Signaturen
Die Signatur eines Gemäldes authorisiert ein solches durch die Unterschrift des Künstlers. Die Signatur ist der Fetisch aller Kunsthistoriker und Kunsthändler. Ist sie einmal auf dem Gemälde, vertraut man ihr blind. Dieses Vertrauen ist nicht immer angebracht. Da alle Welt der Autorität der Signatur glaubt, wird diese häufig, zumeist mit unlauteren Absichten manipuliert.
In der Regel sind Originale vom Künstler durch Signatur autorisiert, aber auch spätere Zuschreibungen führten zu nachträglich aufgemalten Signaturen.[1] Eine skurrile Art mit der eigenen Signatur umzugehen liefert uns Salvador Dali, welcher leere Leinwände signierte, diese anschließend nicht bemalte und somit die später von anderen Malern auf diese Leinwände gemalten Bilder zu signierten Dalis machte.
Umwidmungen erfolgten manchmal in von zwei oder mehreren Malern gemeinsam genutzten Ateliers (z. B. bei den elsässischen Gebrüdern Eck, wo der eine Bruder des verstorbenen Bruders Bild fertig malte, dessen Signatur übermalte und abschließend selbst signierte). Übermalungen von Namen weniger hoch gehandelter Maler mit Namen höher bezahlter Maler sind bekannt (so wurde z. B. ein Gemälde Jaques Fouquières in einen Joos de Momper umgewidmet)[2], Entfernungen von originalen Signaturen (unabsichtlich erfolgte dieses häufig bei Werken von David Teniers d. J., wo die wertstiftende Signatur zumeist auf dem Schlussfirnis liegt, welche bei einer Abnahme des vergilbten Firnisses sehr oft verloren ging.).[3]
Oft ist der Verlust der Signatur bei einer Restaurierung auch der Anlass, eine solche Signatur zu „rekonstruieren“, was nach dem Urheberrecht verboten ist. Meistens sehen diese nachgemalten Signaturen unsicherer aus als die originalen Signaturen und sind Ursache dafür, dass ein originales Gemälde aberkannt wird, obwohl „nur“ die Signatur unecht ist. Liegen solche neueren Signaturen auf einer durchcraquelierten, weil älteren Oberfläche, ist schon mit dem Mikroskop erkennbar, dass es sich um eine spätere Zutat handelt.[4]
Bei gefälschten Signaturen hingegen handelt es sich nicht immer um bewusste Irreführungen, oft vertraten die Kopisten die Auffassung, dass die Signatur ein gestalterisches Mittel des Malers darstelle und nur durch die sorgsam mitkopierte Signatur eine Kopie vollständig sei. Der Maler Dirk Huisken in Celle, der „Brücke“ nahestehend, fertigte für seinen privaten Ateliergebrauch Kopien verschiedener Maler, um sich mit deren Technik auseinanderzusetzen und versah diese bewusst mit veränderten Signaturen (so wurde z.B. aus dem Namen Picasso „Picolino“), um auch nach seinem Ableben nicht in den Ruf eines Fälschers zu gelangen.
Beispiel: Angebliches Gemälde von Franz von Stuck
Bei einem Gemälde ehemals Franz von Stuck zugeschriebenen Gemälde befindet sich die Signatur an der bei anderen Versionen typischen Stelle. Sie wurde später über dem Schlussfirnis gesetzt. Sie hat eine ungelenke Form und naive Ausführung die ganz sicher nicht von Franz von Stuck stammen kann. Sie ist zudem nicht mit Farben des Bildes gemalt. Man kann davon ausgehen, dass viele Jahre später mit der jetzt vorhandenen Signatur das Gemälde dem Maler des Originals zugeordnet werden sollte, das der Maler der vorliegenden Kopie, schon um sich nicht des Fälschungsverdachtes schuldig zu machen, bewusst unterlassen hatte. Auch ist es denkbar, dass der Maler an der dafür üblichen Stelle der Signatur, lange Jahre nach der Entstehung der Kopie die Signatur bewusst dilettantisch ausgeführte um das bislang fehlende grafische Element der Signatur dem Bild hinzuzufügen, diese aber so gestaltete, dass diese nie und nimmer mit einer echten Signatur verwechselt werden hätte können. Freilich ist auch die Nachsignatur als späterer Fälschungsversuch des Malers oder des Eigentümers oder des Veräußerers denkbar. Prinzipiell zu denken sollte geben, dass die erste Version des Sujets, also die Originalvorlage in der Münchner Pinakothek aus dem Jahr 1893 stammt (die Signatur dort hat kein „v“), Stuck aber erst 1906 geadelt wurde und insofern das „v“ (von) in der Signatur vor 1906 nicht möglich ist.
Beispiel: Schiele-Signatur
Ein Kuriosum stellt Egon Schieles: Stadtende/Häuserbogen III, aus der Neuen Galerie Graz Inv. Nr. I/466, 109,3 x 139,7 cm, Öl auf dünnem, industriell vorgrundiertem, weitmaschigem Leinen in einfacher Leinenbindung, entstanden 1918 und unten Mitte mit „EGON SCHIELE 1918“ bezeichnet, dar. Die Signatur ist mit einem ungewöhnlich breiten Pinsel, etwas unsicher und nicht ganz typisch für Schiele ausgeführt. Im optischen Erscheinungsbild entspricht sie aus der Ferne den bei Schiele üblichen Signaturen. Sie ist in etwas dunklerem Blau als das Konturblau ausgeführt. Die Buchstaben und Zahlen sind im eigentlichen Sine nicht mit den überlieferten Signaturen vergleichbar. In „Das Egon Schiele Buch“ aus dem Jahr 1921 findet sich eine Abbildung von „Stadtende“ ohne Signatur. Ungeklärt ist dadurch, ob das Bild noch ganz frisch im Atelier oder in einer Ausstellung fotografiert wurde und erst danach von Schiele signiert wurde. Auch erscheint möglich, dass der Herausgeber auf dem Foto die bereits bestehende Signatur wegretuschiert hat, weil er sie als die Wiedergabe störend empfand. Warum der Herausgeber dann aber den ebenfalls störenden, benachbarten dunklen Fleck im angrenzenden Haus auf dem Foto stehen ließ, bliebe dann fraglich. Denkbar wäre auch eine Signatur von späterer Hand, aufgebracht beispielsweise als es den Besitzer wechselte, um so die Autorschaft Schieles zu belegen und auch den Wert des Gemäldes durch diese spätere Zuschreibung zu sichern. Belegt ist, dass Schieles Freunde Erwin Osen[6] und Anton Peschka[7] in Schieles Atelier mit Schieles Malmaterial nicht nur eigene Bilder im Stile Schieles malten, sondern auch von Schiele begonnene Arbeiten vervollständigten[8]. Und so kursieren viele als echt beurkundete Schieles – eine Parallele zu Émile Schuffeneckers „Wirken“ in van Goghs Atelier. Jedenfalls ist die Signatur auf „Stadtende“ ab 1925 dokumentiert, als das Gemälde im Schreibzimmer von Wolko Gartenberg fotografiert wurde.[9], Mögliche Zweifel an der Signatur sind jedoch für die Echtheit des Gemäldes nicht von Belang: die beiden unter der Signatur liegenden Portraitskizzen von Otto und Heinrich Benesch belegen, dass es sich um einen echten Schiele handelt.
Wird ein Gemälde in der künstlerischen Manier eines anderen Künstlers ausgeführt[11], gilt es nur als Fälschung mit der Signatur des nachgeahmten Malers, da der Stil an sich keinen urheberrechtlichen Schutz genießt.
Als Beispiel mag hier das unbezeichnete Sonnenblumenbild von Émile Schuffeneckers[12] nach van Gogh dienen, welches über „Christies“ an das Sompo Japan Museum of Art verkauft wurde. Schuffenecker malte nicht nur zur gleichen Zeit im Atelier van Goghs, sondern benutzte auch dessen Malmaterial und signierte mit van Goghs Namen. Somit scheidet der unterschiedliche Zeit- und Materialfaktor zur Beurteilung aus. Stilistische Merkmale von ggf. sich widerstreitenden Malstilen jedoch auszudiskutieren ist nicht immer legitim, da viele Künstler sich verschiedener Malweisen auch innerhalb einer Schaffensperiode bedienten.
Ein weiteres Beispiel liefert Eric Fischl (*1948) von welchem Skizzen in einem Auktionshaus in Berlin auftauchten. Sie wurden ihm zugeschrieben, obwohl er beteuerte, dass diese nicht von ihm waren. Sie stammten von einem unbekannten Studenten, welcher behauptete Eric Fischl habe sie seinem Vater geschenkt. Fischl reiste nun von New York nach Berlin um die Fälschungen aus der Welt zu schaffen, durfte diese aber, nach deutschem Recht, nicht ohne die Zustimmung des Urhebers/Fälschers zerstören. Also brachte Fischl rückseitig einen Vermerk auf, dass diese Skizzen nicht von ihm stammen würden und schuf damit – wohl wissend – erst recht begehrenswerte Sammelstücke.[13]
Bei den meisten Fälschungen handelt es sich jedoch um ein Originalwerk eines Dritten mit einem von diesem verwendeten Signatur eines anderen Künstlers (typisches Delikt), wobei sich der Fälscher nicht an eine bestehende Vorlage halten muss. Hierbei kann man „Fälschung“ nicht mehr mit „Kopie“ verwechseln, solche Fälschungen verdanken sich bekanntlich unlauteren Absichten bzw. niederen Beweggründen wie Habgier.

Abb. 1: Friedrich Gauermann (1807-1862): „Eber, von Wölfen überfallen“, 1844, Öl/Eiche, NG Inv.-Nr. I/497, Neue Galerie am Universalmuseum Joanneum, Graz: Aufgemalte Signatur (Abb. Autor)

Abb. 2: Leopold Heinrich Voescher (1830–1877), „Landschaft aus dem oberen Etschtal“, um 1870, Öl/Holz, Neue Galerie Graz: in die nasse Farbe eingeritzte Signatur. (Abb.: Autor/Universalmuseum Joanneum).

Abb. 3: Signatur aus „Triton und Najade“, Franz von Stuck, nach 1906, Öl auf Pappe, 51 x 40,5 cm, Privatbesitz, Detail: Signatur (Abb.: Autor, Angela Fink)

Abb. 4: Signatur (Detail) aus „Die Sünde“ (Inv. Nr. I/1358) Neue Galerie am Universalmuseum Joanneum, Graz (Abbildung: Autor)

Abb. 5: Egon Schiele: „Stadtende/Häuserbogen III“, 1918, Öl/Leinen, NG Inv.-Nr. I/466 ohne Signatur.

Abb. 6: Egon Schiele: „Stadtende/Häuserbogen III“, 1918, mit Signatur.
Dipl.-Rest. Dr. Paul-Bernhard Eipper
paulbernhardeipper@gmail.com
http://www.museum-joanneum.at/das-joanneum/unser-betrieb/ueber-das-joanneum/servicefunktionen/museumsservice/restaurierung/dipl-rest-dr-paul-bernhard-eipper.html
Anmerkungen: