Ein gewaltiger Scherbenhaufen. Ein Kommentar
Was wäre wenn die Hauptmotive der Nebrascheibe ("Sonne"-"Mond") nach einer Veröffentlichung von Dannheimer im Jahre 1975 [1] über ein latènezeitliches, in München-Allach gefundenes Schwert, das in der Archäologischen Staatssammlung in München (!) verwahrt wird - hier übrigens Gold in Eisen! - gefälscht worden wäre? [2]
Was, wenn die seltsamen binnengestrichelten Dreiecke (Füllmuster, wohl keine Bedeutung) von dem seit rund einem Jahrhundert publizierten Scheibe von Moordorf (Niedersächsisches Landesmuseum) vom rezenten Hersteller der dubiosen Bernstorfer Objekte (in Fachkreisen als Fälschungen bezeichnet) abgeguckt wurden, jene Moordorfer Scheibe aber nach neueren Untersuchungen ebenfalls unter Fälschungsverdacht steht? [3] Was wäre, wenn sich deren nette Fundgeschichte als nachträglich frei erfunden erweist? Eine Antwort dazu lautet: Das würde bedeuten, dass die Bernstorfer "Funde" nach einer Fälschung angefertigt wurden, was ein weiterer Fälschungsbeweis wäre.
Und was wäre, wenn sich auch einige der wenigen Bernstorfer Keramikfunde als gefälscht und als ebenfalls "in die Stratigraphie geschoben" erwiesen?
Was wäre, wenn Harald Meller plötzlich versuchen würden, sich nach dem Muster von Horst Bredekamp plötzlich als Chefaufklärer in Pose zu setzen? Was wäre, wenn der Leiter der Archäologischen Staatssammlung in München mit der Mitteilung hervortreten würde, dass er sich durch die persönlichen Beziehungen zu den Bernstorfer Entdeckern habe davon abbringen lassen, die bei ihm sonst übliche wissenschaftliche Distanz an den Tag zu legen? Wer von beiden gewinnt das Wettrennen und stellt die Glaubwürdigkeit der Prähistorie wieder her?
Die deutsche Prähistorie plant derzeit umfangreiche Publikationen zu diesen Aspekten. Man darf gespannt sein, wie lange die Aufarbeitung von Archäomystik und handwerklichen Fehlern noch dauert.
Anmerkungen
[1] Dannheimer, H.: Zu zwei älteren keltischen Fundstücken aus der Münchner Schotterebene. In: Archäologisches Korrespondenzblatt 5/1975, S. 59-67
[2] erneut abgebildet bei David, W.: Die Zeichen auf der Scheibe von Nebra und das altbronzezeitliche Symbolgut des Mitteldonau-Karpathenraumes. In: Der Griff nach den Sternen. Internationales Symposium 2005. Hg. von Harald Meller und Francois Bertemes. Halle 2010
[3] Noch vor wenigen Jahren wurde die Scheibe von der Landesarchäologie als echt angesehen. Vgl Hans-Jürgen Häßler: Ur- und frühgeschichtliche Goldfunde in Niedersachsen. In: MUSEUM AKTUELL, Ausgabe 100/Februar 2004. Zur dubiosen Scheibe von Moordorf fand am 20.2.2016 im Niedersächsischen Landesmuseum ein Workshop statt. Auch hier ergab sich eine industrielle Reinheit des Goldes, die nie Ziel der bronzezeitlichen Metallurgie gewesen sein kann. Eine solche Reinheit des Goldes wurde erst mit der geschichtlichen Münzprägung ein angestrebtes Ziel, in der Münzgold mit Reingold gleichgesetzt wurde.