Jesu zeigen soll und der in einer kleinen Kirche im Ort Manoppello in den Abruzzen aufbewahrt wird.“ [vi] Wenn das Bild von Manoppello tatsächlich Jesus kurz vor der Kreuzigung zeigen soll, so entspricht es keineswegs dem Abgarbild, aber auch nicht dem Sindoneum. Es zeigt einen jungen Mann in den Zwanzigern. Die Ikonen des Abgar-Bilds zeigen einen Mann mittleren Alters mit Spitzbart, das Sindoneum hingegen einen vielleicht noch älteren Mann mit unten waagerecht abgeschnittenem Bart. Das allerdings nur mit viel Fantasie und bei Betrachtung des sog. Abdrucks im Negativ, denn im Original ist auf dem Syndonium kaum etwas konkretes zu erkennen. Veröffentlicht wurde das Bild von Manoppello interessanterweise erst 2006 von eben jenem Prof. Pfeiffer, der als Jesuit und Kunsthistoriker Co-Autor des berühmtesten deutschen Sindoneum-Buches war. Er behauptete, daß trotz aller Unterschiede derselbe Mensch dargestellt sei. Das Tuch von Manoppello und jenes von Turin stützten sich also wechselseitig. Selbst wenn man annimmt, dass derselbe Mensch einmal als Lebender, einmal als Toter dargestellt ist, so braucht man schon sehr viel Glauben, um in beiden „Abdrücken“ denselben Menschen zu erkennen. Wer sind die Ausstellungsveranstalter? Was wollen sie damit bezwecken? Pfeiffers Mitautor, der Jesuit Werner Bulst, hatte schon ein Jahr nach den naturwissenschaftlichen Analysen von 1989 diese als „Betrug“ bezeichnet. In dieselbe Kerben hauen letztlich nun die erwähnten kirchlichen Ausstelllungen. Man scheut sich auch nicht vor den haarsträubendsten Argumenten: Bei der Radiokarbondatierung habe man in Wirklichkeit spätere Flicken untersucht, in die Prüfstelle seien später (im Mittelalter) Fäden eingewebt worden, Prof. Danin aus Jerusalem habe auf dem Tuch Distelabdrücke (!) (Gundelia tournefortii) und solche des buschigen Jochblatts (Zygophyllum dumosum) gefunden, die „beide nur auf einem schmalen Streifen von Jerusalem bis Hebron vorkämen“. Zu fragen ist dabei, worauf sich diese Verbreitung bezieht: auf heute oder auf das Palästina zur Zeit Jesu. Beim „Blut“ soll ein Wissenschaftler tatsächlich die Blutgruppe AB identifiziert haben. Und obwohl das Tuch seit Jahrhunderten von hunderten von Händen von Besitzern, Gläubigen und Wissenschaftlern angefasst = kontaminiert wurde, sollen sich dort „DNA-Spuren von einem Angehörigen des Stammes Levi“ gefunden haben… Die Textilkundlerin Mechtild Flury-Lemberg (geb. 1929 in Hamburg, seit 1994 im Ruhestand) wird entgegen der Radiokarbon-Datierung mit einem Statement von 2002 zitiert, das wohl mit Sicherheit alte Textil - weise in Sachen Fadendrehung im Z-Muster auf die römische Zeit. - Das Fischgrät-Muster gäbe schon bei altägyptischen und syrischen Stoffen. - die Gewebestruktur und die spezielle Eigenart der Webkantenbildung habe Parallelen in antiken Stoffen, die man in den Ruinen von Masada fand. Allerdings räumt die Textilspezialistin ein: „Ich wurde bereits in den Achtziger-Jahren angefragt, eine Gewebeanalyse vorzunehmen, um zu beweisen, dass das Grabtuch echt ist. Das konnte und wollte ich jedoch nicht.“ [vii] Und sie sagt ganz klar: „Dieses Tuch lag nicht in einem Grab, es weist keine Verwesungsrückstände auf.“ [viii] Jesus starb an einem Freitag und soll erst am dritten Tag von den Toten erweckt worden sein. Wenn das stimmt, dann stimmt entweder die Erzählung in der Bibel nicht, oder das Tuch ist doch suspekt. Museumspädagogisch modisch korrekt behauptet die Malteserinnen-Kuratorin, Bettina von Trott zu Solz, zu der Missionsausstellung zwar: „Wir geben nicht die Antworten, sondern wir bringen Fakten und lassen Fragen offen.“ [ix] Das Ziel, das die Malteser mit der Schau zu erreichen suchen, fasste sie hingegen so zusammen: „Die Ausstellung ist bewusst als Spurensuche gedacht. Jeder ist eingeladen, diese Spuren zu suchen. Wir sind bekannt für unsere Hilfe am Nächsten, aber auch für die Bezeugung des Glaubens. Wir wollen helfen beim Glauben.“ (Statement zur Augsburger Ausstellung). Von Trott zu Solz sieht sich auf jeden Fall im Gegensatz zu „denjenigen, die das Grabtuch anfeinden.“ Ihr sei gesagt: Man kann sehr wohl christlich denken und handeln und das Tuch für eine fromme Fälschung halten. Für sie (und auch für den immer wieder gerne zitierten „Sachbuchautor“ Michael Hesemann) steht unverrückbar fest, daß der Mann, der hier abgebildet wurde, durch Geißelung, Dornenkrone, Kreuzigung und Lanzenstich getötet wurde. Da ist jedenfalls die Zahl der Möglichkeiten nicht mehr so groß. Im Gegensatz zur Sicht der Missionsausstellung bleibt erheblicher Zweifel: Wozu benötigt die Kirche derart viele offensichtlich instrumentalisierte Forschung? Reicht die frohe Botschaft nicht? Warum eigentlich untersucht die Kirche das Sindoneum nicht auf eine Fälschung hin? Zur früheren naturwissenschaftlichen Datierung passt, daß das Sindonium bezeichnenderweise erst 1353 in Frankreich erstmals erwähnt wurde - vorher war es den Historikern und Gläubigen total unbekannt: „Zum ersten Mal schriftlich erwähnt wird das Tuch 1353 in Frankreich, von da an weiß man über sein Schicksal gut Bescheid. Es gelangt 1453 an das Haus Savoyen, das 1578 die Überstellung nach Turin veranlasst, um dem Mailänder Oberhirten Karl Borromäus eine versprochene Pilgerreise abzukürzen.1578 erreichte es Turin, wo es heute in einer Seitenkapelle des Doms in einem gasgefüllten Glaskasten aufbewahrt wird.“ [x] Anzeichen für „listiges Malen“ hat man bis jetzt nicht gefunden. Auf der anderen Seite aber auch keinen Beweis, daß das Tuch wirklich Jesus zeigt. „Die Authentizität des Grabtuches wurde bereits sehr früh in Frage gestellt. Der amtierende Bischof von Troyes, Pierre d’Arcis, berichtete im Jahr 1389 in einem Beschwerdebrief an den Gegenpapst Clemens VII. von einem Skandal, den er in der Kirche in Lirey entdeckt habe. Dort habe man „… fälschlich und betrügerisch, in verzehrender Habgier und nicht aus dem Motiv der Hingabe, sondern nur aus Gewinnabsicht für die dortige Kirche ein listig gemaltes bestimmtes Tuch angeschafft, auf dem mit kleverer Fingerfertigkeit das zweifache Bild eines Mannes dargestellt ist, das heißt Vorder- und Rückansicht, von dem sie fälschlich behaupten und vortäuschen, dass dies das wirkliche Grabtuch sei, in welches unser Heiland, Jesus Christus, in der Grabesgruft eingewickelt war.“ Neben dem seiner Meinung nach nicht plausibel erklärbaren Fehlen der Erwähnung eines Grabtuches mit Körperabbildung in den Evangelien bezog sich Pierre d’Arcis auf seinen Vorgänger, den Bischof Henri de Poitiers. Unter dessen Amtszeit, 30 Jahre früher, sei das Tuch erstmals ausgestellt worden. Demnach unternahm Henri de Poitiers, nachdem er von der Angelegenheit erfuhr, Nachforschungen und „… entdeckte die Betrügerei und wie das Tuch listig gemalt wurde, der Künstler, welcher es gemalt hatte, bestätigte die Wahrheit, nämlich, dass es das Werk menschlicher Fertigkeit sei, und nicht wunderhaft entstanden oder geschenkt sei.“ Der Name des Fälschers wurde nicht genannt. Gestützt wurde Pierre d’Arcis’ Urteil durch Dokumente von Geoffroy de Charnys Sohn Geoffroy II., in denen das Grabtuch durchgehend nur als „Bildnis“ oder „Repräsentation“ erwähnt wurde. Auch dessen Tochter Margaret de Charny und ihr Gemahl Humbert de Villersexel, die im Besitz des Tuches waren, äußerten sich über das Tuch nur in dieser Weise. Aufgrund des bischöflichen Appells legte Gegenpapst Clemens VII. 1392 fest, dass das Tuch keine Reliquie sei. Eine Ausstellung sei aber erlaubt, solange es nicht als das Grabtuch Christi präsentiert werde.[8] Pierre d’Arcis erhielt von Clemens VII. unter Androhung der Exkommunikation die Anordnung, Stillschweigen über seine Ansichten zum Tuch zu wahren.“ [xi] Aber warum macht sich gerade der Malteser-Orden für das Objekt stark, ein Orden, der direkt dem Papst unterstellt ist? Eine Antwort darauf gibt die Ausstellung nicht. Zwar ist bekannt, daß der Adel sich schon früh für das Tuch engagiert hatte und dieser auch heute noch im souveränen Malteserorden ein prägende Rolle spielt. Es verblieb als eine Art Gralsersatz im Eigentum verschiedener Adelsfamilien und des Hauses Savoyen und wurde erst im späten 20. Jahrhundert der katholischen Kirche übereignet. Zur Geschichte des Tuches fasst die Wikipedia zusammen: „1353 erhielt der französische Ritter Geoffroy de Charny von König Johann II. dem Guten den Auftrag, eine Stiftskirche in Lirey bei Troyes, Département Aube in der Champagne, zu bauen... Dort wurde das Grabtuch erstmals – dokumentarisch durch ein Pilgermedaillon verbürgt – 1357 der Öffentlichkeit präsentiert. Da marodierende Banden das Tuch in Lirey bedrohten, wurde es von Kanonikern aus Sicherheitsgründen 1418 in eine Kapelle nach Saint-Hippolyte gebracht. Es blieb dort 34 Jahre lang, bis es 1453 von der Witwe des verstorbenen Grafen Humbert aus der Adelsfamilie Haus Faucogney, Margaret de Charny, in den Besitz des Hauses Savoyen überging. In dieser Zeit wurde es von damaligen Besitzern auf Reisen mitgeführt und an verschiedenen Orten ausgestellt. Einmal im Jahr wurde das Tuch an einer „le Clos Pascal“ genannten Stelle den Gläubigen gezeigt. Mit dem Besitzübergang des Tuches von den Nachfahren Geoffroy de Charnys an Herzog Ludwig von Savoyen 1453 verband sich eine Änderung der offiziellen Einschätzung des Tuches. 1464 sprach Francesco della Rovere, der zukünftige Papst Sixtus IV., vom Tuch als „gefärbt mit dem Blut Jesu“. Sein Neffe, Papst Julius II., widmete 1506 dem Tuch als dem „Heiligen Grabtuch“ einen speziellen Festtag (4. Mai), an dem eine Messe und ein Ritual zu Ehren des Tuches abzuhalten war, obwohl es sich bei dem Tuch nicht um das einzige anerkannte heilige Grabtuch jener Zeit handelte. Papst Gregor XIII. erließ 1582 einen vollkommenen Ablass, den er allen erteilte, die nach Beichte, Buße und Eucharistie vor dem ausgesetzten Grabtuch andächtig zu Gott beten. Nachdem das Tuch in den Besitz des Hauses Savoyen gelangt war, wurde es von den jeweiligen Herrschern der Familie als Prestigeobjekt auf ihren Reisen von Burg zu Burg innerhalb ihrer Besitztümer mitgeführt. Es wurde somit an vielen Orten aufbewahrt und von Zeit zu Zeit auch öffentlich gezeigt. 1502 wurde dem Tuch in der Schlosskapelle von Chambéry, der damaligen Residenz des Hauses Savoyen, ein vorläufig dauerhafter Aufbewahrungsort in einer heute noch vorhandenen Nische hinter dem Altar eingerichtet. Das in einer Silberkiste zusammengefaltet aufbewahrte Tuch überstand eine Brandkatastrophe in der Schlosskapelle von Chambéry im Jahre 1532. Es trug jedoch am Rand symmetrische Brandflecken und Löschwasserflecken davon. Die Brandlöcher wurden zwei Jahre später von Nonnen vernäht... Am 14. September 1578 ließ Herzog Emanuel Philibert von Savoyen das Grabtuch nach Turin, der neuen Residenzstadt des Hauses Savoyen, überführen, wo es bis heute in der Kathedrale von Turin, dem Duomo di San Giovanni, aufbewahrt wird.“ [xii] Bis heute unklar ist, in welchem Bezug dieser Geoffry de Charny zu dem namensähnlichen Tempelritter Geoffroy de Charnay bestand. [xiii] Geoffroy de Charnay (geb um 1251; auf dem Scheiterhaufen verbrannt 18. März 1314 in Paris) entstammte einer adligen Familie und wurde mit etwa 18 Jahren in den Templerorden aufgenommen. Er wurde 1314 zusammen mit Jacques de Molay hingerichtet. 1283 wurde er Präzeptor, also Hauptverantwortlicher, von Fresnes, 1294 von Villemoisson, 1295 von Fretay und 1307 von der Normandie. Als im Jahre 1307 die Verhaftungen gegen die Tempelritter durchgeführt wurden, wurde auch Geoffroy de Charnay verhaftet. Geoffroy de Charney und Jacques de Molay sagten unter der Folter aus, dass die Anschuldigungen des französischen Königs gegen den Orden wahr seien. Aufgrund dieser Geständnisse lautete das Urteil nur lebenslange Haft. Als sie ihre Geständnisse wiederriefen, wurden beide zu Wiederholungstätern erklärt und am Abend des 18. März 1314 öffentlich verbrannt. [xiv] Sollte auf dem Tuch gar nicht der ca. dreißigjährige Jesus, sondern ein viel älterer Tempelritter dargestellt sein? Alles in allem handelt es sich bei den „Wanderausstellungen“ der Malteser und der Erzdiözese Köln um Missionierungsversuche in der scheinbaren Gestalt einer Ausstellung, die man heutzutage „Neuevangelisierung“ nennt, nach innen wie nach außen. Diese Kampagne begann bereits 2014. [xv] Gearbeitet wird mit der Methode, keineswegs antikirchliche naturwissenschaftliche Analysen unabhängiger Forschungsinstitute in Zweifel ziehen und sie durch eigene Annahmen aus einer Fülle mehr oder weniger ernst zu nehmender Analysen zu ersetzen. Ohne daß dies konkret nahegelegt würde, sollen Besucher zum Schluß geführt werden, im Sindoneum sei tatsächlich Jesus abgebildet. Um dies noch mehr als nötig durchzusetzen, wurde eigens für diese Ausstellung „von einem Künstler“ (so ein Ausstellungsführer) eine hochgradig peinliche wirkende 3D-Rekonstruktions des Menschen angefertigt, der im Sindoneum abgebildet sei. (Abb.) Andere Kirchenvertreter jedenfalls haben aus der Geschichte dieses mit Sicherheit alten Tuches gelernt. Während die Malteser mit Ihren Behauptungen zur Echtheit des Sindoneums in der Missionsausstellung anscheinend päpstlicher sein wollen als der Papst, sagte beispielsweise anläßlich der Ausstellungseröffnung im Bergkloster Heiligenstadt (südöstlich von Göttingen in Thüringen) Weihbischof Hans-Reinhard Koch: „ Wo sehen wir heute noch in das Antlitz Christi? Alle Menschen sind von Gott geschaffen. Also sollten wir ihn in allen Gesichtern entdecken können.“ [xvi] Die 3D-Rekonstruktion des „Mannes vom Turiner Grabtuch“ (bezeichnet als „Korpus“) , die einen wahren Hünen zeigt. Diese Rekonstruktion wurde von Kardinal Meisner, Köln, anlässlich der Ausstellung „Wer ist der Mann auf dem Grabtuch?“ in Köln sogar gesegnet. Foto: EDS Anmerkungen: [i] Bd. 1, S. 62-64 Kommentare
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